Ein Beispiel für einen pestilenten Charakter

Er ist kein Mensch, sondern ein Typ, der in fast keinem Wilhelm-Reich-Seminar fehlt.

Er sitzt da, die verkörperte Abwehr: verschränkte Arme und stets ein Anflug von Verachtung im Gesicht. Läuft bei der Präsentation mal etwas nicht rund, hört man im Hintergrund seine spitze Bemerkung: „Das ist aber schlecht organisiert!“ Und man spürt seinen abschätzigen Blick, als wolle er sagen: „Dieser unsichere Knilch soll also die Verkörperung von sexueller Gesundheit sein!“

Er wartet nur darauf, endlich die Aufklärung zu Wort kommen zu lassen: Reichs gesamte Theorie sei die Verarbeitung seiner, Reichs, eigenen Krankengeschichte. Er sei ein Sex-Maniak gewesen, der unfähig war Spannung zu ertragen und zu sublimieren.

Bei anderer Gelegenheit suggeriert er, Malinowski hätte wohl alle seine Ergebnisse über die Trobriander getürkt.

Oder beispielsweise: Von wegen Faschismusanalyse! Reich sei ja selbst Antisemit gewesen und dann zitiert die Pestbeule die „betreffende“ Stelle aus Reich Speaks of Freud.

Nachdem er sachlich aber scharf abgewiesen worden ist, sitzt die Pestbeule den Rest des Seminars mit sooooo einem Gesicht da. Zu weiteren Terminen erscheint er nicht. Am Seminar selbst war er ja eh nicht wirklich interessiert.

Sein Leben ist leer und ohne Hoffnung. Um es erträglich zu machen, untermauert er es mit einer „nüchternen Lebensanschauung“. Etwa, daß wir von Natur aus gewalttätige Schimpansen seien, die dem Prozeß der Zivilisation unterworfen werden müßten. Oder er ist Freudianer, der vom „Todestrieb“ ganz besonders fasziniert ist. Oder er glaubt mit Adorno, daß es eh kein Wahres im Falschen geben könne. Oder er feiert mit Foucault die sadomasochistische Nichtung des Ich.

Das sind alles nur Rationalisierungen seiner Resignation und seines tiefsitzenden Hasses gegen alles Lebendige.

Er ist kein Mensch, sondern nur ein Sack voll übelriechender Luft.

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10 Antworten to “Ein Beispiel für einen pestilenten Charakter”

  1. Renate Says:

    ab 3:40

    • O. Says:

      Kinski ist gewiss arrogant, wirkt wie ein „triebhafter Charakter“ und ist psychisch sicherlich krank gewesen, wußte darum und versuchte sein Bestes daraus zu machen.
      Sein Verhalten fällt – auch wenn es für viele wenig erträglich ist – nicht unter „pestilent“.

      Der „pestilente Charakter“ sucht sich gerade die Nähe zu – in unserem Fall Reich und seiner Thematik – und möchte ihn (auch post mortem) zerstören. Er verhält sich wie ein Stalker, er hasst positive Utopien, insbesondere die Existenz einer freien Energie, die er selbst in sich so granios erstickt hat. Dabei tarnt er sich gerne als „Freund“, Befürworter, nennt sich gelegentlich auch „Reichianer“, er ist der beste Freund eines Agenten, einer Organisation, die Reich zerstören muss aus ökonomischen Interessen und emotioneller Pest (Hass gegen das Lebendige im Mensch). Mit Freundlichkeit wird man ihn nicht stoppen können.

      • Renate Says:

        Das Beispiel für einen pestilenten Charakter war der Mann im Publikum.
        Zu Kinski meine Frage: Hatte er vollen Kernkontakt, denn seine Emotionen kamen ja ungebremst heraus und er wich auch keiner Situation aus.

