Posts Tagged ‘Stalin’

Email [der Niedergang unserer Zivilisation] (2004)

24. Mai 2023

Email [der Niedergang unserer Zivilisation] (2004)

Das Jüngste Gericht begann 1960 (Teil 13)

19. April 2023

Kommen wir von Trotzki/Stalin zu Hitler:

Das leidige Thema „Vergangenheitsbewältigung“: natürlich bin ich Deutscher. Ich bin sogar ein stolzer Deutscher. Hitler und der Nationalsozialismus sind nicht das Problem. Ganz im Gegenteil: in vieler Hinsicht verkörperten sie so etwas wie eine „antiautoritäre“, geradezu „antideutsche“ Jugendbewegung, ging es doch um die Beseitigung lokaler Autoritäten, „Gleichschaltung“.

Das wirkliche Problem mit Deutschland liegt viel tiefer, nämlich im deutschen Schulsystem, „Preußentum“ und Militarismus, das seit etwa 200 Jahren die Welt verpestet. Ein schönes Beispiel ist Japan, dessen Schule und Militär nach preußischem Vorbild gestaltet wurden. Frei nach Hegel soll alles Individuelle und Spontane rücksichtslos beschnitten und unterbunden werden, um Platz für „das Ideale“ zu schaffen: Gleichschaltung.

Man mag einwenden, daß die neue antiautoritäre Erziehung, in der alles so individuell ist, daß man sogar sein Geschlecht auswählen kann, diesem Seelenmassaker endlich ein Ende gesetzt hat, doch tatsächlich ist alles schlimmer geworden. Es hat kaum je eine konformere, autoritätshörigere und im schlechtesten Sinne naivere Jugend gegeben als die heutige.

An den alten Idealen des Guten, Wahren und Schönen, Manneszucht, Pflichtgefühl und Ordnungssinn ist ja nichts auszusetzen. Sie wurden restlos ersetzt durch die beiden Ideale Selbstverwirklichung und Solidarität bzw. Gerechtigkeitsgefühl. Und genau damit fängt das Problem an, denn das Selbst verwirklichen ist die Grundaktivität des Lebendigen. Daraus ein „Ideal“ zu machen, bedeutet eben diesen bioenergetischen Kern, d.h. DEN bioenergetischen Kern selbst anzugreifen, den die oben genannten Ideale nicht nur unangetastet ließen, sondern sogar auf mystisch entstellte Weise verkörperten. Wenn du beispielsweise vermeinst, deine wahre Identität sei die eines trisexuellen Unterwassereichhörnchens, dann spricht aus deiner vermeintlichen „Selbstentfaltung“ nichts anderes als deine entfremdete, kolonialisierte, mit fremden Inhalten besetzte Seele. Und alle Solidarität, alles Mitempfinden, die zweite Grundfunktion des Lebendigen, dient nunmehr der Absicherung dieser Fremdbestimmung.

Wer das nicht begreift, hat rein gar nichts über das heutige Leben, die heutige Jugend begriffen!

Was tun, in einer Welt, die im Kern verrottet ist? Sie ist verrottet, weil alle Begriffe und Kategorien (etwa „Geschlecht“) restlos durcheinander geraten sind und das Gefühlsleben fundamental verunsichert wurde. Dagegen hilft nur die eine und einzige Aufklärung: die Orgonomie. Sie ist: die Orgasmustheorie (Psychologie, Soziologie, Medizin), die Entdeckung des Orgons und der orgonomische Funktionalismus bzw. die Orgonometrie. Die Beseitigung von individueller und gesellschaftlicher Panzerung und insbesondere okularer Panzerung („Verwirrtheit“) ist ihr eigentliches Metier. Mit dem Orgon beschäftigen wir uns im nächsten Teil.

Das Jüngste Gericht begann 1960 (Teil 12)

17. April 2023

Im November 1932 hielt Leo Trotzki seine berühmte „Kopenhagener Rede“ unter dem Titel „Die russische Revolution“. Sie endete mit den folgenden drei Absätzen:

Zwar hat die Menschheit mehr als einmal Giganten des Gedankens und der Tat hervorgebracht, die die Zeitgenossen wie Gipfel einer Bergkette überragten. Das Menschengeschlecht hat ein Recht auf Aristoteles, Shakespeare, Darwin, Beethoven, Goethe, Marx, Edison, Lenin stolz zu sein. Warum sind diese aber so selten? Vor allem darum, weil sie fast ausnahmslos aus höheren und mittleren Klassen hervorgegangen sind. Von seltenen Ausnahmen abgesehen, sind die Funken der Genialität in den niedergehaltenen Tiefen des Volkes, ehe sie noch auflodern konnten, erstickt. Aber auch deshalb, weil der Prozeß der Zeugung, der Entwicklung und Erziehung des Menschen im Wesen eine Sache des Zufalls blieb und bleibt: nicht durchleuchtet von Theorie und Praxis, nicht dem Bewußtsein und dem Willen untergeordnet.

