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DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: Das orgonomische Testament / 16. Paulus der Christusmörder / Die Paulusbriefe (III)

16. Dezember 2022

DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: Das orgonomische Testament / 16. Paulus der Christusmörder / Die Paulusbriefe (III)

Peglau: Unpolitische Wissenschaft? (2013)

4. September 2016

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Ein neuer Artikel auf http://www.orgonomie.net:

Peglau: Unpolitische Wissenschaft? (2013)
 
 

2009 schrieb David: „Im Neuheidentum des deutschen Nationalsozialismus brach sich das vegetative Leben abermals Bahn. Der vegetative Wellengang wurde von der faschistischen Ideologie besser erfaßt als von der Kirche.“

… und besser als von den Kommunisten / Sozialisten, deren Bewegung wie ich glaube ebenfalls „abgebogen“ wurde. Nicht erst Stalin, schon Lenin verbreitete die Ansicht, die „Arbeiter“ seien dumm und sie selber, die Bolschewiki, seien ihnen intellektuell – „Kopf“ – weit überlegen, sie seien die Elite, sie müssten daher die Arbeiter führen, müssten ihnen das kommunistische Bewusstsein injizieren anstatt des gewerkschaftlichen „trade-unionistischen“ Bewusstseins, das sie von sich aus hätten.

Dazu Peter: Man muß noch weiter zurück bis zu den Quellen. Ich zitiere aus meinem Der politische Irrationalismus aus Sicht der Orgonomie:

Nicht von ungefähr war „Zentralisation“ der Leitbegriff des Kommunistisches Manifests. Aus dem Wahn heraus der Geist, also ein Geist, könne alles überblicken, mußte sich logisch der Personenkult um das zentrale „Superhirn“ entwickeln (Marx, Lenin, Stalin, Mao, Castro, Abimael Guzman, etc.). Bereits in der Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie von 1844 sagt Marx in seinem typischen verquasten Stil, „der Kopf“ der „menschlichen Emanzipation“ sei „die Philosophie, ihr Herz das Proletariat“. „Wie die Philosophie im Proletariat ihre materiellen, so findet das Proletariat in der Philosophie seine geistigen Waffen (…) Die Philosophie kann sich nicht verwirklichen ohne die Aufhebung des Proletariats, das Proletariat kann sich nicht aufheben ohne die Verwirklichung der Philosophie“ (z.n. 26:93). Der „Masse“ fehle völlig, so Marx im Kommunistischen Manifest, die theoretische Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate ihrer Befreiung.

Das ist einer der Gründe, warum ich bei kommunistischer „Antifa“ säuerlich aufstoßen muß.

David: Theoretisch hatte z.B. Mao eine ganz gute Idee, nämlich die Sache mit den Dorf-Hochöfen. Eisen bzw. Stahl sollte dezentral hergestellt werden.
Tatsächlich ist dann etwas Unerwartetes geschehen. Es konnte nicht die gleiche Qualität hergestellt werden wie in den Stahl- und Hüttenwerken der Sowjetunion oder des Westens.
Hier kommen wir in ein Gebiet was möglicherweise allein mit der herkömmlichen Wissenschaft nicht so leicht erklärt werden kann. Gewisse Prozesse sind nur im Großen möglich, oder nur im Großen gelingen sie so gut wie wir sie kennen. So kann zum Beispiel Ammoniumnitrat im Labormaßstab nicht zur Explosion gebracht werden; es zerfällt bei Erhitzen LANGSAM zu Distickstoffoxyd (Lachgas). Dieselbe Reaktion aber trat in den zwanziger Jahren bei einem großen Chemieunfall bei der BASF explosionsartig ein.
Also muss jede / jeder, die / der die Welt verändern will, den Armen helfen will, usw., mit der Realität in Kontakt bleiben, wozu Kommunisten normalerweise nicht willens und vielleicht auch nicht fähig sind.
Eine Ausnahme mag vielleicht die Einführung der „Neuen Ökonomischen Politik“, das Wieder-Erlauben von privaten Kleinunternehmen durch Lenin sein. Offenbar begriff Lenin, dass mit einer reinen Zentralverwaltungswirtschaft eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Nahrung und anderen wichtigen Dingen nicht möglich ist.
Wie, wann und warum die NEP wieder abgeschafft wurde, ist mir nicht ganz klar, ich glaube aber es ist noch vor Übernahme der Macht durch Stalin, also noch unter Lenin gemacht worden. Offenbar ging Lenins Bereitschaft, sich nach der Realität zu richten, wieder verloren.

