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Deutschland und die Emotionelle Pest (Teil 11)

2. Oktober 2025

Es sperrt sich alles in einem, den Rassismus in den Südstaaten der USA oder die zeitweise Internierung von Japanern insbesondere an der Westküste in irgendeiner Weise mit Deutschlands „Judenpolitik“ in Verbindung zu bringen. Auch wenn die Nürnberger Gesetze, d.h. die „Rassentrennung“, durch das entsprechende amerikanische Recht inspiriert war und trotz der Tatsache, daß die Nazis die Juden als „Alien Enemies“ betrachteten… Aber es mutet schon etwas merkwürdig an, wenn es überall in den USA Holocaust-Museen gibt, aber keine über den Genozid an den Indianern; daß in den öffentlichen Schulen Anne Frank und Elie Wiesel gelesen werden, aber die Tragödie der amerikanischen Ureinwohner kaum Erwähnung findet.

Ich mag Amerika sehr, aber die bloße Existenz dieses Volkes basiert historisch auf der Verdrängung, teilweise sogar Ausrottung der Indianer. Und der Reichtum der meisten europäischen Staaten beruht auf ihrer Vergangenheit als Kolonialisten, wurzelt in der imperialistischen Kriegsführung und der Unterdrückung von indigenen ethnischen Gruppen, die über Jahrhunderte als „rassisch minderwertig“ galten und als solche behandelt wurden. Während Deutschland bis 1884 nicht eine einzige Kolonie in seiner Geschichte hatte! Sogar Südafrika, das zu den „Siegern des Zweiten Weltkrieges“ gehörte, fühlte sich bemüßigt, moralische Bedenken über den Rassismus gegen die Juden in Deutschland zum Ausdruck zu bringen, – während die gleichen Südafrikaner bis 1994 an ihrer Apartheid festhielten!

Noch mehr als in Nazi-Deutschland war explizit die ganze soziale Hierarchie im britischen Empire im Rassismus und dem Glauben an eine Herrenrasse „höherer Geburt“ verwurzelt. Wenn du als Sohn eines armen Arbeiters in den Docks von Liverpool geboren wurdest, bliebst du lebenslang Mitglied der Arbeiterklasse. Wenn du als erster Sohn eines Lords geboren wurdest, wurdest du nur durch deine Geburt für den Rest deines Lebens zu einem faulen und dekadenten Edelmann – mit 50 persönlichen Dienern, 5 Häusern, großen Ländereien und einem Einkommen, das zigtausendfach über dem eines Liverpooler Dockarbeiters lag. Die Lordschaften hatten es nicht nötig zu arbeiten und konnten ihre Lebenszeit mit Fuchsjagden, Billard und Poker in ihrem anspruchsvollen „Gentlemen´s Club“ verbringen und ihre Butler herumkommandieren. Darüber hinaus erhielten sie automatisch einen Sitz im House of Lords und konnten das Schicksal der Nation mitbestimmen.

Im London des viktorianischen Zeitalters, der reichsten Stadt der Welt, gab es umfangreiche Slums, wo Hunderttausende auf engstem Raum zusammengepfercht lebten und an Unterernährung und Kälte starben. Das Trinkwasser war mit Cholera verseucht. Um 1880 hatte London 200 000 registrierte Prostituierte (plus eine noch höhere Anzahl, die nicht registriert waren). Die meisten von ihnen litten an Syphilis, darunter viele Kinderprostituierte, die für die Spezialwünsche pädophiler „Gentlemen“ zur Verfügung standen. Viertel wie Limehouse oder Whitechapel im East End waren vergleichbar mit Calcutta in den 1960er Jahren. Es gab Wohnhäuser, in denen 20 Arme sich ein Zimmer teilen mußten. Diese Häuser gehörten den gleichen Gentlemen, die auch die Fabriken besaßen, in denen diese Armen arbeiteten. Sie arbeiteten manchmal 16 Stunden am Tag für einen Hungerlohn, und vielleicht war nach zwei Jahre ihr Organismus von den Giften in der Fabrik unrettbar zerstört.

Fairerweise muß man aber auch sagen, daß die berühmteste Beschreibung dieser Zustände, Engels‘ aufwühlendes Buch Die Lage der arbeitenden Klasse in England, größtenteils auf offiziellen Parlamentsunterlagen beruhte und daß man ständig darum bemüht war, die gröbsten Ungerechtigkeiten abzustellen. Das größte Übel Englands war sein, fast schon an das indische Kastensystem erinnerndes, starres Klassengefüge, das einen Aufstieg fast unmöglich machte und dekadentes, teilweise schlichtweg debiles Gesindel oben hielt. Davon lebt noch heute ein Gutteil der englischen Comedy. Es wirkt nach, etwa wenn sich Mitglieder der Arbeiterklasse gegen das Oberschichtenprojekt des Multikulturalismus wehren: sie werden von der linken Oberschicht sofort als primitives „Nazipack“ abqualifiziert. Als Neandertaler! Als Untermenschen!