Die Anthropologie, Biologie, Physiologie, Psychologie haben Berge von Material gesammelt, um vor dem Menschen in vollem Umfange die Aufgaben seiner eigenen körperlichen und geistigen Vervollkommnung und weiteren Entwicklung aufzurichten. Die Psychoanalyse hob mit Sigmund Freuds genialer Hand den Deckel vom Brunnen, der poetisch die „Seele“ des Menschen genannt wird. Und was hat sich erwiesen? Unser bewußtes Denken bildet nur ein Teilchen in der Arbeit der finsteren psychischen Kräfte. Gelehrte Taucher steigen auf den Boden des Ozeans und fotografieren dort geheimnisvolle Fische. Indem der menschliche Gedanke auf den Boden seines eigenen seelischen Brunnens hinabsteigt, muß er die geheimnisvollsten Triebkräfte der Psyche beleuchten und sie der Vernunft und dem Willen unterwerfen.

Ist er einmal mit den anarchischen Kräften der eigenen Gesellschaft fertiggeworden, wird der Mensch sich selbst in Arbeit nehmen, in den Mörser, in die Retorte des Chemikers. Die Menschheit wird zum ersten Male sich selbst als Rohmaterial, bestenfalls als physisches und psychisches Halbfabrikat betrachten. Der Sozialismus wird ein Sprung aus dem Reiche der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit auch in dem Sinne bedeuten, daß der gegenwärtige, widerspruchsvolle und unharmonische Mensch einer neuen und glücklicheren Rasse den Weg ebnen wird.

Reich hat im Oktober 1933 diese Aussagen Trotzkis in seiner kurzen Korrespondenz mit ihm in einen – Reich‘schen Zusammenhang gestellt.

Die kommunistische Partei kann als wirtschaftspolitische Organisation die sexualpolitische Arbeit nicht leisten, hierzu ist eine eigene Massenorganisation notwendig, doch kann diese ohne Anlehnung an eine politische Partei ebensowenig zur vollen Entwicklung kommen. Ich bitte Sie nun, mir mitzuteilen, wie Sie zu einer Zusammenarbeit stehen. Dazu wäre natürlich notwendig, daß sich die Führung der politischen Organisation ausreichend über die Grundprobleme der Sexualpolitik orientiert und im Falle des grundsätzlichen Einverständnisses die Organisation unterstützt. Ich glaube bei Ihnen für die Bedeutung der Sexualpolitik für den Klassenkampf mehr Verständnis, als sonst der Fall ist, zu finden und gründe diese Ansicht auf den Schluß Ihrer Kopenhagener Rede; sowie auf Ihre Schrift „Fragen des Alltagslebens“, ich glaube aus dem Jahre 1924, in der Sie im Anhang mit vollem Verständnis die Fragen der Funktionäre dieses Gebiet betreffend abdruckten. Ich darf, ohne es hier zu beweisen, anfügen, daß der Rückgang der Kulturrevolution in der SU zentral mit der Tatsache innigst zusammenhängt, daß die sexuelle Revolution im Jahre 1923 abgestoppt und nicht ins Klare weiterentwickelt wurde.

Reich verkannte vollkommen, daß er und Trotzki (und mit ihm praktisch das gesamte damalige „progressive Lager“) auf zwei vollkommen unterschiedlichen Seiten standen. Marx, Engels, Lenin, Trotzki, Stalin ging es um die Beherrschung der „anarchischen“ Natur, und zwar im Sinn sowohl der äußeren als auch der inneren. „Planwirtschaft!“ Freudianisch ausgedrückt: wo Es war sollte Ich herrschen. Reich ging es ganz im Gegenteil um die Beendigung dieser Art von Herrschaft per se: wo Über-ich war, sollte Ich sein. Das Menschentier sollte „entdomestiziert“ werden und auf gesellschaftlicher Ebene die „natürliche Arbeitsdemokratie“ freigelegt werden.

