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Die orgonomische Soziologie, Teil 3: Historischer Funktionalismus (Ergänzung)

13. November 2022

In Anlehnung an Darwin („Evolution“) und Haeckel („biogenetisches Prinzip“: die Ontogenese wiederholt die Phylogenese) sprach Freud von der psychosexuellen Entwicklung des Menschen, die den Stufen der Libido entspricht: okular (Baker), oral, anal, phallisch und genital.

Das ist eine „vertikale“ zeitliche Abfolge. Reich hat die jeweiligen Stufen räumlich („horizontal“) sozusagen „mit Substanz gefüllt“ durch Segmente der Panzerung: Augensegment, orales Segment, Beckensegment, d.h. den fünf Stufen der Libidoentwicklung entsprechen bei einer gestörten Entwicklung fünf spezifische Muster der Panzerung. Grob gesprochen Verspannungen im Augenbreich, im Mundbereich, im hinteren und schließlich vorderen Beckenbereich.

In Anlehnung an Hegel und mit direktem Verweis auf Darwin haben Marx und Engels das entwickelt, was später Stalin als „Historischen Materialismus“ dogmatisiert hat: die Geschichte ist nur Oberflächlich die politische Abfolge von Dynastien, Republiken etc., vielmehr wird sie von Klassenkämpfen bestimmt, die wiederum von der Entwicklung der Ökonomie abhängen (dem Verhältnis von sich entwickelnden Produktionsmitteln und der Entwicklung hinterherhinkenden Produktionsverhältnissen). Grob ist es die Abfolge von Urkommunismus, Sklavenhaltergesellschaft, Feudalismus, bürgerlichem Kapitalismus, dem sozialistischen Staat und schließlich dem Kommunismus.

In seiner Massenpsychologie des Faschismus hat Reich klargestellt, daß diese Entwicklung (weitgehend unabhängig vom Menschen bestimmt der ökonomische Unterbau den politischen Überbau) in seinem Ablauf durch die Charakterstruktur der Massen gestört wird, so daß sich (in diesem Fall) der Kapitalismus nicht zum Sozialismus weiterentwickeln kann, in dessen Verlauf die Massen lernen, die Produktionsmittel zum eigenen Vorteil zu nutzen. Vielmehr kommt es durch die menschliche Panzerung zum schwarzen und roten Faschismus, also einer Regression zum Feudalismus, teilweise sogar zur Sklavenhaltergesellschaft.

Aus diesen beiden Kombinationen von vertikaler Zeitachse (Freud, Marx) und horizontaler Raumachse (charakteranalytischer Vegetotherapie und Massenpsychologie) entwickelte sich die soziale Orgonomie, d.h. das Konzept der Emotionellen Pest als Gegenspieler der Arbeitsdemokratie („Freud + Marx“) und das Konzept der soziopolitischen Charaktere (Baker), die deutlich machen, was konkret in den Massen vorgeht („Freud + Marx“).

Im Moment erleben wir den krebsigen Zerfall der Arbeitsdemokratie und den Triumpf der Emotionellen Pest (Polarisation der Gesellschaft) und eine generelle Rotverschiebung, die Bakers ursprüngliche Formulierung der soziopolitischen Charaktere grundlegend verzerrt. Charles Konia hat das als Transformation von der autoritären zur antiautoritären Gesellschaft beschrieben.

Allgemein geht es in der Orgonomie auch jenseits der medizinischen und sozialen Orgonomie um die Wechselbeziehung der vorwärtsströmenden primordialen Orgonenergie und den „materiellen“ Produkte eben dieser Orgonenergie, das reicht vom Aufbau und Funktionsweise des Orgonenergie-Akkumulators, über Reichs Forschungen im Zusammenhang mit dem Orgonmotor und ORANUR bis hin zum kosmischen Orgonenergie-Ingenieurswesen (CORE) und der kosmischen Überlagerung, die im übrigen erklärt, wie genau aus der primordialen Orgonenergie Materie hervorgeht.