        • Peter Nasselstein Says:

          Zu Kinski fällt mir nur zweierlei ein: Erstens seine alliierte Kriegsgefangenschaft, als er, eher klein und schmächtig, bei der grassierenden „Nothomosexualität“ in die passive Rolle gedrängt wurde, was ihn auf ewig einen Knacks versetzte. Und zweitens eine Szene bei den Dreharbeiten zu FITZCERRALDO, wo er einen seiner hysterischen Wutausbrüche bekam, mit denen er niemanden wirklich beeindrucken konnte. Männer sind nur gefährlich, wenn sie still und „schneidend“ werden… Peter Reich beschreibt einen solche „glühende“ Wut bei Reich. Ewwww… Aber Kinski, na ja… Strohfeuer! Jedenfalls glaubte Kinski, er wäre wegen seiner „Emotionalität“ den Indios spirituell nahe. Nichts hätte kontaktloser sein können, den Werner Herzog wurde von den Indios gefragt, ob diese ihm, Herzog, nicht einen Gefallen tun dürften: Kinski abmurksen! Die Indios haben Kinski gehaßt und verachtet wie sonstwas, denn so verhält sich kein „Naturmensch“. Das heißt aber natürlich nicht, daß jede Ablehnung von Kinski rational ist. Im Studio und in Talkshows war er vielleicht sogar der gesündeste. Auch ist ihm hoch anzurechnen, daß er sich Frauen gegenüber wohl auch unmöglich verhalten hat, aber er hat sich m.W. nie hinreißen lassen, ihnen gegenüber aggressiv oder gar gewalttätig zu werden.

          Ich war merkwürdig berührt, als ich von seinem verhältnismäßig frühen Tod hörte. Er hätte es verdient mit sich selbst Frieden zu stiften, mit sich selbst ins Reine zu kommen.

      • O. Says:

        Nun ich hatte auch einen Moment an den Typen im Publikum gedacht …
        Kinski ist gewöhnt, sein eigener Herr zu sein, seine Rollen bei Edgar Wallace haben von seinem „irren Blick“ profitieren können, wie viel davon Schauspielerei war, sei dahingestellt.
        Er hat beschrieben wie dünnhäutig er ist, dass die Fliege an der Wand ihn Nerven kann oder ein Außenstehender, was er benennt und auch für sich rational darstellt. Er ist, wenn man so will, nahe an seinem Kern, jedoch ohne passende Impulskontrolle, sehr leicht provozierbar und selbst der Interviewer geht auf ihn ein. Sicher war dies noch ein Tag, an dem es ihm „gut“ ging.
        „…seine Emotionen kamen ja ungebremst heraus und er wich auch keiner Situation aus.“ – In einer passenden Situation ist das auch mal prima (vor allem gegen die pest. Charaktertypen), aber wenn ein fast permanenter Kontrollverlust der Emotionen vorherrscht, ist es auch für einen selbst etwas lästig, sicher aber auch für die anderen.

        Kinski hat in der Talkshow unsere Sympathie für seinen Kernkontakt und seine sprunghaften und stelleweise klaren Erklärungen. Doch keiner möchte ihm wohl gegenüber sitzen und mit ihm diskutieren oder einen Wutausbruch riskieren.

        • Renate Says:

          „Doch keiner möchte ihm wohl gegenüber sitzen und mit ihm diskutieren oder einen Wutausbruch riskieren.“

          Das dachte ich auch im ersten Moment, doch ist das nicht einfach wieder die Angst vor dem Lebendigen? Was ist, wenn man selber komplett ohne Panzerung wäre, dann würde sich vielleicht gar nicht die Situation ergeben, dass Kinski so ausflippen würde.
          Ich kenne die Filme von Kinski nicht, habe mir nur einige Interviews mit ihm angesehen und „Jesus Christus Erlöser“
          In den Interviews regt er sich mMn aber oft zu recht auf, da die Interviewer wirklich blöde Fragen stellen und Kinski nicht bereit ist, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

  2. Patrick Says:

    Kann ich nur bestätigen. Habe genau das bei einem Reich-Vortrag erlebt. Die ganze Vorstellung kein Wort gesagt, keine Kritik, rein gar nichts und dann einen Feedbackbogen ausgefüllt der gemeiner nicht sein hätte können. Das Schöne dabei, anonym, obwohl man den Namen angeben hätte können.
    War jedoch ein gutes Beispiel von sozialer Oberfläche und sekundärer Schicht.

