Der Wallstreet-Zoo

Als ich neulich in der Innenstadt an lauter teuren Luxusboutiquen vorbeiging und von den entsprechenden Leuten umgeben war, mußte ich an etwas denken, woran ich immer denken muß, wenn mir in sozialen Situationen unwohl ist: an Schimpansen bzw. die gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Schimpanse. Unvermittelt stehe ich dann mitten im Affengehege von Hagenbeck. Der soziale Status in Horden von Menschenaffen läßt sich unmittelbar am Zustand des Fells ablesen. Sozial höherstehende Tiere haben nicht nur ein besseres Immunsystem, sondern werden auch weitaus häufiger gelaust. Ihr Fell ist entsprechend glänzend und glatt. Kleider machen Leute!

Einer Studie der Tufts University in Medford zufolge, läßt sich am Aussehen von Führungskräften die finanzielle Lage der Unternehmen erkennen.

Der finanzielle Erfolg eines Unternehmens spiegelt sich auch in dem Eindruck wider, den das Aussehen des Vorstandsvorsitzenden auf Außenstehende macht. Die Chefs erfolgreicher Firmen strahlen mehr Kompetenz, Dominanz, Reife, Sympathie und Vertrauenswürdigkeit aus als die Leiter weniger gut florierender Unternehmen. Das schließen Forscher aus einer Studie mit Studenten, die Fotos von 50 amerikanischen Firmenchefs beurteilen mußten, ohne zu wissen, um wen es sich dabei handelte. Dabei ergab sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Gesichtszügen der Firmenchefs und dem Erfolg des Unternehmens.

In Hans Hass und der energetische Funktionalismus wird die Theorie von der funktionellen Identität von Charakterstruktur von Firmenchef und Firma diskutiert.

Der Wirtschaft kosten falsche Planung der Manager, schlechtes Anleiten und generell Chaos jährlich 74 Arbeitstage pro Mitarbeiter. Zu diesem Ergebnis kam 2004 eine internationale Studie der amerikanischen Unternehmensberatung Proudfoot, die auf fast 1700 Einzeluntersuchungen in acht Ländern basiert. In Großbritannien sind es 87 Arbeitstage, in den USA 96 und in Frankreich 127. Hinzu kommt von Seiten der Arbeitnehmer mangelhafte Qualifikation. Entsprechend läßt sich die Produktivität weniger durch immer neue Anlagen steigern, sondern durch einen klügeren Einsatz und eine bessere Schulung der vorhandenen Mitarbeiter.

Für Reich war Hitler „der Generalpsychopath“ (siehe Die Massenpsychologie des Faschismus). Als Resultat des Zerfallsprozesses des „Kasinokapitalismus“ (vgl. Ökonomie und Sexualökonomie) und des kulturellen Einflusses des modern liberal (vgl. Der politische Irrationalismus aus Sicht der Orgonomie) beobachten wir heute wieder, daß die Führer („Führungskräfte“) die gleiche „rebellische“ Charakterstruktur haben wie asoziale Kleinkriminelle.

Den US-Wirtschaftspsychologen Paul Babiak und Robert Hare zufolge, erobern gegenwärtig „skrupellose Irre“ die Chefetagen. Teilweise werden sie bewußt eingestellt, da sie vor harten, schnellen Entscheidungen nicht zurückschrecken. Sie sind energisch, zupackend, selbstbewußt und weil sie sich gut ausdrücken können, denkt jeder, sie hätten „Visionen“. Nach außen hin liebenswürdig, sind sie in Wirklichkeit unaufrichtig, arrogant und ohne jeden Skrupel oder mitmenschliches Gefühl. Dauernd „erfinden sie sich neu“, spielen ständig va banque, wobei sie ihre Position durch Manipulationen und politische Netzwerkbildung sichern.

Bisher krankte die ökonomische Theorie daran, daß sie mehr oder weniger eine Sache der Weltanschauung (letztendlich unterschiedlicher Panzerstrukturen) war, die sich, wie etwa bei Marx, mit Hilfe von Dialektik und Mathematik ein wissenschaftliches Mäntelchen umhängte. Man vergegenwärtige sich nur, mit welchem missionarischen Eifer die Jünger von Marx, Gesell, Keynes, Friedman und der anderen Gurus der Ökonomie ihre Glaubenslehren vertreten! Die Verhaltensbiologie zeigt uns erstmals, wie sich das kapitalistische Wirtschaftssystem organisch aus den Verhaltensmustern der Affen und Primaten heraus entwickelt hat – parallel zur Entwicklung der Genitalität (siehe Biologische Entwicklung aus orgonomischer Sicht ).

Verhaltensbiologen haben den Umgang von Affen und Menschenaffen mit „Geld“ untersucht. Dabei handelte es sich um unterschiedlich große Steine, die sie je nach Größe der Steine gegen Früchte umtauschen können. Die Forscher fanden, daß etwa Kapuzineräffchen sehr schnell begreifen, daß „Münzen“, die besagten Steinchen, unterschiedlichen Wert haben. Bei „Rabattaktionen“ verhalten sie sich genauso wie die Kunden eines Supermarkts. Schimpansen zeigten sogar Sparverhalten, d.h. sie zweigten einen Teil der Münzen, die sie als Belohnung bekamen, ab und legten sie auf die hohe Kante. (Ein Fall für Silvio Gesell und seine Jünger!) Auch ansonsten wurden bei den Affen alle möglichen Elemente des Kapitalismus evident: Gewinnstreben, „Warenfetischismus“, Prostitution, Betrug und empörtes Einfordern von Verhalten, das dem eines „ehrbaren Kaufmanns“ entspricht.

