Der unsensible Peter über das deutschsprachige CHILDREN OF THE FUTURE

Wir haben es geschafft und sind endlich beim Material in Kinder der Zukunft, das auf deutsch verfaßt und (bis auf „Mißhandlungen von Kindern“) auch ursprünglich auf deutsch veröffentlicht wurde: S. 127-195.

Da hätten wir erst mal das „Kapitel“ mit der Überschrift „Mißhandlungen von Kindern“. Eine Rückübersetzung! Warum mir das deutsche Manuskript vorliegt, dem Übersetzer aber nicht… Ich begreife es nicht! Übrigens ist das deutsche Originalmauskript überschrieben mit „Mißhandlung [kein Plural!] von Säuglingen“, was die amerikanische Übersetzung auch korrekt widergibt („infants“). Warum daraus in der deutschen Ausgabe „Kinder“ wurden…

Danach folgt „Über kindliche Masturbation“, ein „Kapitel“ über das ich mich bereits geäußert habe. Der deutsche Urtext ist für jeden, der schon mal eine Universitätsbibliothek von innen gesehen hat, zugänglich: trotzdem eine Rückübersetzung! Das war mir bei der Lektüre gar nicht aufgefallen, was glatt als Lob an den Übersetzer betrachtet werden könnte;-)

„Ein Gespräch mit einer sensiblen Mutter“: In diesem „Interview“ geht es um Sexualerziehung und daß man genitale Freiheit nicht von prägenitalen Fixierungen trennen kann. Alles sehr gut und lesenswert. Halt Reich. Ich frage mich nur, was die Herausgeber der deutschen Ausgabe geritten hat, die Überschrift der amerikanischen Originalausgabe („A Conversation with a Sensible Mother“) rückzuübersetzen in „Gespräch mit einer sensiblen Mutter“. Was soll sowas?! DIE DEUTSCHE ÜBERSETZUNG VON „SENSIBLE“ LAUTET „VERNÜNFTIG“, sonst würde da nämlich „sensitive mother“ stehen. – Ich will es nicht glauben und überprüfe es jetzt nochmals: der gesamte Text dieses „Kapitels“ ist nicht mit dem deutschen Original aus der Zeitschrift für politisch Psychologie und Sexualökonomie identisch.

Bei der Ankündigung von Kinder der Zukunft war ich ganz aus dem Häuschen, weil bald das deutsche Original der revidierten Fassung von Reichs Der sexuelle Kampf der Jugend allgemein zugänglich würde… Bei der Lektüre stelle ich heute fest: RÜCKÜBERSETZUNG. Das bedeutet, daß die WRIT, also Miss Higgins, es nicht für nötig befunden hat, dem Übersetzer eine Kopie des deutschen Originalmanuskripts zuzusenden. Aber selbst ohne dieses Manuskript: ganze Abschnitte, wie etwa „Enthaltsamkeit und Arbeitsleistung“ und „Zur Frage der Homosexualität“, hätte der Übersetzer aus der extrem leicht zugänglichen Veröffentlichung von 1932 mit nur kleinen Änderungen übernehmen können.

Beim Durchblättern dieses letzten „Kapitels“ bin ich auf eine erläuternde Fußnote des Übersetzers gestoßen (S. 171), wo aus Julius Wagner-Jauregg tatsächlich ein „Dr. (sic!) Wagner-Lauregg“ wurde! Ja, der bis heute weltberühmte Nobelpreisträger Wagner-Jauregg war ein Doktor, aber kein Mensch schreibt beispielsweise „Dr. Freud“, „Dr. Einstein“ oder „Dr. Hans Hass“ und erstrecht nicht „Dr. Wagner-Jauregg“! Ich könnte mich jedesmal vor Wut in der Auslegeware verbeißen, wenn mal wieder irgendein „Reichianer“ von „Dr. Reich“ schreibt!

By the way: Woher der amerikanische Übersetzer und mit ihm der deutsche Rückübersetzer (S. 172) im Zusammenhang mit der Syphilis-Erkrankung den Verweis auf „penicillin (or other antibiotics if the person is penicillin-sensitive)“ haben, ist mir rätselhaft, denn diese Stelle findet sich nicht im revidierten Originalmanuskript, d.h. der Vorlage der amerikanischen Übersetzung. Wie auch, denn wenn ich mich nicht ganz irre, stammt dieses Manuskript aus dem Jahre 1938… Die Stelle macht nur Sinn, wenn sie 1945 oder doch eher Jahre später von Reich verfaßt worden wäre, was abwegig ist. In meinen Augen ist es schlichtweg ausgeschlossen, daß sie von Reich stammt! Wie ist sie dann in dieses, ähhh, „Buch von Wilhelm Reich“ geraten?

