Archive for Januar 2016

Menderes, Du bist mein Dschungelkönig!

31. Januar 2016

Ich bin ein Star, holt mich hier raus! 2011 schrieb ich über die damalige Folge:

Ich liebe diese Sendung. Die erste, die ich mir seit Monaten angeschaut habe, wenn ich denn die Gelegenheit dazu hatte. Sie ist so ungefähr das einzige Intelligente, was im Fernsehen zu sehen ist. Millionenmal besser als der Dreck, der uns als Hochkultur verkauft wird. Es ist die beste Erziehung für die Massen, die ich mir überhaupt vorstellen kann. Und zwar aus einem einzigen Grund: man lernt, daß es nichts bringt sich zu verstellen. Es ist vielmehr kontraproduktiv und fällt letztendlich auf einen selbst zurück.

Ansatzweise wird auch deutlich, wie Mobbing funktioniert. Sogar die Mechanismen der Emotionellen Pest zeichnen sich im Relief ab. Diesmal war der sensible und „merkwürdige“ („ein Depp“) Peer Kusmagk das Opfer. Wie das ganze im einzelnen abgelaufen ist, kann man im Boulevard nachlesen. (Auch das besser, als die widerlichen Ergüsse unserer „Intellektuellen“!) Ist es nicht schön, daß sich die Massen mit ihm identifizieren und nicht mit einem der blöden, vermeintlich „sozial kompetenten“ Arschlöcher, die ihn geschnitten und gemoppt haben?!

Was war sein Verbrechen? Während alle anderen auf ihre Außenwirkung und ihre Karriere bedacht waren, blieb Peer naiv, „unbedarft“. Während alle anderen über die tatsächlich sehr nervige und teilweise schlichtweg asoziale Sarah herzogen, blieb Peer objektiv und versuchte auch Sarahs Standpunkt nachzuvollziehen. Das erste zog ihm die Verachtung der Gruppe zu, das letztere deren Aggression. Geradezu klassisch für Mobbing war eine Szene, in der Mathieu und Indira sich auf herablassende Weise über Peer unterhielten in dessen Hörweite. So kann man Leben vernichten!

Obwohl so etwas hunderttausendfach in diesem Land geschieht, bleibt es doch immer verborgen. Jeder weiß davon, doch niemand will es wahrhaben. Diese Sendung wirft Licht auf die alltägliche Sauerei.

Peer ist einfach der beste im Dschungel 🙂 Am Anfang war mir das ganze total egal, aber jetzt freue ich mich schon in der Schule darauf wieder Dschungelcamp zu schauen und ich hab Angst, dass er raus fliegt. Die anderen sind einfach alle nur falsch, lästern über ihn und machen ihn schlecht. Die können doch gar nicht wissen, was in ihm vor ging. Und wenn er weint muss man fast schon mit weinen. Das macht ihn nur sympathischer ::-)

Ganz genau.!! Leute, die sich über weinende Männer lustig machen sind einfach niveaulos. Er steht zu seinen Gefühlen, er ist ECHT, er spielt keinem was vor, & wenn alle auf eine Person rumkacken, & er glaubt, dass nur DIESE Person Recht haben könnte, dann schenkt er diesem einzelnen Menschen Unterstützung. In diesem Moment ist ihm es egal, wenn er dann auch gegen die Gruppe läuft. Er ist eben KEIN Mitläufer & hat sehr wohl viel Rückgrat, was Jay, Thomas, Indira, Katy & Mathieu nicht haben. -__-

Soweit 2011. Fünf Jahre später habe ich, soweit wie möglich, die Sendung erneut verfolgt. Sie war langweilig, da mittlerweile jeder begriffen hat, daß man in solchen Situationen, wo man seiner Würde beraubt und dabei ständig videoüberwacht wird, schon verloren hat, wenn man etwas spielt, was man nicht ist. Praktisch in jeder Folge kommentiert einer der Stars nach einigen Tagen über seine Mitstreiter: „Die Fassade fällt, der Charakter zeigt sich!“ Oder wie jetzt Menderes, der neue Dschungelkönig, am Ende sagte: „Ich habe gelernt, daß man sich nicht verstellen, sondern man selbst sein soll.“

Die Tusse hat es ins Finale geschafft, die auf den ersten Blick die Verliererin schlechthin zu sein schien: Sophia Wollersheim, mit ihren grotesken Silikontitten, dem blondierten Haar, dem Botox-Gesicht, den überlagen Fingernägeln und einem Gesamtbild, das der Karikatur einer geistig minderbemittelten Friseuse entsprach. Tatsächlich gewann sie ganz am Anfang alle Herzen, als sie auf Nachfrage erklärte, daß sie früher in der Schule gemoppt worden sei, sich ihrer dicklichen Figur und ihres kleinen Busens geschämt hatte, daß sie mit ihrem Auftreten, dem Botox und dem ganzen „Plastik“ ihre tiefsitzende Unsicherheit kaschiere; freimütig davon erzählte, wie sie über My Space jede Menge Promis angeschrieben hatte, aber der Zuhälter Wollersheim der einzige war, der geantwortet hatte und daß sie ihn nach wenigen Monaten geheiratet habe, um nicht für eine seiner Nutten gehalten zu werden. Sie war im Camp dazu prädestiniert das Opfer zu sein, wie einst der „Porno-Star“ Dolly Buster, die nach wenigen Tagen fliehen mußte, weil sie die Verachtung und das Mobbing nicht mehr ertrug. Sophia entging diesem Schicksal, indem sie die Emotionelle Pest durch etwas entwaffnete, was Reich wie folgt angeraten hatte:

Wenn nötig, enthülle offen deine Schwachpunkte, sogar deine Geheimnisse. Die Menschen werden verstehen. („Truth Versus Modju“, Orgone Energy Bulletin, Vol. 4, 1952, S. 162-170)

Der Ex-Fußballprofi Thorsten Legart, der es ebenfalls ins Finale schaffte und Dritter wurde, erzählte freimütig von seiner traumatischen Kindheit, in der der alkoholkranke und gewalttätige Vater die Familie tyrannisierte und seinen eigenen Sohn, nämlich Thorsten Legart, mißbrauchte. Und schließlich die von allen verachtete „Witzfigur“ Menderes Bağcı, der, wie er freimütig zugab, mit 31 noch nie eine Frau geküßt, geschweige denn mit ihr geschlafen hat.

Peer Kusmagk hat damals in seinem ersten Interview als Dschungelkönig die wichtigste Lektion verraten, die er in der RTL-Show gelernt hat: „Wenn man seinem Herzen folgt, dann kann einem eigentlich nichts passieren.“

Herbert Marcuse und das sozio-politische Spektrum

27. Januar 2016

Warum sind im Osten Pegida und die AfD so stark, im Westen aber eher schwach?

Der Mensch ist keine Maschine. Menschen, die im Sozialismus der „DDR“ aufgewachsen sind, können „kapitalistischer“ sein, als jeder Wessi, wie ich persönlich immer wieder gesehen habe. Knallhart im Geschäftsleben und im Beruf, extrem geschäftstüchtig. Gleichzeitig findet man aber auch Leute, die brave Stammwähler der SED („Die Linke“) geblieben sind, der „DDR“ nostalgisch nachtrauern und die alten „sozialistischen Werte“ hochhalten. Es ist so ähnlich, wie in der individuellen Panzerstruktur: die einen wuchsen in einer asozialen Alkoholikerfamilie auf, wurden vernachlässigt und mißhandelt, und werden doch zu gesunden, praktisch ungepanzerten Erwachsenen, während die anderen unter denkbar besten Voraussetzungen rührend umhegt in einer intakten Familie aufgewachsen sind, vielleicht sogar in einer orgonomisch orientierten, und doch zu neurotischen Wracks werden. Da der Mensch keine Maschine ist, ist seine Entwicklung unvorhersehbar.

Der Mensch ist eine Maschine! Das kann man in Labors von psychologischen Instituten nachweisen, wo sich etwa messen läßt, daß Männer durch zwei richtig angeordnete Punkte und einen vertikalen kurzen Strich auf einem weißen Blatt Papier sexuell erregt werden. Wir reagieren auf primitivste Schlüsselreize genauso wie Insekten oder Amöben. Nichts anderes als Biomaschinen! Entsprechend sind wir fast beliebig manipulierbar. Beispielsweise wurden wir im Westen seit 50 Jahren im Sinne des pestilenten Charakters Herbert Marcuses flächendeckend beeinflußt und das seit den ersten Stunden unseres Lebens (Schule, Universität, Kultur, Werbung, „Wissenschaft“, Politik, Alltagsästhetik, Medien). Der Kult der Minderheiten und des Perversen und vor allem alles Außereuropäischen, die Gängelung der Sprache und eine generelle Umwertung aller Werte der autoritären Gesellschaft, Multikulti und Gendermainstreaming. In einem solchen Umfeld, d.h. unter Biorobotern, die derartig programmiert wurden, kann sonstwas passieren, etwa ein Silvesterabend in Köln: Pegida und die AfD werden niemals Fuß fassen können. Im Westen gehen der Selbsthaß, die Selbstverachtung und Selbstekel bis zur Selbstvernichtung:

Anders sah es in der „DDR“ aus. Hier haben die kommunistischen Verschwörer alles getan, damit der zersetzende Dreck eines Herbert Marcuse nicht über die Mauer schwappte. Es wurde alles getan, daß die Menschen sich mit dem Staat, der Nation, dem Volk identifizierten, die Sprache wurde (im Rahmen der kommunistischen Ideologie) funktionsfähig gehalten und generell der Dekadenz Paroli geboten. (Ähnliches läßt sich über Rußlanddeutsche sagen.) Dergestalt haben wir die paradoxe Situation, daß unter den Kommunisten mehr konservativ strukturierte Menschen aufgewachsen sind, während im freien Westen das rote Gesindel, zu einem Gutteil KINDERFICKER, die Freiheit hatte, jene Seelenkrüppel heranzuzüchten, Pack, die letzte Mischpoke, das heute Die Grünen und eine verbrecherische Organisation wie die SPD in die Parlamente wählt.