In seinen obigen Ausführungen dachte Trotzki an etwas grundlegend anderes; etwas, was dem heutigen „Transhumanismus“ nahekommt: „Bewußtsein“, „Wille“, „körperliche und geistige Vervollkommnung und weitere Entwicklung“, „Triebkräfte der Psyche beleuchten und der Vernunft und dem Willen unterwerfen“, „mit den anarchischen Kräften der eigenen Gesellschaft fertigwerden“, „der Mensch in den Mörser, in die Retorte des Chemikers stecken“. Transhumanismus: „Die Menschheit wird zum ersten Male sich selbst als Rohmaterial, bestenfalls als physisches und psychisches Halbfabrikat betrachten.“

Dahinter steckt der eine welthistorische Konflikt zwischen LSR und DMF, zwischen LaMatrie, Stirner, Reich auf der einen und Diderot (Rousseau sowie weitere Menschenbändiger und -züchter), Marx (Nietzsche sowie weitere Menschenbändiger und -züchter) und Freud (Marcuse sowie weitere Menschenbändiger und -züchter) auf der anderen Seite. Bernd Laska hat gezeigt, daß ein Teil von Reichs Tragödie darin bestand, diesen grundlegenden anthropologischen Unterschied zwischen sich und Leuten wie Trotzki, nicht zu sehen bzw. nie deutlich genug wahrzunehmen und eindeutig auszuformulieren. Bereits ins der Deutschen Ideologie hatte Marx gegen Stirner dargelegt, daß der Weg zur Emanzipation nichts Abstraktes sei, blablabla, sondern nur über die Veränderung der Umwelt möglich sei, wobei sich der Mensch selbst verändere…

DER ROTE FADEN (Band 2): 6. Mildred Bradys Rede- und Pressefreiheit

30. März 2023

DER ROTE FADEN (Band 2): 6. Mildred Bradys Rede- und Pressefreiheit

[Stalin] Lektüren 1981 (nach alten handschriftlichen Aufzeichnungen)

28. März 2023

[Stalin] Lektüren 1981 (nach alten handschriftlichen Aufzeichnungen)

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 55)

12. März 2023

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Der gesellschaftliche Kampf war immer der zwischen Nationalisten und Internationalisten und damit immer „LSR“: die einen wollen „xenophob“ Eigner bleiben, die anderen aus den „nationalistischen“ Beschränkungen entfliehen. Die einen wollen „Grenzen ziehen“, um ihre eigene Integrität vor den Angriffen einer übergriffigen Außenwelt zu schützen – LSR. Die anderen wollen die übergriffigen Grenzziehungen aufheben – LSR.

Im 20. Jahrhundert war das entsprechend die Auseinandersetzung zwischen Faschisten (Mussolini, Dollfuß, Franco, Hitler etc.) und Kommunisten (Lenin, Luxemburg, Trotzki, Stalin etc.). Die einen verteidigten ihr „Eigentum“ (Eigentumsrechte, völkische Identität, Tradition, Grenzen), die anderen wollten es aufheben, weil es die gesellschaftliche Entfaltung des Menschen einschränken würde. (Heute gehört schon das biologische Geschlecht zu einer nichtakzeptablen Einschränkung!) BEIDEN ging es damit um den Kern von LSR!

Deshalb ist es auch kein Wunder, daß beide Seiten teilweise austauschbar sind: Hitler gilt als Sozialist, Stalin als Nationalist. Konkret wird Stirner als Urvater des Faschismus hingestellt, während Marx ohne seine Auseinandersetzung mit Stirner nie und nimmer das entwickeln konnte, was man heute als „Marxismus“ bezeichnet. Die gleiche Auseinandersetzung findet sich auch innerhalb der beiden Lager. Hitler fühlte sich durch die völkische und nationalistische „Reaktion“ bedroht. Stauffenberg nahm er ganz zu recht als „Angriff von rechts“ wahr. Spiegelverkehrt bei Stalin: der in den Trotzkisten eine „kosmopolitische“ Bedrohung von links sah.