Die Orgasmusformel (Teil 1)

12. Juli 2012

Mit Hilfe der damaligen Entwicklungsbiologie, insbesondere mittels Haeckels „Biogenetischem Grundgesetz“, versuchte Freud die prägenitale Sexualität des Kindes mit Fortpflanzung zu verknüpfen, um so den sexuellen Charakter des infantilen Lustgewinns zu begründen. Prägenitale Sexualität sei sozusagen ein spätes Echo der Fortpflanzung der primitiveren Lebewesen unseres Stammbaums. Die Psychoanalyse räumte dergestalt zwar mit der falschen Anschauung auf, daß sexuell und genital ein und dasselbe sind, aber für sie galt immer noch, daß die Genitalfunktion, zu der die prägenitale Sexualität schließlich führen sollte, der Fortpflanzung dient und durch diese definiert sei. Reichs Ansatz war von vornherein andersgeartet, denn für ihn waren Sexualität und Fortpflanzung zwei vollständig getrennte Bereiche: „(…) die genitale Aktivität der Tiere, den Menschen eingeschlossen, ist eine bioenergetische Funktion und ein Ventil für die Lebensenergie“ (Christusmord, Freiburg 1978, S. 68).

Ausformuliert findet sich diese „Orgasmustheorie“ in seinem 1927 erschienen Buch Die Funktion des Orgasmus (neu veröffentlicht unter dem Titel Genitalität). Zur selben Zeit, 1927, bespricht er Friedrich Kraus‘ Buch über die Allgemeine und spezielle Pathologie der Person in Freuds Zeitschrift. Für Reich ist der zentrale Gedanke des Buches von Kraus das Konzept der „Tiefenperson“, die den vitalen „spontan dranghaft schöpferischen“ Kern des Menschen ausmacht. In psychoanalytischen Begriffen ist sie, so Reich, die „somatische Libido“, die, wenn man Kraus folgt, identisch ist mit den im Zellchemismus begründeten bioelektrischen Oberflächenspannungen an den Membranen des Körpers und deren elektrolytischem Ausgleich, der wiederum von mechanischen Flüssigkeitsbewegungen begleitet wird.

In diesem ständigen Wechsel im biologischen Erregungssystem von Ladung und Entladung, Quellung und Entquellung kündigt sich unmittelbar Reichs spätere „Orgasmusformel“ an, deren Abfolge „mechanische Spannung → bioelektrische Ladung → bioelektrische Entladung → mechanische Entspannung“ an der Erektion und Ejakulation des Mannes unmittelbar evident wird.

Zur theoretischen Fundierung dieser Formel ergänzte Reich Anfang der 1930er Jahre Kraus’ „vegetative Strömung“ um die Theorie der „Protoplasmaströmung“ des Biologen Max Hartmann. Diese Strömung kann man unmittelbar an der Amöbe beobachten, wenn sie ihre Pseudopodien ausstreckt und zusammenzieht. Hartmann führte die Bewegung der Pseudopodien auf die Vergrößerung bzw. Verkleinerung der Oberflächenspannung der Außenmembran zurück. An dieser internen Plasmabewegung vom Kern weg und auf den Kern zu wird unmittelbar der Gegensatz von Lust und Angst einsichtig. Mit Hilfe der Darstellung, die der Physiologe L.R. Müller über das in Parasympathikus (Lust) und Sympathikus (Angst) gespaltene vegetative Nervensystem lieferte, übertrug Reich diesen „vegetativen Gegensatz“ einerseits auf das Funktionieren höherer Lebewesen und folgte ihr andererseits, aufgrund der funktionellen Identität mit dem entsprechenden chemischen Gegensatz von Kalium und Calcium, bis hinab zur Biochemie und Biophysik.

