Die „Kriegsschuldfrage“ im Ersten Weltkrieg ist eine leidige Angelegenheit. Sie reduziert sich aber im Grunde auf folgende Aussage:
Das Mächtesystem Europas ertrug den deutschen Nationalstaat gerade so lange, wie er bereit war, sich strikte Beschränkungen aufzuerlegen. Die ausgleichende Außenpolitik von Reichskanzler Otto von Bismarck war von seinen Nachfolgern jedoch nicht fortgesetzt worden; die europäischen Mächte empfanden das neue, weltpolitisch auftrumpfende Deutsche Reich als bedrohlichen Störenfried. Zudem versechsfachte Deutschland zwischen 1871 und 1914 seine industrielle Produktion und überflügelte damit Großbritannien.
In beiden Weltkriegen mußte sich Deutschland auf sich selbst verlassen, da es keine starken Brudernationen hatte, die es unterstützen konnten, stattdessen waren unsere Verbündeten immer so schwach, daß wir ihnen beim Überleben helfen mußten. Wegen der vertraglichen Bindung an die Donaumonarchie hatte Deutschland den Österreichern (genauer gesagt: der österreichisch-ungarischen k.u.k. Monarchie), die zu dieser Zeit bereits ziemlich geschwächt waren, nach dem Attentat von Sarajewo politische und militärische Unterstützung zu gewähren. Und im Zweiten Weltkrieg war Japan nie ein enger Freund Deutschlands. Es gab nur in einigen Situationen eine informelle Zusammenarbeit, die aber weitgehend folgenlos blieb.
Aber Hitler war von Pearl Harbor derartig enthusiasmiert, daß er, um seine Solidarität mit Japan auszudrücken, sofort an Amerika eine Kriegserklärung richtete, im festen Glauben Amerika sei im Pazifik genug beschäftigt und die U-Boot-Waffe würde schon Schlimmeres verhindern. Kein Bündnisvertrag hatte Hitler zu diesem wahnwitzigen Schritt gezwungen , den er quasi im Alleingang entschieden hat, ohne mit irgendeinem Gremium oder „Senat“ Rücksprache zu halten, und für den er von Japan auch kaum eine Gegenleistung erhielt. Man vergegenwärtige sich, wie unglaublich groß die USA und ihr wirtschaftliches sowie Rüstungspotential waren – und daß vielleicht maximal 5 deutsche U-Boote zum New Yorker Hafen hätten vordringen können, eine wirksame Bombardierung oder gar Besetzung der USA in einem Zweifrontenkrieg jedoch völlig außerhalb der deutschen Möglichkeiten lag. Sicherlich spekulierte er auch darauf, daß Japan im Gegenzug Rußland den Krieg erklären würde, doch statt zu „spekulieren“, hätte Hitler gegenüber Japan vielleicht genau das zur Bedingung seiner Kriegserklärung an die USA machen sollen. In diesem Fall wäre die UdSSR innerhalb eines halben Jahres zusammengebrochen. Schließlich wollte er sicherlich auch die letzte Brücke hinter sich niederbrennen, um den Deutschen jede verbliebene Hoffnung auf eine nichtmilitärische Beendigung des Konflikts zu nehmen. In diesem Sinne war es auch eine Kriegserklärung an das eigene Volk: „Fanatismus oder Untergang“. Er wollte in Deutschland eine Mentalität wie in Japan. Und tatsächlich: hätte die Wehrmacht auch nur den mittlerweile vollkommen sinnlosen Krieg wenige Wochen weiter ausgefochten, wäre die erste Atombombe auf Berlin gefallen!
Italien war der katastrophalste Freund, den Deutschland finden konnte. Nicht nur verlor Italien wirklich ausnahmslos jede einzelne Schlacht im gesamten Krieg, sondern wechselte schließlich auch noch die Seiten. Mussolinis Operetten-Abenteuer (z.B. indem er Griechenland angriff) verzögerten den Angriff auf Rußland um sechs entscheidende Wochen und kosteten damit Deutschland den zumindest möglichen Sieg mit der Eroberung Moskaus vor dem Winter. Mussolini zwang Hitler in eine militärische Überexpansion in Afrika, Griechenland und Bulgarien hinein, die sich als zu viel für ein so kleines Land wie Deutschland erwies. Ohne diesen wahnsinnigen Amateur hätte kein deutscher Soldat jemals seinen Fuß auf afrikanischen Boden gesetzt – stattdessen hätte Rommel Moskau erobert. Einige Tage vor seinem Tod erklärte Hitler nicht ganz zu Unrecht sinngemäß: „Wir hätten leicht den Krieg gewinnen können, wenn Italien unser Feind, nicht unser Verbündeter gewesen wäre!“ Und warum das ganze? Weil Hitler sich Mussolini gegenüber, den er bereits 1923 als Vorbild genommen hatte, persönlich verpflichtet fühlte!
