Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 75)

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Stirners Bedeutung ist die, daß er ausnahmslos die gesamte moderne (Hegelsche und post-Hegelsche) Philosophie entlarvt und überwunden bzw., besser gesagt, ad absurdum geführt hat. Wie Hans-Martin Sass 1975 feststellte: „Alle Spielarten überhaupt möglicher kritischer Theorie, alle Spielarten von Anarchismus und Existentialismus sind [zu Stirners Zeiten durch die „Jungehegelianer“] in Berlin durchgespielt worden, und alles, was später kam, sind (überspitzt gesagt) Neuauflagen: Adorno, Marcuse, Habermas und Heidegger; sie sind nicht nur historisch später, sie sind auch weniger originell, zugegeben in manchem gründlicher, im Grundsätzlichen schon lange durchgespielt in jenen Jahren in den zwei, drei Stammlokalen, die man in Berlin hatte.“

Stirner hat die diversen Philosophien seiner vermeintlichen Mitstreiter und damit die gesamte Philosophie bis heute als Apotheose der Enkulturation entlarvt, d.h. der dreischichtigen Charakterstruktur des gepanzerten Menschen (nach Reich):

Die willkürlichen und unveränderlichen mechano-mystischen „Prinzipien“ der Kultur werden verinnerlicht, obwohl sich das Leben ständig ändert. Es ist, als sollte ein mittelalterlicher Ritter in seinem „Panzer“ bei einem rhythmischen Tanzgymnastikturnier mithalten.

Mir wurde schon des öfteren vorgeworfen, ich wäre Opportunist. Kaum, daß ich mich als libertär geoutet habe, fordere ich ein brutales staatliches Durchgreifen. Eben noch predigte ich einen wirklich konsequenten Atheismus und rede jetzt von Gott. Marx habe ich stets in Grund und Boden verdammt, nur um ihn angesichts des Großkapitals unvermittelt in höchsten Tönen zu preisen. Bin ich Demokrat, Monarchist, Republikaner? Keine Ahnung, hängt auch vom Tag und der Tageszeit ab… Die Liste würde ein Buch füllen!

Eure „Prinzipien“ könnt ihr euch sonstwo hinschmieren! Ich lasse mich durch nichts und niemanden festlegen, auch nicht durch mich selbst und das, was ich noch vor einer Sekunde unumstößlich vertreten habe. Nicht mal der soeben niedergeschriebene Satz gilt unbedingt! Hauptsache die Sache funktioniert. Alles andere ist Ideologie, d.h. schlichtweg GEISTESKRANKHEIT. Lenin war so groß, weil er als überzeugter Marxist praktisch sämtliche Lehren des Marxismus über Bord geworfen hat, als ihm dies opportun erschien. Ähnliches kann man über Reich in Bezug auf den Freudismus sagen.

Aber wird durch derlei „Funktionalismus“ nicht jedes menschliche Gesellschaftsleben hintertrieben, das auf Vertrauen und Verläßlichkeit beruht? Nun, ich vertraue nicht darauf, daß du irgendwelchen „Prinzipien“ treu bleibst, sondern daß du die in dich gesetzten Erwartungen erfüllst und verdammt noch mal deine ARBEIT erledigst. Man verschone mich mit den Arschlöchern, die ihre Aufgaben nicht erfüllen, weil sie „überzeugte Anarchisten“, oder was auch immer für „Überzeugungen“, „prinzipiell“ folgen! GEISTESKRANKE!

Das kann man auch anders formulieren: es ist unwichtig, was Leute sagen und „bekennen“, entscheidend ist, WAS SIE TUN!

Hier ein kleines Beispiel für den Irrsinn, in dem wir leben müssen, weil die Menschen ihren „Prinzipien“ treu bleiben: „Berliner Elektrofeuerwehren sind [durch die Batterien] so schwer, dass die Gefahr besteht, dass sie voll beladen samt Straße in die Kanalisation durchbrechen. Mit an Bord der Elektrolöschflotte: Ein Dieselaggregat, das unterwegs die Akkus nachlädt, damit die Feuerwehr nicht auf halber Strecke stehenbleibt.“

Schlagwörter: , , , , , , , , , , , ,

19 Antworten to “Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 75)”

  1. Peter Nasselstein Says:

    Ungemein interessantes Video. Man betrachte die auffälligen Augen, ein perfektes Beispiel für induzierte Augenpanzerung, die die Trennung von Wahrnehmung und Erregung induziert. Bemerkenswert auch die Aussage, daß, während man in der Meditation immer „transzendenter“ (schizophrener) wird, die Atmung automatisch immer flacher wird. Das exakte, diametrale Gegenteil der Orgonomie:

  2. Jutta Weigel Says:

    Lieber Peter, was soll daran schädlich sein, ein- bis zweimal täglich einen flachen Atem zu haben während einer kurzen Sitzung? Ewtaige positive Effekte auf das Herz-Kreislaufsystem überwiegen doch wohl oder?