Eine Ironie der Geschichte, daß nun ausgerechnet die ehemaligen Bürger der „DDR“ die einzige Kraft sind, die unser Vaterland noch retten können!

Da der Mensch keine Maschine ist, kann man sein Verhalten unmöglich genau voraussagen, aber immerhin gelingt das mit den Verhaltenstendenzen der überwiegenden Mehrheit von größeren Gruppen. Das ist der Bereich der Charakterologie. Mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitigen die und die Erziehungsarten die und die Charaktere, wie von Wilhelm Reich und Elsworth F. Baker beschrieben.

Hier die klassische Aufstellung des soziopolitischen Spektrums nach Elsworth F. Baker:

Während sich auf der rechten Seite des Spektrums seit Baker nichts geändert hat, sehen die Orgonomen die linke Seite heute etwas anders. Der Sozialist hat mit dem pseudoliberalen „modernen Liberalen“ sozusagen den Platz getauscht. Der Sozialist träumt von „wirklicher Gerechtigkeit“, d.h. das abstrakte Versprechen des Liberalismus nach „Freiheit“ soll auch gesellschaftlich durchgesetzt werden. Die wirtschaftlichen Ursachen der Ungleichheit sollen bekämpft und damit erst die materiellen Voraussetzungen für die Freiheit geschaffen werden. Das ist klassisches sozialdemokratisches Gedankengut. Der pseudoliberale „moderne Liberale“ ist hingegen alles andere als nur ein „konsequenter Liberaler“, sondern der Todfeind jedes Liberalismus. Er ist die Verkörperung der extrem illiberalen „political correctness“, sozusagen die bildungsbürgerliche Variante des mörderischen Kommunisten. Er geht über Leichen. Wenn es seinen Zielen entgegenkommt, sollen die Massen ruhig leiden, hungern und verrecken!

Gehen wir von der Mitte nach rechts:

Da haben wir zunächst den Konservativen, wie er uns beispielsweise im größten deutschen politischen Blog, Politically Incorrect, entgegentritt.

Extrem Konservatives findet sich auf nationalistisch-völkischen Seiten, etwa von Burschenschaften.

Reaktionäres findet sich etwa bei fundamentalistischen Katholiken, nichts als moralinsaurer Haß.

Wie es aussieht, wenn der pure Obskurantismus bei „deutschen Patrioten“ durchbricht zeigt sich bei Neoheiden und „Reichsdeutschen“.

Reich hat das alles in seiner Massenpsychologie des Faschismus eingehend analysiert.

Nun von der Mitte nach links:

Einen ehrlichen, konsequenten klassischen Liberalismus findet sich auf Die Achse des Guten.

Typisch für diese Denkungsart ist ein Faible für das urbane Leben, den „Kosmopolitismus“ und ein Hang zu einer mechanistischen Lebensanschauung („Skeptizismus“).

Den Weg weiter nach links brauchen wir hier nicht zu verfolgen, weil heutzutage praktisch alle Medien und alle Parteien eine sozialistische Gesinnung vertreten. Die Volksparteien sind durch und durch sozialistisch geprägt. Die sogenannten „Grünen“ und Die Linke sind nichts weiter als Emotionelle Pest links vom Sozialismus. Ich werde mich hüten, diesen apokalyptischen Abschaum hier auch noch zu verlinken!

Die von Baker eingeführte Betrachtungsweise wird zweifelhaft, weil sie offensichtlich nur für die einigermaßen stabile autoritäre Gesellschaft vor den 1960er Jahren gilt. (Baker formulierte seine sozio-politischen Gedanken Anfang der 1960er Jahre.) Mit dem Zerfall hin zu einer antiautoritären Gesellschaft kam es zu absurden Verwerfungen, die das Konzept eines „sozio-politischen Spektrums“ scheinbar ad absurdum führen. Man denke nur einmal an die Grünen, wo man anfangs nicht so recht wußte, ob nun Heinrich Himmler oder Stalin auferstehen würden.

Ich kann mich sehr gut an eine der ersten Sendungen mit „Ekel Alfred“ und seinem linken Schwiegersohn erinnern, wo der „Nazi“ Alfred erzreaktionäre ökologische Thesen vertrat und gegen die Kernkraft wetterte, während sein fortschrittsoptimistischer sozialdemokratischer Schwiegersohn souverän die moderne Lebensmittelindustrie, Atomkraftwerke, etc. als Garant des Fortschritts pries und gegen den reaktionären Wurzelsepp Alfred verteidigte. Das neo-Leninistische Konzept Herbert Marcuses hat es fertiggebracht, diese zwar gepanzerte, aber immerhin vorhersehbare Welt zu kippen. Da der technische Fortschritt nicht mehr gegen, sondern im Widerspruch zu Marx‘ Vorhersage für den Kapitalismus arbeite, müsse, frei nach Lenins Devise „Je schlechter, desto besser!“, das Wirtschaftsgetriebe mit „ökologischen“ Forderungen zerstört werden. Je mystischer, fortschrittsfeindlicher, von irrationalen Ängsten getriebener und „bekloppter“ die Massen werden, desto besser!

Die Situation ist mittlerweile soweit gediehen, derartig viele Menschen hängen krankhaften Phantasien etwa über „Chemtrails“, „9/11“, „Illuminati“ und ähnlichen Geistesblähungen an, daß ab und an die Vertreter des rechten Spektrums, die an sich für derartigen Obskurantismus prädestiniert sind, den klareren Durchblick zu haben scheinen.

Das ganze kann einen ziemlich runterziehen, deshalb hier die Erinnerung, daß es unverstellte Emotionen gibt, daß das Leben ein überspringendes inneres Feuer ist und wozu der Mensch in der Lage ist, wenn er mit der kosmischen Orgonenergie mitschwingt. Lichtjahre jenseits von Modjus wie Marcuse:

Das Elend der gegenwärtigen Psychiatrie

26. Januar 2016

Michaela Filiou et al. vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie (München) konnten vor kurzem zeigen, daß ein verbesserter Schutz der Mitochondrien, „die Kraftwerke der Zellen“, eine angstlösende Wirkung zeitigt.

Zunächst ist bemerkenswert, wie das Max-Planck-Institut seinen Bericht einleitet:

Über die biologischen Mechanismen, die Angststörungen zugrunde liegen, ist wenig bekannt. Demzufolge setzen gegenwärtige therapeutische Ansätze eher bei den Symptomen als bei den zugrundeliegenden Mechanismen an.

Nun, für Reich war Angst funktionell identisch mit bioenergetischer Kontraktion. Man denke an das sprichwörtliche zusammengekauerte „ängstliche Häschen“. Chronische Ängstlichkeit mit einer chronischen bioenergetischen Kontraktion, bei der es zu einer ständigen Erregung des Sympathikus kommt. Entsprechend sprach er von „Sypathikotonie“. Ihr zentraler Mechanismus ist die „Atemsperre“, d.h. die verminderte Versorgung des Organismus mit Sauerstoff, da der Neurotiker nicht frei atmen kann. Diese „Atemsperre“ bestimmt den Organismus als Ganzem, d.h. in den Geweben bis hinunter zur zellulären und subzellulären Ebene. Ich verweise auf Reichs „Bione“ und seine Krebsforschung (Die Entdeckung des Orgons: Der Krebs). In der Orgontherapie soll dieser umfassenden Kontraktion des Organismus durch körperpsychotherapeutische Auflösung der Atemsperre (Bewußtmachen von Haltung und Verhalten sowie direktes Angehen der chronisch kontrahierten Muskulatur, die ein freies Atmen unmöglich macht) und durch die vagotone Wirkung des Orgonenergie-Akkumulators, der das Körpergewebe auflädt, entgegengewirkt werden.

Filiou erklärt die Forschung am Max-Planck-Institut wie folgt:

Wir haben bereits früher herausgefunden, daß hochängstliche Mäuse molekulare Veränderungen in ihren Mitochondrien aufweisen. Jetzt haben wir gezeigt, daß die Behandlung mit einem Präparat, das diese mitochondrialen Veränderungen umkehrt, ihre Angst reduziert.

Dieses Präparat zum Schutz der Mitochondrien nennt sich „MitoQ“, ein Antioxidans. Möglicherweise wird es eines Tages zur Behandlung von Angsterkrankungen eingesetzt werden.

