Monotheismus und Wissenschaft

Der Monotheismus ist aus der Wissenschaft hervorgegangen und die Wissenschaft aus dem Monotheismus.

Ich schreibe das angeregt durch 1.) meine Lektüre von Peter Töpfers Pan-Agnostik (eigner verlag), in der sich Töpfer geschickt um LaMettrie und Stirner herumargumentierend gegen den Atheismus ausspricht; und 2.) durch folgendes sehr interessantes Video über den Ursprung des jüdisch-christlichen Gottes:

Es gibt drei Theorien über den Ursprung des „monotheistischen Jahwe“: Beispielsweise hat Jacob Meyerowitz in seinem Buch über Orgonometrie Before the Beginning of Time, eindeutig mit einigem Stammesstolz, auf Abraham verwiesen:

Der Gedanke an einen einzigen, solitären GOTT stellt einen außergewöhnlichen Durchbruch des funktionellen Denkens dar. Wie das Alte Testament bekräftigt, ist die Einheit GOTTES das wesentliche Merkmal GOTTES. Eine Kraft bestimmt das ganze Universum. Hier, vor etwa 3800 Jahren, führte das funktionelle Denken (das Organempfindungen und spontane Wahrnehmungen einschließt) Abram von Ur (später Abraham genannt) zu denselben extremen Schlußfolgerungen, die wir aus einer [orgonometrisch] rückwärtsgerichteten Sicht der Entwicklung gezogen haben (…). Bis in die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts hinein haben die meisten Wissenschaftler Abrams Idee einer letztendlichen Funktion zu ihren grundlegenden Referenzen gezählt. (S. 32)

Daran schließt sich dann über Moses und die Propheten der schier endlose Kampf der Juden gegen den „Götzendienst“ unter den Juden an. Die zweite Theorie kreist um Esra, der nach dem babylonischen Exil unter persischer Oberhoheit angeblich nach wiederentdeckten Schriftenrollen die damaligen „Juden“ erst zu Juden gemacht hat. Wie genau, auf eine nachvollziehbare Weise der Monotheismus von Abraham oder Esra „entwickelt“ wurde, bleibt im Dunklen.

Das besagte Video bietet, nach meinem Dafürhalten erstmals, eine solche Erklärung: die griechische Naturphilosophie. Gewisserweise ist der Monotheismus aus dem Atheismus hervorgegangen: „weg von den Göttern! wenden wir uns den Naturelementen zu!“ Ich erinnere daran, daß die römisch-hellenistischen Mittelmeervölker und auch wir Germanen die ersten christlichen Missionare als „Atheisten“ empfanden; Gottesleugner, die beispielsweise unsere heiligen Eichen fällten und auch sonst vor nichts Heiligem Respekt hatten. Stirner schreibt darüber in Der Einzige und sein Eigentum.

Im alten Griechenland waren die Philosophen die Gottesleugner und wurden als solche verfolgt, man denke nur an Sokrates und Aristoteles. Sie ersetzten den Götterhimmel durch ein anfängliches Prinzip; waren ungefähr das, was Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts die atheistischen „Monisten“ waren. Ich referiere jetzt das Video (ab Minute 1:03:22, Chapter 16):

Also drittens: Am Anfang des Monotheismus stehen die hellenistischen Ptolemäer, die in Alexandrien die Septuaginta schreiben ließen, die griechische Version der hebräischen Bibel. Damals herrschte der Platonismus und Aristotelismus, die beide später auf so wunderbare Weise mit dem Christentum harmonierten. Zuvor fanden sich bei den „Vorsokratikern“ skeptizistische (d.h. atheistische) und monotheistische Tendenzen. Alles begann mit dem monistischen Materialisten Thales. Ihm zufolge war das Wasser das „erste Prinzip“ bzw. der „Urstoff“, aus dem alles hervorgegangen ist. (Man lese dazu nochmals das obige Zitat von Meyerowitz!) Sein Nachfolger war Anaximander, der als erster dem ersten Prinzip des Kosmos Unendlichkeit zuschrieb. Für Anaximander war die Luft, der Atem, das erste Prinzip. Schließlich kommt Heraklit, der als erster vom Logos spricht. Sein erstes Prinzip ist das Feuer. (In vieler Hinsicht war er der Vorläufer Reichs, weshalb sich eine unabhängige Orgonomen-Gruppe aus Griechenland nach ihm benannt hat.) Parmenides und Anaxagoras sind die Urväter der Logik. Vom letzteren stammt das Wort: „Gott ist Einheit“. Einer seiner Studenten war der Skeptiker Archelaos, der wiederum der Lehrer von Sokrates war. Es folgen Plato, Aristoteles, Theophrastus und dessen Schüler Demetrios von Phaleron, der schließlich, wie angeschnitten, in Alexandrien beauftragt wurde, die Bibel der Juden zu „übersetzen“; eine „Übersetzung“, die zu der Bibel wurde, wie sie heute Juden und Christen gebrauchen. (Bei den Orthodoxen ist immer noch die Septuaginta maßgeblich, nicht etwa, wie bei Katholiken und Protestanten, die vermeintlich ursprüngliche hebräische „Urschrift“.)

