Ich habe mich anfangs gesperrt, einen derartigen „persönlichen“ Nachruf zu schreiben, weil sich über vier Jahrzehnte erstreckende Beziehung zwischen Laska und mir nie eng war. Dazu waren wir einfach zu unterschiedlich. Der Katholik Laska war über Karlheinz Deschners Religionskritik und die Anfänge der linken Studentenbewegung Mitte der 1960er Jahre als einer der ersten Nachkriegsdeutschen überhaupt auf Reich gestoßen. Ich war denkbar areligiös und „akulturell“ aufgewachsen und gerade deshalb hatten mich Religion und Kultur (Bildende Kunst und Musik) von früh an in ihren Bann gezogen – Dinge, die Laska, zunächst Bauzeichner und dann Ingenieur (Baustatiker), zeitlebens wirklich vollkommen kalt ließen. Nachdem meine kindlich-jugendlichen „Studien“ im „religiös-kulturellen“ Bereich und auch im naturwissenschaftlichen (ich laß eifrig das „X-Magazin“, „Bild der Wissenschaft“, die Bücher von beispielsweise Hoimar von Ditfurth etc.) nur meine wachsende Verachtung für all dieses Zeugs nährten, stieß ich schließlich auf Reich („Bingo!“) und wollte fortan nichts anderes sein als ein orthodoxer Anhänger der Orgonomie. Für mich war und ist sie die endgültige Wahrheit.
Mein Problem war damals, daß ich als Arbeiterkind (Laska war auch eins!) niemanden kannte, der auch nur im allerentferntesten meine wirklich extrem absonderlichen, da hochgestochenen Interessen teilte, und ich auf die paar Mitte der 1970er Jahre erhältlichen Reich-Bücher und irgendein „Reichianisches“ Zeugs a la Alexander Lowen reduziert war. In einem dieser Bücher stieß ich schließlich auf eine Annonce für Laskas Zeitschrift „Wilhelm Reich Blätter“, fand über diesen Umweg schnell Kontakt zu Jerome Eden, bestellte das „Journal of Orgonomy“ etc. Laska hatte eine ganze Welt für mich geöffnet, die Orgonomie war noch lebendig, wovon ich vorher keinerlei Ahnung hatte. Aber schon bald begann mein Konflikt mit Laska: ich verdammte ihn ob des Einflusses der amerikanischen Orgonomen auf mich sehr bald als „Reichianer“. Er war dabei, zu einem „Feind“ zu werden. Daß er es wagte, Artikel von Alexander Lowen zu veröffentlichen und gewisse andere Leute auch nur zu Wort kommen zu lassen! Ich erlebte über seine Zeitschrift sozusagen „live“ mit, wie er sich immer mehr Max Stirner zuneigte, was für mich der Anlaß war, Stirner auseinanderzunehmen. Einfach nur, weil Laska sich auf ihn berief! Das baldige, wirklich klägliche Scheitern meines Unterfangens Stirner zu „dekonstruieren“ und meine Einsicht, daß Laska in dieser Beziehung vollkommen recht behalten hatte, waren eine nachhaltige Lektion.
1982 stellte er wegen solcher hoffnungslosen Figuren wie mir seine Zeitschrift ein und begann zu erforschen, was die Essenz seiner beiden Helden Reich und Stirner sei. Schon bald kam LaMettrie hinzu und Laskas „LSR-Projekt“ nahm langsam Gestalt an. Ich war einer der erstaunlich wenigen alten Leser, die ihm auf diesem Weg treu blieben und seine Bücher von und über LaMettrie kauften, sowie das eine Buch mit Stirners Parerga. Er bewegte sich aber sozusagen am Rande meiner eklektischen Interessen (Orgonbiophysik, UFOs, Roter Faschismus, Saharasia, Orgonometrie, Hans Hass, christliche Theologie, Nietzsche, etc.), die kaum bis keinerlei Überschneidungspunkte mit ihm hatten. Unser persönliches Verhältnis blieb stets unterkühlt, obwohl wir uns einige Male trafen, wobei ich aber jeweils sozusagen nur „Anhängsel“ anderer war. Seine Website ließ meine alte Begeisterung für seine geistige Klarheit und nicht zu übertreffende „akademische“ Integrität immer wieder von neuem aufflammen bis hin zu regelmäßigen begeisterten „Bekenntnissen“ zu seinem LSR-Projekt. Er war sichtlich konsterniert, derartig enthusiastische Treueschwüre ausgerechnet von meiner Seite zu hören.
Im Vergleich zu ihm, habe ich mich immer als hemmungslosen „Dampfplauderer“ empfunden und es stets bedauert, daß er nicht „mehr Worte gemacht hat“. Welch ein Privileg ihn gekannt zu haben. Er war mein distanzierter Erzieher, ich sein letztendlich doch loyaler Schüler. Danke, Herr Laska!
