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Das Jüngste Gericht begann 1960 (Teil 7)

1. April 2023

Gemeinhin meint man mit Divide et impera „einen Keil zwischen die Menschen treiben“, die man dann, sozusagen als dritte Kraft, gegeneinander ausspielen und so problemlos beherrschen kann. Das ist zweifellos ein zentraler Faktor, doch damit der funktioniert, muß man tiefer gehen, nämlich bioenergetisch ansetzen.

Um Menschen beherrschen zu können, muß man sie auf psychologischer, d.h. emotionaler Ebene unterminieren. Man muß sie bei ihrer Sexualität packen und dergestalt zu Feinden ihrer selbst machen: sie innerlich spalten.

In der autoritären Gesellschaft machte man das, indem man die Sexualität von der Liebe abspaltete und die letztere Funktion zur alles bestimmenden machte. Die Sexualität lebte ein abgespaltenes, verschämtes Nischendasein, während in der Öffentlichkeit alles mit (vermeintlicher) Liebe zugekleistert wurde. Letztendlich galt Keuschheit als DAS Siegel der Liebe!

Heute, in der antiautoritären Gesellschaft, ist es umgekehrt: die vermeintliche „sexuelle Befreiung“ hat das Gefühlsleben der Menschen weitgehend ruiniert. Typischerweise sind Jugendliche bindungsunfähig, weil ja immer die Möglichkeit besteht, einem geileren Jungen bzw. einem geileren Mädchen zu begegnen.

Beides, die Abspaltung der Liebe von der Sexualität und umgekehrt, spaltet die Menschen, zerreißt sie innerlich und macht sie desorientiert und zum Spielball der Mächtigen. Entweder bist du ein kastrierter Tölpel oder ein dauergeiler Tölpel – auf jeden Fall bist du nicht mehr Herr deiner selbst.

Wie fundamental diese Verkrüppelung ist, kann ausschließlich mit Hilfe der Orgonomie erfaßt werden. Dazu betrachten wir die drei folgenden orgonometrischen Gleichungen:

Die Kreiselwellen-Bewegung („energetisches Orgonom“) vom Steißbein nach oben zum Kopf und dann an der Vorderseite des Körpers hinab zum Genital kann man mit der Sexualität gleichsetzen, die bioenergetische Pulsation, deren Zentrum in Herznähe der Plexus solaris ist, mit der Liebe. Die beiden aufeinander gerichteten Pfeile deuten an, daß sich diese beiden Funktionen wechselseitig anziehen und dabei verstärken. Werden sie auseinandergerissen, schädigt das den Organismus auf denkbar fundamentale Weise.

Ähnliches läßt sich über die Funktion „relative Bewegung“ (das gemeinsame Funktionsprinzip von Pulsation und Kreiselwelle) und die Funktion „ko-existierende Wirkung“ sagen. Die Bewegung verankert uns in der Realität, während beispielsweise unser Traumerleben vollkommen von den Gesetzen von Raum und Zeit befreit zu sein scheint: ko-existierende Wirkung. Wie Freud in der Neuen Folge zur Einführung in die Psychoanalyse schreibt: „Es gibt im Es nichts, was man der Negation gleichstellen könnte, auch nimmt man mit Überraschung die Ausnahme von dem Satz der Philosophen wahr, daß Raum und Zeit notwendige Formen unserer seelischen Akte seien“ (Studienausgabe, Bd. 1, S. 511).

Zu dieser Welt jenseits der üblichen Logik gehört auch die Liebe, die „ewige Liebe“, „die stärker ist als der Tod“, „Ozeane können uns nicht trennen“, etc. Die gesamte Liebeslyrik ist eine Beschreibung der „ko-existierenden Wirkung“, während Sexualität denkbar profan ist. – Diese beiden Welten, da heterogen, können ineinander übergehen, wie etwa im Wechsel vom Schlafzustand („Träume“) in den Wachzustand („Aktivität“) und umgekehrt. Erst das macht uns zu vollwertigen Menschen, die autonom agieren können. Ohne dieses Zusammenspiel, diese Variabilität in unserem Funktionieren, sind wir innerlich blockiert: entweder willenlose Sexroboter ohne Tiefe, die man beliebig programmieren kann, oder hilflose Geister, die im nirgendwo schweben – in religiösen Wahnvorstellungen.

Das gemeinsame Funktionsprinzip von relativer Bewegung und ko-existierender Wirkung ist die orgonotische Erregung, deren, ebenfalls heterogener, funktioneller Gegenpart die Wahrnehmung ist. Normalerweise können auch sie ineinander übergehen: Erregung kann dazu führen, daß wir sozusagen „aufwachen“ und aufmerksam werden, Wahrnehmung kann in Erregung übergehen. In der autoritären („neurotischen“) Gesellschaft wurden beide Funktionen eingeschränkt, so daß der Wahrnehmungs- und Erregungspegel stets niedrig blieb. Die neurotischen Massen entsprachen dem Homo normalis. In der antiautoritären Gesellschaft kommt es tendenziell zu einer Spaltung zwischen Erregung und Wahrnehmung. Eine Spaltung, die Reich zufolge die Grundlage der Schizophrenie ist, in der die beiden Funktionen ein weitgehendes Eigenleben führen. Ein perfektes Beispiel ist die Pornographisierung unseres Lebens („Sex findet im Kopf statt“, „das Gehirn ist das erogene Organ“) und die „Perversierung“, bei der sich die Sexualität (Erregung) vom Geschlecht, der Spezies, ja sogar vom Lebendigen selbst löst. Der schiere Wahnsinn starrt uns an: