[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Wie du im Bett bist zeigt sich im täglichen Leben – nicht umgekehrt. Wer nicht arbeiten kann (was leicht überprüfbar ist!), kann auch nicht orgastisch potent sein. Wer keine klare Gedankenfolge hinkriegt, kriegt auch keine „orgastische Folge“ hin, den Spannungsbogen. Wer nicht mal auf ein einfaches Gegenargument angemessen reagieren kann, wie will der „in der Hitze des Gefechts“ hingabefähig sein? Wer seine Frau in eine peinliche Lage bringt, wie will der ausgerechnet im Bett zärtlich sein? Reich hatte ein einfaches Kriterium: den Gang. Der eine geht wie ein Schauermann, der andere wie John Wayne, ein anderer wie ein Bär und jener wie ein Militär, aber keiner geht einfach nur. Jene, die einfach nur gehen, sind orgastisch potent (bzw. nahe dran), d.h. sie sind einfach sie selbst. Sie sind nicht besessen, sondern Eigner ihrer selbst.
Der Mund formt die Worte „Ich bin orgastisch potent!“ – bzw. eine äquivalente „sexualrevolutionäre“ Aussage, doch wie der Mund das sagt, die Stimme, die Augen und die Körperhaltung sagt dem Außenstehenden das Gegenteil. Wenn Besessene Freiheit spielen, kann daraus nur ein grotesker Totentanz werden. Wie Reich gemäß Bernd Laskas Übersetzung in Christusmord schrieb:
Wäre es der frühen Sexualökonomie Ende der zwanziger Jahre gelungen, eine Massenbewegung auf „Sexual-POLITISCHER“ Grundlage voll zu entwickeln, so wäre damit eine der schwersten Katastrophen in der Geschichte der Menschheit eingeleitet worden. (S. 358)
Reich meinte so ungefähr das, was sich seit ca. 1960 entwickelt hat: Freiheit statt Verantwortung, Primärtugenden („die Wahrheit“) statt Sekundärtugenden („die Gegenwahrheit“) und schließlich: Frieden (Zwang und Unterdrückung alles Primären) statt Freiheit.
Reich fordert dazu auf, „mit allen Mitteln“ zu versuchen, „die pornographische Flut einer Epidemie permissiver Fickerei einzudämmen“ (ebd., S. 183). Denn es gäbe „kaum einen Zweifel, daß eine (…) Periode permissiver Fickerei (…) jede Spur einer menschlichen Existenz auslöschen würde, ohne auch nur etwas Glück und Befreiung zu bringen“ (ebd., S. 184). Natürliche Liebe, die sich in tote Genitalien ergießt, wird zu Haß und stumpfen Mord am sozialen Dasein“ (ebd., S. 186).
Apropos „Revolutionäre“: Wer orgastisch potent ist, ist per definitionem ein genitaler Charakter und ein genitaler Charakter ist keinen widrigen Umständen unterworfen, da er sich selbst seine Umstände schafft. Der Neurotiker ist an die kranke Firma gebunden, weil er keine neue, bessere Arbeit findet. Der genitale Charakter ist so frei von irrationalen Ängsten, daß er an einem Tag (statt ins Arbeitsamt zu gehen und sich einer toten und tötenden Bürokratie auszusetzen) alle infrage kommenden Firmen der Gegend abklappert – und wegen seiner offenen und aktiven Art wird er mit Garantie sofort eine neue Anstellung finden. Da er nicht ängstlich ist und seinen eigenen Einschätzungen vertrauen kann, geht er rationale Risiken ein – und kann deshalb gewinnen.
Schlagwörter: Augenausdruck, Besessene, Eigner, Fickerei, Freiheit, Gang, Genitalien, John Wayne, Körperhaltung, Neurotiker, Pornographie, Primärtugenden, Revolutionäre, Sekundärtugenden, Verantwortung
28. Februar 2023 um 08:14 |
Äußerst interessant.
Ich muss immer mal wieder an Muhammad Yunus und zwar an dessen theoretische Arbeit denken und die mit der Arbeit von Sigmund Freund und Wilhelm Reich verbinden.
Yunus sagt in den „textbooks“ stehe dass nur wenige Menschen die Fähigkeit zu unternehmerischer Tätigkeit hätten.
Er sagt weiter, dies sei falsch. Er sagt, diese Fähigkeit oder die Anlage zu dieser Fähigkeit sei in jedem Menschen vorhanden. Es sei eine Kreativität und eine Energie, die immer da sei, wie (jedenfalls in Südasien) die Sonne …
28. Februar 2023 um 08:22 |
Robert Kiyosaki („Rich Dad“) sagt, dass das Bildungssystem den Menschen keine finanzielle Bildung gibt. Ich selber glaube, dass die Eliten sehr daran interessiert sind, dass die Menschen „die Anlage zu dieser Fähigkeit“ nicht entwickeln.
Und Kiyosaki redet von Amerika.
In Deutschland ist es glaube ich noch schlimmer …
28. Februar 2023 um 11:10 |
„Reich meinte so ungefähr das, was sich seit ca. 1960 entwickelt hat“
Ich vermute, dass Reich noch etwas anderes meint: eine sexuelle Revolution mit den Zielen und Methoden der Sexpol aus den zwanziger und dreißiger Jahren; etwa wie es Leunbach versuchte.
Das wäre dann noch explosiver abgelaufen als in den Sechzigern.
28. Februar 2023 um 23:39 |
9. März 2023 um 12:31 |
Wegen seiner offenen und aktiven Art.
Und wenn jemand nicht Angestellter oder Arbeiter sondern Unternehmer ist:
Da braucht er diese Art noch mehr.
Wenn man mal von den vielen betrügerischen Unternehmern absieht, ist ein Unternehmer jemand, der Waren und Dienstleistungen erbringt.
Das geht glaube ich nicht, wenn für die anderen Menschen ständig zu spüren ist, wie in mir mein Ärger über meinen Geldmangel hochkocht.
-> zum Geldverdienen der falsche emotionale Zustand.