In der englischen Sprache kann man sofort erkennen, welcher sozialen Klasse der Sprecher angehört: ob er ein „Edelmensch“ mit Oxford English („Posh“) oder nur ein Proletarier mit Cockney English ist. Das ganze Selbstverständnis des britischen Empire beruhte jahrhundertelang auf diesem hereditären und rassisch gebundenen Herrenmenschentum. Man war der Überzeugung, daß aufgrund seiner Geburt und seines „Blutes“ ein britischer Gentleman besser war als alle anderen Menschen auf der Welt, und daß England daher das Recht habe, andere Völker zu führen und auszunutzen. Genau deshalb bewunderten und verehrten die Nazieliten, allen voran Hitler selbst, die Engländer so sehr.

Woher das kurz umrissene Elend in dieser Gesellschaft, die die Nazis so sehr bewunderten? Das, was England groß gemacht hatte, seine Kolonien, hat es auch zerstört, denn durch die gesicherten Absatzmärkte für minderwertige Waren und durch die Einfuhr spottbilliger Rohstoffe wurden zwar die Reichen immer reicher, aber die englische Wirtschaft selbst mußte dabei logischerweise immer mehr auf sozusagen „Dritte-Welt-Niveau“ absinken. Ernsthafte Konkurrenz war praktisch ausgeschaltet, und die Fabriken konnten minderwertigen Ramsch produzieren, der von unterqualifizierten und unterbezahlten Arbeitern produziert werden konnte. Zumal eine Binnennachfrage durch eine einigermaßen materiell abgesicherte Arbeiterschaft dank der Kolonien so gut wie bedeutungslos war. Das war auch der Grund, warum England die aufstrebende Industrienation Deutschland mit einem absoluten Vernichtungswillen verfolgte: langfristig war England für die Deutschen keine Konkurrenz!

England war von der Kaiserzeit bis heute immer wesentlich ärmer und in jeder Beziehung rückständiger als Deutschland. Das konnte man etwa daran sehen, daß die „DDR“ nie Probleme hatte, England als Referenz zu nehmen, wenn es darum ging, das eigene Land mit einem westlichen Land zu vergleichen, insbesondere in Fernsehberichten und sogar bei den wenigen Reisen ins „westliche Ausland“. Bei Westdeutschland wäre der Kontrast zu groß gewesen, bei England fiel er kaum ins Gewicht. Margaret Thatcher wird vorgeworfen, sie habe England „deindustrialisiert“, dabei hat sie nur das Unvermeidliche beschleunigt, denn Englands Industrie war Schrott! Oder man nehme proletarische Protestbewegungen wie die Skins, die Mods und die Punks. Eine Figur wie Johnny Rotten wäre in Deutschland in den 1970er Jahren gar nicht möglich gewesen, weil es keine Elendsquartiere und krassen Klassenunterschiede wie in England gab – und das trotz der totalen Vernichtung im Weltkrieg und des Millionenheers der Umsiedler! Man schaue sich mal an, wo vermeintliche „Punker“ wie die groteske Figur Campino oder Die Ärzte aufgewachsen sind!

Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, daß England als ausschließlich „gut“ und Deutschland als ausschließlich „böse“ dargestellt wird. Ein noch größerer Treppenwitz ist es, daß der idiotische Englandanbeter Hitler ein ähnliches Kolonialreich für Deutschland ersehnte.

Selbst Autarkie ist zerstörerisch genug. Man nehme doch nur die USA, die tatsächlich so gut wie autark sind – und in weiten Teilen ein Entwicklungsland. Welcher normale Mensch kauft schon amerikanische Produkte, etwa amerikanische Kühlschränke oder amerikanische Fernseher? Nur der kapitalistische Weltmarkt, dem Deutschland von Anfang an vollkommen ungeschützt ausgesetzt war, garantiert langfristig Wohlstand und ein hohes Lebensniveau aller Bevölkerungsschichten. Rechte und linke Spinner werden das nie verstehen, um Deutschland „zu retten“.

