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Schizophrenie, Wüstenbildung, Überlagerung und Panzerungsgenese (Teil 3)

14. Januar 2025

Als der Urmensch einem Säbelzahntiger gegenüberstand, konnte er weglaufen, sich mit einem Speer wehren oder einfach vor Schreck erstarren (Anorgonie) und bei lebendigem Leib gefressen werden. Diese Konstellation hat nichts mit Panzerungsgenese zu tun. Ganz anders, wenn man sich vor seiner eigenen Existenz fürchtet; dann ist die einzige Möglichkeit damit umzugehen die Panzerung. Der normale Neurotiker ist zu dumm und zu stumpf, um eine Ahnung davon zu haben, nur schizophrene Menschen wie Nietzsche spüren, wovon Reich sprach. Mit Nietzsches Worten: „Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich.“ Es ist, als würde man über einen Holzsteg gehen. Wenn er flach auf einer Wiese liegt, ist das kein Problem. Aber wenn er über einen tiefen Abgrund führt, strauchelt man aus Panik und stürzt in den Tod. Sich seiner selbst gewahr zu werden, kann Menschen so verunsichern, daß sie in den Abgrund fallen. Für Reich war der besagte Abgrund das Zusammenspiel von Wahrnehmung und Erregung. Die Selbstwahrnehmung schuf in der Urzeit die Panzerung und die Schizophrenie legt diesen Mechanismus bis heute frei, während der Neurotiker sich der Urkatastrophe anpaßte, indem er sich sowohl gegen die Wahrnehmung als auch gegen die Erregung panzerte.

Hier sagt Dr. Holbrooks Vater, der Schauspieler Hal Holbrook (bzw. natürlich der Drehbuchautor…) etwas sehr Bemerkenswertes, über das der Leser im Zusammenhang mit diesem Blogeintrag nachsinnen sollte:

Der Mann blickt in den Abgrund, und nichts blickt zurück. In diesem Moment findet der Mensch seinen Charakter. Und das ist es, was ihn vor dem Abgrund bewahrt.

Wir wehren uns gegen den Abgrund, indem wir einen „Charakter“ entwickeln, d.h. gegen die orgonotische Strömung abpanzern, so daß der Abgrund nicht mehr „auch in dich blicken kann“.

Im letzten Kapitel von Die kosmische Überlagerung (1951) ist das Hauptthema das Problem der „Selbstwahrnehmung“, das Reich erstmals im letzten Kapitel von Charakteranalyse (1949) dargelegt hatte. Für Reich wirft, im Sinne des Gleichklangs von Phylo- und Ontogenie, die „früheste“ Charakterstruktur (die okulare des Schizophrenen) ein Licht auf den frühesten Konflikt der Menschheit, d.h. die Frage, wie man Erregung und Wahrnehmung integrieren kann. Homo normalis entschied sich, sowohl die Erregung als auch die Wahrnehmung durch muskuläre Panzerung zu unterdrücken, während der Schizophrene sozusagen ein Relikt der Urzeit ist, weil er immer noch mit dem ursprünglichen Konflikt kämpft, d.h. mit der Spaltung zwischen Wahrnehmung und Erregung. In gewisser Weise sind Schizophrene also kosmische Wesen mit einem Fuß im Garten Eden „vor dem Sündenfall“, während Neurotiker postapokalyptische dumpfe Zombies „nach dem Sündenfall“ sind. Das erklärt auch den Haß und die Verachtung, die der Neurotiker dem Schizophrenen entgegenbringt. Christusmord!

Das bedeutet nicht, daß Schizophrene „gesünder“ sind, ganz im Gegenteil, sie verkörpern die Tragödie des Menschen. Wenn sie „Stimmen“ hören und die Entfremdung (De-Personalisierung und De-Realisierung) tatsächlich spüren, erleben sie den Sündenfall, d.h. sowohl den Terror der Wahrnehmung als auch den Terror der ORgon-DOR-Sequestrierung. Der Neurotiker ist zu gepanzert, um etwas davon zu spüren, aber diese Panzerung schützt ihn auch, während der Schizophrene immer in Gefahr ist, innerlich zerrissen zu werden und buchstäblich auseinanderzufallen.

Reichs hier umrissene erste Theorie über die phylogenetischen Ursprünge der Panzerung ist im Wesentlichen mystisch, da sie sich um Wahrnehmung, Bewußtsein, Denken usw. dreht. Seine zweite, hier nur angedeutete, aber von James DeMeo mit „Saharasia“ im Detail weiter ausgeführte Theorie (Wüstenbildung, DOR, Sequestrierung) ist im Wesentlichen mechanisch (Anpassung an Umweltfaktoren). Beide machen wenig bis keinen Sinn, weil sie im Wesentlichen eine Rückkehr zu Freud sind (schwaches Ich, Todestrieb). Andererseits: das Konzept der Panzerung funktioniert ohne die Funktion der Wahrnehmung kaum, denn nur diese macht den Menschen so verletzlich, so „panzerungsanfällig“ im Vergleich zu anderen Tieren, die im Wesentlichen autistische, selbstgenügsame Bio-Roboter sind. Was ist nun die CFP dieser beiden Theorien (Introspektion, Wüstenbildung) über die ursprüngliche Panzerbildung der menschlichen Rasse? Es ist die umgekehrte orgonometrische Entwicklungsgleichung, mit der wir sowohl das Denken (die Entstehung einer Idee, eines Gedankens, einer Metapher usw.) als auch die Bildung von Materie (letztlich DOR) durch Überlagerung beschreiben.

Diese beiden Punkte erklären, warum die Menschen sich als immaterielle „primordiale“ „Geistwesen“ (sozusagen „Denkwesen“) sehen, die in einer materiellen „DOR-Welt“ gefangen sind. Diese „Gnostik“ mit ihrer Fixierung auf das Mentale und ihrem Haß auf die Materie ist unmittelbarer Ausdruck des Geheimnisses der Panzerungsgenese. Erinnert sei auch an die „göttlichen Eingebungen“ bzw. die „des Teufels“, um die alle Religionen kreisen. Religionen die entstanden, um mit der Urkrise fertigzuwerden. Beispielsweise können wir nun auch die biblischen Gleichsetzung von „Erkennen“ und Geschlechtsverkehr, und wie das ganze mit dem „Sündenfall“ verknüpft ist, besser einordnen.

Man erlaube mir erneut eine Zwischenbemerkung: Das sequestrieren des DORs und damit die Entpanzerung erfolgt in der Orgontherapie nicht „automatisch“, sondern über die Selbstwahrnehmung. Ich muß mich vom DOR bewußt distanzieren (Kontakt), was wieder auf den schwer faßbaren Konnex zwischen den beiden Theorien zur Panzergenese (Bewußtwerdung hier, DOR dort) verweist. Der Schizophrene ist das Schlachtfeld, auf dem wir dieses kosmische Ringen der Menschheit, Dante Alighieris „göttliche Komödie“ bis heute eins zu eins bewundern können. Man lese dazu das letzte Kapitel von Charakteranalyse, das zwei Jahre vor dem ORANUR-Experiment veröffentlicht wurde, im Lichte des OR-DOR-Gegensatzes: es ist ein Ringen zwischen Gott und Teufel, das tagtäglich die Schizophrenen stellvertretend für den halbtoten Homo normalis ausfechten.