Das Problem ist natürlich, daß diese Forscher wegen ihres mechanistischen Ansatzes kein Gesamtkonzept der organismischen Zusammenhänge entwickeln können und deshalb praktisch blind an irgendwelchen Stellschrauben herumhantieren, deren Neujustierung unerwartete, vielleicht verheerende Folgen haben kann. Das eine Symptom, hier die Angststörung, mag verschwinden, doch tatsächlich verlagert sich vielleicht die gesamtorganismische Schädigung nur in andere Bereiche.

Medizin beruht auf einer Diagnose und einer entsprechenden Behandlung. Magengeschwüre werden mit Antibiotika behandelt, Grauer Star mit einer Augenoperation, etc. Die Ursachen für die Beschwerden werden beseitigt und der Organismus funktioniert wieder wie zuvor. So einfach ist das.

Genauso ist es mit emotionalen Störungen, etwa wiederkehrenden Panikattacken. Sie beruhen auf unterdrückten, im Brustsegment festgehaltenen Emotionen. Die Brustatmung wird mobilisiert, die zurückgehaltenen Emotionen ausgedrückt – und die Panikattacken kehren nicht zurück. So einfach ist das.

Die mechanistische Psychiatrie hat jedoch keinen Zugang zu den Emotionen. Das sieht man allein schon daran, daß nichtssagend von „psychischen Störungen“, statt „emotionalen Problemen“, gesprochen wird. Man versucht die „Kognitionen“ zu verändern, die „Hirnchemie“ wird mit Drogen („Psychopharmaka“) beeinflußt oder es werden die angeblichen Ursachen in der Kindheit aufgedeckt – was ungefähr so sinnvoll ist, als versuchte man bei somatischen Erkrankungen, etwa bei Gallensteinen, „die Einstellung“ der Patienten zu ändern. Die aktuelle Ursache für die auftretenden emotionalen Symptome, nämlich die Panzerung, wird nicht berührt und vielleicht sogar weiter verstärkt!

Zweifellos: vielen Menschen wird trotzdem mit Psychotherapie und Psychopharmaka bei ihren „psychischen“ Problemen geholfen, doch bleibt es ein elendes „Herumdoktern an den Symptomen“, ohne daß die eigentliche Ursache, die blockierten Emotionen, jemals berührt wird. Beispielsweise scheinen die Antipsychotika der letzten Generation wirklich bei fest umrissenen Problemen zu helfen, insbesondere bei Schizophrenie, aber die Psychiater stochern dermaßen im Dunkeln, daß sie sie, trotz teilweise schwerwiegender möglicher Nebenwirkungen (Gewichtszunahme, Diabetes, Herzerkrankungen), für alle möglichen „psychischen“ Probleme verschreiben. „Irgendwie“ wird es schon helfen!

Forscher von der Stanford University School of Medicine und der University of Chicago stellen fest, daß für viele Verschreibungen von atypischen Neuroleptika kaum ein Wirkungsnachweis vorliegt. Trotzdem werden sie in steigendem Maße für andere Psychosen als Schizophrenie, Autismus, bipolare Störungen, Delirium, Demenz, Depression und Persönlichkeitsstörungen angewendet. Während sie für einige Krankheitsbilder vielleicht tatsächlich indiziert sind, sind sie es für andere eindeutig nicht.

Nach den systematischen Erhebungen der US-Forscher wurden 2008 mehr als die Hälfte aller atypischen Neuroleptika für Beschwerden verschrieben, für die gar kein Wirkungsnachweis vorliegt.

Das ist keine Medizin mehr, auch keine „mechanistische Medizin“, sondern schlichtweg Quacksalberei.

Noch weiter geht der dänische Facharzt für Innere Medizin Peter Gøtzsche, dem zufolge sämtliche Psychopharmaka mehr Schaden als Nutzen bringen und von der Pharmaindustrie auf der Grundlage manipulierter Daten auf den Markt geworfen wurden. Reich sprach im Zusammenhang mit der Pharmaindustrie über den „chemischen Modju“. Gøtzsches Buch trägt den Titel: Tödliche Psychopharmaka und organisiertes Leugnen. Wie Ärzte und Pharmaindustrie die Gesundheit der Patienten vorsätzlich aufs Spiel setzen.

Orgonometrie (Teil 2): Kapitel 3.f.

22. Januar 2016

orgonometrieteil12

1. Zusammenfassung

2. Die Hauptgleichung

3. Reichs „Freudo-Marxismus“

a. Dialektischer Materialismus

b. Massenpsychologie

c. Die autoritäre Gesellschaft

d. Die antiautoritäre Gesellschaft

e. Arbeitsdemokratie und Kapitalismus

f. Die Tiefenstruktur der Arbeitsdemokratie

Der Kapitalismus ist nicht die Lösung

21. Januar 2016

Reich wurde in eine Familie von Großgrundbesitzern hineingeboren, die in Galizien wie kleine Landadlige herrschten. Verhältnisse wie heute vielleicht in Guatemala! Im Ersten Weltkrieg implodierte diese Welt. Wie viele seiner Generation war der restlos desillusionierte Frontkämpfer Reich vom „russischen Experiment“ fasziniert. In seiner Tätigkeit als Psychiater und Psychotherapeut, der Ambulanzen für Mittellose anbot, hatte er aus erster Hand Einblicke in das schier ausweglose Elend der Nachkriegszeit. Leute wie die Hausärztin Marie „Mizzi“ Frischauf-Pappenheim (1882-1966) überzeugten ihn schließlich von der Marxistischen Wirtschaftstheorie. Eine gerechte Welt war möglich.

Zwar glaubte er im Laufe der Zeit weniger und weniger an linke Politik, die im Kern „Sozialpolitik“ ist (d.h. von der Hilflosigkeit der Massen lebt und diese perpetuiert) und formulierte sein Konzept der „Arbeitsdemokratie“, doch am ökonomischen Kerngehalt des Marxismus hielt er stets fest, zumal er am Ende seines Lebens zunehmend mit der ekelerregenden Geschäftemacherei der Pharmaindustrie konfrontiert war. Der Orgonenergie-Akkumulator war eine potentielle Gefährdung ihrer Profite! (Reichs Anwälten wurde das ganz offen gesagt.)

In meiner Auseinandersetzung mit Marx habe ich in diesem Blog zu zeigen versucht, daß dessen „Politökonomie“ unvereinbar mit Reichs Konzept Arbeitsdemokratie ist, es jedoch eine große Schnittmenge zwischen der Arbeitsdemokratie und Friedrich August von Hayek gibt, der „Österreichischen Schule“ in der Ökonomie.

In der Österreichischen Schule geht es im Grunde nur um eines: die Wirtschaft ist dermaßen „organisch verwoben“, daß man sie nicht von außen regulieren kann.

Friedrich August von Hayek’s time has come! In diesem Artikel wird jedoch kritisch angemerkt, daß die Österreichische Schule nicht erklären kann, warum die Märkte immer wieder daran scheitern, eine vernünftige und vor allem finanzierbare Gesundheits- und Altersversorgung für die Unterschicht bereitzustellen.

Beispielsweise ist das Gesundheits- und Rentensystem von der Qualität her in den USA zwar geradezu traumhaft, wenn man ein gutes Einkommen hat oder auch zufällig in der richtigen Branche, in der richtigen Firma arbeitet, aber für die Armen und auch für ein Gutteil der Mittelschicht ist es die reinste Katastrophe. Selbst wenn niemand hungern muß und im Notfall für medizinische Versorgung gesorgt wird (MEDICAID und MEDICARE), bleiben beispielsweise künstliche Hüftgelenke, die in Deutschland eine Selbstverständlichkeit sind, für viele alte Amerikaner ein unerreichbarer Traum. Deutsche können da nur vollkommen fassungslos mit dem Kopf schütteln.

Reichs erste Formulierungen seiner „Arbeitsdemokratie“ vom Ende der 30er Jahre erinnern sehr an „rätekommunistische“ und „anarcho-syndikalistische“ Konzepte – „unter Ausschluß des Privateigentums an gesellschaftlichen Produktionsmitteln“. Organisatorische Anregungen, die er bald fallenließ und durch eine Maxime ersetzte: Funktion hat stets Priorität vor Struktur – der rationale Arbeitsprozeß selbst soll die Gesellschaft bestimmen.

Damit näherte sich Reich der Vorstellungswelt der Österreichischen Schule sehr stark an. Es war nur folgerichtig, daß Hayek’s The Road to Serfdom zu einer der Grundtexte der Orgonomie wurde. Aber, wie gesagt, es gibt Lücken in der Österreichischen Schule, die ausgerechnet für die Orgonomie von zentraler Bedeutung sind, insbesondere das Gesundheitswesen.

Der Kapitalismus hat für eine praktisch hundertprozentige Versorgung der Bevölkerung mit Kühlschränken, Waschmaschinen, Telefonen, etc., neuerdings sogar mit Computern, gesorgt. Bei allem was recht ist: ich möchte in keinem anderen System leben und wäre bereit zur Waffe zu greifen, wenn hier der Sozialismus (oder meinetwegen „Rätekommunismus“) eingeführt würde! Gleichzeitig möchte ich aber auch nicht, daß zentrale Bereiche von „Liebe, Arbeit und Wissen“ vom Profitdenken bestimmt werden. Ich möchte nicht, daß die Alten und Schwachen unter die Räder geraten.