All diese externen und internen Auseinandersetzungen kann man als Versuche begreifen „frei zu sein“, als, um Reichs Begriff zu benutzen, „mißglückte biologische Revolutionen“. Vordergründig ging es um das Ziehen bzw. Aufheben von Grenzen, doch in Wirklichkeit ging es um die Bewältigung der Panzerung (des Über-Ichs) in einer Welt, die durch den LSR-Impuls in Aufruhr geraten ist und nie wieder Frieden finden wird, solange das Problem nicht gelöst ist, d.h. die Menschheit „die Falle“ verlassen hat.

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 39)

31. Dezember 2022

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Menschen werden von inneren (in der Kindheit verinnerlichten!) Hierarchien bestimmt und sehen entsprechend die Natur von „Hierarchien“ bestimmt, d.h. betrachten sie mechano-mystisch. Charles Konia schreibt:

Eine wichtige Manifestation der Ahnungslosigkeit der Menschen ist ihre Unfähigkeit zu erkennen, daß die Bereiche der Biologie und Soziologie funktionell, d.h. energetisch, funktionieren und daß aufgrund ihrer Panzerung ihre Wahrnehmungen verzerrt sind und ihre Fähigkeit beeinträchtigt ist, entsprechend der Funktionsweise der Natur zu denken. Stattdessen betrachten gepanzerte Menschen die Natur so, wie sie sich selbst erleben, mechanistisch und mystisch. (Clueless, S. 178)

LSR mag ein Konstrukt sein, aber Konstrukte haben es an sich entweder bald mit einem „substantiellen“ Inhalt gefüllt zu werden oder sich wieder in nichts aufzulösen. Das beste Beispiel ist Freuds Konstrukt „Libido“, das Reich „gefüllt“ hat. Womit wird nun das Konstrukt „LSR“ gefüllt? Für mich ist das „Secundum naturam“, wobei die „Natur“ etwas grundlegend anderes ist als das, was heute Philosophie und Naturwissenschaft als „Natur“ auffassen.

Im folgenden geht es mir in keinster Weise um Einsteins Physik oder gar um seine gesellschaftliche Weltanschauung, sondern um die grundsätzliche Sichtweise, die sich zum Beispiel in seiner Verachtung für Konventionen und darin zeigte, daß er Leute wie Reich und Velikovsky ernstnahm. Angesichts des folgenden Zitats war meine genauso spontane wie absonderliche Idee, daß es doch hätte sein können, daß Einstein in seiner Jungend von Stirner inspiriert wurde (er war 14 als die Reclam-Ausgabe von Der Einzige und sein Eigentum erschien).

Begriffe, welche sich bei der Ordnung der Dinge als nützlich erwiesen haben, erlangen über uns leicht eine solche Autorität, daß wir ihres irdischen Ursprungs vergessen und sie als unabänderliche Gegebenheiten hinnehmen. Sie werden dann zu „Denkgewohnheiten“, „Gegebenen a priori“ usw. gestempelt. Der Weg des wissenschaftlichen Fortschritts wird durch solche Irrtümer oft für lange Zeit ungangbar gemacht. Es ist deshalb durchaus keine müßige Spielerei, wenn wir darin geübt werden, die längst geläufigen Begriffe zu analysieren und zu zeigen, von welchen Umständen ihre Berechtigung und Brauchbarkeit abhängt, wie sie im einzelnen aus den Gegebenheiten der Erfahrung herausgewachsen sind. Dadurch wird ihre allzu große Autorität gebrochen. Sie werden entfernt, wenn sie sich nicht ordentlich legitimieren können, korrigiert, wenn ihre Zuordnung zu den gegebenen Dingen allzu nachlässig war, durch andere ersetzt, wenn sich ein neues System aufstellen läßt, das wir aus irgendwelchen Gründen vorziehen. (Albert Einstein: „Über Kottlers Abhandlung ‚Einsteins Äquivalenzhypothese und die Gravisation’“, Annalen der Physik 51:639-642, 1916)

Begriffe erlangen über uns leicht eine solche „überweltliche“ Autorität, daß wir ihren rein irdischen Ursprung vergessen und sie als unabänderliche Gegebenheiten hinnehmen, das von LSR bekämpfte Über-Ich.

Bernd Laska schrieb mir vor zwei Jahrzehnten zu dieser Stelle:

Daß Einstein (wie Stalin, Trotzki u.a. Jg. 1879) von Stirner gehört, ihn vielleicht sogar gelesen hat, ist nicht unwahrscheinlich, da dessen „Renaissance“ in seine jungen Jahre fiel. Vielleicht hat Stirner ihn auch inspiriert. Aber was er in obigem Zitat sagt, klingt fast wörtlich nach der Sprachkritik Mauthners und Landauers, die sogar nachweislich sich mit Stirner auseinandergesetzt haben, aber vor „LSR“ zurückgewichen sind (vgl. mein Ein dauerhafter Dissident).