Peter: Mao hatte auch die gute Idee, alle Vögel in Peking von den Roten Garden töten zu lassen. Seine Überlegung war, daß sie zu viel Getreide aufpicken. Ergebnis war eine Insektenplage. Reich hat gegen derartigen Wahnsinn sein Konzept der Arbeitsdemokratie gesetzt: jene Leute bestimmen, die wirklich im Arbeitsprozeß drinstecken und deshalb abschätzen können, was passieren wird, wenn man eine Maßnahme ergreift. Lenin hat die NEP durchgesetzt, und die Maoisten haben später entsprechendes getan, weil das Land schlichtweg vor dem ökonomischen Kollaps stand. Man hat die Fachleute (die „Kapitalisten“) wieder gewähren lassen – und dann nach getaner Arbeit erschossen. Das wird in China und im modernen Rußland nicht mehr geschehen, vielmehr geht das ganze System in einem undurchdringlichen Gewirr von Wirtschaftskriminalität auf.

Robert 2013: Gustav Hans Graber war später einer der Pioniere der pränatalen Psychologie, er vertrat so etwas wie eine Misch-Typenpsychologie von Jung und Freud. Seine Bücher sind heute noch lesenswert.

O.: Das „Fremde“ muss hier wohl eher als „Nicht-Ich“ als identifiziertes Elternteil aufgefasst werden und das Selbst soll diesen Teil des Ich abspalten. Das wäre inhaltlich an der Charakteranalyse orientiert mit einem anderen Lösungsansatz als Reich es vorschlug. –
Das Selbst könnte den Kern „psychisch repräsentieren“. Das wäre natürlich alles nur Psycho-Gefasel, aber immer hin an Reich angelehnt.

David 2013: Kontaktlosigkeit – ist da auch folgendes gemeint:
Wenn beispielsweise ein Vater befürchtet, er könne vielleicht auf seine Tochter einen inzestuösen Übergriff begehen – oder falls er tief unbewusst soger wünscht, das zu tun, könnte es dazu kommen, dass er jede, auch jede anständige freundschaftliche Berührung der Tochter vermeidet.
Der Schweizer Arzt Samuel Widmer hat über diese Dinge geforscht und er hat das den „Ehrbaren Inzest“ genannt. Samuel Widmer ist auch als Halluzinogen-Forscher bekannt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Samuel_Widmer#Das_Inzest-Tabu

O.: Welches Problem hinter einem „Inzestwunsch oder -gedanken“ steht, wird regelmäßig unbeachtet gelassen oder nicht erkannt.
Hier wird zumindest einmal Freuds (für mich) falsche These des Ödipuskonfliktes richtig gestellt. Nicht die Tochter begehrt den Vater, sondern umgekehrt.
__________________
Konia folgt dem Tenor der „modernen“ Körperpsychotherapeuten, die eine Zunahme der frühen Ströungen zu erkennen glauben. Letztere begründen dies mit ihrerer „Narzissmustheorie“, Konia mit „Kontaktlosigkeit“ (ouklare Blockierung).