Genau hier ist Raum für Reichs „prä-amerikanische“ Überlegungen über „Arbeits- und Konsumvertreter“, die, um Reich zu paraphrasieren, aus ihren sachlich-fachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten heraus die Interessen und materiellen Bedürfnisse der arbeitenden Massen vertreten (siehe Die natürliche Organisation der Arbeit, 1939).

Dies geschieht heute in jeder gutgeführten gemeinnützigen Organisation, solange sie nicht von irgendeiner meschuggen Ideologie bestimmt wird. Es ist kaum einzusehen, warum sich Medizin und Altenpflege flächendeckend nicht ähnlich organisieren lassen. (Wobei natürlich jedem freistehen sollte, daneben privatwirtschaftliche Lösungen anzubieten.)

Und es geht hier nicht nur um den Kapitalismus mit seinen Profitinteressen, sondern auch um jene Sozialdrohnen, die wie die Maden im Speck von der gegenwärtigen Sozialbürokratie leben. Man erzähle mir nicht, diese Leute hätten keine „Profitinteressen“! Beide, die „Kapitalisten“ und die „Sozialisten“, haben ein wirtschaftliches Interesse daran, daß den Menschen langfristig nicht geholfen wird.

Ein genuin arbeitsdemokratisches System würde die Medizin und sogar die Altenpflege mit der Zeit schrumpfen lassen. (Wenn man ihnen nur vernünftig hilft, können Alte sehr lange ein selbstbestimmtes und produktives Leben führen!) Ausgerechnet jene Bereiche also, die heute als „Zukunftsbranchen“ gelten.

Es geht um Solidarität – um Liebe. Wir brauchen einander. Das Problem ist, daß zwei Ebenen verquickt werden, die man auseinanderhalten muß: den Kapitalismus, der von Effizienzdenken und monetärem Kalkül geprägt ist, und die grundlegendere Arbeitsdemokratie, in der es darum geht, gemeinsam und wechselseitig Bedürfnisse zu erfüllen. Vom Feld der Arbeit auf das der Sexualität übertragen, entspricht das erstere der Ebene, von der die Evolutionsbiologie handelt, die kalte Welt der genetischen Auswahl, das letztere der bioenergetisch-emotionalen Ebene, von der in Reichs Sexualökonomie die Rede ist.

Dazu wollen wir auf die vielleicht ersten Anklänge an das Konzept „Arbeitsdemokratie“ in Reichs Werk blicken. Im Oktober 1934 fügte Reich folgende Fußnote seinem Aufsatz „Dialektischer Materialismus und Psychoanalyse“ (1929) an:

Da der heutige ökonomische Marxismus im Namen von Karl Marx gegen die Sexualökonomie polemisiert, bringe ich ein Zitat, das zeigt, wie sehr Marx die Bedürfnisse als Basis der Produktion und der Gesellschaft einschätzte (…). „Die Individuen sind immer und unter allen Umständen von sich ausgegangen, aber daß sie nicht einzig in dem Sinne waren, daß sie keine Beziehungen zueinander nötig gehabt hätten, da ihre Bedürfnisse, also ihre Natur und die Weise, sie zu befriedigen, sie aufeinander bezog (Geschlechtsverhältnisse, Austausch, Teilung der Arbeit), so mußten sie in Verhältnisse treten. Da sie ferner nicht als reine Ichs, sondern als Individuen auf einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer Produktivkräfte und Bedürfnisse in Verkehr traten, in einen Verkehr, der seinerseits wieder die Produktion und die Bedürfnisse bestimmte. So war es eben das persönliche individuelle Verhalten der Individuen, ihr Verhalten als Individuen zueinander, das die bestehenden Verhältnisse schuf und täglich neu schafft. Sie traten als das miteinander in Verkehr, was sie waren, sie gingen ‚von sich aus‘, wie sie waren, gleichgültig welche Lebensanschauung sie hatten. Die ‚Lebensanschauung‘ selbst, die windschiefe der Philosophie, konnte natürlich immer nur durch ihr wirkliches Leben bestimmt sein.“ (Marx-Engels, Deutsche Ideologie, Wien-Berlin, 1932, S. 16)

An der Basis haben wir die Arbeitsdemokratie, auf der der Kapitalismus beruht, der wiederum die gesellschaftliche Ideologie prägt. Vergegenwärtigen kann man sich das an einer Arztpraxis. Auf der untersten Ebene arbeitet der Arzt als eben das, als Arzt im persönlichen Kontakt mit seinem jeweiligen Patienten. Auf der zweiten Ebene ist der Arzt Geschäftsmann, der ein kleines Unternehmen nach betriebswirtschaftliche Prinzipien „kalten Herzens“ führt („Zeit ist Geld!“). Und auf der obersten Ebene ist er gefangen in irrationalen Regularien, etwa das vollkommen absurde „Qualitätsmanagement“, die die jeweilige gesellschaftliche Ideologie widerspiegeln.

Ostlebengorda

Irrsinniges Gebrabbel unter dem Mond

20. Januar 2016

In Christusmord hat Reich „schöpferische Gedanken“ mit dem „Gegenstück des Kleinen Mannes“ über fünf Seiten hinweg kontrastiert. Aus dem Gedanken der Freiheit wurde unsere Porno-Gesellschaft, aus dem einheitlichen Äther wurden bei Rudolf Steiner unterschiedliche „Äther“ für unterschiedliche Naturbereiche, aus der Gesetzlichkeit wurde Bürokratie, aus der Psychologie wurde, daß jeder sich zum Psychotherapeuten aufschwingt, aus dem medizinischen Orgonomen wurde der Reichianische Körpertherapeut („Muskelquetscher und Panzerdrücker“), aus dem gesunden Kind, das artige Kind, das keine Probleme macht, etc. Dergestalt richtet der gepanzerte Mensch seine aus der Arbeitsdemokratie erwachsene Kultur so ein, daß sie ein Hort des Gegenteils der Arbeitsdemokratie wird: der Emotionellen Pest.

Eines der Hauptprobleme, mit denen sich die Orgonomie herumschlagen muß, ist eine Begrifflichkeit, der man sich bedienen muß, um in der gepanzerten Welt verstanden zu werden, die aber mechanistisch bzw. mystisch verzerrt ist und die bioenergetisch bestimmte Wirklichkeit deshalb nicht adäquat wiedergeben kann. Man denke etwa an die sozio-politische Orgonomie, die mit Begriffen wie „konservativ“ und „liberal“ hantieren muß, welche sich im Laufe der Geschichte mit unterschiedlichsten Inhalten gefüllt haben und ohnehin zunehmend jede Bedeutung verlieren. Oder man nehme Reichs Auseinandersetzung mit kontaktelektrischen Phänomenen, bei denen „positive Elektrizität“ und „negative Elektrizität“ („Ladungstrennung“) wie dazu geschaffen sind, orgonotische Vorgänge quasi unsichtbar zu machen.

Bereits 1931 beklagte Reich im Bereich der Ethnologie und Sexologie:

Wir sehen, wie wenig die hochtrabend wissenschaftlichen Kategorien der „Monogamie“, „Polygamie“, „Polyandrie“, „Promiskuität“ mit [den bei den Trobriandern] nur von der genitalen Bedürfnisbefriedigung gelenkten und geregelten Sexualbeziehungen zu tun haben. Diese Paare sind ebensowohl monogam wie gelegentlich polygam, bei Festen sogar promiskue; doch die Klassifizierungen sagen nichts aus in [der Trobriandrischen Gesellschaft] und bekommen erst ihren Sinn und Gehalt als Prinzipien unserer moralistischen Regulierungsbestrebungen, nicht mehr. Auch bei uns decken sie keinen Tatbestand. Auch bei uns sind die sexuellen Beziehungen verschiedenstartig. Der Unterschied zum Primitiven – das sei besonders hervorgehoben, weil es unsere sexualökonomische Betrachtungsweise von jeder anderen in jeder Beziehung trennt – liegt nicht darin, daß jene polygam oder promiskue und wir monogam leben; es läßt sich auch keine monogame Forderung aus dem monogamen Leben der Primitiven, wie manche Sexualforscher und Ethnologen versuchen, ableiten, sondern er ist einzig und allein ausgedrückt in der sozialen Ordnung des Geschlechtslebens und in der verschiedenartigen Erlebnisweise der Umarmung, die von jener abhängt. Der Genitalapparat an sich ist mit allen seinen Konsequenzen hier wie dort gleich angelegt (…). Und das macht das Kopfzerbrechen unserer Sexualforscher aus, daß er ihre Kategorien der verschiedenen „-gamien“ nicht kennt, sondern nur das Ziel der Sexualbefriedigung. (Der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral, KiWi, S. 40f, Hervorhebungen hinzugefügt)

Den Anthropologen und Soziologen ist es um oberflächliche „objektivierbare“ Erscheinungen zu tun, Reich um das „innere“, „subjektive“ Erleben, d.h. um die Bioenergetik, die sich vor allem in den Emotionen und dem Gefühl der Befriedigung zeigt. An diesem Gegensatz muß jede Diskussion um unsere gesellschaftlichen Zustände scheitern. Beispielsweise führt Reich weiter aus, daß es in unserer Gesellschaft Entsprechungen zu den sexuellen Festivitäten der Trobriander durchaus gibt, etwa gemeinsame Bordellausflüge der Studenten, „die Wanderungen der Jugend, die zu genitalen Betätigungen führen“, etc. (heute ließe sich ganz anderes anführen!). Der zentrale Unterschied, der einzig ausschlaggebende Punkt sei: „Unsere Sexualfeste enden mit Katzenjammer aus der unerfüllten, ja vor sich selbst meist verschleierten und mit Heuchelei und ‚Ehrbarkeit‘ verdeckten Erwartungen genitaler Befriedigung. Diese Einrichtungen der Primitiven haben sich bis in unsere Zeit, wenn auch in anderer Form, fortgesetzt, sie verloren nur ihren sexualökonomischen Wert, statt zu befriedigen, steigern sie bloß die sexuelle Spannung“ (ebd., S. 46, Hervorhebungen hinzugefügt).

