Posts Tagged ‘Komposition’

Peter auf dem Weg zur Orgonomie (Teil 9)

17. Dezember 2023

Peter 1973: das Bild der Zeit.

Damals inspirierte mich eine der besten Schallplatten, die je veröffentlicht wurden: „Rocksession“ der deutschen Jazzrock/Fusion-Gruppe Embryo. Insbesondere das Stück „Warm Canto“ des amerikanischen Jazzpianisten Mal Waldron (1925-2002), der bei dieser Einspielung am Elektropiano zu hören ist und damals für mich einen mythischen Status annahm. Tiefe Zuneigung und das Gefühl von Seelenverwandtschaft auf den ersten Klang:

Mal Waldron ist die Verkörperung von Essenz (kaum ein Musiker ist so eigen, so unverwechselbar, so individuell) und die Einheit von Form (Komposition) und Freiheit (Improvisation), was zusammen Jazz ergibt: alles drei zusammen ist das Leben!

Und so in allem, selbst der samstägliche Einkauf in der Innenstadt: man hat einen Plan, eine Einkaufsliste, aber vor allem muß man sich aufraffen und ständig improvisieren, weil eine Straße gesperrt ist, ein Produkt ausverkauft ist, man realisiert, daß das eigene Budget zur Neige geht etc.

Was Waldron als Musiker auszeichnete, war, daß er je älter er wurde, er immer „amateurhafter“ klang, einfach weil er sich dem entzog, was Puristen als „Jazz“ betrachten. Auf auffallendsten war, neben seiner „perkussiven“ Spielweise, seine „Magie des Wiederholens“, die „Power of Repetition“, die fast schon an indische Raga-Musik erinnert. Das hat eine magische Qualität, etwas von „heraufbeschwören“. Dazu paßt folgende Erinnerung:

Ich erinnere mich, daß Mal mir in den späten Achtzigern von seiner Großmutter erzählte: Sie war eine amerikanische Ureinwohnerin (vielleicht Sioux?), die eine extrem intensive Beziehung zur Natur hatte – vor allem zu Pflanzen und Blumen. Sie pflanzte überall einen Samen ein und er wuchs wie von Zauberhand, und ihr Garten war ein wunderbarer und magischer Ort. Waldron erzählte mir, daß sie immer eine starke Inspirationsquelle für ihn gewesen sei. Außerdem erinnere ich mich jetzt, daß Mal eine Talisman-Halskette trug, die ebenfalls von seinen indigenen Verwandten stammte. Seine Beziehung zu Mystikern war sehr intensiv, und ich neige zu der Annahme, daß dies der Ursprung seiner starrköpfigen Musterwiederholungskonzepte ist.

Übrigens wird im letzten Link auch die Emotionelle Pest beschrieben, der die Jazz-Musiker in den USA ausgesetzt waren und die Waldron beinahe zerstört hätte – wie so viele andere.

Was soll ich sonst noch über den Meister sagen… Einfach zuhören:

…und die Kommentare unter diesem Youtube-Video lesen!

Fassade und Kern (Teil 2)

6. Oktober 2016

Bei gesunden Menschen „interpretiert“ die soziale Fassade die Impulse des bioenergetischen Kerns, ähnlich wie ein Interpret die Partitur des Komponisten möglichst gefällig dem Publikum vermittelt. In diesem Sinne gibt es eine genaue Entsprechung zwischen Kern und Fassade. In der autoritären Gesellschaft verselbständigt sich beim gepanzerten Menschen die Fassade zwar weitgehend, doch, um im Bild zu bleiben, kann man die Grundmotive der Komposition noch immer erkennen, d.h. der Kern, die Natur des Individuums, ist noch erkennbar. In der modernen antiautoritären Gesellschaft jedoch löst sich die Fassade fast vollkommen vom Kern. Man begegnet zunehmend Freaks deren Erscheinungsbild und Gehabe nichts, aber auch rein gar nichts mit ihrem individuellen Wesen zu tun haben. Der wilde „Mann“ mit Dread Locks, Fusselbart und über und über tätowiert ist ein verschüchterter Chorknabe, wie seine ängstlichen Augen, seine Stimme, seine Körperhaltung und seine kindlich-spastischen Körperbewegungen verraten. Die aufgedonnerte Sexbombe ist unreif und imgrunde asexuell, wie ihr vollkommener Mangel an weiblicher Ausstrahlung zeigt. Die Fassade gewinnt ein Eigenleben und sendet Signale aus, die vollkommen irreführend sind. Die Welt wird buchstäblich sinnlos.