Nie wurde der ganze Wahnsinn der Politik, das ganze erbärmliche Affentheater, mehr ad absurdum geführt als durch Hitler. Das gleiche gilt für jeden „materialistischen“ Versuch, die Geschichte zu erklären. – Aber zurück zu eben diesen materialistischen Grundlagen des Zweiten Weltkrieges, denn das ist schließlich der Rahmen, in dem sich das besagte Affentheater abspielte:
Im Gegensatz zu fast allen seinen Kriegsgegnern war Deutschland überbevölkert, hatte nur einen kleinen und leicht blockierbaren Zugang zu den Ozeanen, war, was Rohstoffe und selbst die Nahrungsversorgung anbetrifft, zur Selbstversorgung nicht in der Lage, hatte nach dem Versailler Vertrag keine einzige Kolonie mehr, und direkt an unserer Grenze standen die Armeen von Österreich, Schweiz, Frankreich, Belgien, Niederlande, Dänemark, Polen und der Tschechoslowakei. Ein solches Land ist leicht angreifbar und erpreßbar im Gegensatz etwa zu Frankreich, England und Amerika.
Daher war in beiden Weltkriegen Deutschland stets knapp in der Zeit. Es wird immer so getan, als wären Wilhelm II. und Hitler in der Offensive gewesen: oberflächlich betrachtet waren sie das natürlich, aber bei genauerer Betrachtung der globalen Machtverhältnisse waren sie in einer (jedenfalls aus ihrer subjektiven Perspektive heraus) verzweifelten Defensive und mußten so schnell wie irgend möglich zum Befreiungsschlag ausholen, um nicht schließlich hoffnungslos marginalisiert zu werden. Frankreich, England und Amerika hatten alle Zeit der Welt, Deutschland nicht. Wenn Deutschland einen Krieg führen würde, mußte es jetzt und ein „Blitzkrieg“ sein, weil Deutschlands Lage nicht mehr hergab.
Für Deutschlands Gegner war die Situation umgekehrt – weil sie wußten, daß mit jedem Jahr, das verstrich, die Überlegenheit der Alliierten größer und ihre gemeinsame Bewaffnung immer überwältigender werden würde. Ein kleines Land wie Deutschland ist in der Regel nach 4 bis 5 Jahren der Kriegsführung komplett ausgeblutet, was die Anzahl der verfügbaren Soldaten und Ressourcen betrifft. Während England, Frankreich und die USA aufgrund ihrer überseeischen Besitzungen und zahllosen alliierten Staaten auf der ganzen Welt bei Bedarf 20 Jahre hätte weiterkämpfen können. (Sie taten es dann auch im 40jährigen Kalten Krieg!)
Deshalb taten im Zweiten Weltkrieg an der Westfront Frankreich und England anfangs rein nichts. Sie warteten nur, weil sie wußten, daß die Zeit für sie arbeitete. Erst recht sah es so bei Stalin aus, der im krassen Gegensatz zu Hitler so viel Zeit schinden mußte wie nur irgend möglich.
Hitler wußte jedoch, daß, was immer er auch tun wollte, es sehr bald geschehen müsse. Deshalb marschierte er in das abwartende Frankreich ein und überfiel nur ein Jahr später das ebenfalls abwartende Rußland. Dabei hatte er keinen „großen Plan“, ja, noch nicht mal klar definierte Kriegsziele, sondern wurde zum großen „Vabanquespieler“, der jeweils spontan reagierte und improvisierte. Und genau das macht selbst für den Zweiten Weltkrieg die „Kriegsschuldfrage“ nicht so eindeutig, wie es uns die Historiker, die stets ihren volkspädagogischen Auftrag im Hinterkopf haben, weißmachen wollen.
Im Spätsommer 1939 richtete Hitler an Polen eine Friedensofferte nach der anderen, in der Hoffnung, das Danzig-Problem am Verhandlungstisch zu lösen. In seinem Buch Der Krieg der viele Väter hatte dokumentiert der Bundeswehr-Generalmajor im Ruhestand Gerd Schultze-Rhonhof, daß die Polen von den Briten und Franzosen dazu angehalten wurden, sämtliche Friedens- und Verhandlungsangebote Deutschlands zurückzuweisen. Tragischerweise waren die Polen voller Optimismus, jeden denkbaren Krieg gegen Deutschland leicht zu gewinnen, weil England und Frankreich ihnen unverantwortlicherweise versprachen, daß sie sofort in Deutschland einmarschieren würden, sobald Deutschland es wagen würde, Polen anzugreifen. Deutschland wäre sofort in einen hoffnungslosen Zweifrontenkrieg verwickelt gewesen, den es schnell verloren hätte, da Deutschlands Bewaffnung ziemlich schwach war. Nachdem Polen alle Annäherungsversuche arrogant und brüsk von sich gewiesen hatte, sah Hitler keine andere Möglichkeit, als Polen so schnell wie möglich anzugreifen. Es ist wohldokumentiert, daß Hitler vollkommen überrascht war, als daraufhin Frankreich und England ihm den Krieg erklärten, da er davon überzeugt war, daß beide das denkbar unbedeutende Polen opfern würden – was sie dann ja auch taten.