Man nehme auch Reichs folgende Aussage:

Es gibt in unseren Kulturkreisen sicher nicht weniger genitale Umarmung als in den primitiven; die Promiskuität der männlichen Jugend ist sicher ausgesprochener. Die eheliche Untreue ist infolge des strengeren ökonomischen und moralischen Druckes und infolge der Genitalstörungen sicher verbreiteter als bei den „Wilden“. (ebd.)

Unsere heutigen Pseudointellektuellen können ganze Bücher, etwa über „Sex“ schreiben, ohne jemals zu diesem Kern durchzudringen, der das ganze Gelaber mit einem Satz aufhebt! Sie sind verfangen, gefangen in der gepanzerten Begrifflichkeit. Auf diese Weise wird Wissenschaft, ein zentrales Element der Arbeitsdemokratie, zu einem Organ der Emotionellen Pest.

Angesichts des allgegenwärtigen irrsinnigen Gebrabbels verfiel Reich in die Haltung des „stillen Beobachters“ und versetzte sich von der „Bühne“ auf die „Wiese“ (siehe Menschen im Staat und Die kosmische Überlagerung). Ein schönes Bild hat auch Rocko Schamoni gefunden:

Die Machtquelle der Emotionellen Pest

19. Januar 2016

Die Gesellschaft wird von einem Gegensatz bestimmt, der alles durchdringt, seit es die Panzerung des Menschentiers gibt:

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Man braucht sich nur umschauen, um zu sehen, daß die Emotionelle Pest die bestimmende Macht ist, etwa in der Kindererziehung oder in den Medien. Was macht den Einfluß der Emotionellen Pest so überaus stark? Sie wird, so Reich, „viel schneller absorbiert als das rationale Verhalten“ (Reich: Children of the Future, S. 51). Sie fällt auf fruchtbaren Boden, während das Lebendige sozusagen abperlt. Reich führt das auf die zwei Faktoren zurück, die das Leben in der Falle beherrschen: das Sitzen (Mechanismus) und der Traum von einem besseren Leben (Mystizismus).

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Natürliche Lebensprozesse provozieren in einem solchen Ausmaß die tiefsten Sehnsüchte, daß diese unerträglich werden, weil sie nicht erfüllt werden können. Die Art und Weise der Pest bietet einen Ausweg aus diesem Dilemma. Sie bietet ein Ideal, auf das man sich ausrichten kann, ohne tatsächlich seine Lebensweise ändern zu müssen. Somit ist es möglich in der Misere sitzen zu bleiben, während sich die Seele im grellen Licht der hohen Ideale wärmt (…). (ebd., S. 73f)

Um populär zu bleiben ersetzen „demokratische“ Politiker konkretes Handeln, das die Menschen immer aus ihrer Bequemlichkeit herausreißen wird, durch nichtssagende Worthülsen, die ein gutes Gefühl erzeugen. Währenddessen fährt das Staatswesen wie eine monströse Dampfmaschine immer weiter in den Morast. Die Zustände werden schließlich so unhaltbar, daß es zu einer Polarisierung der Gesellschaft kommt; statt wirklich etwas zu verändern, folgt man den mystischen Träumereien linker oder rechter Ideologen, die nichts mit der Lebenswirklichkeit zu tun haben und nur weiteren Schaden anrichten. – Das ist der Ablauf des Geschehens im gegenwärtigen Deutschland.

Die Emotionelle Pest lebt von der Angst der Menschen vor wirklichen, organisch erfolgenden Veränderungen, bei der ein Schritt folgerichtig dem vorangegangenen folgt, bei der die Orgonenergie ins Fließen kommt. Stattdessen bleibt man unbeweglich sitzen oder gibt sich mystischen Träumen hin, die begleitet werden von mechanischen, „elektrischen“ Zuckungen: die religiöse Ekstase, die von „Einpeitschern“ hervorgerufen wird. Die Pest sagt dir, daß man „sowieso nichts machen kann“ oder daß mit einem Gewaltstreich alle Probleme gelöst werden können. Arbeit und die ihr inhärente organische Entwicklung ist entweder zu anstrengend oder zu langweilig für die Pest.

Man denke ans Tanzen: es ist einfach auf seinem Sitzfleisch zu verharren oder wild und ungelenk herum zu hüpfen, aber zu anstrengend und zu erregend, Gesellschaftstanz zu lernen, dieses Fest der Genitalität.

Wenn der Arbeitsprozeß expansiv weit in die Umwelt ausgreifen will, dann ist die Pest der „Bedenkenträger“ und drückt auf die Bremse. Umgekehrt, wenn der Arbeitsprozeß Konzentration, die Arbeit am Detail und Konsolidierung verlangt, fordert die Pest eine ausgreifenden Expansion. Beispielsweise sollen Produkte vermarktet werden, bevor sie ausgereift sind. Das tut sie, weil sie Angst vor Akkumulation, Kontraktion, Spannungsaufbau hat und den entsprechenden energetischen Prozessen. Das ganze gemahnt an die Panik, „die energetische Flucht nach vorne“, des an Ejaculatio praecox erkrankten oder der Hysterikerin.

Was die Pest will, und was sie derartig attraktiv macht, ist, daß alles beim Alten bleibt, daß man sitzen bleiben kann und sich allenfalls mit mystischen Träumereien die Zeit vertreibt. Wirkliche Bewegung, die Bewegung der Orgonenergie, das Risiko, das Ungewisse, DAS LEBEN, bleibt einem erspart – deshalb triumphiert die Pest.

Die Rolle der Mittleren Schicht in unserem Leben

18. Januar 2016

Es gibt kaum etwas Gruseligeres als Menschen, die die Orgonomie grundlegend mißverstanden haben. Beispielsweise ist Panzerung eben nicht das Schlechte oder gar Böse per se, sondern sie erfüllt eine lebenswichtige Aufgabe – sonst würde es sie gar nicht geben. Schizophrene leiden unter einem Mangel an Panzerung, was den Körper dazu zwingt im okularen Bereich zu kontrahieren und jede bioenergetische Erregung zu drosseln. Ähnliches beobachten wir heute bei einem Gutteil der „orientierungslosen Jugendlichen“.

Was ist Panzerung überhaupt? Sie beruht auf unserer Fähigkeit unangenehme Außenreize abzublocken, etwa wenn wir es auf einer Party mit sehr unangenehmen Menschen zu tun haben und „zumachen“. Umgekehrt können wir durch den gleichen Mechanismus auch verhindern, daß unsere wahren Impulse, beispielsweise einem besonders widerwärtigen Partygast eins in die Fresse zu hauen, nicht durchbrechen. Wir haben uns „unter Kontrolle“. Das ist die Rolle der „Mittleren Schicht“, die sich zwischen unseren bioenergetischen Kern und unsere soziale Fassade schiebt.

Das Drama fängt an, wenn diese Mittlere Schicht wegfällt: wir werden, ähnlich wie der Schizophrene, Spielball der Umwelt und unserer eigenen unberechenbaren, spontanen Impulse. Wir sind schlicht nicht überlebensfähig!

Ähnlich schlimm ist es, wenn die Mittlere Schicht erstarrt und sozusagen „automatisch“ wird. Dann können wir uns auch bei angenehmen geselligen Zusammenkünften nicht mehr öffnen und unsere Gefühle auch dann nicht zum Ausdruck bringen, wenn es angebracht ist. Das ist das Schicksal des innerlich erstarrten, triebgehemmten Charakters, bei dem sich die rationale Mittlere Schicht in eine irrationale Sekundäre Schicht umgewandelt hat.

Die Sekundäre Schicht ist der Hort der Sekundären Triebe, das Resultat all der Frustration und Umkehrung von natürlichen Impulsen in ihr Gegenteil, die durch die Panzerung hervorgerufen wird.