Abschließend zu diesem Teil meiner Reflektionen möchte ich noch folgendes einwerfen: Marx, Freud, Einstein. Alle drei hat Reich angebetet – na jedenfalls den „Kern-Marx“ (lebendige Arbeitskraft), den „Kern-Freud“ (Libidotheorie), den „Kern-Einstein“ („funktionalistische Physik“). Reichs verdammter Vaterkomplex, der ihn nicht sehen ließ, daß sie im Kern gegen ihn waren. Ich glaube, daß Reich persönlich ein „Vater-Imago“ brauchte, um psychisch zu überleben. Aber daß die „Reichianer“ selbst das nachäffen…

ANHANG zu: Peter liest die kommentierte Neuauflage der Originalausgabe von Reichs MASSENPSYCHOLOGIE DES FASCHISMUS (Teil 3)

19. Dezember 2022

Gewiß haben Marx und Engels die Ideologie, das Bewußtsein an einigen Stellen weiter gefaßt, als bloß als intellektuelle Spiegelung. Man denke an den berühmten Satz aus der Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie (Einleitung) „… die materielle Gewalt muß gestürzt werden durch materielle Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift“.

Doch hier ist Theorie nur verstanden als revolutionäre Theorie, die ein den realen Verhältnissen entsprechendes, unmittelbar aus ihnen entspringendes Handeln ermöglicht. Also ist es hier doch wieder weniger die Theorie als eben jene Verhältnisse, die die materielle Gewalt aus sich erzeugen. Nirgends wird die reaktionäre „Theorie“ in gleicher Weise als materielle Gewalt gefaßt. Diese ist vielmehr in den Machtverhältnissen lokalisiert, die diese reaktionäre Theorie bedingen.

Der schwankenden Bedeutung des Marxschen Ideologie- und Bewußtseinsbegriffs wäre nur durch eine ausführliche Untersuchung beizukommen. Für unsere Zwecke hoffen wir genügend klar gezeigt zu haben, daß im Ganzen die intellektualistische Auffassung überwiegt. (Karl Teschitz: Religion, Kirche, Religionsstreit in Deutschland. Kopenhagen: Sexpol-Verlag, 1935, S. 63).

Hier findet sich der krypto-idealistische Urgrund der Leninistischen, Trotzkistischen, Stalinistischen, Maoistischen Revolutionsauffassung, die einzig und allein auf dem „Willen“ und fixen Ideen basiert, losgelöst von jedweder materiellen Grundlage. Beispielsweise hatten sich Stalin und Pol Pot in den Kopf gesetzt, daß gigantische Kanal- und Bewässerungssysteme irgendwie im Sozialismus münden würden. Für Kambodscha war das einfach eine wahnwitzige Idee, die nichts, aber auch rein gar nichts mit den tatsächlichen Bedürfnissen des Landes zu tun hatte, und in der UdSSR mündete das im vollkommen nutzlosen Weißmeerkanal und nicht zuletzt im Austrocknen des Aralsees. Ähnlich ist es heute mit der krypto-Marxistischen Politik von CDUSPDGrünen bestellt. Etwa dem schieren Wahnwitz der Zuwanderungs- und Energiepolitik. Der kontaktlose Irrsinn wird zur materiellen Gewalt!

Das ganze kann man nur mit der von Wilhelm Reich, Elsworth F. Baker und Charles Konia entwickelten sozialen Orgonomie verstehen. Es geht insbesondere um die Dreischichtung des Menschen (soziale Fassade, destruktive mittlere Schicht, bioenergetischer Kern), die Emotionelle Pest, die soziopolitische Charakterologie und die Transformation der autoritären (dezentralen) zur antiautoritären (zentralen) Gesellschaft.