Im Rückgriff auf Hartmann zeigt Reich, daß die Spannungs-Ladungs-Vorgänge, die für die Sexualität charakteristisch sind, nicht nur bei der sexuellen, sondern auch bei den zwei Arten der sogenannten „asexuellen“ Fortpflanzung wirksam ist, also bei Zellteilung und Knospung bzw. Sprossung. Bei der Zelle ist der Spannungsdruck gegen die Membran vor der Teilung höher als danach jeweils in den beiden Tochterzellen. Noch heute ist nicht bekannt, was Zellteilung eigentlich auslöst, sicher ist man nur, daß die Zelle, wenn sie eine bestimmte Masse erreicht hat, danach strebt sich zu teilen.

Betrachtet man Sexualität als Ladungs- und Spannungsabbau, hat auch die Zelle einen Orgasmus. Diese Form von „zellulärem Orgasmus“ bildet den historischen Anfang und den aktuellen Kern jedes Metazoons. Das Spermium verursacht durch sein Eindringen in die Eizelle dessen Spaltung, die sich im folgenden immer weiter fortsetzt, nicht nur bis der Vielzeller ausgewachsen ist, sondern bei einem Großteil der Zelltypen bis zum Lebensende des Metazoons.

Die notwendige experimentelle Fundierung der Orgasmusformel versuchte Reich zunächst mit Hilfe seiner sogenannten „bioelektrischen Experimente“ von 1935 beizubringen, bei denen er die Ladung und Entladung nachweisen wollte, die der mechanischen Spannung („Erektion“) folgt.

An diese Experimente schloß sich eine direktere Herangehensweise an. Zunächst versuchte Reich die von Hartmann beschriebene Plasmaströmung unmittelbar bei Amöben und anderen Einzellern zu beobachten. Dazu besorgte er sich Protozoenpräparate aus einem Botanischen Institut. Fertigte sie dann aber schließlich selbst an, nachdem er erfuhr, daß man dazu nur getrocknetes Gras in Wasser aufweichen müsse.

Geduldig beobachtete er die eingeweichten Grasfasern unter dem Mikroskop, um die Anfänge der Plasmaströmung in der Entwicklung der Amöben auszumachen. Bei dieser ungewöhnlichen Herangehensweise stieß er auf den blasigen Zerfall der Grasfasern und die spontane Organisation von Protozoen aus den Zerfallsprodukten. Die Fasern zersetzten sich zu Bläschen, die sich zu Haufen reorganisierten, um die sich eine Membran bildete. Geriet bei diesen Bläschenhaufen der Inhalt der Membran in Kreisbewegung und organisierten sich die kleinen Bläschen zu größeren Einheiten, entwickelten sich aus den Haufen Pantoffeltierchen (Paramaecium). Ruhende Bläschenhaufen, in denen die Bläschen zu einer homogenen Masse zerflossen, entwickelten sich zu Amöben. Glockentierchen (Vorticella) behielten den Bläschencharakter bei. Diese Übergangsform zwischen den unorganisierten runden Bläschenhaufen und langgestreckten Pantoffeltierchen bezeichnete Reich als „Org-Tierchen“, weil sie aus einer gestreckten Form in die Kugelform „orgastisch“ zurückzucken konnten.

Mit der Zuführung von Strom bei seinen Protozoen-Präparaten versuchte Reich die Ladung aus der Spannungs-Ladungs-Formel zu applizieren, konnte aber nur, wie zuvor Hartmann, eine Beschleunigung und bei höherer Stromzufuhr ein Absterben der Plasmaströmung beobachten. Weiter führte der Versuch, die Orgasmusformel von der mechanischen Spannung her zu untersuchen. Dazu ließ er verschiedene Stoffe in Lösungen quellen (Spannung), was er durch Erhitzung beschleunigte. Es kam (wie zuvor bei den Grasfasern) zu einem bläschenartigen Zerfall der untersuchten Stoffe. Bei den so entstehenden blau bis blaugrün schimmernden Visikeln konnte er elektrische Ladung nachweisen (Erde und Kohle ergaben positiv geladene Bläschen, Lezithin, Moos und Muskelgewebe negativ). Unter starker Vergrößerung war in den Visikeln eine innere Bewegung zu erahnen. Bei noch stärkerer Vergrößerung wurden die Strukturen nicht schärfer, aber dafür die interne Bewegung der Visikel, die er bald als „Bione“ bezeichnete, eindeutiger. Auf Nährböden waren sie kultivierbar. Er identifizierte sie als Übergangsformen zwischen toter und lebender Materie.