Der Endpunkt der menschlichen Tragödie ist erreicht, wenn diese Panzerung selbst brüchig wird und die sekundären Triebe nicht mehr unter Kontrolle halten kann. Wir haben es dann mit dem triebhaften Charakter zu tun. An diesem Punkt ist unsere Zivilisation angekommen, als sie sich seit etwa 1960 langsam aber sicher von einer autoritären (triebgehemmten) in eine antiautoritäre (triebhafte) Gesellschaft umwandelte.

Die Mittlere Schicht sorgt für persönliche Selbstkontrolle, die mit Eigenschaften und Verhaltensweisen wie Frustrationstoleranz, Beharrlichkeit, Sorgfalt, Geduld und Bedachtsamkeit einhergehen. Beim triebgehemmten Charakter, bei dem sich die Mittlere Schicht in die Sekundäre Schicht verwandelt hat, werden daraus Indolenz und mechanische Erstarrung, die sich beim triebhaften Charakter in chaotisches Verhalten umkehrt. Plastisch kann man sich das vorstellen, wenn man sich nebeneinander einen gut integrierten, leistungsstarken und glücklichen Schüler vorstellt, daneben ein schüchternes, gehemmtes „Opfer“ und schließlich einen dümmlich herumspadelnden Hip-Hopper.

Amerikanische Forscher um Terrie Moffitt (Duke University) stellten in einer großangelegten Erhebung über die Auswirkungen früh erworbener Selbstkontrolle fest:

Je niedriger der Wert für die Fähigkeit zur Selbstkontrolle im Alter von drei Jahren gewesen war, desto häufiger kam es bei den Studienteilnehmern im späteren Leben zu Problemen jedweder Art, darunter gesundheitliche Schwierigkeiten wie Übergewicht, sexuell übertragbare Erkrankungen und sogar Zahnprobleme. Ähnliches gilt für die Häufigkeit von Drogenproblemen, Kriminalität und der Neigung, sich zu verschulden. Auch ungewollte Schwangerschaften und eine hohe Quote an Schulabbrechern waren den Forschern zufolge typisch für die Gruppe, die schon als Dreijährige bei den Beurteilungen schlecht abgeschnitten hatte.

All das ist einem Mangel an Frustrationstoleranz, Beharrlichkeit, Sorgfalt, Geduld und Bedachtsamkeit zu schulden. Immerhin legt die Studie nahe, daß man die Fähigkeit zur Selbstkontrolle auch später noch erlernen und entsprechend erfolgreich im Leben werden kann.

Ich erinnere mich gerne an eine Szene in der U-Bahn als zwei betrunkene, bekiffte, jedenfalls intoxikierte Gymnasiasten abends herumalberten und eine Bierflasche umfallen ließen, so daß sich ihr Inhalt über den Boden ergoß und sie laut scheppernd ständig hin und her rollte. Keiner der sichtlich genervten Fahrgäste, einschließlich mir, traute sich etwas gegen die beiden Alleinunterhalter zu sagen. Bis schließlich ein stämmiger junger Mann, vielleicht im gleichen Alter wie die beiden Gymnasiasten, sie fixierte und sie ruhig aber bestimmt ansprach: Was das denn für eine Sauerei sei und daß sie gefälligst die Flasche aufheben sollten. „Kommst Du gerade vom Training?“ „Ja, vom Boxtraining.“ Da würde man Ausdauer, Selbstkontrolle, Ehrgefühl und wie man sich zu benehmen hat, lernen. Und wenn sie nicht gleich die Flasche aufheben, gäbe es eine blutige Nase. „Und wehe ein Spritzer Blut kommt auf meinen Anzug, dann bist Du tot!“

Würden wir alle Box- oder irgendein anderes Kampftraining machen, wäre das Leben in dieser Gesellschaft weitaus erträglicher. Insbesondere in den asiatischen Kampfkünsten lernt man, die organismische Orgonenergie, das „Qi“, willentlich zu kontrollieren. Genau das ist die Aufgabe der Mittleren Schicht. In der deutschen Sprache gibt es einen eigenen Begriff dafür: Charakter. Boxtraining (oder ähnliches) ist „Charakterbildung“.

Die Emotionen, die Arbeitsdemokratie und der Mystizismus

18. Januar 2016

Es gibt fünf Grundemotionen. Lust, Wut und Sehnsucht entsprechen einer Expansion, Angst und Trauer einer Kontraktion. Den drei expansiven („produktiven“) Emotionen kann man Liebe, Arbeit und Wissen zuordnen, die die drei Grundlagen der Arbeitsdemokratie sind.

Visionäre Zustände, auf die vermeintliche „Esoteriker“ ihre Systeme aufbauen, sind der Orgonomie nicht neu. Vegetative Erregungen gehen vom Solar plexus aus und streben nach Entladung. Normalerweise äußert sich die Liebe (und zwar ausnahmslos alle Liebe, also nicht nur die sexuelle) in einer Erregung des Genitals. Bei Mystikern wird daraus „göttliche Liebe“, was nichts anderes heißt als sozusagen „genitallose Kastratenliebe“, bzw. Kopfliebe – also überhaupt keine Liebe, sondern Verachtung, im besten Fall Verwirrung.

Einer von Reichs Patienten beschrieb:

In der Brust beginnt sich etwas zu regen, dann schießt es in den Kopf, ich bekomme das Empfinden, als ob mein Kopf zerspringen wollte. Es legt sich wie ein Nebel um meine Augen. Ich kann nicht mehr denken. Ich verliere das Empfinden für das, was um mich vorgeht. Ich drohe zu versinken, mich und alles um mich zu verlieren.

Dazu schreibt Reich: „Solche Zustände traten immer dann auf, wenn eine Erregung das Genitale nicht erreichte und ’nach oben‘ abgelenkt wurde“ (Die Funktion des Orgasmus, Fischer TB, S. 256).

Jene vegetativen Erregungen, die sich als Arbeit entladen (d.h. die Hindernisse für die Liebe aus dem Weg räumen bzw. die Voraussetzungen für die Liebe schaffen wollen), bedienen sich der Muskulatur. Bei Mystikern wird daraus „Arbeit“ an der spirituellen Vervollkommnung des Menschen, d.h. die Hintertreibung jeder aggressiven Lebensbewältigung – also Anti-Arbeit. Man denke nur an all das kontraproduktive Unheil, das die spirituelle Disziplin der „Nächstenliebe“ anrichtet, etwa im Zusammenhang mit der gegenwärtigen „Flüchtlings“-Krise.

Jene vegetative Erregungen, die sich als Streben nach Wissen entladen, gehen in Brust und Arme: es wird versucht die Welt „zu begreifen“. Eindrücke werden gewonnen und verarbeitet, um die Welt „zu entschlüsseln“. Man nehme das Bild eines Hausschlüssels, der in Knetmasse einen „Eindruck“ hinterläßt und anhand dieser Vorlage beliebig vervielfältigt werde kann. In der kotaktlosen Mystik werden (man verzeihe das verquere Bild!) damit Luftschlösser aufgeschlossen, d.h. nichts ergründet, nichts erkannt, nichts zum Leben beigetragen. Es seien nur die absurden Konzepte der Anthroposophie erwähnt. Ganze Gesellschaften beschäftigen sich mit nichts anderem als purem Unsinn.

Die Kultur, der Bereich des Wissens, ist funktionell identisch mit der Fassade, die unter gesunden Verhältnissen getreulich den Kern, den Bereich der genitalen Liebe widerspiegelt. Die Arbeit entspricht der Mittleren Schicht, die für die „Charakterstärke“, d.h. die Durchsetzungsfähigkeit des Kerns (und seiner Fassade) steht.

Durch die Panzerung wird aus Liebe Verachtung, da die Energie zum Kopf hin verlagert wird. Aus Lust wird Frustration. Der Panzer verwandelt Aggression in Destruktion. Aus Arbeit wird Zerstörung, jedenfalls läuft der Mystizismus im Endeffekt immer darauf hinaus. Wissen beruht auf Kontakt, entsprechend führt Kontaktlosigkeit zur Lüge.

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Nachtrag zu Orgonometrie (Teil 2): Kapitel 3.e.: Die Marxsche Arbeitswertlehre als Emotionelle Pest (Teil 2)

16. Januar 2016

Wirklich dämonisch wird der Marxismus aber erst durch eine clevere Denkfigur, die ihn unverwundbar macht. In diesem Sinne ist er eine verblüffend genaue Entsprechung zur Neurose, die ja auch eine unentrinnbare Falle ist. So ist er im wahrsten Sinne des Wortes „der neurotische Irrationalismus auf dem sozialen Schauplatz“.

Am ehesten läßt sich diese Denkfigur anhand des Neurotikers und seiner Reaktion auf die Genitalität aufzeigen. Da der neurotische Charakter letztlich auf der Abwehr der Genitalität gebaut ist, sieht er diese stets im Lichte der von ihm direkt abgewehrten prägenitalen Impulse. Wenn er zum Kern sehen will, muß er immer durch die alles tönende Panzerung hindurchschauen. Weil er seine passiv-analen Tendenzen abwehrt, wird der phallisch-narzißtische Charakter den Genitalen Charakter als „schwul“ empfinden. Während der gleiche genital gesunde Mann dem passiv-femininen Charakter als zu phallisch-aggressiv, ja sadistisch erscheinen wird. Im Bezugsrahmen des Neurotikers ist es dergestalt völlig rational, die Genitalität abzulehnen. Ein Beweis für die Irrationalität der Neurose wird dadurch zu einem für die Irrationalität der Genitalität!

