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James Reichs WILHELM REICH VERSUS THE FLYING SAUCERS (Teil 6)

9. Oktober 2024

James Reich befaßt sich mit Mildred Brady und bestreitet, daß sie eine Stalinisten gewesen sei. Eine absolut lächerliche Behauptung. Es ist mir echt zu dumm darauf einzugehen. Ich verweise auf das, was ich an anderer Stelle zu dieser Roten Faschistin geschrieben habe. Mit Verweis auf ihren Artikel „The New Cult of Sex and Anarchy“, in dem es gar nicht (primär) um Reich geht, er wird nur 7 mal in Aufzählungen erwähnt, während Henry Miller 27 mal erwähnt wird (S. 163), erläutert der Autor, sie könne keine Stalinistin sein, weil der Artikel „konservativ“ sei. Dieser Einwurf ist derartig lächerlich – ich verweise wieder auf das, was ich an der oben verlinkten Stelle darüber gesagt habe.

Ansonsten geht es im Kapitel 11 um Robert Anton Wilson und Colin Wilson, Norman Mailer und Tuli Kupferberg, Jack Kerouac und William S. Burroughs, durchweg sehr gute Beschreibungen und von kulturgeschichtlichem Interesse, wobei der Autor auch deutlich macht, wie ablehnend Reich dieser ganzen Hipster- und Beatnik-Sache gegenüberstand, die sich nach Reichs Tod dann zur Woodstock-Generation entwickelte. Dusan Makavejevs Film WR: Mysteries of the Organism wird eingehend beschrieben und ebenfalls kritisch bewertet. Wobei aber auch zu vermerken ist, daß die Ausführungen anfangs nur einen Zweck zu haben scheinen, Reichs Konzept „Emotionelle Pest“ zu relativieren und zur bloßen Metapher für Dummheit zu machen. „Intellektuelle“ wie James Reich stehen mit ihrer „Intelligenz“ bzw. ihrem „Intellekt“ drüber.

Der Rest des Buches beschäftigt sich mit dem „gegenkulturellen“ Einfluß von Peter Reichs Book of Dreams, wobei James Reich seine Psycho-Analyse Reichs fortspinnt u.a. tauchen zu allem Überfluß auch noch Otto Weininger und Donald W. Winnicott auf: die Fliegenden Untertassen waren (zusammen mit Peter Reichs in der Dunkelheit leuchtendem Jo-Jo) als durch die phallische Space Gun verschwimmende, aber zurückkehrende „Übergangsobjekte“ im ödipalen Kampf zwischen Wilhelm und Peter Reich – oder so ähnlich… …jedenfalls endet das ganze, nach Winnicott, „in the direction of the functional climax of an orgasm“ (S. 199). Ich habe schlichtweg keinen Bock mehr, auf dieses degoutante Zeugs weiter einzugehen. Etwa: in Arizona ersetzte Wilhelm Reich für Peter Reich dessen ödipale Urszene durch Scienc Fiction-Abenteuer (S. 190) oder irgend so ein saublööööder Quark.

In Anlehnung an Deleuze und Guattari könnte man das Auftauchen der Fliegenden Untertasse als Antwort auf Formen des Totalitarismus und des Ödipuskomplexes betrachten, als Manifestation irrationaler Wunschproduktion. Ihre phantasmatische oder eidetische Präsenz ist gerade das Begehren oder dessen Mangel, und doch sind sie immer noch die Unidentifizierten Fliegenden Objekte des Begehrens, in denen Experimente am Körper durchgeführt werden – Penetration, Kastration, Imprägnation –, bei denen das Sprechen unmöglich ist – der Verlust des Subjekts, der Tod des sprechenden ‚Ichs‘. (S. 201f)

Ich muß voller Ekel und Verachtung an das „Zeitalter des Feuilletonismus“ denken, von dem Hermann Hesse in seinem Roman über die Orgonometrie sprach. Literarischer Eskapismus, quälend zäh zu lesen, der dem Thema „OROP Desert Ea“ denkbar unangemessen ist. James Reich spricht übrigens vom „delirium of Contact with Space“ (S. 190) und hatte sich am Anfang des Buches über den „Kubismus“ von Sharafs Reich-Biographie lustig gemacht (S. 26), dabei ist Wilhelm Reich versus The Flying Saucers wirres Geschmiere! Wenn ich das Wort „Kultur“, gar „Gegenkultur“ höre, entsichere ich meine Pistole. Hier Tuli Kupferbergs Antwort. Nach dieser Szene schneidet Dusan Makavejev abrupt Reichs „phallischen“ Cloudbuster in den Film…

Zum Schluß folgende “Some Notes on Desert (From a Talk by Reich at Orgonon, August 1954)”, die sich in Tuli Kupferbergs Nachlaß fanden und die Reichs ursprüngliche Einschätzung von Ea wiederspiegeln. Eine Einschätzung, die im Verlauf seines „Contact with Space“ ins Gegenteil umkippte:

DOR hat es schon immer gegeben. Der starke Anstieg der atmosphärischen DOR in den letzten Jahren ist eine Folge der Atomexplosionen und anderer atomarer Aktivitäten und offenbar auch auf kosmisches Orgon-Engineering durch die Menschen zurückzuführen, die unseren Planeten in Raumschiffen aus anderen Welten besucht haben. (Diejenigen, die immer noch skeptisch sind, was die Anwesenheit von „Fliegenden Untertassen“ an unserem Himmel betrifft, sollten wissen, daß unsere Regierung seit einigen Jahren nicht mehr als 2000 Leute beschäftigt, nur um optische Täuschungen zu beobachten.)

