Posts Tagged ‘Geschäftemacherei’

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 122)

10. April 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Reich trat auf der einen Seite gegen die ihm aus dem Kollegen- und Bekanntenkreis offensichtliche Dekadenz im Wien und Berlin der 1920/30er Jahre an mit ihren „de Sadisten“ und „Zynisten“ und andererseits … Reich stand in Opposition gegen Freuds „Mensch als sadomasochistisches Tier“, „die Reaktion“ („Erbsünde“), die damals wirklich allesbestimmende Eugenik und die „kapitalistische Geschäftemacherei“ (die er aus der eigenen Ursprungsfamilie kannte). Die Natur hatte in der Selbstverortung Reichs entsprechend friedfertig zu sein und ohne den Menschen ein Paradies. Tatsächlich ist insbesondere Äther, Gott und Teufel ein durchaus „Rousseauistisches“ Buch. Er mußte gegen einen universellen „Darwinismus“ antreten (Hitler war nichts als ein „Darwinist der Praxis“!), über den Reinhard Eichelbeck schreibt: „Er (der besagte „Darwinismus“) hat sozialneurotische Unarten des Menschen – Egoismus, Aggressivität, Rücksichtslosigkeit, Geilheit, die alten Macho-Untugenden, möglichst viele Nachkommen und möglichst viele tote Feinde zu hinterlassen – als naturgegeben, ja sogar als Grundprinzipien der Evolution dargestellt“ (Das Darwin-Komplott, München 1999). In einer anderen, weniger rundherum bösartigen geistigen Umwelt hätte es einen anderen Reich gegeben, da er sich anders verortet hätte!

Dazu gehört auch, daß sein Publikum sich zu 99% aus linksliberalen und sozialistischen Gutmenschen rekrutierte, die etwa in Stirner instinktiv das sahen (bzw. gesehen hätten), was die Linke von Marx bis Hans Günther Helms immer in ihm sah und sehen: DEN „kleinbürgerlichen“ Ideologen des Raubtierkapitalismus, DEN Bösen schlechthin. Wie sollte Reich in einer solchen Umwelt eine Identität als „Stirnerianer“ bewahren? Man muß sich das mal vorstellen: sein ganzes Leben und auch noch posthum nur von „Grünen“ Spinnern („Reichianern“) umgeben zu sein (vermeintlichen Altruisten) – und um die Gruppe herum nur reaktionäre „Darwinisten“ (vermeintliche Egoisten)!

KISS und die Orgonomie (Teil 1)

31. Mai 2019

Die Rockband KISS tourt durch Deutschland, was natürlich auch an einem der wichtigsten, wenn nicht dem wichtigsten Presseorgan des deutschsprachigen Raumes, dem NACHRICHTENBRIEF, spurlos vorbeigehen kann:

Ich kann mich gut an einen Fernsehbericht in Monitor, Panorama oder so aus dem Jahre 1976 erinnern. Die Rockband KISS tourte in Deutschland und der (wie immer damals!) Marxistisch angehauchte Bericht prangerte die Geschäftemacherei an, wie die Kinder (bzw. natürlich deren Eltern) im Gegensatz zu früher, als es noch einfache, ehrliche Konzerte gab, mit den Kostümen und dem zirkusartigen Drumherum und dem Merchandising finanziell über den Tisch gezogen wurden. Ganz ganz schrecklich das ganze! Manipulation, Ausbeutung, Hitler!

In seiner Autobiographie schreibt Paul Stanley, der Sänger von KISS, daß er und Bassist Gene Simmons ja selbst Anfang der 1970er Jahre Fans waren und wie sie sich darüber aufregten, wie sie von den großen Rockbands über den Tisch gezogen wurden. Diese seien ultraarrogant gewesen, hätten sich gar nicht die Mühe gegeben, die Fans mit einer Show zu unterhalten, sondern hätten ihre Gigs lustlos abgespielt. Den Fans wurde zu verstehen gegeben, sie sollten glücklich sein, daß sich die Stars bequemt hätten aus dem Rockolymp herabzusteigen und vor ihnen zu spielen. KISS wollte das anders machen und auf den Konzerten eine richtige Show bieten. Es war sozusagen ein „Fanprojekt“: „So wollen wir unsere Rockstars haben!“ Die Fans sollten nicht länger über den Tisch gezogen werden, sondern etwas für ihr Geld bekommen!