    • Peter Nasselstein Says:

      Ich zitiere einen TM-Insider: stephnensiemens.com/2016/05/24/missing-my-breath-pt-2/

      „Bei der Erforschung der Auswirkungen der Transzendentalen Meditation auf die Atemfrequenz, basierend auf zahlreichen von Experten geprüften Artikeln, ist es unzweifelhaft, daß sich die Atemfrequenz während der Transzendentalen Meditation verlangsamt und die Atmung flacher wird. Ich habe dies auch persönlich erlebt.
      Darüber hinaus fällt diese Verringerung der Atemfrequenz mit einer verringerten Stoffwechselrate im Körper zusammen. Der Körper kommt bei dieser Praxis in einen tiefen und sehr einzigartigen Ruhezustand.
      Dann frage ich mich, ob sich diese verringerte Stoffwechselrate bei fortgesetzter TM-Praxis in den Alltag überträgt? Ich habe oft gedacht, daß ein schnellerer Stoffwechsel mit einer besseren Gesundheit und einer erhöhten Flexibilität des Körpers verbunden ist. Wenn also die Stoffwechselrate und die Atemfrequenz außerhalb der TM reduziert werden, ist das gut für die Gesundheit?
      Es gibt eine andere Denkschule über die Atemeffizienz. Bei einem Meditations-Retreat am letzten Wochenende erzählte eine Ausbilderin eine Geschichte. In einem Zug fiel ihr auf, daß alle um sie herum so schwer atmeten, und sie bemerkte, daß ihr Atem viel flacher war. Sie glaubt, daß die TM-Praxis ihre Physiologie korrigiert haben könnte, so daß ihr Körper effizienter arbeiten kann. Im Gegenzug benötigt ihr Körper weniger Sauerstoff und ihre Atemfrequenz in Ruhe kann sich auf natürliche Weise verringern.
      In einem früheren Beitrag habe ich festgestellt, daß ich bei meinen täglichen Aktivitäten weniger auf den Atem geachtet habe. Könnte dies tatsächlich ein gutes Zeichen sein? Könnte es sein, daß mein Atem automatisch, flacher und effizienter arbeitet, und zwar so, daß es tatsächlich ein gutes Zeichen ist? Könnte es sein, daß mein Atem automatisch, flacher und effizienter arbeitet, so daß es tatsächlich besser für meine Gesundheit ist?“

      Aus orgonomischer Sicht ist das eine induzierte Schrumpfungsbiopathie. Natürlich fühlen sich die Leute besser, wenn der Energiepegel sinkt, d.h. sie haben weniger Angst und sind deshalb entspannter. So wirken auch sämtliche Psychopharmaka. TM paßt also voll in die Zeit!

      • claus Says:

        „Aus orgonomischer Sicht ist das eine induzierte Schrumpfungsbiopathie. Natürlich fühlen sich die Leute besser, wenn der Energiepegel sinkt, d.h. sie haben weniger Angst und sind deshalb entspannter. So wirken auch sämtliche Psychopharmaka. TM paßt also voll in die Zeit!“
        Ja, und darum geht es ja auch beim Yoga: Kontrolle über den Atem und keine Emotionen aufkommen lassen; jedenfalls keine unerwünschten; und ob/inwiefern die erwünschten noch welche sind? … ist die Frage.

  3. Jutta Says:

    Frage mich, ist ein flacher Atem außerhalb einer TM-Sitzung wirklich auf TM zurückzuführen oder einfach auf die Charakterstruktur . Diese Ausbilderin führt das natürlich auf TM zurück. Aber stimmt das?
    Genügend Angst in der Kindheit reicht ja aus, um automatisch flacher zu atmen als jemand mit anderen Erfahrungen.

    Eastwood, der nach eigenen Aussagen schon Jahrzehnte TM praktiziert, macht hochbetagt noch immer einen vitalen Eindruck.
    Auch muss man bekanntlich kein Fan von Maharishi & Co sein, um TM zu praktizieren und eventuell gesundheitlich (Herzkreislaufsystem) zu profitieren.

