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Jenseits des Fotzenfritzismus

9. März 2025

Reich hat folgende Aussage getätigt: „… in seiner Struktur ein freiheitlicher, wenn auch neurotischer Mensch…“ (Massenpsychologie des Faschismus, Fischer TB, S. 271). Demnach war für ihn also „freiheitliche Struktur“ und „unneurotische Struktur“ nicht dasselbe, entsprechend Elsworth F. Bakers Aussage, daß es nicht so ist, daß diejenigen, die der Orgonomie folgen weniger gepanzert sind (bzw. unbedingt sein müssen) als diejenigen, die die Orgonomie ablehnen. Vielmehr gehe es darum, ob man ein inneres Gefühl dafür bewahrt hat, was Gesundheit ist. Man muß also als „Neuer Führer“ ein entsprechendes Ich-Ideal verkörpern.

Woher wird dieser Neue Führer, wie Reich ihn in Christusmord anvisiert hat, seine Autorität nehmen? Ich weiß nur, daß man sofort seine Autorität verliert, wenn man sozusagen „vom Blatt abliest, anstatt frei zu sprechen“. Wenn man monoton spricht, egal ob schnell oder langsam, anstatt seinen Ausdruck ständig zu modulieren. Er darf schlichtweg keine getriebene Marionette, wie etwa jetzt der dröge Merz, sein. Autorität und Spontaneität sind untrennbar, denn die Autoritätsperson muß per Definition ein Schöpfer sein. Und sie muß in ihrem Denken und Handeln unabhängig sein, kein „Reichianer“ oder sonstiger „-ianer“. Sie muß den versklavten Massen die Selbststeuerung vorleben. Sie ist das verkörperte Ichideal der Freiheit!

In diesem Zusammenhang ist der gegenwärtige rechte Rand bis hin zum offenen Neo-Nationalsozialismus interessant, da hier erneut der „Willensmensch“ auftritt, d.h. der, wenn man so will, „alte Führer“, der „2033“ die Macht übernehmen soll. Er verkörpert den „Willen“, statt die Dinge organisch geschehen zu lassen („Hingabe“). Beispielsweise soll, ganz im Sinne Freuds, angesichts der Pornoflut die „Energie“ nicht „verschwendet“, sondern für den „Zivilisationsauftrag“ umgelenkt werden – statt Hingabe. Getragen wird das durch die Gegenwahrheit, daß genau das heute bei der Jugend fehlt: Willensstärke und Disziplin. Problem ist, daß wirklicher Wille nur organisch, „plasmatisch“ sein kann – das, was man neudeutsch so schön als „Flow“ bezeichnet: traumwandlerisch im „Flow“ sein. Also genau das, was sowohl gute Pick-Up Artists als auch gute Martial Artists ihren Klienten beibringen wollen: der Körper weiß, was er realitätsgerecht zu tun hat. Selbststeuerung, also das diametrale Gegenteil von Faschismus!

Nur diese Einstellung kann massenwirksam sein und den besagten „Neuen Führer“ auszeichnen. Also niemand, der irgendetwas „lehren“ oder gar „führen“ will, sondern jemand, der die spontan auftretenden wirklich (!) fortschrittlichen organischen gesellschaftlichen Strömungen aufgreift und ihnen eine Stimme verleiht, sie sozusagen „bewußtseinsfähig“ macht. Ich wüßte da gegenwirklich wirklich niemanden. Das einzige, was mir einfällt, ist, daß bei den heutigen Jugendlichen, die einerseits „frei“ sind, andererseits aber dermaßen konform und clonhaft, gerade Stirner wie eine Bombe einschlagen sollte. „Ohne Eigenheit ist Freiheit gar nichts.“

Das ganze wird akut, weil wir in Deutschland gegenwärtig vor einem gesellschaftlichen Kollaps stehen, der durchaus einen „neuen Hitler“ möglich macht. Der anstehende vollständig sinnlose und kontraproduktive Merzsche beispiellose Wahlbetrug und die Schuldenorgie kann nur dazu führen, daß offenbar wird, daß Schulden keinen Wert mehr haben, es weder Gläubiger noch Schuldner gibt – womit der gesamten Zivilisation, d.h. 200 000 Jahre Menschsein, die Grundlage entzogen ist. Frei nach Nietzsche ist ein Mensch jemand, der ein Versprechen machen (und einhalten) kann. Ohne das bleibt nur das Nichts, in das die geclonten willenlosen Lemminge stürzen werden. Und man glaube nicht, daß es nach „2045“ einen Wiederaufbau geben wird!

Ansonsten: unterscheidet sich der Fotzenfritzismus wirklich so stark vom Hitlerismus? Immerhin: es geht wieder gleichzeitig gegen Moskau und Washington!

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 139)

22. Juni 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Was wollte Laska? Was hat ihn getrieben? Für sich selbst Klarheit schaffen im Gewirr des intellektuellen Lebens. „Selbstvergewisserung“, wie er selbst immer wieder sagte. Warum aber dann ein lohnloser Achtstundentag am LSR-Schreibtisch, all seine Veröffentlichungen und Korrespondenzen? Warum hat er nicht einfach sein Leben genossen, indem er mit seinen geliebten Hunden durch den nahen Nürnberger Wald spazierenging? Weil er einer Utopie anhing. Zitat aus seiner Website: https://www.lsr-projekt.de/wrnega.html

Reich schloß seinen Aufsatz über den Erziehungszwang mit den Worten: „Wir müssen daran denken, daß die ursprüngliche lebendige Kraft, die der Erziehungszwang zähmen will, aus sich selbst heraus einmal Kultur geschaffen hat. Man darf großes Zutrauen zu ihr haben. Ist es gewagt, zu behaupten, daß sich das Leben seine notwendigen Daseinsformen selbst am besten zu schaffen vermag?“ Das war die Grundformel einer nichtpräskriptiven Utopie, die das Dilemma moderner Philosophie, in das sie der Zwang zur Vermeidung des sog. naturalistischen Fehlschlusses führt, überwindet.

In diesem Sinne war Laska ein Getriebener. „Das Leben“ in ihm hat nach außen gestrebt hin zu einer Utopie. Der Eigner (im Sinne Stirners) sehnt sich nach dem Verein – auch wenn der Jahrhunderte entfernt ist. Der Verein schafft sich in der Kooperation der Individuen spontan seine Regeln gemäß dem „rationalen Über-Ich“.

LaMettrie, Stirner und Reich haben durch ihren frühen, elenden Tod ihr Leben „geopfert“, weil sie sich ansonsten selbst verraten hätten. Aber wie das formulieren, ohne daß man im Sinne Hegels, Nietzsches und Heideggers vom Geist/Willen/Sein schwafelt, das einen benutzt, um sich zu verwirklichen – Stichwort „irrationales Über-Ich“?

Bei ihrem letzten Treffen, als sie über die sozialen Konsequenzen der Psychoanalyse sprachen und Reich für seinen sozialen Aktivismus warb, meinte Freud zu ihm „Der Eros [Geist/Lebenswille/Sein] wird eine Anstrengung machen“, was Reich zutiefst befremdet hat. Erinnert irgendwie an das „Verhältnis“ von Stirner und Schopenhauer, LaMettrie und Rousseaus „Naturkult“.