Schlagwörter: 1960er Jahre, Alexander Lowen, bildende Kunst, Hans Hass, Hoimar von Ditfurth, Karlheinz Deschner, Kultur, LaMettrie, Max Stirner, Musik, Nachruf, Nietzsche, Religion, Religionskritik, roter Faschismus, Saharasia, Stirner, Studentenbewegung, Theologie, UFOs, Wilhelm Reich
16. April 2025 um 19:00 |
Die organsierte und schwerbewaffnete Emotionelle Pest:
https://www.nius.de/nius-live/news/angriff-auf-michael-kyrath-linksaktivistin-bezeichnet-mord-an-seiner-tochter-ann-marie-als-kollateralschaden/d2cc48fd-c7bc-41fe-ad8f-626e1e8bf072?
16. April 2025 um 19:51 |
Modju!
16. April 2025 um 21:16 |
Sehr seltsam. Genau an dem Tag, als ich mein neues Buch
Max Stirner und die Tiefenwahrheit als post-psychotherapeutisches Selbstermächtigungsverfahren
Bernd A. Laskas LSR-Projekt und die Weiterentwicklung der im Kognitiven, Affektiven und Korporellen operierenden Neuen Aufklärung
abgeschlossen habe, ist Laska gestorben. Ich brauchte noch eine letzte Info (Fernandessens Nietzsche-Buch), schaue dafür in den Maschinenraum und sehe dort …
Ihr wißt ja, wie das ist, wenn man eine Todesnachricht erfährt: Zuerst dachte ich für eine Hundertselsekunde: „Ein Witz“. Aber schon in der nächsten Hundertselsekunde: „Aber wer soll so einen Witz machen?“
Ich muß zugeben, daß ich schon die ganze Zeit beim Schreiben gedacht habe: „Peter, beeile dich!“ Und manchmal habe ich so eigenartig die Vergangenheitsform benutzt, wenn ich von Laska geschrieben habe. Ich habe es geahnt. (Schon bei meinem letzten Telefonat mit ihm vor ein paar Jahren war er vom Alter oder von einer Krankheit gezeichnet.) Aber daß es dann so – und genau auf den Tag – passiert, war erstaunlich.
Ich bin am Satz, dann ab zum Drucker – Erscheinungsdatum höchstwahrscheinlich noch im Mai 25.
16. April 2025 um 21:28 |
Ich bin übrigens auch in den 70ern über Annoncen in WR-Büchern auf die Wilhelm-Reich-Blätter gestoßen und habe sie sofort abonniert. Auszug aus meinem Buch:
„3.6. Abonnent von Laskas Wilhelm-Reich-Blätter Mein Interesse an Wilhelm Reich blieb bestehen. In den Reich-Taschenbüchern war eine Reklame für Bernd A. Laskas Wilhelm-Reich-Blätter (WRB). Ich kann mich nicht daran erinnern, ob ich schon zu DDR-Zeiten Abonnent wurde […]. Die WRB gab es bis 1982; danach hatte ich eine Laska-Latenzperiode, da Laska vom Radar verschwand – bis zur Gründung seines LSR-Verlages drei Jahre später.“
Auch emotion und Offshoots of Orgonomy von Lois Wyvells hatte ich abonniert, Das Journal of Orgonomy komischerweise nicht.
Über all das und meine ganze Laska-Rezeptionsgeschichte schreibe ich im Buch.
17. April 2025 um 10:51 |
Die Einen sind bloße Philosophen, also Denker, während Reich Naturwissenschaftler ist und durch Arbeit und Experimente sein Wissen bekommen hat. Also nicht durch Fantasieren, sonden durch die Praxis.
17. April 2025 um 18:58 |
Laska war dezidiert nicht an Philosophie und „Denken“ interessiert, sondern ausschließlich an der objektven, da dokumentierten Rezeptionsgeschichte. Seine „Widerstandsanalyse“ der Kultur. Ähnlich war auch Reich nicht an der Ausformulierung einer neuen, „orgonomischen“ Weltsicht interessiert, sondern nur am Dingfestmachen der Ursachen, warum bisher alle Weltanschauungen so kläglich gescheitert sind.
17. April 2025 um 22:34 |
Danke, lieber Peter, auch für den Nebenbei-Einblick in Deine eigene Biographie.
Hatte Bernd Laska eigentlich eine Familie (Frau, Kinder), oder war er ganz ein Einzelkämpfer?
War seine Forschungstätigkeit nebenberuflich?
18. April 2025 um 12:40 |
Ich hätte das schon längst beantwortet, aber WordPress… Also, Leute, wenn es Probleme mit dem Kommentieren gibt: Peter kann nichts dafür und ist im Zweifelsfall selbst Opfer!
Es gibt keine Familie, keine Kinder, nur die Lebensgefährtin und den kleinen Freundeskreis. Jahrzehnte lebte er denkbar bescheiden von seinen Ersparnissen aus seiner lukrativen Zeit als Ingenieur plus schließlich seiner kleinen Rente. Die Bücher haben sich erstaunlich gut verkauft.
20. April 2025 um 22:49 |
Vielen Dank.
Wirklich erstaunlich, der gute Verkauf seiner Bücher. Wer hat sie gekauft …? Die unerkannten Guten in der Gesellschaft …
21. April 2025 um 00:00 |
Mir wurde mal gesagt, es seen erstaunlich viele „Klosterbibliotheken“ gewesen… Wollten wohl Satan erforschen…