Durch seine Beobachtungen und Experimente konnte Reich verifizieren, daß die Orgasmusformel am Grunde des Lebensprozesses steht und ihn durchgehend bestimmt. Was die Zweigeschlechtlichkeit anbetrifft beobachtete er unter dem Mikroskop, wie sich die primitivsten überhaupt denkbaren Lebensformen, Erd- und Kohlebione, gegenseitig nähern, erregen, Strahlungsbrücken bilden und schließlich miteinander verschmelzen. Wobei, so Reich, zwischen Fressen (einer „oralen Tätigkeit“) und Kopulation (einer „genitalen Tätigkeit“) nicht zu unterscheiden sei. Dies sei selbst noch im Vielzeller der Fall, wenn man die Vorgänge funktionell betrachtet:

Energetisch gesehen (…) ist der Vorgang, der sich zwischen dem Mund des Säuglings und der mütterlichen Brustwarze abspielt, genau das gleiche wie der zwischen der Scheide und dem erregten männlichen Organ. (…) Erst jetzt begreifen wir biophysikalisch die so grundsätzliche Entdeckung Freuds, daß die Säuglingsmundzone ebenso ein sexuell erregtes Organ darstellt wie die erregte mütterliche Brustwarze. (Der Krebs, Fischer TB, S. 66).

Bei der Beseitigung der Panzerung kam Anfang der 1930er Jahre bei Reichs Patienten zu „vegetativen Strömungen“, die er unmöglich auf bloßes „Blutwallen“ reduzieren konnte, wie an der „kalten Erektion“ unmittelbar ersichtlich ist. Zur Blutbewegung (z.B. bei der Erektion) mußte zusätzlich noch „etwas“ hinzutreten.

Die Organe füllen sich erst mit Flüssigkeit: Erektion mit Mechanischer Spannung. Dies führt eine starke Erregung mit sich, wie ich annahm, elektrischer Natur: Elektrische Ladung. Im Orgasmus baut die Muskelzuckung diese elektrische Ladung beziehungsweise sexuelle Erregung ab: Elektrische Entladung. Diese geht über in eine Entspannung der Genitalien durch Abfluß der Körperflüssigkeit: Mechanische Entspannung. Den Viertakt: Mechanische Spannung → Elektrische Ladung → Elektrische Entladung → Mechanische Entspannung nannte ich Orgasmusformel. (Die Funktion des Orgasmus, Fischer TB, S. 206)

Diese Orgasmusformel macht einen ziemlich „onanistischen“ Eindruck, da der Orgasmus nur vom Selbsterlebnis her gesehen wird, doch hat Reich im gleichen Artikel, in dem er die Orgasmusformel vorstellt, auch die energetische Beziehung zwischen Penishaut und Vaginalschleimhaut beschrieben (Die bio-elektrische Untersuchung von Sexualität und Angst, Frankfurt 1984, S. 21).

Wie erläutert konnte Reich solche subjektiven „hypothetischen“ Empfindungen wie „Ladung“ (die zur Erektion hinzu kommt) und „Entladung“ (die der Entspannung vorausgeht) später objektiv verifizieren. Auch ist die Orgasmusformel nicht auf die menschliche Sexualität beschränkt, sondern regiert

  1. die ganzkörperliche genitale Orgasmusfunktion,
  2. das Funktionieren der einzelnen Organe (Herz, Drüsen, Eingeweide, Blase) und schließlich
  3. die einzelne Zelle (Mitose, Sekretion).

Die natürliche Abfolge einfach geschehen zu lassen, ist unsere einzige Möglichkeit zu leben, statt nur zu vegetieren. Gebe dich dem Leben hin. Punkt. Selbst die Geburt wird dann zu einem ekstatischen Erlebnis:

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