Im Vulgärmarxismus spiegelt die Ideologie einfach die materiellen Verhältnisse wider. Die Arbeiter darben, woraus der Klassenkampf folgt. Andererseits ist die herrschende Ideologie die Ideologie der Herrschenden, so daß der Marxistische Intellektuelle „Theorie“ den Werktätigen vermitteln muß, so daß aus Ideologie eine materielle Gewalt, die „Arbeiterfaust“, wird. Reich löste diesen widersprüchlichen Mumpitz auf, indem er zunächst zeigte, daß sexuelle Unterdrückung ganz und gar nicht zur revolutionären Tat führt, sondern ganz im Gegenteil die Menschen handlungsunfähig („gepanzert“) macht. Sodann zeigte Reich, daß die politischen Ideologen durchweg die wirklichen Parasiten („Herrschenden“) der Gesellschaft sind, der organisierte Irrationalismus. Seinen Lösungsansatz präsentiert er in der dritten Auflage der Massenpsychologie des Faschismus von 1946. Die Arbeit und die Arbeitenden sollten das Schicksal der Gesellschaft bestimmen nicht Ideologien und Ideologen.

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 35)

6. Dezember 2022

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Reich schrieb am 3. Februar 1952, 4 Uhr morgens, unter der Überschrift „Der stille Beobachter“ eine Art Tagebucheintrag:

Die Anarchisten in Paris haben die UN-Delegierten mit Eiern und Tomaten beworfen und riefen, korrekt, aber dumm, „weder Truman noch Stalin“. Sie würden mich sicher erschießen, wenn sie an die Macht kämen, obwohl sie mich jetzt bewundern und mir rechts und links Juwelen politischer Slogans abnehmen, ohne die Quelle zu nennen, außer in einer sehr minimalen Weise, und bereits meinen Namen verunglimpfen, indem sie mich einen Bolschewiken nennen und behaupten, ich wüßte nichts vom Anarchismus. Sie kennen meine Stirner- und Kropotkin-Zeit von 1919 nicht. Das paßt zu ihrem Versuch, aus der sexuellen Jugendfrage politisches Kapital zu schlagen, indem sie die „Freiheit der LIEBE“ für die Jugend proklamieren … den politischen Weg, den Weg, den ich nicht klar von MEINEM Weg getrennt und 1928 bis 1934 bekämpft habe; den aussichtslosen Weg des politisch lästigen Freiheitshausierers. Sie wüßten nicht, wie sie mit einem einzigen Fall von Zusammenbruch aufgrund von Orgasmusangst bei einem fünfzehnjährigen Mädchen umgehen sollten. Sie können in kritischen Zeiten aus purer Unwissenheit, gepaart mit politischem Eifer, zu einer Bedrohung werden. Mit „gut meinen“ allein ist es nicht getan.

Reichs Biograph hat das wie folgt übermittelt: In Bezug auf die Anarchisten (eine englische Gruppe von Anarchisten schrieb häufig an Reich und veröffentlichte Artikel über seine Arbeit) sagte er: „Wir wollen keine Anarchie, wir wollen Ordnung. Wir nehmen den rationalen Kern aus dem Anarchismus, dem Kommunismus. Ich habe große Bewunderung für Kropotkin. Aber sie vergessen, daß sich die Zeiten ändern, daß die Wahrheit von gestern die Lüge von heute ist“ (M.R. Sharaf: „Some Remarks of Reich: Summer 1948“, Journal of Orgonomy 2(2), November 1968, pp. 215-224, siehe auch Ilse Ollendorffs Wilhelm Reich, S. 104).

Im Gegensatz zu Marx mit seinen „ehernen Gesetzen der Geschichte“, die letztendlich alles rechtfertigten und die Marxisten zu Todfeinden der Anarchisten machten, stand Kropotkin für die Befreiung von der religiösen Moral, für das „System des Nicht-Regierens“. Keime dieser freien Vereinbarung gäbe es schon heute überall im öffentlichen, zumal im wirtschaftlichen Leben. Reichs späteres Konzept der Arbeitsdemokratie. Der Unterschied ist natürlich, daß Reich, ähnlich wie Marx, „strukturelle“ Probleme sah, auch wenn es bei Reich natürlich keine polit-ökonomischer, sondern solche charakterstruktureller Natur waren. In seiner Jugend sah er die Wahrheiten bei Kropotkin und später bei Marx – doch diese vermeintlichen Wahrheiten erwiesen sich später aufgrund seiner Durchdringung der menschlichen Charakterstruktur als Lüge. Versuch das mal einem dieser schrecklichen vermeintlichen „Reichianer“ zu erklären…

