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Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 102)

30. Januar 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Es wird immer wieder unternommen Reich ad absurdum zu führen, indem man auf Aldous Huxleys Brave New World verweist und auf neuere Mechanismen der psychologischen Kriegsführung. Statt zu befreien, wie Reich angeblich behauptet habe, würde Sex versklaven. Es wird dann gerne auf Pornosüchtige verwiesen.

Und genau hier fängt das große Mißverständnis an. Es geht um Kontakt, ohne den macht Sex offensichtlich überhaupt keinen Sinn. Wenn Sex zur psychologischen Kriegsführung verwandt wird, geht es ausschließlich um die Herstellung bzw. Verstärkung von Kontaktlosigkeit. Das kennt jeder aus dem Alltag, wenn man plötzlich mit plakativer Obszönität konfrontiert wird. Sie ist dermaßen unangebracht, grotesk „out of place“, daß man sofort den Bezug zur Realität verliert. Heutzutage ist man dem ständig ausgesetzt und fragt sich zunächst entsetzt: „Was soll der Scheiß!?“ – bis man abgestumpft ist, d.h. Kontaktlosigkeit induziert wurde. Besonders effektiv ist das, wenn die Obszönität als „Natürlichkeit“ verkauft wird.

Womit wir es hier zu tun haben, ist sozusagen eine Kombination der beiden Mechanismen, die in Teil 100 (Zusammenbruch des Vegetativen Nervensystems) und Teil 101 (Zusammenbruch des Zentralen Nervensystems) beschrieben wurden. Wenn sowas allen Ernstes Wilhelm Reich zugeschrieben wird bzw. diesem entgegengehalten wird, ist der Kulminationspunkt an Emotioneller Pest erreicht. Das sind die Leute, die sich in ihrer Verehrung für Marquis de Sade kaum einkriegen können, jedoch LaMettries „Wollust-Schriften“ als vernachlässigbare Schäferidyllen abtun, weil sie nur von einem handeln: dem Kontakt zwischen Menschen.

Ähnlich ist ihre Herangehensweise an Max Stirner, der als „Egoist“ abgetan wird, für den die Mitmenschen nur tote Objekte sind. Wie vollkommen absurd diese Interpretation ist, sieht man daran, daß es Stirner um nichts anderes ging, als die „Gespenster“ zu vertreiben, mit denen sich die Menschen identifizieren, statt direkten Kontakt miteinander aufzunehmen und entsprechend „egoistisch“ weit mehr Lust und Befriedigung im direkten Kontakt zu finden als in der „Pornowelt“ der Ideologien und bloßen Worte. Gewisserweise kann ich mir kaum etwas „Konservativeres“ vorstellen als diesen, Stirners Ansatz!