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Die Rolle des Beobachters in der Quantenphysik (Teil 2): eine Ergänzung zu „Orgonometrie (Teil 1): Kapitel VII.4.f.“

7. September 2015

Niels Bohr hat die Quantenphysik wie folgt zusammengefaßt:

Man sollte sich klarmachen, daß diese Theorie nicht Phänomene erklären soll in dem Sinne, in dem das Wort „Erklärung“ in der früheren Physik verwendet wurde. Sie soll verschiedene Phänomene, die nicht miteinander zusammenhängen scheinen, miteinander verknüpfen und zeigen, daß sie zusammenhängen.

Die „Inhaltsleere“ von Orgonomischem Funktionalismus und Quantenmechanik hatte in der Lebensphilosophie (Nietzsche, Dilthey, Bergson) ihren Vorläufer. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß in den 1920er Jahren sowohl Quantenphysiker, wie etwa Heisenberg, als auch Reich („Ich galt eine Zeitlang als ‘verrückter Bergsonianer’“, Reich 1942) stark durch die Lebensphilosophie geprägt wurden. Aber betrachten wir einige Äußerungen der Lebensphilosophen etwas genauer.

Nietzsche:

Es gibt kein „Sein“ hinter dem Tun und Wirken, Werden (…) das Tun ist alles.

Damit wird Heraklit ewig recht behalten, daß das Sein eine leere Fiktion ist.

Über den Gegenspieler Heraklits, nämlich Parmenides und damit Plato sagte Wilhelm Dilthey:

Echter Plato! der erst die werdenden fließenden Dinge im Begriff festmacht und dann den Begriff des Fließens zur Ergänzung danebensetzt.

Dilthey nannte all das mechanistisch, was die Natur mit Modellen zu erklären versucht. Demgegenüber geht es der Orgonomie, ganz im Sinne Diltheys, darum die Natur erst einmal zu verstehen, d.h. innerlich nachzuvollziehen. Daß zum Fließen ein Ding gehört, das sich bewegt, ist schon eine sekundäre Verstandesleistung, eine Modellvorstellung, die sich logischerweise an der Behinderung des Fließens, also an der Panzerung festmacht!

Anfang des 18. Jahrhunderts schrieb dazu George Berkeley in seiner Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis:

Rufe ich eine Bewegung in einem Teil meines Körpers hervor und läßt sich dieselbe frei oder ohne Widerstand vollziehen, so sage ich, es ist dort Raum; finde ich aber einen Widerstand [also eine Panzerung], so sage ich, es sei dort ein Körper, und in dem Maße, wie der Widerstand gegen die Bewegung geringer oder größer ist, sage ich, der Raum sei mehr oder weniger frei. Es muß also, wenn ich von freiem oder leerem Raum spreche, nicht vorausgesetzt werden, daß Wort stehe für eine Idee, die von (meinem) Körper und Bewegung gesondert oder ohne diese denkbar wäre. Freilich sind wir geneigt zu glauben, daß jedes Nomen substantivum eine bestimmte Idee vertrete, die von allen anderen gesondert werden könne, was unzählige Irrtümer veranlaßt hat. (z.n. Max Jammer: Das Problem des Raumes, Darmstadt 1969)

Trotz seiner Leugnung der realen Welt hat Berkeley vor 300 Jahren hier die funktionelle Identität zwischen „dinglichem“ Denken und der menschlichen Panzerung erfaßt. In Äther, Gott und Teufel schreibt Reich, daß

das funktionelle Denken keine statischen Zustände duldet, wenn es nicht der Erstarrung durch die Panzerung unterworfen wurde. „Fießend“ ist auch die Natur in jeder einzelnen ihrer Abartungsfunktionen wie im Ganzen. Auch die Natur kennt keine statischen Zustände.

Die gängige Interpretation der Quantenmechanik nennt sich „Kopenhagener Deutung“. Sie führt zu einem Paradoxon, da die Welt von unserer Beobachtung abhängt, also nichts wirklich real ist. Damit wir aber nicht in der Klapsmühle landen, können wir uns eine alternative Deutung der Quantenmechanik ausdenken, in der alles real ist und die keinerlei Paradoxon beinhaltet. Hierbei handelt es sich um die „Vielwelten-Interpretation der Quantenmechanik“. Nach ihr kollabiert die Wellenfunktion gar nicht, sondern sie spaltet sich jeweils in zwei „senkrecht aufeinanderstehenden Welten“. Jedes einzelne Quantenereignis führt also zur Bifurkation des gesamten Universums. Demnach gibt es zig-Millionen Versionen dieses Blogeintrags!

Beide Deutungen der Quantenmechanik haben gemeinsam, daß das Subjekt frei ist: wir bringen die Wellenfunktion zum Kollabieren, bzw. wir sind es, die unseren Weg durch die Verzweigungen der Vielwelten wählen. Beide beinhalten also letztlich, daß wir unsere eigene Realität erschaffen. Und genau diese metaphysische Freiheit des Subjekts erzeugt die geradezu psychotische Bizarrheit dieser beiden orthodoxen Deutungen. Es wirkt als hätte der von seinen Wurzeln abgeschnittene moderne Mensch seine Welterfahrung in Physik übertragen.

