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Authentisch, autonom, frei, selbstbewußt, glücklich und produktiv (Teil 4)

4. Juni 2023

Du kannst nur authentisch, autonom, frei, selbstbewußt, glücklich und produktiv sein, weil die Orgonenergie eine ganz bestimmte Eigenschaft hat, die aller mystisch-mechanistischen Weltanschauung widerspricht: Spontanität.

Die Auseinandersetzung mit Max Stirner zwang Marx seinen Feuerbach‘ismus, d.h. die pseudoatheistische Vergöttlichung „der Menschheit“, hinter sich zu lassen und stattdessen den Historischen Materialismus zu entwerfen. Was leistet der? Er vergesellschaftet das Individuum und errichtet so durch die Hintertür doch wieder „die Menschheit“ Feuerbachs.

Dazu diese interessante Aufstellung: https://willenberg-clp.de/wp-content/uploads/2020/10/synopse-fb-m-f.pdf

Wie passen LaMettrie, Stirner und Reich hier rein? Sie vertreten keine Projektionstheorie, sondern, frei nach Sandor Ferenczi (als der um 1910 herum ganz kurz Reich vorwegnahm und dafür von Freud zusammengestaucht wurde), eine Introjektionstheorie.

Wer vertritt noch eine Introjektionstheorie? Das Christentum: der Mensch betet keinen Götzen (Gott) an, sondern umgekehrt wird Gott zum Menschen. Stirner spielt darauf in seinen anfänglichen Reden an Kirchengemeinden an. Und Stirner kehrt es schließlich um: ich habe meine Sache auf mich gestellt – genauso wie Gott die Welt aus dem Nichts geschaffen hat. Was bedeutet, die Welt aus dem Nichts zu schaffen? Spontanität, agieren aus der eigenen Fülle jenseits von „Ursache und Wirkung“.

Das Christentum vertritt eine zweite, komplementäre Introjektionstheorie: das gesamte Neue Testament handelt von nichts anderem, als daß „Dämonen“ von uns Besitz ergreifen und uns der Selbststeuerung berauben. Aus äußeren Hierarchien werden „innere Hierarchien“ (das Über-Ich), die uns dazu bringen gegen unsere eigenen Interessen zu handeln.

Stirner war dergestalt Materialist, weil er die allgemeinen Begriffe („die Menschheit“) aufhob und er war gleichzeitig Antimaterialist, weil er damit genau das aufhob, was den Wesenskern des Materialismus ausmacht: Ursache und Wirkung. Spontanität ist mit jedwedem Materialismus unvereinbar. Ich erinnere an den strengen Determinismus sowohl bei Marx als auch bei Freud (und gewisserweise auch bei Nietzsche). Hinter diesem Determinismus verbirgt sich natürlich letztendlich nichts anderes als der Deismus und damit ein „moralisches Universum“ – also die pseudomaterialistische Pseudoaufklärung, die alles Tat, um den Störenfried LaMettrie zu beseitigen.

Authentisch, autonom, frei, selbstbewußt, glücklich und produktiv (Teil 2)

1. Juni 2023

Bedeutet das beschriebene authentisch, autonom, frei, selbstbewußt Sein nicht, daß man sich nichtsnutzig seinen Launen hingibt und damit seine Umwelt tyrannisiert? Gut, ich kann meinen Launen folgen und die verlockenden Ingredienzien des Kuchens gleich verputzen, statt mühsam den Teig gären zu lassen etc. bis der Kuchen fertig ist und ich Gäste zum festlichen Mahl einladen kann. Doch das letztere würde mir unvergleichlich größere Lust und langfristiges Glück bescheren als das einsame Naschen, ganz abgesehen vom leckeren Kuchen selbst. Noch glücklicher werde ich, wenn ich dieses Kuchenbacken in einen größeren Zusammenhang bringe, etwa einen Kuchenbackverein, der Kuchenbackturniere ausrichtet und ich schließlich vom Kuchenbackpapst höchstpersönlich empfangen werde und von ihm den Auftrag erhalte, die Kuchenbackkunst in der Südsee zu verbreiten.

Es geht also um Triebaufschub als Bedingung des Glücks! Aber bedeutet das nicht Panzerung? Wir haben den bioenergetischen Kern, der nach Befriedigung strebt und die soziale Fassade, die durch den Kontakt mit der Umwelt diese Befriedigung ermöglicht. Dazwischen ist das geschaltet, die „mittlere Schicht“, was man gemeinhin „Charakter“ nennt: unsere Fähigkeit mit unseren Trieben hauszuhalten. Sind wir gepanzert, d.h. haben wir einen neurotischen Charakter, ist dieser Triebaufschub denkbar unpassend und vor allem selbstdestruktiv, etwa indem wir uns für irgendwelche Dinge aufopfern, die nicht in unserem ureigensten Interesse sind (Stichwort „Massenpsychologie des Faschismus“). Sind wir jedoch ungepanzert, dann können wir mit unseren Trieben haushalten, weil wir Herr im eigenen Haus sind.

Reichs allererstes Buch, Der triebhafte Charakter (die erste Beschreibung der Borderline-Störung überhaupt) von 1925, erläutert, wie durch eine widersprüchliche und vor allem sadistische Erziehung, daß Über-Ich „isoliert“ wird und dann wie ein imperativer Trieb wirkt („Du mußt dich ritzen, du blöde Schlampe!“). Das zeigt, daß das Abpanzern nicht etwa eine Lösung von dem beschriebenen Dilemma von kontraproduktiven Launen und schädlichem Triebaufschub ist, sondern es nur noch weiter verschärft. In der Moral schlummert immer das irrational Triebhafte und umgekehrt.

Heute leben wir in einer sadomasochistischen Gesellschaft, die von triebhaften Charakteren geprägt ist, die keinen Triebaufschub mehr akzeptieren bzw. überhaupt ertragen können und gleichzeitig extrem moralistisch sind (Stichwort „Klimakleber“).

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