Sebastian 2013: Helmut Dahmer wiederholt seit Jahrzehnten seine fruchtlose Kritik. Das Einzige, was er zu sagen hat, ist, dass Reich weder Freud noch Marx ist, was Reich aber selbst stets betonte. Worin liegt also der Erkenntnisgewinn seines Schreibens? Zudem stellt er die Theorie Reichs negativ dar, ohne sich auch nur die geringste Mühe zu geben, das sachlich zu begründen. Die Frage, die Dahmer unbeantwortet lässt, lautet: WAS für FAKTEN sprechen gegen diesen „naturalisierenden“, „technisierenden“ Ansatz?
Seine Botschaft ist, dass Reich weder Freud noch Marx verstanden hat und sein (Reichs) eigener Ansatz sich ideologisch im Technizismus und Naturalismus verrannt hat. Er will Reich restlos zerstören. Warum darf so jemand die Einleitung von Peglau’s Buch schreiben?

Peter: Dahmer ist halt Experte in Psychoanalysegeschichte und Peglau ist stolz darauf, mit Leuten fruchtbar („arbeitsdemokratisch“) zusammengearbeitet zu haben, die seiner Einschätzung Reichs teilweise diametral entgegengesetzt sind.

O.: Nun wenn Prof. Dr. H. Dahmer (bekannt geworden unter Mitscherlich) einen Herrn Peglau kennt, ist dies schon eine Ehre, folglich geht es um „Anerkennung“ (!), die Mutter aller falschen Motive. Damit ist er auch für die „Reichszene“ attraktiv und er kann sich mit ihnen schmücken und umgekehrt.
Außerdem verlegt er im Psychosozial Verlag Gießen, was nach Beziehungen aussieht, die er sich wohl erarbeitet haben wird.

Sebastian: Ich habe mir nochmal den Aufsatz des Soziologen Helmut Dahmer in Birgit Johlers „Wilhelm Reich Revisited“ durchgelesen und möchte den kurz besprechen.
Dahmer kritzelt seit 40 Jahren irrational über Reich herum. Eine gewisse Genugtuung scheint es ihm zu bereiten, dass die Faszination für Reich seit der Studenten- und Jugendbewegung erloschen ist und seine „skurrilen Züge deutlicher präsent“ sind, obwohl er sich wundert, dass immernoch Reich-Biografien und -Monographien erscheinen. Dahmer versucht Reich nicht durch Klatsch und Tratsch über sein Privatleben zu zerstören, wie zB Christopher Turner, sondern durch die Beurteilung seines Werkes, vor allem seiner „Metatheorie“ aus Psychoanalyse und Marxismus.
Dabei überschreitet Dahmer erstens immer wieder die Grenze seines soziologischen Fachgebietes, was ja nicht schlimm wäre, wenn er sachliche Argumente dafür hätte. Da man sich in der wissenschaftlichen Gemeinde etabliert hat, hat man es aber zweitens nicht nötig sich mit lästigen Fakten herumzuschlagen. So werden Fakten zu „glücklichen Einfällen“ und „vorschnellen Generalisierungen“ und technische Weiterentwicklungen und soziale Konsequenzen aufgrund neuer Faktenlage zu quasi aus der Luft gegriffenen „Erfindungen“ oder „faszinierend einfachen Lösungen“, die anschließend „dogmatisiert“ werden.
Diese unwissenschaftliche Vorgehensweise praktiziert Dahmer seit 40 Jahren, ohne den geringsten Skrupel. Wer nicht mit sachlichen Argumenten überzeugen kann, der muss mit Plakaten um sich schmeißen. Reich hätte zwar dies und jenes „versucht“, aber sei daran letztendlich „verzweifelt“. Was übrig bleibe, sei ein „revolutionärer Arzt“ und „wunderlicher Naturforscher“, auf theoretischem Feld ein „Pamphletist und Säbelfechter“, ein „Sexualutopist“ und „Naturromantiker“, der über die „kosmische Lebensenergie Orgon“ „spekulierte“ bzw. „quacksalberte“.
Sein ganzer Hass richtet sich ganz offen gegen die Orgasmustheorie. Reich „überhöhe“ bzw. „fetischisiere“ die genitale Sexualität zu einem „naturgegebenen Ziel“ und hätte damit die „gegenwärtige Sexualökonomie“ vorweggenommen. Die Realität hätte ihn widerlegt. Für Dahmer ist Genitalität unnatürlich bzw. „pseudonatürlich“, weil das, was vergesellschaftet ist, niemals Natur sein kann. Ein rotes Tuch beim Orgasmus ist für ihn die Bewusstseinsverdunkelung, die reflexionslose Ungehemmtheit, die vergleichbar mit dem Schlaf ist. Dagegen sieht er gerade in der Reflexion in Verbindung mit Arbeit und Klassenkampf die Lösung der Probleme unseres Zeitalters. Die gegenwärtige Sexualökonomie nennt er gemäß Herbert Marcuse „repressive Entsublimierung“, dh, dass sozusagen keine Energie mehr für Sublimierung bzw. Kultur bzw. Gegenkultur übrig ist, wenn man ständig Sex hat.
Wenn man sein bisheriges Wirken oberflächlich anguckt, ist sein gesamtes Werk ein Gegenan gegen alles und jeden. Abweichen („Divergieren“) um jeden Preis in seiner prägenitalen, emotionslosen, intellektuell hypertrophierten Welt.
Worin hat Dahmer recht? Er sieht genauso wie die ACO Orgonomen (und wie Reich es auch gesehen hätte), dass die gegenwärtige Sexualökonomie Mist ist. Er übersieht, dass es sich bei der gegenwärtigen um eine ungeordnete Sexualökonomie handelt und er hat vor 40 Jahren wie heute nicht den Unterschied zwischen Prägenitalität und Genitalität verstanden.
Außerdem kritisiert er an Reich, dass sich seine Theorie „wenig zur Analyse der Entwicklung sozialer Systeme“ eignet. Dabei hat er die 60er Jahre vor Augen, die Reich tatsächlich nicht vorschwebte. Allerdings finden sich genug Hinweise verstreut in seinem Werk, die eine solche Transformation erklärbar machen. Das haben seine Nachfolger vom ACO überzeugend getan.