  4. Jutta Weigel Says:

    Frage mich, ob flacher Atem außerhalb der Sitzung wirklich auf TM zurückzuführen ist oder einfach auf der Charakterstruktur der betreffenden Person beruht. Die Ausbilderin führt ihren flacheren Atem natürlich auf TM zurück, was noch nichts besagt.
    Eastwood, der hochbetagt noch einen vitalen Eindruck macht und nach eigener Aussage seit Jahrzehnten TM praktiziert, ist möglicherweise gutes Beispiel für die positive Wirkung auf Herzkreissystem etc.
    P.S. Bin kein Fan von Maharishi & Co, stehe allerdings der Methode durchaus positiv gegenüber

  5. claus Says:

    „daß er ausnahmslos die gesamte moderne (Hegelsche und post-Hegelsche) Philosophie entlarvt und überwunden bzw., besser gesagt, ad absurdum geführt hat. Wie Hans-Martin Sass 1975 feststellte: ‚Alle Spielarten überhaupt möglicher kritischer Theorie, alle Spielarten von Anarchismus und Existentialismus sind [zu Stirners Zeiten durch die ‚Jungehegelianer‘] in Berlin durchgespielt worden, und alles, was später kam, sind (überspitzt gesagt) Neuauflagen: Adorno, Marcuse, Habermas und Heidegger!‘ “

    ? Merkwürdige Einschätzung. Das Wichtigste in der Philosophie kam erst mit der Analytischen Philosophie in der Folge Freges, des Wiener Kreises, Austins, Wittgenstein (früh und spät), der Situationssemantik, …

    • Peter Nasselstein Says:

      Das überfordert mich jetzt, ich könnte das auch gar nicht sinnvoll diskutieren, ohne mich vollständig lächerlich zu machen, aber, was soll’s, trotzdem:

      Drehen sich Hegel und die Junghegelianer hier und ihr vermeintlicher absoluter Gegensatz, die analytische Philosophie, dort nicht auf den gleichen Gleisen, geht es doch um die Frage („Phänomenologie des Geistes“) nach dem Verhältnis von Begriff (bzw. Sprache im weitesten Sinne) und Wirklichkeit?

      Ist in diesem Zusammenhang nicht Stirners „kein Begriff erfaßt mich“ Nähe etwa zu Wittgenstein frappant?

      • claus Says:

        Das überfordert mich nun. Scheint ums ‚Unaussprechliche‘ zu gehen.

      • claus Says:

        So, habe noch mal drüber nachgedacht:
        Neu war, dass es nun auch darum ging, was man aufgrund der Sprachregeln mit einem bestimmten Ausdruck korrekterweise meinen kann.
        Das ist für einen Ausdruck jeweils zu klären.
        Welcher Bezug zu welcher Wirklichkeit dann mit einem Ausdruck jeweils korrekt (gemäß den Sprachregeln) hergestellt werden kann (so gen. Referenz), hängt wiederum davon ab, was man mit dem Ausdruck korrekterweise meinen kann.

        • Peter Nasselstein Says:

          Und das in Zeiten, wo man nicht mal fragen kann (darf): „Was ist eine Frau?“

          • claus Says:

            Ja, das Beispiel geht so in Richtung Bezeichnungen für natürliche Arten wie Wasser, Elektron, … Nur dass es bei Mann, Frau diffiziler ist wegen des ‚sozialen Geschlechts‘, das man einfach „Gender“ nennen könnte (etwas unglücklich, weil das auch eine grammatische Kategorie ist).
            Was nervt nun bei der Genderei eigentlich? Vielleicht ist es, dass man jeder kleinen Unterscheidungsmöglichkeit Rechnung tragen will, anstatt die Zuordnung bei öffentlichen Toiletten usw. einfach daran zu knüpfen, was zwischen den Beinen ist. Das wiederum wäre bestimmten Leuten nicht so wichtig, wenn sie nicht solch ein Riesenproblem damit hätten, was zwischen ihren Beinen ist. Und anstatt das bloß IHR Problem sein zu lassen, wird es politisch gehandhabt.

  6. Peter Nasselstein Says:

    Plato. Aristoteles, die Sophisten und alles was danach gekommen ist bis Hegel und weiter bis heute – auf der einen Seite – und die prophetische Tradition Israels und sein Kampf gegen „Götzen“ – auf der anderen Seite. Ging es im Kern nicht immer nur um ein einziges Thema? Das Verhältnis von Wort und Ding!

  7. Peter Nasselstein Says:

    Ich kann es nicht erklären, aber meine Helden folgen fast immer irgendwelchen mystischen Meister. Ich vergöttere beispielsweise die „Swami“ Alice Coltrane, die in späteren Jahren Anhängerin des Modju Sai Baba war;

    • Jutta Weigel Says:

      Dazu fällt mir Sri Aurobindo ein, der sinngemäß meinte, dass die Wirkung eines Meisters auf den Anhänger nicht abhängig ist von der Qualität bzw. Stufe des Guru.
      Also auch ein Modju kann demzufolge in Schülern Gutes auslösen.
      Keine Ahnung wie das zusammenhängt.

  8. Robert (Berlin) Says:

    KOSTENLOS

    Der Einzige und sein Eigentum
    Max Stirner (Autor)
    Format: Kindle Ausgabe

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..