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6 Antworten to “Der unsensible Peter über das deutschsprachige CHILDREN OF THE FUTURE”

  1. claus Says:

    „‘Ein Gespräch mit einer sensiblen Mutter‘: […] Ich frage mich nur, was die Herausgeber der deutschen Ausgabe geritten hat, die Überschrift der amerikanischen Originalausgabe (‚A Conversation with a Sensible Mother‘) rückzuübersetzen in ‚Gespräch mit einer vernünftigen Mutter‘.“
    Im Ernst? Der klassische Fehler aus dem Englischunterricht, über den sich jeder lustig macht. Das muss dann allerdings wirklich ein peinlicher Verlag sein. Es sollte ja auch jemand lektorieren …

  2. claus Says:

    https://www.psychosozial-verlag.de/cms/
    https://www.psychosozial-verlag.de/cms/nachrichtenleser/items/andreas-peglau-im-gespraech-zum-rechtsruck-im-21jahrhundert-6619.html

    Es ist aber auch klar, wenn man ins Verlagsprogramm sieht.
    Einer der sozial engagierten Sanfte-Psycho-Verlage im Gefolge der Anti-Psychiatrie-Bewegung. Da geht es nur ums Gutsein (und ist https://www.psychiatrie-verlag.de/startseite.html womöglich noch Gold).
    Verlage wenden immer weniger Zeit für ein Lektorat auf. Word-Dokumente werden an den Verlag geliefert; der setzt das möglichst schnell um.

    • Peter Nasselstein Says:

      Scheint der neue „Reich-Verlag zu sein: Harms über Babys und Körperpsychotherapie, Peglau (dem offensichtlich Die Linke noch zu rechts ist!) über politische Psychologie, KINDER DER ZUKUNFT.

      An Peglaus UNPOLITISCHE WISSENSCHAFT? habe ich buchstäblich NICHTS auszusetzen. Fachlich perfekt! Harms… Weiß ich nicht, habe weder Zeit noch Lust das zu lesen (https://www.psychosozial-verlag.de/catalog/autoren.php?author_id=3063). Tja und jetzt KINDER DER ZUKUNFT.

      Auf der Netzseite des Verlags wird KINDER DER ZUKUNFT unter „Sexualität und Partnerschaft“ eingereiht, nicht unter „Pädagogik“,

      Unter den Autoren taucht Reich nicht auf! https://www.psychosozial-verlag.de/catalog/autoren.php?page=R

      Reich im Ghetto der Linksverlage… a la: „Kulturelles Gedächtnis zwischen Normalitätssehnsucht und Trauerdefizit.
      Eine psychoanalytisch-sozialpsychologische Studie zur deutschen Erinnerungskultur“ Würggghhhhhhhhhhh

      Meine Eltern hatten ja so recht: Diese ganzen Psychofatzkes haben selbst gehörig einen an der Klatsche!

      Man schaue sich nur die Visagen in den „Autorenporträts“ links an!

      Gerade entdeckt:

      Peter Geißler (Hg.)
      Psychoanalyse und Körper Nr. 32
      17. Jahrgang, Nr. 32, 2018, Heft I

      Seit 17 Jahren!

      Geißlers Buch WAS IST SELBSTREGULATION? hat das Kapitel von Vincent Miller „Der sprechende Körper oder: Warum wurde Wilhelm Reich verrückt?“ https://www.psychosozial-verlag.de/catalog/product_info.php/products_id/318

  3. claus Says:

    Man muss einfach einsehen, dass das linksliberale milde Lächeln Reich ‚integriert‘ hat, wie alles ‚integriert‘ werden soll, jeder Mensch, jedes Tier, jeder Alien.
    Und die WR-Szene zeigt deutlich, dass ein Medizinstudium keine denkerische Qualität garantiert, womöglich nicht einmal begünstigt. Baker erwähnt ja in dem Text über Modern Liberals, dass die Logik gelitten hat. Richtiges Schließen, Klärung von Prämissen, … das interessiert den lieben netten Integrierer nicht.

  4. Peter Nasselstein Says:

    Wie ich hier immer sage: die „Anti“Fa ist eine regierungsamtliche Truppe, die den Widerstand gegen das Merkelregime brechen soll:

    http://www.pi-news.net/2018/02/antifaterror-hamburgerin-uta-ogilvie-zieht-sich-zurueck/

  5. O. Says:

    Ich bin doch sehr beeindruckt über die beharrliche Lektüre von so viel Senf im Vergleich zum Originaltext von Reich.

    Soviel Engagement bring ich nur bei den NeoReichiaaanern auf.

    Es war mir schon unbesehen klar, wessen Geistes Kind sich diesen Verlag instrumentalisiert. Reich wird hier zur Werbefläche für die eigenen schrulligen Inhalte (meinetwegen auch: „Reichianischer [Pseudo]Gutmenschen“). Die Matrix dieser Methode ist nicht neu, erinnern wir uns an die üble Übersetzung vor gut 20 Jahren der exzellenten Reich-Biographie „Der Futschi auf Erden“ (oder so ähnlich, ihr wisst schon was ich meine). Auch dies war eine Werbefläche für Engelsdinge – im Namen des oberoriginalsten Dr. Reich.

    Ich kaufe diesen Schund nicht (mehr), auch wenn Reich noch so fett gedruckt auf dem Cover steht. Diese Bücher gehören verbrannt!

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