Nur aus dem etablierten Christentum (dem Platonismus des Pöbels, Nietzsche) konnte sich dann seit der Renaissance die Naturwissenschaft entwickeln. Ohne Christentum hätte man den Donner mit dem Donnergott „erklären“, den Frühling mit der Frühlingsgöttin, den Krieg mit dem Kriegsgott etc. erklärt. Erst das Christentum fegte den „Götterhimmel“ leer und machte es dergestalt möglich im Sinne eines allgemeinen Naturgesetzes zu denken und so den Atheismus zu etablieren. Aus diesem Grund ist es auch kein „Wahnsinn“, wenn ich an dieser Stelle des öfteren erwähnt habe, daß eines Tages die Wissenschaft Orgonomie die Religion Christentum ablösen wird. Wir sind Atheisten – aber „Atheisten“ im Sinne der ersten christlichen Missionare und der Monisten, die nicht zuletzt Reich beeinflußt haben. Ich verweise in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf meinen vorgestrigen und gestrigen Blogeintrag!

Die Monisten und Energetiker (sic!), man denke nur an Ernst Haeckel („biogenetisches Grundgesetz“), standen vor allem für die Evolutionstheorie Darwins ein, d.h. die Selbstorganisation der Materie, die definitiv den Atheismus beweist. Die Evolutionstheorie wird von Töpfer schlichtweg als „Schwachsinn“ vom Tisch gewischt.

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3 Antworten to “Monotheismus und Wissenschaft”

  1. Peter Töpfer Says:

    >>Töpfer geschickt um LaMettrie und Stirner herumargumentierend< Ich zitiere ja nun schon massenhaft und andauernd LSR, aber meine Gedanken will ich schon EIGEN formulieren… Ich brauche die im Kern meiner Aussage auch nicht.

    >>Die Evolutionstheorie wird von Töpfer schlichtweg als „Schwachsinn“ vom Tisch gewischt.< Na ja, an der Stelle gehen mit mir etwas die Gefühlspferde durch… Ich habe das Buch ja auch nicht über die Evolutionstheorie geschreiben, nur am Wegesrande über deren metaphysischen Aspekt. An einer Stelle sage ich ja wenigstens: „Das ist ja Kindergarten-Niveau [Vulgärmaterialismus] – genau so wie ja die Lehre von der Entstehung neuer Arten durch Evolution („Makroëvolution“, siehe u.a. Günter Bechly) ein lächerliches Märchen ist, an das aber heutzutage sogar Theïsten glauben.“ Damit sollte durchaus anklingen, daß ich die Mikroevolution für richtig halte, nur eben die Entstehung von neuen Arten per Evolution nicht (Makroëvolution). Aber wie gesagt: Das ist nicht das Thema des Buches…

    • Peter Nasselstein Says:

      Der experimentelle Beweis für Evolution: https://en.wikipedia.org/wiki/E._coli_long-term_evolution_experiment Was das gleiche bei Tieren betrifft verweise ich auf die Schwachsinnigkeiten, die die Ebolution erzeugt hat: https://www.youtube.com/watch?v=3-pu9xxufUg – Das ist ein Video GEGEN Dawkins und meine Argumentation, das ungewollt zeigt, wie schlichtweg dumm Theisten sein können. Erinnert an die früheren DKPler, die dir die ökonomische Überlegenheit der „DDR“ „bewiesen“ haben. Planwirtschaft = intelligent design.

      • Peter Töpfer Says:

        Mag sein… Ich bin nicht zu sehr daran interessiert, nur an den metaphysischen Implikationen der Wissenschaft – ob diese nun sachlich richtig oder falsch und in sich logisch und kohärent sei. (Die physischen Implikationen würdige ich – „Wissenschaft 1.0“.) In der Präsentation liste ich manche, wenige Wissenschaften auf und gebe kurz meinen unmaßgeblichen Senf dazu ab (die Argumente der Makroevolutionskritiker finde ich nicht schlecht), um aber nur zur Anwendung in Bezug auf die Existenz zu kommen – nur darum geht es mir. Diesen Senf hätte ich mir natürlich sparen können, aber er ist nicht ganz unwichtig/überflüssig, um zum nächsten Schritt zu kommen: selbst WENN sie sachlich richtig wäre (was ich oft bezweifle, manchmal vielleicht zu unrecht) – die Wissenschaft 2.0 ist Quelle der Heteronomie und von daher existenziell irrelevant (also auch eine wissenschaftliche Alternative zur Makroevolution). Die Nähe der Wissenschaft 2.0 zur existenziellen Relevanz präsentiere ich aber auch (z.B. Wilhelm Reich).
        Ich mache es mir also auf der einen Seite sehr leicht („interessiert mich nicht weiter…“), aber auf der anderen Seite nehme ich das Existenzielle und die Prüfung der Wissenschaft auf existenziellen Nutzen extremst ernst.

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