Aber lassen sich die beiden anerkannten Interpretationen der Quantenmechanik angesichts des EPR-Phänomens überhaupt rechtfertigen, das die unglaublich wichtige Rolle aufgezeigt hat, die das CFP in der Quantenwelt spielt? Läge es nicht in besserer Übereinstimmung mit der physikalischen Realität, zu behaupten, daß sowohl mein Beschluß etwas zu beobachten, als auch das Kollabieren der Wellenfunktion eine gemeinsame Ursache haben? Oder besser ausgedrückt: Beobachter und Beobachtungsobjekt sind oberflächliche Variationen des auf einer tieferen Ebene ablaufenden autonomen Funktionierens der Orgonenergie, der Bewegung an sich als „wahrer Seele der Welt“.

Diese Deutung erlaubt es uns die Quantenmechanik in den Orgonomischen Funktionalismus einzupassen, so wie er von Reich in Äther, Gott und Teufel beschrieben wurde. In diesem Buch schreibt Reich folgendes über die mathematisierte Welt der Quantenphysiker:

Das Menschentier kann die Natur in sich und außer sich nur dann fassen und lieben lernen, wenn er ebenso denkt und handelt, wie die Natur funktioniert, nämlich funktionell und nicht mechanistisch und mystisch. Die Welt des orgonomischen „energetischen“ Funktionalismus ist eine lebhaft funktionierende freie und demnach gesetzliche und harmonische Welt. In ihr gibt es keinen „leeren Raum“, den der mechanistische Physiker fordert, weil er die Natur nicht zu füllen vermag; in ihr gibt es auch keinen Raum voll von Geistern und Phantomen, die der Mystizismus nicht zu demonstrieren vermag. Die Welt des Funktionalismus ist auch keine „Schattenwelt“, wie für den abstrakten Mathematiker, sondern sie ist eine greifbare, volle, pulsierende Welt, gleichzeitig wahrnehmbar und meßbar. Der abstrakte Mathematiker übersieht, daß seine Formeln nur deshalb objektive Prozesse zu treffen vermögen, weil sein Gedanke ein Stück derselben Naturfunktion ist, die er in abstrakten Symbolen faßt. Dem Kenner der Organempfindungen ist es möglich, die Quellen aufzuspüren, aus denen der „höhere“ Mathematiker seine Einsichten schöpft, ohne sie zu kennen. Wenn auch die Funktionssymbole, die er an die Stelle der realen Welt setzt, unwirklich sind und eine Wirklichkeit abzubilden auch gar nicht vorgeben, so ist doch zweifellos der Schöpfer dieser Funktionssymbole ein lebhaft pulsierendes orgonotisches System, das keine Mathematik betreiben könnte, wenn es nicht pulsierte. Die „höhere“ Mathematik konnte sich nur deshalb als das höchste Entwicklungsprodukt der Naturwissenschaft ausgeben, weil ihre Verwurzelung in der pulsierenden Natur nicht bekannt oder nicht zugegeben war. Das Gehirn des Mathematikers ist kein besonders geartetes Instrument; es ist nur darin andersartig, daß es die Organempfindungen in mathematischer Form auszudrücken vermag. Die mathematische Formel ist also nur ein Ausdrucksmittel unter anderen und nicht der Zauberstab, als der sie dem bornierten Verstande des mystischen Menschen erscheint. Es ist der lebendige Organismus, der seine Empfindungen anordnet, umgruppiert, in Zusammenhang bringt, ehe er sie mathematisch formuliert.

Da bildlich kaum nachvollziehbar, ist Quantenphysik fast ausschließlich mathematische Abstraktion. Aber Physik ist nicht einfach mit Mathematik gleichzusetzen, zumal niemand erklären kann, wieso logische Strukturen, die die Mathematiker nach eigenem Selbstverständnis vollkommen losgelöst von jeder Erfahrung, sozusagen beziehungslos im luftleeren Raum, entwickelt haben, auf die Erfahrungswelt anwendbar sind. Beschäftigt man sich mit der modernen Physik, drängt sich einem der Eindruck auf, daß die Physiker sich nur noch dem Eigenleben des mathematischen Formalismus hingeben. Sie streben nach mathematischer „Schönheit“, welche, da die Experimente immer aufwendiger werden, zunehmend ihr einziges Kriterium für Wahrheit wird. Um die Theorie dann wieder mit den Beobachtungen in Übereinstimmung zu bringen, müssen die theoretischen Konstrukte mühsam mittels „Symmetriebruch“ und Postulierung immer neuer Teilchen wieder zur Wirklichkeit heruntertransformiert werden. Im wahrsten Sinne des Wortes hat die Physik den Boden unter den Füßen verloren.

Die Orgonphysik umgeht dieses Problem von vornherein, da sie nicht von Modellen, sondern vom konkreten Funktionieren ausgeht. Und imgrunde kann auch der Mathematiker nur deshalb Formeln aufstellen, die mit objektiven Prozessen übereinstimmen, weil auch er aus den gleichen Quellen schöpft.