Schimpansen hat man sogar dazu gebracht, diese „Geldwirtschaft“ untereinander zu praktizieren. Der Austausch von Dienstleistungen, etwa Lausen, manchmal auch gegen Nahrung, wurde auch in freier Natur beobachtet. Der Austausch von Gütern brach in den beschriebenen Versuchen jedoch ohne menschlichen Einfluß sehr bald zusammen. Die Forscher spekulieren, es könne daran liegen, daß Güter gestohlen werden können.

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4 Antworten to “Der Wallstreet-Zoo”

  1. Avatar von David David Says:

    Faszinierendes Experiment auf jeden Fall – interessant ist auch der Austausch in freier Wildbahn.

    Während mir das gegenseitige Lausen als ganz gewöhnliches soziales Verhalten erscheint, lässt der Tausch dieser Dienstleistung gegen Nahrung schon eher an den Menschen und seine komplexen Wirtschaftssysteme denken.

  2. Avatar von David David Says:

    Auch ansonsten wurden bei den Affen alle möglichen Elemente des Kapitalismus evident: … Prostitution

    Dieses Teil-Ergebnis des Experiments ist außerordentlich unbequem für alle, die wie ich dachten, dass Prostitution nur existiert im Zusammenhang mit sexueller Repression – und infolge dessen bei den Männern ein Mangel und somit Nachfrage nach dieser Dienstleistung, dass Prostitution ferner nur existiert in den patriarchalischen Gesellschaften, d.h. Saharasia und seinen borderlands

    Ohne die künstlich, durch das Experiment, eingebrachten Münzen wurde, so habe ich einmal gehört, in freier Wildbahn beobachtet dass Bonobo- (Zwergschimpansen-) Weibchen sich im Tausch gegen Nahrung sexuell hingeben – stimmt das? gibt es dafür eine Quelle?

    • Avatar von Peter Nasselstein Peter Nasselstein Says:

      Es wurde schon oft beobachtet, daß Schimpansen-Weibchen an das begehrte Fleisch kommen, indem sie sich den jagenden Männchen sexuell anbieten. (Was Bonobos betrifft – keine Ahnung.) Bei den Trobriandern ist es so, daß die Männer ihren Freundinnen vor jeder Liebernacht etwas schenken. Das würde ich kaum als „Prostitution“ bezeichnen. Im allgemeinen kann man sagen, daß jede Art von Neurose (und Prostitution ist von beiden Seiten her extrem neurotisch) nur eine Verzerrung primärer, gesunder Triebe ist. Das gilt für alles! Reicht vom sexuellen Kannibalismus bis zum Genozid.

  3. Avatar von davidmoerike David Says:

    und des kulturellen Einflusses des modern liberal … beobachten wir heute wieder, daß die Führer („Führungskräfte“) die gleiche „rebellische“ Charakterstruktur haben wie asoziale Kleinkriminelle.

    Den US-Wirtschaftspsychologen Paul Babiak und Robert Hare zufolge, erobern gegenwärtig „skrupellose Irre“ die Chefetagen. Teilweise werden sie bewußt eingestellt, da sie vor harten, schnellen Entscheidungen nicht zurückschrecken. … Nach außen hin liebenswürdig, sind sie in Wirklichkeit unaufrichtig, arrogant und ohne jeden Skrupel oder mitmenschliches Gefühl. Dauernd „erfinden sie sich neu“, spielen ständig va banque, wobei sie ihre Position durch Manipulationen und politische Netzwerkbildung sichern.

    Das sind die, die von Sam Vaknin (Bücher und Youtube-Beiträge) und ähnlichen Autoren als „narcississtic“ bezeichnet werden.

    Der Austausch von Gütern brach in den beschriebenen Versuchen jedoch ohne menschlichen Einfluß sehr bald zusammen.

    Warum?

    Ist das für die Schimpansen doch auf die Dauer etwas zu aufwändig?

    Warum bewirkte – in irgendeinem Buschleute- oder Indio-Dorf die Einführung des Geldes ein gewisses Jeder-gegen-Jeden, und dass die – kreisförmig angeordneten Hütten – nun nicht mehr mit dem Eingang zur Mitte hin, sondern nach außen hin gebaut wurden?

    Ist besagter Bericht wahrheitsgemäß? Leider fällt mir die Quelle nicht mehr ein!

    Warum müssen solche Tauschringe eingeführt werden, wie z.B. der von Heidemarie Schwermer aufgebaute Dortmunder Tauschring?

    Weil die Leute – anders als früher – dazu neigen, sich nicht mehr gegenseitig zu helfen und Nachbarschaftshilfe auszutauschen.

    Warum?

    Man klagt, wenn etwas schief geht, ungeheuer hohe Haftungssummen ein und lässt daher am liebsten alles von Firmen erledigen.

    Warum?

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