Es wurde sich immer über das Make-up von KISS lustig gemacht, wie peinlich, daneben und unauthentisch das sei. Paul Stanley hat das umgedreht: Bilden sich andere Rockgrößen allen ernstes ein, daß ihre „authentischen“ Visagen irgendeine Bedeutung haben?! Es geht um die Show und das einzusehen und entsprechend aufzutreten, das wäre wirklich authentisch. Und dann die Texte: Eine erfolgreiche Punk- und Grundge-Band könne immer nur auf ihrem Debütalbum authentisch sein. Danach sind alle finsteren Texte einfach lächerlich. Worunter leiden sie? Daß die Cateringfirma bei der letzten Party nicht genug Kaviar besorgt hat? Daß die Heizung des Swimmingpools neben ihrer Luxusvilla kaputt ist? Wie lächerlich sind die finsteren Texte des Multimillionärs Campino, der aus der Oberschicht stammt und aus steuerlichen Gründen in einer Villa in der Schweiz lebt! Wie passend und authentisch sind hingegen die Popcorn-Texte von Paul Stanley, die seinem Leben in Beverly Hills entsprechen und die das Leben und den unerschütterlichen Glauben an sich selbst, den „amerikanischen Traum“ feiern, den er, das körperlich behinderte und schüchterne Kind aus ärmlichen Verhältnissen, lebt.

KISS war das genaue Gegenteil dessen, was die die rotverstrahlten öffentlich-rechtlichen Deppen damals sahen. Und so bei allen Diskussionen in der gepanzerten Gesellschaft. Der gepanzerte, d.h. „zersplitterte“ Mensch, sieht nur immer einen kleinen und darüber hinaus verzerrten Abschnitt des Bildes. Trifft er auf andere Menschen mit deren grundlegend anderen Sichtweisen, kommt es zu den entsprechenden Auseinandersetzungen, die niemals zu irgendwas führen. Diese Reproduktion der individuellen Panzerung auf dem gesellschaftlichen Schauplatz bezeichnet man dann als „Diskussionskultur“, „Demokratie“, „Meinungsaustausch“. Am Ende steht stets ein großer Plumquatsch, wie man jetzt etwa am „Brexit“ sieht. Überhaupt bei ALLEN gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. All das, wovon die Liberalen quatschen, wird erst in einer ungepanzerten Gesellschaft möglich sein, wenn Menschen frei ihre jeweilige Expertise austauschen („Arbeitsdemokratie“) und nicht ihre „Meinungen“ („Formaldemokratie“).

Erst durch eine Orgontherapie gewinnt man ein Gefühl dafür, in was für einer irren Welt wir leben und wie jedwede „Diskussion“ nichts weiter ist als eine groteske Kakophonie. Dabei ist das Leben selbst eine „Orgontherapie“, da es uns zwingt funktionell zu leben. Man nehme etwa Alice Cooper, der in seinem Auftreten KISS sehr nahe kommt. Er ist gläubiger Christ. Während einer Tour zusammen mit dem Alice Cooper der Jetztzeit, Marylin Manson, ein geweihter Priester der Church of Satan, konnte sich Alice Cooper nicht vorstellen, irgendeine gemeinsame Basis mit Marylin Manson zu finden. Hätten sie sich über Theologie, Philosophie oder Politik unterhalten, hätte das ganze auch nie geklappt. Tatsächlich fanden sie zu einander, als Marylin Manson, der gerade eine schmerzhafte Scheidung hinter sich hatte, sich mit Alice Cooper über die Ehe und die damit verbundenen Seelennöte unterhielt. Man hatte eine Basis gefunden, nämlich das wirkliche Leben jenseits allen ideologischen und religiösen Unsinns, auf der man zueinanderfand und sich sinnvoll austauschen konnte. Auch schöpfte Alice Cooper für sein Gegenüber Achtung, als er sah, wie professional die Crew von Marylin Manson arbeitete und daß dieser während der Shows jeden Ton traf. – Ja man kann miteinander reden und arbeiten über alle denkbaren „unüberbrückbaren Hürden“ hinweg, solange man aus dem Kern heraus funktioniert („Liebe, Arbeit und Wissen“) und sich von dem Gestrüpp aus Argumenten und Gegenargumente, d.h. aus dem Gestrüpp von Trieb und Triebabwehr heraushält, das die sekundäre Schicht konstituiert.

https://www.youtube.com/watch?v=eCFx0TX4rxk