Wie bereits in Teil 6 angedeutet, war Englands ganzes Kolonialsystem vollkommen irrational und kontraproduktiv: es war nichts anderes als Emotionelle Pest – und genau diese Emotionelle Pest richtete England auf Deutschland, das aus englischer Sicht „sterben muß, damit England leben kann“. Aber kein deutscher Geschichtslehrer wird sich jemals trauen, das seinen Schülern zu erklären!

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 145)

28. Juli 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

1929 hat Reich in seiner Schrift Psychoanalyse und Dialektischer Materialismus Marx als Verkörperung der Bewußtwerdung der ökonomischen Gesetze, bzw. der ökonomischen Ausbeutung, gedeutet und parallel dazu Freud im Bereich des Sexuellen die gleiche Stellung zugewiesen (die Lebensreform- und Mentalhygiene-Bewegung seit der Zeit des Jugendstils). Alles im Sinne des Historischen Materialismus, dem sich Reich kurz zuvor verschrieben hatte. Später, mit Verstreichen der 1930er Jahre, hat er das dann zunehmend im Sinne einer „objektiven Logik“ gesehen, der Logik der Entfaltung der „vegetativen Energie“ und sich selbst als bloßes Werkzeug dieser Logik. Es ist nur konsequent Stirner an die Stelle von Marx zu setzen und Reich selbst an die Stelle von Freud. Und das dann auf LaMettrie auszudehnen, der an die Stelle von Kant und Rousseau tritt.

Apropos „Wellen“: Kann man Schopenhauers und Nietzsches Einfluß auf die Deutschen unterschätzen? Aber die beiden sind auch nicht vom Himmel gefallen, sondern wurzeln in der romantischen Strömung. Es ist immer die Frage nach dem Huhn und dem Ei. War zuerst die gesellschaftliche Strömung da, die in Deutschland zweifellos bis auf die Bauernkriege und dann den 30jährigen Krieg zurückgeht, dann der Pietismus, etc. also „das Huhn“ – oder war es „das Ei“, irgendein Denker. Kann man etwa Luthers Einfluß überhaupt unterschätzen? Was ist die „Ideengeschichte“ neben der „materiellen Geschichte“? Man nehme etwa die Rolle der „ideelen“ Jugendmusik (d.h. Negermusik) und der „materiellen“ Pille in den letzten 60 Jahren!

Nach Reich war etwa Hitler vollkommen unbedeutend, ein echter Fliegenschiß in der Geschichte. Bedeutsam wurde er nur, weil seine Charakterstruktur so paßgenau zu der des durchschnittlichen Deutschen gepaßt hat. Aber wo wären wir heute ohne Hitlers nicht weiter reduzierbaren persönlichen Idiosynkrasien? Ein mehr maritim orientierter Mensch hätte den Krieg gewonnen: die ansonsten ziemlich nutzlose deutsche Marine überfällt Leningrad, Gibraltar, ohne das das Britische Empire nicht lebensfähig ist, wird von einem mit deutschen Konzessionen überschütteten Spanien heim geholt und eine weitaus größere U-Boot-Flotte sperrt den Atlantik. Das hätten weder Rußland noch England überlebt und Italien hätte keinen Schaden mehr anrichten können.

Es gab zwei alles entscheidende Umbrüche in der Menschheitsgeschichte: etwa 4000 Jahre vor Christi die Entstehung der Panzerung („der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral“) und etwa 1960 der (Anfang des) Zusammenbruch(s) eben dieser Panzerung („die sexuelle Revolution“). Das ist der Wechsel von der autoritären zur antiautoritären Gesellschaft und die Umstrukturierung des Menschen von der Muskel- zur Augenpanzerung. In Begriffen des Über-Ichs der Wechsel von einem mehr oder weniger in die psychische Struktur gut integrierten Über-Ich zu einem „isolierten Über-Ich“, wie Reich es bereits 1925 in seiner Beschreibung von „Lumpenproletariern“ und „Perversen“ beschrieben hat (Der triebhafte Charakter). Dieses „isolierte Über-Ich“ agiert wie eine unkontrollierbare autodestruktive Triebregung und führt zu Drogenmißbrauch, Selbstverstümmelung und all dem, was heute die „woke“ antiautoritäre Gesellschaft und ihr ausgeklügeltes Selbstmordprogramm auszeichnet.

Die philosophischen Strömungen mit „gesellschaftlicher Relevanz“ sind all die, die den besagten welthistorischen Umbruch entweder getreulich widerspiegeln (insbesondere die „Dekonstruktion“ a la Derrida) oder sich ihm explizit entgegenstellen (all die sich politisch verdächtig machenden Philosophen, beispielsweise, keine Ahnung, Sloterdijk?) bzw. über ihn hinausweisen (Laska).