Der entscheidende Einfluß von Marx auf Reich, für den Marx weitgehend mit den Anfangskapiteln von Das Kapital identisch war, liegt weniger in der Kernaussage des Buches, nämlich in der Arbeitswertlehre (die ja auch für Marx selbst der Dreh- und Angelpunkt war), sondern vielmehr im ganzen barocken Zitaten- und Belegfirlefanz, der diesen Kern umgibt: die genauso überflüssigen wie überlangen Beschreibungen der Verflechtungen der Produktion. Für Marx war das alles nur Füllmasse, um irgendwie sein Buch vollzukriegen. Eine Füllmasse, die nichts mit der Arbeitswertlehre zu tun hat – die aber vielleicht Reich dazu gebracht hat (in Rückgriff auf Stirners „Verein“ und Kropotkins „System des Nicht-Regierens“) das Konzept „Arbeitsdemokratie“ zu formulieren.

Wobei ich mir natürlich Reichs Ausführungen über die absonderlich aristotelisch-katholische Arbeitswertlehre in Menschen im Staat bewußt bin! Verkompliziert wird das ganze dadurch, daß Kropotkin ein heftiger Feind Stirners war, jedenfalls dessen, was er für „Stirner“ hielt („rücksichtsloser Egoist“ etc.). Vertrackt. Jedenfalls ging es Reich immer darum, das Primäre (z.B. „primäre Triebe“) vom Sekundären (z.B. „sekundäre Triebe“) zu trennen. Teilelement dieser seiner „Bewältigung der Vertracktheit“ war die Verlagerung der „philosophischen“ Fragen ins Biologische: von Stirner zum Orgon. Dergestalt hat die Entdeckung des Orgons eine (Teil-)Bedeutung (eine „LSR-Bedeutung“), die weder die Orgon-Verächter noch die Orgon-Begeisterten erfassen.

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 34)

1. Dezember 2022

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Charles Konia hat den die westliche Welt zerstörenden Antiautoritarismus wie folgt definiert:

Antiautoritär bezieht sich auf die absolute Ablehnung jeglicher Form von sozialer Autorität auf lokaler Ebene. Wenn die lokale Autorität abgeschafft wird, entsteht unweigerlich Chaos. Um zu überleben, muß die Gesellschaft daher ein anderes autoritäres System auf zentraler Ebene einführen. In der Tat ist die antiautoritäre Politik die Taktik der politischen Linken, um die Macht zu ergreifen. Ein Beispiel ist die antiautoritäre russische Revolution von 1917 und der Aufstieg des roten Faschismus und die Geburt der totalitären Sowjetunion. (Clueless, S. 142, Hervorhebungen hinzugefügt).

Entsprechend schreibt Dimitri Wolkogonow in seiner Stalin-Biographie: „Der Stalinismus führte zu dem Anachronismus des Primats der [„zentralen“] Politik gegenüber der [„lokalen“] Ökonomie, des [„zentralen“] Staates gegenüber der [„lokalen“] Gesellschaft“ (Stalin. Triumph und Tragödie, Düsseldorf 1989, S. 738). Das paßt zur Litanei der Linken, daß sich endlich wieder die Politik gegen die Ökonomie durchsetzen müsse und daß die Menschen wieder politisch bewußter werden müßten. Wolkogonow: „Stalinismus – das ist die absolute Diktatur der Politik über die Ökonomie, über das soziale und geistige Leben, über die Kultur“ (ebd.). Ich erinnere an die alles erstickende linke Political Correctness, die an sich nur einen Feind kennt: die Selbstorganisation der Massen.

Die lokale, die Gesellschaft erhaltende Autorität, insbesondere des ökonomischen Fachwissens, wird ersetzt durch die Pseudoautorität vollkommener Traumtänzer, die die Hebel der Zentralmacht in Händen halten bzw. diese für die Zukunft erträumen, wie dem „Kriegsökonomen“ Trotzki, dem kubanischen „Wirtschaftsleiter“ Che Guevara oder etwa dem „Wirtschaftsexperten“ Rudi Dutschke. Wichser! Michael S. Voslensky erinnert sich, wie seine Genossen in der KPdSU immer sagten: „Man darf nichts dem Selbstlauf überlassen!“ (Das Geheime wird offenbar. Moskauer Archive erzählen. 1917-1991, München 1995).