Genauso ist Marx’ Angriff auf unsere Gesellschaft geartet. Unter der Voraussetzung falscher Annahmen wird die Widerlegung seiner Theorie durch die kapitalistische Wirklichkeit zu ihrer Bestätigung! Denn natürlich wird das „wahre Wertmaß“ verzerrt, was aber keine Widerlegung des Kapitalismus, sondern der Marxschen Theorie vom wahren Wertmaß ist! Dieses hat sich nach dem konkreten Marktgeschehen zu richten und nicht umgekehrt. So sind ja auch nicht die Neurotiker das Maß aller Dinge, sondern einzig die Genitalität, weil sie nicht in Konflikt mit der kosmischen Orgonenergie steht und in diesem Sinne nicht realitätswidrig ist.

Einen Ansatz zu der realitätsgerechten, „genitalen“ Volkswirtschaftslehre findet sich in dem Aufsatz „Toward a Functional View of Economics“ von Curtis Barnes (Journal of Orgonomy, May 1979).

Damit, daß sie glaubten „Wert“ sei eine quantitative in Einheiten von Arbeit, Preisen oder irgendeiner anderen objektiven Skala meßbare Eigenschaften der Waren, haben, so Barnes, Ökonomen wie Marx einen „biologischen Rechenfehler“ begangen:

Man trifft immer noch Äußerungen wie „ein Pferd ist 10 Schafe wert“ [von solchen Gleichungen strotzt Marx’ Kapital], die die Tatsache ignorieren, daß es verschiedene menschliche Gefühle sind, worüber gesprochen wird, und nicht Pferde und Schafe. (…) Es ist schwer vorstellbar, daß irgendein Tausch vor sich geht, ohne daß zwei Menschen unterschiedliche Gefühle hinsichtlich der getauschten Objekte hätten. Die Artikel werden nicht nur verschieden bewertet, sondern solch Wert ist lebendig und veränderbar; es ist eine emotionale Äußerung in Menschen und ihren Beziehungen; etwas, was keine Untersuchung oder Messung des Arbeitsproduktes erklären kann.

Wert entsteht buchstäblich durch unsere „Bewertung“. Barnes weiter: Der Arbeiter beeinflußt

durch die Äußerung seiner Vorlieben und seiner Wahl von Arbeitsprodukten und seinem Austausch (…) die Art und Weise in der Materialien, Zeit, Aufwand und Fähigkeit angewandt werden. Die Gesellschaft wird eine Sache von Zusammenarbeit und wechselseitigem, wohltuendem Kontakt. (…) Die Marktfunktion erlaubt die Überlagerung von Arbeitsfunktionen in einer Art, die tiefe Wahrheiten über die Natur, bioenergetisches Funktionieren und subjektive emotionale Äußerungen offenbart.

Seinen Aufsatz hebt Barnes im Gegensatz zu Marx nicht mit irgendwelchen abstrakten „Elementarformen“ an, sondern mit dem Gesamtbild „Gesellschaft und Arbeit“, in dem wir täglich stehen. Dieses Netzwerk ist

ein funktionelles Ergebnis von (…) lebendigen Menschen, die Arbeit und Austausch nutzen, um Freude und Lust in ihr Leben zu bringen. Die Frage ist nicht, wie man diesen Prozeß verändern oder kontrollieren kann, sondern wie man ihn verstehen und dadurch sich entfalten lassen und beschützen kann.

Der Marxist reagiert auf eine solche Aussage mit einem zynischen, überheblichen Grinsen.

In diesem Zusammenhang beschreibt Barnes im Bereich der Arbeit eine Entsprechung zur Orgasmusformel (Spannung-Ladung-Entladung-Entspannung):

Arbeit entstammt bioenergetischer Spannung, die der Organismus als Gefühle von Sehnsucht, Verlangen oder Unbehagen erfährt; physische Arbeitstätigkeit folgt und schließlich ist Kontakt mit dem Arbeitsprodukt hergestellt, was ein Nachlassen der Spannung hervorruft, das als lustvolle Befriedigung empfunden wird.

So ist letztlich die Orgasmusfunktion der Dreh- und Angelpunkt des Wirtschaftslebens. Dabei ist die Entsprechung von Ökonomie und Sexualökonomie sehr weitgehend. Man denke etwa an die lustverneinende „Pflichtethik“ der autoritären Gesellschaft: „Arbeite um der Sache selbst willen und nicht für den Ertrag!“, während umgekehrt Sexualität kein Selbstzweck mehr sein darf, sondern der Fortpflanzung dienen muß (der Pflicht gegenüber der Familie oder sogar der „Rasse“). Mit dem Verneinen der Lust wird das Wesen von Arbeit und Sexualität jeweils ins Gegenteil verkehrt. (Auf diesen verqueren Maximen beruhen praktisch alle nicht europäisch geprägten Gesellschaften!)

Indem er die Orgasmusformel auf die Arbeitsenergie angewandt hat, ermöglichte Barnes eine orgonomische Wirtschaftstheorie. Barnes:

Erst das Erkennen der vitalen bioenergetischen Prozesse im Kern der Arbeitsfunktion macht eine direkte Anwendung orgonomischer Prinzipien bei der Untersuchung der Arbeit möglich. Ebenso ermöglicht es ein besseres Verstehen des Platzes, den die Arbeit in der Gesellschaft einnimmt, in Bezug darauf ob die Arbeiter/Arbeitsprodukt-Beziehung selbstgesteuert ist oder nicht.

Im Anschluß an Barnes beschreibt Charles Konia die Energieökonomie in der Gesellschaft als ganzer:

Im Prozeß der Entwicklung einer unbehinderten (arbeitsdemokratischen) Gesellschaft ruft eine gegebene Funktion (psychologisch „Bedürfnis“, ökonomisch „Bedarf“) spontan ein Variationspaar hervor: den Dienstleister bzw. Produzenten und den Käufer.

Zwischen diesen beiden Funktionen kommt es nun zum Energieaustausch:

Basierend auf wechselseitigem Bedürfnis und wechselseitiger Befriedigung „entlädt“ bzw. „gibt“ der Lieferant dem Kunden eine Dienstleistung oder ein Produkt. Umgekehrt wird er mit Geld bezahlt („er lädt auf“). Auf der anderen Seite gibt der Kunde Geld (er „entlädt“ oder „lädt auf“) und erhält im Gegenzug Waren und Dienstleistungen (das „Aufladen“ durch den Lieferanten). („Cancer and Communism“, Journal of Orgonomy, May 1986)

Konia vergleicht diesen Vorgang mit der biologischen Pulsation im Organismus, die z.B. über die Muskulatur Bewegung hervorruft. „Der identische Prozeß bewirkt im sozialen Bereich die ökonomische Aktivität.“ Die Gesellschaft wird freudlos und verarmt materiell, wenn dieses Streben nach wechselseitigem Lustgewinn und Profit unterbunden wird. Diesen Vorgang beobachten wir im Sozialismus (und in abgemilderter Form im gegenwärtigen Pseudo-Kapitalismus, bei dem sich der Staat in alles einmischt).

Aus diesen Erläuterungen läßt sich erschließen, daß der Antikapitalismus der Marxisten, Nationalsozialisten, Katholiken, Anthroposophen, Globalisierungsgegner, etc. eine direkte Entsprechung ihrer „Antisexualität“ ist. Antikapitalismus, wie immer er auch rational begründet wird, hat stets einen antisexuellen Kern – ist im eigentlichen Sinne reaktionär. Antikapitalismus ist gegen das Leben selbst gerichtet. In welcher Gestalt er auch immer sein Haupt erhebt: er ist nichts weiter als Emotionelle Pest. Zwar wäre es irreführend, Kapitalismus und Arbeitsdemokratie gleichzusetzen, aber ein Großteil jener, die antikapitalistische Argumente vorbringen, verfolgen damit alles andere als „emanzipatorische“ Ziele. Was sie wirklich am Kapitalismus abstößt, ist die Apotheose des Lebens, die er verkörpert – aktuell die angebliche „Dekadenz“ der „neoliberal entfesselten Gesellschaft“ (!), die enge Seelen in die gleiche giftgrüne (und fast durchweg antisemitische) Raserei treibt, wie einst Fourier, Proudhon, Bakunin, Marx, Hitler und Konsorten.

„Aber es gibt doch unverzeihliche Auswüchse!“ Ja, die gibt es aber auch im Bereich der Sexualität. Die Lösung kann nicht in immer weiteren Einschränkungen und Regularien stehen, in mehr „Abpanzerung“, sondern darin die Ursache des Chaos zu beseitigen, d.h. die Panzerung selbst.

