[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]
Ich betrachte Occams Diktum, daß es keine „Beziehungen“, keinen „Raum“, keinen „Äther“ an sich gäbe, sondern ausschließlich die konkreten einzelnen Dinge, die sich aufeinander beziehen, als letztendlich unvereinbar mit Reichs Orgonomie. Der Nominalist ist der (im wahrsten Sinne des Wortes) wurzellose Liberale, der nur die Myriaden Variationen sieht, nicht jedoch das Gemeinsame Funktionsprinzip (CFP), auf das sich der Konservative „rückbezieht“.
Nun, an sich ist Stirner radikaler Nominalist. Es ist bezeichnend, daß sowohl bei Occam als auch bei Stirner die voraussetzungslose, selbstherrliche „Schöpfung aus dem Nichts“ eine zentrale Rolle spielt.
Es gibt eine untergründige Verbindung zwischen Occams radikalem Nominalismus, Leibniz‘ anti-Newtonsche Monadenlehre und Stirner einerseits – und dem Neo-Platonismus, Newtons Absoluten Raum/Äther und Reichs Orgontheorie andererseits.
Occams Insistieren, daß es neben der äußeren, objektiven Wahrheit auch eine innere, subjektive Wahrheit gibt, ist auch unvereinbar – mit Reichs Gesundheitsbegriff. Oder man betrachte, wie Reich mit Bergsons sozusagen „einzig-eigenen subjektiven“ „Erlebnis der Dauer“ in Äther, Gott und Teufel umgeht – er gibt ihr eine objektivistische und „realistische“ Wende. Wahrheit ist der Kontakt mit der Wirklichkeit. Punkt!
Das nur als oberflächliche Stichworte, die in etwa anzeigen, wo der Gegensatz zwischen Stirner und Reich zu suchen ist. Occam ist beim Festmachen dieses Gegensatzes ein sehr passender Ansatzpunkt. Es hat schon eine gewisse historische Tiefe, wenn sich immer wieder Reichianer ganz im Occamschen Geiste von der „orgonomischen Scholastik“ befreien wollen.
Der Gegensatz zwischen Stirner und Reich tut sich nicht nach Die Funktion des Orgasmus von 1927 und auch nicht nach Die Funktion des Orgasmus von 1942 auf, sondern erst nach der „Die Funktion des Orgasmus“ von 1951 (Die kosmische Überlagerung). Genau da wo es „kosmisch“ wird, werden Stirner und Reich unvereinbar. Weniger weil „Gott“ oder „Kosmisches“ ins Spiel kommt, sondern weil hier (in Gestalt des energetischen „Orgonoms“) überindividuelle Prinzipien, Common Functioning Principles, autonome Relationen bzw. „Funktionen“ ins Spiel kommen, „scholastische Realien“ – gegen die sich der Nominalist Occam wandte. – In dieser Beziehung sind Stirner und Reich schlichtweg unvereinbar.
Oder doch nicht? Betrachten wir die Sache aus einer etwas anderen Perspektive: (siehe die anschließenden Teile 46 und 47)