Die Sexualökonomie der Cheyenne

1927 beschrieb Reich in der damaligen stark von Freuds Todestriebtheorie („Destruktionstrieb“) geprägten psychoanalytischen Begrifflichkeit den Zusammenhang zwischen „Sexualstauung, Aggression, Destruktion und Sadismus“:

Die Intensität real unbegründeter Destruktionsantriebe, besonders die der Brutalität und des Sadismus, hängt vom jeweiligen Zustand der sexuellen Befriedigtheit beziehungsweise von der Stärke der sexuellen Stauung ab.

Diese Abhängigkeit zeigt sich dem Beobachter sowohl auf körperlichem Gebiet als auch im Bereiche der seelischen Haltungen. In Wirklichkeit sind die seelischen Haltungen und die körperlichen Erregungen natürlich nicht zu trennen.

Schon bei der akuten Neurasthenie, die durch Zersplitterung der Befriedigung entsteht und auf sexueller Stauung beruht, sehen wir ein Anschwellen der Erscheinungen destruktiver Antriebe: Reizbarkeit und Ausbrüche des Ärgers über nichtige Vorkommnisse sowie starke motorische Unruhe. Die Destruktionsantriebe sind identisch mit muskulärer motorischer Spannung. Motorische Unruhe kommt bei Neurosen in der Weise zustande, daß unbefriedigte sexuelle Erregung den Muskelapparat erfaßt; sie erscheint aber hier nicht mehr als Sexualphänomen, sondern als Zerstörungsantrieb. Die unterdrückte Sexualerregung überträgt sich auf die Muskulatur, wenn sie nicht symptomatisch gebunden wird oder als Stauungsangst erscheint.

Wir sehen, daß die motorische Unruhe, die Antriebe, zu zerstören oder zumindest den Muskelapparat zu betätigen, sowie die allgemeine Aggressivität bei sadistisch-triebhaften Charakteren um so stärker werden, je länger sie abstinent leben, und daß diese Impulse schwächer werden, wenn die Abstinenz auch nur für kurze Zeit aufgegeben wird. (Genitalität, S. 182)

Die Indianer des nordamerikanischen Kontinents waren nicht durchgehend matristisch, vielmehr gab es auch hier eher patristische, d.h. eher gepanzerte Stämme, bzw. entsprechende Traditionen, die sich aufgrund der Völkerverschiebungen infolge der Landnahme durch die Weißen ausbreiteten. Schließlich überlebten nur die patristisch geprägten Stämme, weil diese sich gegen die koloniale Aggression wehrten (James DeMeo: Saharasia).

Zu diesen gehörten die Cheyenne. Sie glaubten, was typisch für den Patrismus ist, an einen „obersten Gott“ und es gab bei ihnen eine scharfe Trennung zwischen der Sphäre des Krieges (Destruktion) und jener des Familienlebens (Prokreation). Der Anthropologe John H. Moore hat dies anhand der Kriegshäuptlinge der Cheyenne aufgezeigt.

Im Glauben der Cheyenne kam die Energie zum Leben und dessen Erfolg vom allerhöchsten Gott. Aufgabe des einzelnen Mannes sei es, diese allgemeine Energie in eine zielgerichtete Kraft umzuwandeln. Dann kann sie aber nicht mehr für andere Zwecke verwendet werden, weshalb insbesondere Zölibatsgelübde abgenommen wurden, wenn eine schwere Aufgabe anstand. Entsprechend lebten die Krieger, insbesondere aber ihre Anführer, im zeitweisen, teilweise sogar lebenslangen, Zölibat.

Ähnlich wird es bei entsprechenden Stammesgesellschaften in Afrika und auf dem eurasischen Kontinent ausgesehen haben. Das erklärt m.E. auch den Ursprung des Jainismus, Buddhismus und vielleicht der entsprechenden durchweg extrem sexualfeindlichen hinduistischen Guru-Linien aus der indischen Kriegerkaste. Siehe dazu meinen Aufsatz Die Massenpsychologie des Buddhismus.

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3 Antworten to “Die Sexualökonomie der Cheyenne”

  1. Avatar von Denis Roller Denis Roller Says:

    Welch ein Zufall. Gerade eben habe ich Stephen King’s „Friedhof der Kuscheltiere 1 und 2“ gesehen, nach langer Zeit, ich liebe diese Filme. Die alten Mic-Mac Indianer und ihr unheiliger, geheimer Friedhof tief im Wald. Wo die Toten wieder auferstehen, die man dort begräbt. „Der Acker im Herzen eines Mannes ist steiniger. Ein Mann pflanzt das an, wovon er was versteht. Er hegt es und pflegt es und eines Tages gehört es ihm. Und was Dir gehört, kehrt immer wieder zu Dir zurück.“ Doch manchmal- ist der Tod besser…

    Stephen King ist ein Genie. Wie er immer wieder die Schattenseite des Daseins thematisiert. Den Schatten. Das Böse. Die grauenvolle „Killerenergie“ die dem lebendigen Leben auflauert. In amerikanischen Kleinstädten, die in vielen Geschichten sogar dieselben Namen haben. Erinnert mich stark an „OR“ und „DOR“. Er hat ein extrem filigranes Gespür für diese Inhalte.

    Zölibatäres Dasein um sich so kriegerischen Lebensinhalten zu widmen, interessant… Dann doch lieber Zweisamkeit. Auch wenn nichts ewig währt. Was ja auch extrem langweilig wäre. Hingabe beinhaltet ja genau das- sich permanent aufzulösen im Fluss des Wandels.

  2. Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:
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    October 3, 2025

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    American College of Orgonomy 

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    Dr. Alberto Foglia is board certified in psychiatry by the Swiss Board of Psychiatry and in medical orgonomy by the American College of Orgonomy. He has a medical orgone therapy practice in Lugano, Switzerland where he treats infants, children and adults. Dr Foglia has written several articles about medicine, psychiatry and orgonomy in a variety of scientific journals, including the Journal of Orgonomy.

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  3. Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:

    Die Rechtssprechung in Modju-Land:

    Mit gewissen Paralleln zu Reich!

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