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Peter liest die Laska/Schmitz-Korrespondenz (Teil 1)

17. März 2024

Bernd Laska sah, wenn ich die Diskussion zwischen ihm und mir von vor 20 Jahren richtig interpretiere, die Funktion Hitlers in der gegenwärtige Welt zwiefach: Erstens war Hitler der perfekte Behälter, um alles denkbar „böse“, bzw. „das Böse“ schlechthin, aufzunehmen und damit unschädlich zu machen. Durch Sequestration stabilisiert Hitler das gegenwärtige Unrechtsregime. Das Böse ist verortet und durch Zuschreibung können alle Wiedersprüche geglättet werden. Zweitens werden alle Bestrebungen, das gegenwärtige Unrechtsregime in seine Schranken zu weisen und schließlich zu überwinden, mit der Chiffre „Hitler“ abgewürgt. Immer wenn du für Liebe, Arbeit und Wissen eintrittst, outest du dich als Hitler!

Zur Jahrtausendwende hatte mit Laska dringend die Lektüre von Hermann Schmitz‘ Buch Adolf Hitler in der Geschichte (1999) ans Herz gelegt, weil hier mit Hitler anders umgegangen werde. Ich war beeindruckt. Schmitz‘ Analyse des östlichen Christentums und der verhängnisvollen Rolle von Augustinus in der Westkirche hat mich nachhaltig beeinflußt, während ich, zum Unverständnis Laskas, den Ausführungen über Hitler mit meinem antifaschistisch angekränkelten Gehirn wenig abgewinnen konnte.

So jetzt halte ich die Korrespondenz zwischen Laska und Schmitz in den Händen, die beiden größten Denker, die die Bundesrepublik hervorgebracht hat. Vielleicht das einzige, was dieses volksvernichtende GENOZIDALE Besatzungsgebilde am Ende seiner Krüppelexistenz im Nachhinein rechtfertigt.

Anfangs war ich ambivalent, was Schmitz und seine „Neue Phänomenologie“ betrifft, angesichts dessen, was Reich allgemein über das „Philosophieren“ und insbesondere über den Begründer der Phänomenologie, Husserl, gesagt hatte:

Die Unsicherheiten in der Beurteilung der eigenen Wahrnehmungen und Aussagen war [bei gepanzerten Menschen] von jeher so groß, daß man oft den Eindruck hat, als hätten sich berühmt gewordene philosophische Schulen in leere Zwangsgrübelei verrannt (z.B. Husserl). (Äther, Gott und Teufel, S. 43)

Es bleibt eine gewisse Irritation, zumal sich Schmitz einer, wie ich finde, teilweise verschrobenen Privatsprache befleißigt, während ich selbst von jeher der Überzeugung war, daß 1. die Sprache des Volkes aus der „Ausdruckssprache des Lebendigen“ hervorgegangen ist und von daher klüger ist, als es jeder Einzelne jemals sein könnte, und 2. mein (natürlich nicht absolut zu nehmendes) Lebensmotto lauten könnte: Wenn du jemanden nicht verstehst, hat dieser es selbst nicht verstanden!

Andererseits, wenn man sich etwas eingelesen hat, kann Schmitz auch für den orgonomisch interessierten Leser anregend sein. Beispielsweise, wenn Schmitz zwischen Autoritäten „in vertikaler Richtung (Autoritäten von oben)“, wie sie früher gängig waren, von den heutigen „in horizontaler Richtung (Kollektivdruck der herrschenden Meinung, political correctness, multimediale Suggestion)“ unterscheidet (S. 62). Das ist eine treffende Beschreibung des Unterschieds zwischen der alten autoritären Gesellschaft bis etwa 1960 und der daran anschließenden antiautoritären Gesellschaft.

Nichts beschreibt den Unterschied zwischen den damaligen „vertikalen“ Menschen und dem heutigen nichtigen „horizontalen“ Gekröse besser als dieser Film:

Wenn ich Schmitz richtig verstanden habe, war früher das Heilige etwas, das die Menschen im Sinne von Stirner und Laska verformt hat: die Hierarchien werden verinnerlicht – ich und eine innere Instanz über mir. Etwas, das, um mit Schmitz zu sprechen, zur „Sedimentierung von Einschüchterungen“ geführt hat, was, Schmitz zufolge, dem von Laska verwendeten Begriff des „Über-Ich“ entspricht (S. 68) – weit mehr noch aber Reichs „Schichten des Charakterpanzers“. Sedimentierung von Einschüchterungen!

HEUTE hingegen hat das Heilige geradezu eine emanzipatorische Funktion, weil es, und hier weiche ich im Sprachgebrauch sowohl von Schmitz als auch von Laska ab, dem Ich-Ideal entspricht, d.h. dem Kontakt zum bioenergetischen Kern. In die oberflächliche Welt des besagten hirntoten Gekröses, das heute unser Nachwuchs ist, zieht der Ernst ein, die Gravitation setzt ein, Kontakt und Schicksal. Überraschenderweise neige ich in dieser Hinsicht eher zu Schmitz als zu Laska.

Ohnehin wirkt die Korrespondenz teilweise wie ein Dialog zwischen Orgonomie und LSR-Projekt! Eine unverzichtbare Lektüre für jeden Leser dieses Blogs! Meine gestrigen Ausführungen im Nachrichtenbrief über das „Bauchgefühl“ und die „Beobachtung“ zeigen beispielsweise, wie Reich vieles vom Grundimpetus bei Schmitz (Subjektivität und das Objektive sind miteinander verzahnt) vorweggenommen hat. Von Daher wird dieser Briefwechsel für mich mit jeder neuen Seite immer interessanter. Ich bin auch überrascht, wie sich das Buch wie ein wirkliches Buch, geschrieben von zwei Autoren, ausnimmt und nicht wie ein Sammelsurium launiger Briefe ohne Tiefgang. Die beiden größten Denker der BRD haben zusammen das Requien am Totenbett eines 1000 Jahre alten Kulturkreises verfaßt! Tiefer und gewichtiger kann ein Buch nicht sein!