  3. Zeitgenosse Says:

    Ich will sicher nicht diverse Pest-Charaktere verteidigen aber einiges dazu sollte man mal kurz überdenken. Zum einen ist dieser Begriff ein Kampfbegriff und gleichzeitig Totschlagargument gegen alle Form von (vielleicht berechtigter?) Kritik. Zum anderen würde ich auch „pestig“ werden bei einigen WR-Vorträgen diverser WR-gesellschaften. Wenn Orgonomie plötzlich mit östlichen Weisheitslehren vermischt wird um daraus ein esoterisches Surrogat zu machen und das von Institutionen moderiert wird, die das Orgon quasi „verboten“ hatten (bzw. für nicht existent erklärten wie die WRG) und damit dem Gerichtsurteil der FDA folgten, dann könnte ich zumindest nicht anders reagieren.

    Auf eine Besonderheit möchte ich noch hinweisen: ist es nicht so, dass sich ein Genitalcharakter und ein EP-Charakter im Grunde extrem ähneln? Mich bitte zu korrigieren wenn ich es falsch verstanden habe, aber der einzige Unterschied zwischen einen genitalen und EP Charakter ist die Unfähigkeit der orgastischen potenz bei letzterem. Ansonsten hat ein EP-Charakter keine sonstigen Panzerungen/Biopathien aufzuweisen. Eventuell erklärt dies das tiefe Verständnis der orgonomischen Wiisenschaft durch solche Personen (Stichwort Silvert)?

    • Peter Nasselstein Says:

      Ein EP-Charakter hat stets einen sehr großen Energiepegel und von ihm geht eine Aura der „schnellen Lösungen“ aus. Der genitale Charakter kann auch einen niedrigen Energiepegel haben und er bietet nie einfache Lösungen an.

      Ep-Charaktere wären sehr wertvolle Menschen, wenn man sie heilen könnte, aber man kann sie nicht heilen, weil sie ja gerade darauf beruhen, d.h. so funktionieren, daß sie Gesundheit zerstören. Gleichzeigtig bedeutet das, daß sie wissen, was Gesundheit ist.

  4. Robert (Berlin) Says:

    „Oder er feiert mit Foucault die sadomasochistische Nichtung des Ich.“

    https://www.spiegel.de/kultur/michel-foucault-vorwurf-des-kindesmissbrauchs-durch-guy-sorman-a-87a95333-fb4f-440c-a8c6-8c86d8be324b

    Zitat:
    „Später wiederholte Sorman es in einer Fernsehsendung auf dem Kanal France 5 und in einem Interview mit der Londoner »Times«: Michel Foucault habe in Tunesien kleinen Jungen Geld geboten und auf dem Friedhof von Sidi Bou Saïd Sex mit ihnen gehabt.

    Der heute 77-jährige Sorman berichtet in der »Times«, er sei mit einer Gruppe von Freunden an Ostern 1969 nach Tunesien gereist, in das nahe Tunis gelegene Dorf, in dem Foucault zu jener Zeit gelebt habe. Jungen im Alter von acht, neun, zehn Jahren seien dem Philosophen hinterhergelaufen und hätten gerufen »Nimm mich, nimm mich!«. Foucault habe den Jungen Geldstücke hingeworfen und gesagt: »Wir treffen uns um 10 Uhr abends am üblichen Ort.«

    Soweit bestätigt auch die Journalistin Chantal Charpentier die Darstellung ihres damaligen Lebensgefährten Sorman. Sie wird in einem Artikel der »Zeit« mit den Worten zitiert: »Foucault führte sich wie ein scheußlicher Kolonialist auf, und ich möchte mir nicht vorstellen, wie er sexuell mit den Jungen des Dorfes umging.« Allerdings sagt sie auch: »Beweise, dass er sie missbrauchte, habe ich nicht.«

    Davon allerdings ist Guy Sorman überzeugt, der sich seinen eigenen Worten zufolge »Vorwürfe macht, seinerzeit nichts gesagt zu haben«. Nach seiner Darstellung habe Foucault sich mit den Jungen am Friedhof getroffen, im Buch heißt es, »er vergewaltigte sie im Mondlicht«, in der »Times« wird er zitiert, die Frage der Einwilligung sei »nicht einmal gestellt« worden.“

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