Hitler improvisierte, und die seiner Ideologie zutiefst widersprechende taktische Antwort auf die Bedrohung aus dem Westen war der Hitler/Stalin-Pakt, der Polen zwischen Deutschland und der UdSSR weitgehend nach den historischen Grenzen vor Versailles aufteilte. Über das Vorgehen Hitlers regt man sich zu Recht auf, aber über das unverantwortliche, feige und zutiefst verachtenswerte Verhalten von Frankreich und England wird großzügig hinweggegangen. Es schnürt einem die Kehle zu, wenn man an die unfaßbar heroischen polnischen Soldaten etwa am Monte Cassino denkt, die in englischer Uniform voller Todesverachtung für ein befreites Polen kämpften, zu einer Zeit, als die Engländer Polen schon wieder hinters Licht geführt, verraten und verkauft hatten – diesmal an Stalin. Polen wurde in diesem Krieg von den Westmächten genauso verraten und verkauft wie die Juden!
Hitler griff Frankreich nicht an, um es zu erobern, sondern weil er unter Zeitdruck stand und sich die Gelegenheit bot. Er wollte damit England imponieren und die englischen Expeditionstruppen vom Kontinent vertreiben. Der daran anschließende Luftkrieg gegen England war nur eine große Show, um ein friedliches „Gentlemen´s Agreement” zwischen Brudernationen zu erreichen und endlich freie Hand für sein eigentliches Ziel zu haben. Er wollte die Sowjetunion, die Deutschland im Ersten Weltkrieg geschaffen hatte, um Ruhe an der Ostfront zu haben, durch deutsche Hand wieder den garausmachen. Dazu mußte er Stalins durchsichtigen Plan durchkreuzen, daß sich Deutschland und die Westmächte in einem aufreibenden Kampf gegenseitig schwächen würden, so daß Stalin bequem in das dann restlos ausgeblutete Westeuropa hineinmarschieren hätte können. In diesem Zusammenhang ist die Kriegsschuldfrage auch an die Sowjetunion zu richten!
Schlagwörter: Österreich, Österreicher, Belgien, Dänemark, Deutsches Reich, Deutschland, Donaumonarchie, Erster Weltkrieg, Frankreich, Gerd Schultze-Rhonhof, Hitler, Kriegsschuldfrage, Monte Cassino, Mussolini, Niederlande, Otto von Bismarck, Pearl Harbor, Polen, Sarajewo, Schweiz, Sowjetunion, Stalin, Tschechoslowakei, UdSSR, Wilhelm II.
11. August 2013 um 21:09 |
11. Januar 2014 um 21:36 |
Die Folgen des 8. Mai für Deutschland
(Quelle: Magazin DMZ, Nr.45, Mai – Juni 2005 – von Gerd Schultze-Rhonhof)
http://www.politaia.org/geschichte-hidden-history/die-vertreibung-der-deutschen-aus-dem-sudetenland-video/
23. Februar 2014 um 10:37 |
http://www.youtube.com/watch?v=ymBo1C6B1PA
9. Juli 2014 um 20:21 |
Das Versailler Diktat, die These von der Alleinkriegsschuld und die fatalen Folgen
Jan von Flocken & Peter Feist im Gespräch mit Michael Friedrich Vogt. Lange Zeit galt es als ausgemacht, daß das deutsche Kaiserreich angeblich die Hauptverantwortung am Ausbruch des Ersten Weltkriegs trug. Dies war dann auch die Kernthese im Versailler Diktatfrieden, in dessen politischer Folge aus der von Anfang an politisch und moralisch geschwächten Demokratie der Weimarer Republik schließlich die nationalsozialistische Herrschaft erwuchs. Und die Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges war ja nichts anderes als der Versuch, die Ergebnisse des Ersten zu revidieren. Und es war ganz besonders die in Versailles festgelegte, erzwungene und im Übrigen falsche These, nach der Deutschland anerkennen mußte, daß es allein Schuld am Ausbruch des Krieges und an all seinen Folgen trägt, die der NSDAP schließlich millionenfach die Wähler zutrieb. Schon deshalb ist die Frage, warum dieser Erste Weltkrieg ausbrach, von mehr als bloß historischem Interesse.
