Koexistierende Wirkung und antiautoritäre Gesellschaft

Meine Behauptung, daß der 1960 begonnene Übergang von der autoritären zur antiautoritären Gesellschaft mit dem Wechsel von der „relativen Bewegung“ zur „koexistierenden Wirkung“ einherging, kann ich hier nur schwer direkt begründen. Nehmen wir erst mal folgendes Video und gehen dann den Beweis für meine Behauptung tangential an:

Den Unterschied zwischen den beiden Funktionsbereichen koexistierende Wirkung und relative Bewegung kann man sich am besten anhand des Unterschiedes zwischen einem Musikstück und der bildenden Kunst vorstellen. Man nehme etwa Leonardo da Vincis „Mona Lisa“. Es bringt nichts, das Bild sozusagen „eindimensional“ „Schritt für Schritt“ zu betrachten (solange man kein Kunsthistoriker ist). Der Kunstgenuß und das Verstehen des Sinns entsteht erst durch das Erfassen des zweidimensionalen Gesamtbildes. Diese „Gleichzeitigkeit“ entspricht der koexistierenden Wirkung, wie wir sie insbesondere im Traum erfahren. Es ist kein Zufall, daß wir im Traum nichts hören, denn Tonabfolgen, insbesondere aber die Musik, sind eben genau das: „eindimensional“ „Schritt für Schritt“ im Sinne der relativen Bewegung. Genau deshalb hat, entgegen der Meinung Frank Zappas, auch Humor und das Absurde in der Musik nichts zu suchen.

Man kann natürlich einwenden, daß es bei der gesprochenen oder geschriebenen „eindimensionalen“ Wortfolge doch den Witz gäbe. Aber genau dieser illustriert das obige. Ich erzähle etwas Rationales (Bereich der relativen Bewegung = logische Abfolge = Kausalität) und dann reiße ich unter dir den Boden, auf dem du stehst, weg und du fällst in den bodenlosen Abgrund des Bereichs der koexistierenden Wirkung. „Warum sind Hunde keine guten Tänzer?“ Du versuchst als Antwort etwas Sinnvolles zu formulieren, aber ich beantworte meine eigene Frage, indem ich sage: „Weil sie zwei linke Füße haben!“ Vom Wachzustand wird man plötzlich in die Welt der Träume und ihrer psychotischen (koexistierenden) „Psycho-Logik“ versetzt. Dieses Gefühl des Fallens macht schwindlig und wir lachen wie ein Kind auf einer Schaukel oder in einer Achterbahn. Gleichzeitig kann die Achterbahn aber auch der absolute Horror sein. Ich habe Leute gekannt, die mich anschrieen, ich solle mit meiner üblichen kindischen Monty Python-Routine aufhören, weil sie das Gefühl haben, in einen Derealisationserleben zu verfallen und geradezu psychotisch zu werden.

Das Umgekehrte tritt auf, wenn etwa überkandidelte Feiern, bei denen jeder angeheitert ist und alles in eine kathartische Orgie des Absurden abgleitet, abrupt durch die Polizei unterbrochen werden. Der Schock der Ernüchterung: plötzlich „steht man schwindelig vor dem Abgrund des Nichts“. Dies steht unseres Spaßgesellschaft unmittelbar bevor, wenn die Katastrophe hereinbricht…

Die Perioden unmittelbar vor und nach dem Schlaf, wenn wir liegen bzw. uns noch nicht bewegt haben, sind Zwischenzonen, in denen die Realität der relativen Bewegung allmählich durch den Bereich der koexistierenden Wirkung verdrängt wird bzw. umgekehrt. Dieser Übergang, wie jeder Übergang von einem Zustand in einen anderen, macht uns schwindlig und kann mit Angst einhergehen. Daher kann sowohl der einfache Akt des sich Hinlegens als auch der des Aufstehens (wie bei Reichs bettlägerigen Krebspatienten) Panik auslösen.