Über die genauen Absichten der „CORE-Männer“ kann man nur spekulieren. Offensichtlich sind sie besorgt über die weitreichenden Auswirkungen unserer periodischen Explosionen. Sie könnten diese schädlichen Explosionen stoppen, indem sie uns entweder durch DOR-Krankheit und Wüstenentwicklung in unserer Welt vernichten oder uns zu Gesundheit und Vernunft drängen. Da die CORE-Männer in Kontakt mit den Orgon-Funktionen stehen und zweifellos nicht gepanzert sind, ist es einfacher zu glauben, daß ihre Absichten uns gegenüber gutartig sind. Aber die Möglichkeit, daß sie eine neue Art von Krieg auf einem gefährlichen Planeten führen, ist nicht zu übersehen. (z.n. S. 182f)

Reich und Ea kann man ernsthaft nur in folgendem Rahmen diskutieren:

Und eine PHYSIKERIN über die UFOs der 1950er Jahre:

Und – WIR und die Fliegenden Untertassen:

Ende der Rezension

James Reichs WILHELM REICH VERSUS THE FLYING SAUCERS (Teil 1)

22. September 2024

Das Buch gehört zum Genre „Leben als Literatur“, d.h. der kulturelle Einfluß auf Reich, z.B. D.H. Lawrence, und der Einfluß Reichs, z.B. auf Tuli Kupferberg, vor allem geht es aber darum, wie Reich das ORANUR-Experiment und die juristische Auseinandersetzung mit der FDA mit Hilfe insbesondere des Kinos verarbeitet hat.

Der Inhalt des Buches wird am besten vom Autor selbst zusammengefaßt:

Der dritte und letzte Abschnitt von Reichs Karriere war der Bogen, der 1950 begann, als er seine Experimente mit Orgonenergie zur Immunisierung gegen die Auswirkungen der Strahlenkrankheit, zur Wetterkontrolle mit dem ikonischen Cloudbuster-Gerät und dann zu Interventionen gegen UFOs mit dem Cloudbuster, der jetzt als Weltraumkanone umgestaltet wurde, nutzte. Herbert Marcuse nannte dies „die wilden und phantastischen Hobbys von Reichs späteren Jahren“. Das vorliegende Buch widerspricht dieser Herablassung. In diesem Buch geht es unter anderem darum, wie ein sinnvolles Leben konstruiert wird, und ich vertraue darauf, daß der Leser versteht, daß es sich weder um eine Hetzschrift noch um eine Hagiographie handelt, sondern um eine Interpretation von Reich in den fünfziger Jahren, die weder eine Diagnose stellt noch Wilhelm Reichs letzte sieben Jahre als eine bloße Reihe psychotischer Symptome abtut. (S. 27)

Es ist schade, daß der Autor Elsworth F. Bakers My Eleven Years with Wilhelm Reich, Lois Wyvells Orgone and You, Jim Martins Wilhelm Reich and the Cold War sowie Edens Bücher nicht zu Rate zog. Von Lois Wyvell, Reichs Sekretärin und zeitweiligen Geliebten, hätte er beispielsweise gelernt:

Aus einer Laune heraus spielte ich einmal mit dem Gedanken, daß Reich der Sohn von Cecilia und einem Astronauten aus einer anderen Welt sein könnte, und neckte ihn mit dieser Idee, die er als eine meiner dümmeren Einfälle abtat. Später, Jahre später, als er sich der menschlichen Rasse noch mehr entfremdet fühlte und viel mehr unter den Menschen gelitten hatte, wollte er sich offenbar ganz von ihr trennen, und er spielte dann mit dem Gedanken, daß er tatsächlich der Sohn eines Menschen aus einer besseren Welt sein könnte. Ich bezweifle, daß er diese Idee jemals sehr ernst genommen hat, aber es mag ihn getröstet haben, als sich die ganze Welt gegen ihn zu wenden schien, sich einzubilden, daß es irgendwo im Universum Männer und Frauen wie ihn gibt. (Lois Wyvell: Orgone and You III – An Extraordinary Ordinary Man, Offshoots of Orgonomy 3:3-14, 1981)

Übrigens findet sich auf S. 31f des Buches die perfekte Illustration zu meinem gestrigen Blogeintrag über den total durchgeknallten C.G. Jung: dieser hat eine Krise, als sich herausstellt, daß „Fliegende Untertassen“ offenbar keine bloße Projektion des menschlichen Unterbewußtseins sind, das „Mandalas“ an den Himmel projiziert; und schließlich kommt er infolge eines Traums zu der Überlegung, wir, die Menschen, könnten umgekehrt die Projektion der UFOs sein…