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Die Rolle des Beobachters in der Quantenphysik (Teil 1): eine Ergänzung zu „Orgonometrie (Teil 1): Kapitel VII.4.f.“

6. September 2015

Im folgenden wollen wir uns die Aufhebung der Trennung zwischen Forscher und Forschungsobjekt anhand der Seinsbestimmung „Bewegung“ vergegenwärtigen. Dazu wenden wir uns Zenons Paradoxon, dem Anfang aller Philosophie im 6. Jahrhundert v.Chr., zu: Versuche ich mir einen Pfeil im Pflug vorzustellen, verharrt er im Zeitpunkt meiner Betrachtung im Vorstellungsraum. Wenn der Pfeil aber in jedem Moment ruht, kann er sich ja unmöglich bewegen.

Nach den Gesetzen der formalen Logik schließen sich das „Hiersein“ und „Dortsein“ einerseits und das „Nirgendsein“ der Bewegung andererseits aus. Aus der Konstatierung dieses Widerspruchs entwickelte sich die Platonische Philosophie von der Trennung zwischen der Welt des absoluten Seins (Subjekt) und der illusorischen Welt des Werdens und Vergehens (Objekt). Erst Hegel und die Quantenphysik (ohne daß sich m.W. bisher ein Quantenphysiker auf Hegel berufen hätte) sollten nach mehr als 2000 Jahren diese widersinnige Trennung wieder aufheben.

Die klassische Dialektik bildete sich am ungelösten Paradoxon Zenons aus. Hegel schuf seine Dialektik, indem er das Paradoxon auflöste. Hegel:

Daß die Dialektik zuerst auf die Bewegung gefallen, ist eben dies der Grund, daß die Dialektik selbst diese Bewegung oder die Bewegung selbst die Dialektik alles Seienden ist.

Damit will Hegel sagen, daß der Geist, der sich in einen Widerspruch verfängt, wenn er versucht die Bewegung als etwas zu erfassen, was ist, zu sich selber aber damit gleichzeitig zur objektiven Bewegung außerhalb seiner selbst findet, sobald er die formale Logik überwindet. So erkennt er, daß die Bewegung „der Begriff der wahren Seele der Welt“ ist; „wir sind gewohnt sie als Prädikat, Zustand anzusehen, aber die ist in der Tat das Selbst, das Subjekt als Subjekt, das Bleiben eben des Verschwindens.“ Durch die Betrachtung der Bewegung und durch die Aufhebung des Widerspruchs, der aus dieser Betrachtung erwächst, wird dem Geist gewahr, daß er selbst eins mit der Bewegung, der „wahren Seele der Welt“ ist. Das leistet der Geist, indem er den Widerspruch von These und Antithese in der Synthese aufhebt. Das kann er aber nur, weil diese Dialektik das Wesen der Bewegung selbst ist. Fast das Gleiche hat Reich orgonometrisch wie folgt ausgedrückt:

Ich habe hier das „fast“ unterstrichen, weil Hegel grundsätzlich nur zu Begriffen vorzudringen in der Lage war. Wie Jacob Meyerowitz in einer entsprechenden orgonometrischen Analyse aufgezeigt hat, war Hegel in den Gesetzen reiner Gedankentätigkeit verfangen und paßte sein Denken nicht der funktionellen Entwicklungsrichtung der Natur an (Before the Beginning of Time, Easton, Pennsylvania 1994). Weil also auch Hegel letztlich die Natur vergewaltigte, konnte er Zenons Paradoxon nicht wirklich gänzlich auflösen. Dies kann erst die Orgonometrie leisten.

Innerhalb der Orgonomie kann die Hegelsche Dialektik für sich eine eingeschränkte Gültigkeit beanspruchen, da sie die triadische Denkstruktur und die funktionelle Identität von Subjekt und Objekt beinhaltet. Ähnliches gilt für die Quantenphysik, weil sie die Welt sich in fortwährenden Bifurkationen entfalten läßt und weil sie die Trennung zwischen Beobachter und Beobachtungsobjekt überwunden hat.

Um dies nachvollziehen zu können, müssen wir zum Doppelspaltversuch zurückkehren und das Verhalten mehrerer einzeln durch den Versuchsaufbau fliegender Elektronen untersuchen. Dabei sehen wir, daß sich jedes einzelne Elektron wie eine kontinuierliche mit sich selbst interferierende Welle verhält, die durch beide Spalten gleichzeitig fliegt. Sind wir aber neugierig und prüfen, durch welchen der beiden Spalten das unteilbare Elektron jeweils dringt, verhält sich das Elektron ganz gemäß unserer Herangehensweise wie ein diskontinuierliches Teilchen und bildet kein Interferenzmuster aus. Faktisch ist das Zenons Paradoxon vom Vorstellungsraum in den physikalischen Raum übertragen: Beobachtung läßt fließendes und ineinandergreifendes Funktionieren erstarren. Der Quantenphysiker spricht hier vom „Kollaps der Wellenfunktion“ durch Beobachtung.