Nicht nur Wichser, sondern mörderische Wichser! Kommunisten haben das Vergasen von Menschen erfunden. Seit 1936 hat der NKWD LKWs benutzt, deren Abgase ins Innere geleitet wurde. Erfinder dieser Massentötungsmaschine war ein NKWD-Mitarbeiter namens Berg. Gaskammern wie bei den deutschen Sozialisten wurden nicht benötigt. So berichtet der Häftling Lew Rason, daß im Herbst 1937 sein Häftlingstransport aus Moskau mit 517 Mann abging. Im Frühjahr waren davon noch 22 Häftlinge am Leben – der „natürliche Schwund“ in sowjetischen Lagern. Von den 1 000 000 Erschießungen zwischen 1917 und 1990 will ich gar nicht erst anfangen. Zum Beispiel beschloß der NKWD am 5. August 1937 in den folgenden vier Monaten 75 950 „antisowjetische Elemente“, also einfache Leute von der Straße, zu verhaften und zu erschießen. Der Plan wurde übererfüllt. Während neun Monaten im Jahre 1937/38 wurden insgesamt 140 000 „Schädlinge“ erschossen. Da eignet sich gut ein Vergleich mit den Einsatzkommandos des SD der SS: sie erschossen am Anfang des Feldzugs in der UdSSR 90 000 Juden. Ausrottung ganzer Völker war den Kommunisten ebenfalls nicht fremd: als die halbe Million Tschetschenen und Inguschen im Frühling 1944 aus dem Kaukasus nach Kasachstan vertrieben wurden, brachte man die transportuntüchtigen Kranken, Greise und Kinder um, indem man sie z.B. in Scheunen trieb und diese anzündete und unter Feuer nahm. Insgesamt wurden 2,5 Millionen Menschen umgesiedelt, aus dem gleichen Grund, den die Deutschen für ihren Feldzug angaben (und noch heute für ihre Umvolkungsprogramme angeben): neue Siedlungsgebiete. Die Kommunisten haben es sogar soweit getrieben, daß nach dem Holocaust Stalin ein antijüdisches Pogrom plante und im Ostblock die „antizionistische“ Hetze sich in wirklich nichts von Streichers Stürmer unterschied.

Angesichts dieser Fakten waren die Angriffe etwa gegen Ernst Nolte grotesk. Es war einfach so, daß der Holocaust eine Reaktion auf den Kommunismus war: ohne den Zivilisationsbruch GULAG hätte es kein Auschwitz gegeben. Natürlich gab es keinen mechanisch-kausalen Zusammenhang, sondern nur eine „dialektische“ Verbindung, aber mit der Dialektik standen die „Dialektischen Materialisten“ ja schon immer auf Kriegsfuß.

In Archipel Gulag legte Solschenizyn den Roten Faschismus bloß. Mit diesem Buch waren die Bolschewiki erledigt. In seinem zweiten großen Werk Das Rote Rad, das vom Revolutionsjahr 1917 und dessen Vorgeschichte handelt, beachtet er die Bolschewiki und ihren lächerlichen Oktober-Putsch gar nicht, sondern konzentriert sich auf die Februar-Revolution: all sein Haß gilt den antiautoritären Liberalen, die das eigentliche Verhängnis darstellen.

In einem Buch von Michail Bakunin unterstrich sich Stalin folgenden Satz: „Verlieren Sie keine Zeit des Zweifels an sich selbst, weil das die sinnloseste Beschäftigung ist von denen, die der Mensch erdacht hat“ (Wolkogonow: Stalin, S. 237). Bakunins Satz sagt alles über Stalins Verhalten, seinen Charakter aus. Der Schlüssel zum Modju per se (Mocenigo-Djugashwilli). Aber ist das nicht auch irgendwie „Stirneriansch“? Immerhin wußten Bakunin und Stirner voneinander. Über den „Nihilisten“ Netschajew war Lenin mit Bakunin verbunden. Dergestalt findet sich Stirner nicht nur, wie allgemein bekannt ist, im Gründungsgebälk des italienischen Faschismus, sondern auch (wie ich an einem Beispiel zeigen werde) des deutschen Nationalsozialismus und eben auch des Bolschewismus.

All das („inspiriert durch Stirner“) beruht auf einer „mißglückten biologischen Revolution“: die lokalen Autoritäten (das Über-Ich) werden beseitigt, doch alles wird schlimmer, weil an ihre Stelle eine abgehobene, vollkommen kontaktlose und deshalb im Effekt massenmörderische zentrale Autorität tritt (das ultimative Über-Ich).