Interessanterweise versucht unsere gegenwärtige Kultur, diesen beängstigenden Unterschied zwischen den beiden Bereichen tendenziell einzuebnen und so die Angst zu mindern, die mit „Hinfallen“ und „Wiederaufstehen“ verbunden ist. Die relative Bewegung am Tag wird mit „Fantasy“ und all dem religiösen, psychedelischen und Hollywood-Mist überflutet, während die Menschen gleichzeitig versuchen, die koexistierende Wirkung in der Nacht durch Meditationstechniken und bewußtseinsbetäubende Drogen sozusagen „gleichzurichten“. Im Grunde genommen verwandeln sich die Menschen in Zombies, die nicht mehr zwischen Wachen und Schlafen unterscheiden können. Die musikalische Untermalung bietet die moderne Musik, die seit Liszt von der Ambition beseelt ist „Tongemälde zu malen“ und seit Wagner ein „Gesamtkunstwerk“ zu präsentieren. Die Kulissenmaler des Zombietums sind die modernen Künstler, die seit Kandinsky darum ringen Musik auf die Leinwand zu bannen. Oder für den Pöbel: seit dem Einzug der „Unterhaltungsindustrie“; kein hirnerweichendes Gedudel mehr ohne visuelle Stimulation und umgekehrt. Die eigene Vorstellungskraft verschwindet und Menschen verwandeln sich in Bioroboter.

Schlagwörter: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

9 Antworten to “Koexistierende Wirkung und antiautoritäre Gesellschaft”

  1. Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:

    Dieser Artikel

    Warum kann Links kein Meme? (mmnews.de)

    paßt sowohl zum gestrigen Blogeintrag („Die linke Blase ist außerstande, auch nur ein lustiges Meme zu produzieren …., weil all ihre Thesen auf unzähligen verquasten Annahmen basieren, die kein normaler Mensch auf Anhieb versteht.“) als auch zum heutigen.

  2. Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:

    Die AfD ist die einzige, DIE EINZIGE, demokratische Partei im Bundestag, der rest ist Emotionelle Pest und nichts außerdem:

    • Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:
    • Avatar von Robert (Berlin) Robert (Berlin) Says:

      Jede Partei verdirbt nach einigen Jahren. So auch die AfD!

      Worum geht es beim Machtkampf innerhalb der AfD?

      Bei der Wahl von Alice Weidel zur Spitzenkandidatin der baden-württembergischen AfD für die kommende Bundestagswahl wurden Handgelder an Parteimitglieder bezahlt, um Weidels Sieg zu sichern. Worum es dabei geht und warum es in der AfD rumort.

      • Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:

        Ja und nein. Das ist in jeder neuen Partei so, etwa der CDU oder den Grünen. Am Anfang, wenn es „basisdemokratisch“ zugeht, drängen immer die Psychopathen und alles immer Besserwissenden, die alles zerstören würden, nach vorne und es ist schwer sie unter Kontrolle zu bringen. Und, wie Konia mal irgendwo schrieb, geht es nicht darum, die beste Partei zu wählen, sondern die am wenigsten Schlechteste. Die AfD ist die einzig überhaupt wählbare. Die Peter Nasselstein Pareti wäre mir lieber, aber die bekäme, wenn überhaupt, eh nur eine Stimme…

        Jedwede Organisation ist problematisch. Reich hätte auch mit dem oder jenen Mitarbeiter besser umgehen können, den und den hätte man im College halten müssen etc. Aber manchmal muß man brutale, ungerechte Entscheidungen fällen, schon einfach um das Gelaber und unendlich lange Diskussionen zu beenden. Im Krieg kann man Entscheidungen diskutieren, aber irgendwann muß Schluß sein und wer dann trotzdem weitermacht, mutiert zum Feind.

      • Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:

        Ist auch schon in der Orgonomie passiert: der Aufstand des Kleinen Mannes:

  3. Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:

    Das Video zum Blogbeitrag:

  4. Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:

    Ja Leute, willkommen im FASCHISMUS!

  5. Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:

    Leute!!!!!

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..