https://www.youtube.com/watch?v=tZGTDK0E8oQ
9. Juli 2014 um 21:55 |
Wikipedia:
Welche historische Bedeutung Princip zukommt, hängt von der jeweiligen Beantwortung der Kriegsschuldfrage ab. Nimmt man an, dass das Deutsche Reich den Krieg anstrebte, um sich aus seiner angenommen Umklammerung durch die Triple Entente zu befreien oder den „Griff nach der Weltmacht“ (Fritz Fischer) zu wagen, kommt Princip nur die unbedeutende Rolle zu, einen Anlass geliefert zu haben, der bei gleichem Ergebnis auch ein anderer hätte sein können. Glaubt man dagegen, dass der Weltkrieg nicht auf Absichten, sondern auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen ist, wird seine Bedeutung ungleich größer. In diesem Sinne bezeichnet der amerikanische Sozialwissenschaftler Steven Pinker Princip als „wichtigste Person des 20. Jahrhunderts“.
Princips Gefängnispsychiater war Martin Pappenheim (er schrieb „Gavrilo Princips Bekenntnisse“, 1926), der Bruder von Marie Pappenheim (verh. Marie Frischauf), sie gründete mit Wilhelm Reich 1928 die Sozialistische Gesellschaft für Sozialberatung und Sozialforschung und schrieb gemeinsam mit Anni Reich „Ist Abtreibung schädlich?“
9. Juli 2014 um 23:54 |
Richtig sollte es heißen:
Sexualberatung und Sexualforschung
28. Juli 2014 um 20:54 |
Andere Erklärung heute in einem Kommentar gefunden:
„… als liege die Schuld am „Grossen Krieg“ (die Nr. 1 bekam er nach dem 2ten) bei Oesterreich.Das ist genauso eine Luege wie die Behauptung, die Schuld liege bei Deutschland.Tatsaechlich liegt die Schuld beim Britischen Empire. Dieses war im wirtschaftlichen Niedergang (der ging schon so weit dass die britische Regierung eine Hungersnot in England befuerchten musste) und der Aufstieg des deutschen Kaiserreichs als wirtschaftliche Weltmacht wurde vom Empire als Bedrohung empfunden. Der Bau der Baghdadbahn seit 1903 (von Berlin bis Baghdad) haette eine Handelsachse bis in den vorderen Orient geschaffen, die von der britischen Marine nicht haette gestoert werden koennen. Deutschland haette damit Zugang (auf dem Landweg) zum Persischen Golf erhalten. Entlang der Route waren alle Nationen diesem Plan freundlich gesonnen – bis auf Serbien. Die Briten foerderten dies und garantierten Serbien militaerischen Beistand, und ermutigten die Serben, das berechtigte oesterreichische Ultimatum schroff abzulehnen. Ohne diese britische „Diplomatie“ haetten die Serben klein beigegeben, ohne dass ein Schuss abgefeuert worden waere. Die Schuld am Weltkrieg liegt daher eindeutig beim Britischen Empire.Der Rest ist Geschichte. Die Baghdadbahn wurde zwar fertiggestellt, wurde aber nie zur Handelsachse fuer deutsche Exporte und Importe.“
28. Juli 2014 um 21:06 |
Nicht nur das, es war auch Verrat: England und Deutschland waren nun wirklich Brudernationen, Hamburg galt als Vorort Londons, die Herrscherhäuser waren ein und dieselbe Familie, sogar die Landeshymnen waren identisch (sic!), Und übrigens war die Welt damals unglaublich globalisiert, In Hamburg wurde wie selbstverständlich Butter aus Sibirien (sic!) verschifft, jeder konnte frei Reisen ohne Pass, wirklich überall auf der Welt konnte man sich einigermaßen angstfrei bewegen. Seufz.
1. September 2014 um 18:06 |
Hier knapp die zentralen Argumente hinsichtlich des II. Weltkrieges, der nur das Nachgefecht des Ersten war:
http://www.pi-news.net/2014/09/vor-75-jahren-begann-der-ii-weltkrieg-ein-paar-notwendige-fragen/
Deutschland und die Emotionelle Pest…
1. September 2014 um 20:44 |
Dazu ergänzend
1. September 2014 um 22:16 |
Das ganze hat fünf Teile.
2. September 2014 um 10:57 |
Der anhaltende Genozid an der deutschen Jugend durch die massenhaft importierten Handlanger der Volkszertreter: ein beliebiges Beispiel:
http://www.iamjonny.de/activity/anna-h-am-sbhf-alexanderplatz/
12. November 2025 um 09:01 |
Polens geheime Rolle im Krieg