Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 114)

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Bernd Laska unterscheidet zwischen irrationalem und rationalem Über-Ich, durchaus in Abgrenzung zu Stirner, der an einigen Stellen nicht ganz sicher formuliert, was den „Egoismus“ und die „Eigenheit“ betrifft. Stellen, die von Konservativen auf der einen und „Postmodernen“ auf der anderen Seite gelegentlich höhnisch-anklagend hervorgehoben werden, um Stirner zu verdammen; bzw. geschätzt und betont werden, um Stirner zu vereinnahmen. Das letztere gilt beispielsweise für Perverse jeder Couleur, die „nun mal so sind“ und dabei vergessen machen, daß sie „so“ gemacht wurden.

Gemacht wurden sie in einer Gesellschaft, die von willkürlichen heiligen Prinzipien bestimmt wurden, welche nur Unheil anrichten konnten, im Gegensatz zu pragmatischen Regelungen, wie wir sie in jedem Gesellschaftsspiel oder bei jedem Mannschaftssport akzeptieren. Es geht um den Unterschied zwischen Ethik, die im Kern immer sexualfeindlich und damit „perversions-generierend“ ist, und vollkommen neutralen Vorschriften, die jederzeit in Frage gestellt werden können, wenn sie dem Zusammenleben nicht zuträglich sind.

Laskas Konzept lautete in einer privaten Mitteilung mir gegenüber: je schwächer das irrationale „fremdinduzierte“ Über-Ich ist, desto stärker kann das rationale „selbstgesetzte“ werden, denn der „genitale Charakter“ ist ja kein Spielball von Launen, sondern in der Lage, seine Triebökonomie so zu regulieren, daß er zeitlich ferne „selbstgesetzte“ Ziele ins Visier nehmen kann.

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist es mit dem Dreischichtenmodell Reichs genauso: es gibt die irrationale, verlogene Fassade und es gibt die irrationale, pestilente sekundäre Schicht. Wenn die beseitigt sind, liegt dann der Kern offen da? Nein, denn er wird umgeben von der rationalen, sozialen Fassade (die die Arbeitsdemokratie und selbst das private Liebesleben erst funktionsfähig macht, denn wo wären wir, wenn wir immer „ungalant“ ehrlich wären?!) und der rationalen Mittleren Schicht, die in etwa dem entspricht, was man in der Alltagssprache als „Charakter“ bezeichnet (die Fähigkeit sich diszipliniert zu verhalten, sich Ziele zu setzen, die Befriedigung aufschieben, sich einzuordnen, wenn es einem langfristig zuträglich ist, etc.).

Man denke nur an das Gesellschaftsspiel oder den Mannschaftssport mit „Pokerface“, Finten, Tricks oder beispielsweise die „altruistische“ Paßkombination beim Fußball, statt mit einer weit geringeren Torchance, aber höherer Chance des eigenen Ruhms, selbst auf das Tor zu ballern. Man kann sich verstellen und man kann sich zurücknehmen, ohne „besessen“ oder gepanzert zu sein.

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11 Antworten to “Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 114)”

  1. Robert (Berlin) Says:

    Das war auch immer meine Denkfrage. Was ist beim panzerreduziertem Individuum, wo bleiben die mittlere und obere Schicht. Von der Logik her müssten alle 3 Schichten dann identisch wirken und sich nicht behindern.

  2. Peter Nasselstein Says:

    Besser kann man nicht erklären, warum sich der NACHRICHTENBRIEF in den ltzten Jahren verändert hat. In den 80er Jahren bis vor kurzem waren „die Russen“ meine Feinde, heute hat sich die Lage gedreht. Nein, nicht um 360°, sondern nur um 180°:

    • Peter Töpfer Says:

      Ganz ähnlich bei mir (und bei sehr vielen anderen). Aber inzwischen habe ich mich belehren lassen müssen, wie sehr „Rußland“ unter Herrschaft von Nicht-Russen ist und daß man, wenn man – wie ich – das Bündnis mit den Russen will, die „russische“ Führung nicht mit den Russen verwechseln darf.

    • Peter Nasselstein Says:

      Niemand kann sich auch nur ansatzweise ausmalen, wie sehr das russische (und ukrainische) Volk zwischen 1917 und 2000 gelitten hat – bis Putin kam. Die Kriegsphantasien mancher „Deutscher“ sind deshalb an Obszönität nicht zu überbieten. Und angesichts von Nordstream ist die Amerikabegeisterung so vieler einfach geisteskrank – und der Haß ausgerechnet gegen den EINZIGEN Friedenspräsidenten seit Urzeiten, also gegen Trump, ist weit jenseits von geisteskrank.

    • Frank Says:

      Die Probleme mit den USA hätte man schon viel früher erkennen müssen (Video habe ich nicht angeschaut), das war naiv!

  3. Peter Nasselstein Says:

    Die Russische Armee ist heute die Armee des DEUTSCHEN Volkes. Wir sind ein besetztes Land, das seiner Befreiung harrt!

    https://www.pi-news.net/2024/03/diese-bundeswehr-ist-nicht-unsere/

    • claus Says:

      Tja, ich habe demgegenüber längst den Verdacht, dass alles so ist, wie es zu sein scheint, und der Ukraine-Krieg so ist, wie ihn die Journaille darstellt. ‚Dialektik‘ und Widerspruchsgeist überflüssig.

    • Robert (Berlin) Says:

      Die Beiträge von Wolfgang Hübner sind für mich die besten Politanalysen, die es z. Z. gibt. Ich versäume keinen einzigen.

    • Peter Nasselstein Says:

      Für Leute, die es immer noch nicht begriffen haben: die NATO würde einen konventionellen Krieg gegen Rußland gerade mal (und schon das ist zu optimistisch) eine Woche durchhalten, dann ist Schluß! Ein nichtkonventioneller Krieg? Die Lebenden werden die Toten beneiden.

      • claus Says:

        Ja, denn dennoch verdienen Russen (sie fühlen sich ja so und nennen sich nicht „Deutsche“) in Deutschland meinen Hass für die unter ihnen gängige Haltung zu einem militärischen Angriff.

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