Ohne ein Verständnis der Funktion des Orgasmus ist es unmöglich überhaupt irgendeine vernünftige Wirtschaftstheorie aufzustellen. Dementsprechend erinnern die politökonomischen Anregungen der Marxisten so verblüffend an die verantwortungslosen Vorschläge der Sexualwissenschaftler, die uns von der „Tyrannei der Genitalität“ befreien wollen. Nicht von ungefähr spricht etwa Trotzki davon „mit Hilfe der sozialistischen Organisation die blinde elementare Spontaneität aus den ökonomischen Verhältnissen ausmerzen“ zu wollen (Joel Carmichael: Trotzki, Frankfurt 1973, S. 256). In der gleichen Stelle fordert Trotzki „aufklärerisch“ und an Freud gemahnend die „rationale“ Beherrschung der Triebe und sogar, trotzky-typisch spintisierend, die bisher autonomen Körperfunktionen unter bewußte Kontrolle zu bringen. Sozialismus als alle Bereiche des Lebens bestimmende „Yoga-Kultur“ (vgl. Reichs Äther, Gott und Teufel).

Bronislaw Malinowski, auf den sich Reich immer wieder berufen hat, leitete aus seiner Untersuchung der Trobriander den Wert, wie in Funktionelle Ökonomie (Teil 1) erwähnt, aus dem emotionalen Wesen des Menschen ab. Am Anfang der Wirtschaft stand also der „Fetischcharakter der Waren“ nicht ihr angeblicher „wahrer“ Wert! Man nehme etwa einen typischen Gebrauchsgegenstand, wie etwa einen Suppenlöffel. In unserer maschinellen Zivilisation ist er (mal von vernachlässigbaren Ausnahmen abgesehen, die meine Argumentation aber ohnehin eher noch unterstützen) ganz auf seine nackte Funktion reduziert, während bei den „Primitiven“ jeder Gegenstand von Ornamenten und Ausschmückungen übersät ist, die seine Funktion nur behindern können. Nur so ist auch der „Wert“ der Gegenstände zu verstehen: sie wurden rein „subjektivistisch“ bewertet, etwa so wie heute ein Kunstsachverständiger Gegenstände betrachtet.

Wie die Ethnographen immer wieder festgestellt haben, scheint der Hauptlebensinhalt primitiver Gesellschaften der ständige, wirtschaftlich vollkommen sinnlose, Austausch von Geschenken zu sein. Aus Berichten über die Trobriander und andere Naturvölker läßt sich schließen, daß für sie Reichtum und der mit ihm verbundene soziale Status sehr wichtig ist. Man schaue nur, wieviel Wert Naturvölker auf Kleidung, Schmuck und schöne Körperformen legen. Für sie sind Sein und Schein ein und dasselbe. Sie sind ein einziger Hohn auf Erich Fromms zutiefst triebfeindliches, pfaffenhaftes und von Marx inspiriertes „Haben oder Sein“!

Malinowski hat gezeigt, daß die „Primitiven“ nicht etwa essen, um zu leben, sondern weil sie nach oraler Triebbefriedigung streben. Entsprechend war der Austausch lebensnotwendiger „Lebens-Mittel“ (von denen ein Großteil verfault, weil sie aus Prestigegründen zur Schau gestellt werden) ein zufälliges Abfallprodukt des Austausches von Luxusprodukten (Armreifen, Trophäen, magische Formeln und Zaubermittel, etc.) – genauso wie die Fortpflanzung ein zufälliges Nebenprodukt der Sexualität ist.

Bereits die grundlegende Dualität von Sexualität und Hunger, von der Freud (und mit seiner „Fetischismus-Theorie“ gewissermaßen auch Marx) ursprünglich ausging, um die Neurosen zu erklären, war ein triebfeindliches Konstrukt. So hat auch Reich, der doch angeblich das erste Triebkonzept der Psychoanalyse wiederbelebt haben soll, sich kaum je auf diese angeblich natürliche Dichotomie bezogen.

Für den Urmenschen hatte Ernährung kaum etwas mit bewußter Erhaltung zu tun, sondern war ursprünglich reine Triebbefriedigung. Malinowski schreibt, daß den Trobriandern

nur verschwommen gegenwärtig (ist), daß Essen Ernährungswert besitzt. Sie wissen zwar, daß das Nichtvorhandensein von „Grundnahrungsmitteln“ Hungersnot bedeutet, die sie zutiefst fürchten, aber die wichtigste Bedeutung des Essens liegt darin, daß es ein lebendiger Genuß ist – und der wird durch die Zutat von „Delikatessen“ erhöht und ausgedehnt. (Korallengärten und ihre Magie, Frankfurt 1981, S. 51)

Mit anderen Worten: Ernährung, ist wie jeder andere Luxus auch, ein Teilbereich der Sexualität, d.h. des Strebens nach Lust.

Von Anfang an wird dergestalt die Ökonomie nicht von „rationalen“ Überlegungen und rein quantitativ faßbaren Faktoren bestimmt, sondern von Gefühlen. Daß die Wirtschaft nicht primär auf Nützlichkeitserwägungen beruht, paßt natürlich weit besser zu Reichs „biologistischen“ Grundintentionen als der Pseudo-Rationalismus von Marx. Und tatsächlich gab es schon zu Marx‘ Zeiten eine entsprechende quasi „orgonomische“ Alternative zur Arbeitswertlehre.

Zeitgleich mit dem Aufkommen des psychologischen Denkens entstand um das Jahr 1870 eine „subjektive Wertlehre“ (die es bezüglich von Luxusgütern natürlich ansatzweise auch bei Adam Smith und den anderen klassischen Nationalökonomen gab). Da es einfach nicht gelingen wollte, zu erklären, wie genau in den Gütern „geronnene“ Arbeitszeit es schafft, auf dem Markt die Preise zu bestimmen. Die Ökonomen gaben die scholastische Arbeitswertlehre auf – genau zu dem Zeitpunkt als Marx mit seiner von vornherein hoffnungslos überholten, altertümlichen Wirtschaftslehre an die Öffentlichkeit trat. Ohnehin ist jede konsequent objektivistische Wertlehre a priori widersinnig, da Waren, die niemand will, wertlos sind, egal wie viel Arbeitszeit in sie investiert wurde. Sinn kann die Arbeitswertlehre grundsätzlich nur in einer sozialistischen Planwirtschaft machen – auf diese fatale Logik habe ich bereits angespielt.

Wie Marx mit dem offensichtlichen Unsinn „seiner“ auf die absurde Spitze getriebene Arbeitswertlehre fertiggeworden ist, macht m.E. das aus, was man heute „Marxismus“ nennt. Die von Marx sehr schwammig dargestellte sozialistische Utopie (merkwürdigerweise sind die Marxisten auf diesen Mangel an Konkretheit auch noch stolz) ist einfach eine auf maschinenhaften Niveau reorganisierte Gesellschaft, die der kruden Primitivität von Marx‘ Arbeitswertlehre entspricht. Die offensichtliche Widerlegung von Marx‘ Theorie durch die kapitalistische Wirklichkeit – wird zu einer Bestätigung der Marxschen Theorie und gleichzeitig zum zwingenden Motiv, die kapitalistische Gesellschaft in eine sozialistische umzuwandeln. Ein perfektes ideologisches Wahnsystem. Vielleicht das perfekteste, das je entwickelt wurde!

Der Realsozialismus, dessen Wirtschaftssystem Reich zufolge in „scharfem Gegensatz“ zur Weltsicht seiner geistigen Vätern „durch und durch mechanistisch“ ist (Christusmord, Freiburg 1978, S. 349), hat im Rahmen des Möglichen nur getreulich das nachvollzogen, was Marx‘ gefordert hatte. Und im übrigen sahen bereits Marx‘ Zeitgenossen bis ins Detail das voraus, was dann tatsächlich kommen sollte.

Proudhon meinte damals, der Kommunismus ließe sich

nie mit der Würde des Einzelnen und mit den Werten des Familienlebens vereinbaren; er strebe die Universalisierung des Elends an und die Unterdrückung des menschlichen Lebens in einem kasernenhaften Mittelmaß. Seine Befürworter hält er für Fanatiker der Macht, die zur Einführung der Allgewalt des Staates streben, der auf dem öffentlichen Eigentum basiert. In Wirklichkeit hebt der Kommunismus das Eigentum und dessen destruktive Folgen nicht nur nicht auf, sondern führt das Eigentum ad absurdum; im kommunistischen System besitzen die Individuen kein Eigentum, das gesamte Eigentumsrecht – oder vielmehr Unrecht – wird auf den Staat übertragen, der nicht nur zum Besitzer der materiellen Güter, sondern auch zum Besitzer seiner Bürger wird. Die einzelnen Menschen, ihre Bestrebungen, Talente, ihr Leben, das alles wird auf einen Schlag verstaatlicht. Das Prinzip des Monopols, welche Quelle allen sozialen Unheils ist, erfährt im Kommunismus seine höchste Steigerung; der Kommunismus ist nichts anderes als die Ankündigung des extremen Polizeidespotismus. (Leszek Kolakowski: Die Hauptströmungen des Marxismus (Bd. 1), München 1977, S. 237f)

Stalins Zwangsarbeitslager waren eben nicht nur eine „Kleine Mann-Entstellung“ von Marx‘ „menschliche Arbeitskraft schafft Mehrwert“ (vgl. Christusmord, S. 322), sondern dessen zwangsläufige, in der Sache selbst angelegte Folge!