Peter: Was will Dahmer eigentlich? Er “betont die Bedeutung der angestrebten »Freien Assoziation« bei Marx (der Individuen) und Freud (der Gedanken)“ http://www.jungewelt.de/2013/08-03/015.php
Auf so etwas muß man erstmal kommen! Die freie Assoziation bei Marx und Freud!
Mein Gott, mit Kategorienfehlern fängt Wissenschaft vielleicht an („Inspiration“ durch Verknüpfung von Dingen, die zuvor niemand verknüpft hat), aber bei Dahmer endet sie so. „Die freie Assoziation bei Marx und Freud“! Lol.

Peter: Hier, so sieht die freie Assoziation nach Marx und Freud konkret aus:

Eines meiner Lieblingslieder. DAS waren noch Schlager!

O. 2013: Wie es allen bekannt sei müsste, die sich mit der Geschichte der Psychologie auseinandergesetzt haben, hat C. G. Jung sich schon 1933, kurz nach der Machtergreifung Hitlers zum Führer schriftlich bekannt. Er unschied die arische (Psychologie) von der jüdischen Psychoanalyse und übernahm die führende Rolle (mit anderen) für die Psychologie im Nationalsozialismus. Freud und Reich wurden so verdrängt. Dennoch wurden gerade Freud und Reich bis ins Detail von den´Nationalsozialisten gelesen und verstanden! – Diese Haltung gilt ungebrochen bis in die Adenauerzeit und bis heute in der Psychologie, jedoch spricht man heute weder von Jung oder Reich, auch Freud wird mit Naserümpfen erwähnt. Der angebliche Positivismus und die „objektive, wissenschaftliche“ Haltung habe mit der Verhaltensmedizin (VT) eine „politische Psychologie“ (auch bezugnehmend auf Reich oder den Nationalsozialismus) überwunden und mit ihr quasi nichts mehr zu tun.
Das Bekenntnis zu Jung – und damit unweigerlich zum Nationalsozialismus – kommt in der psychologischen Literatur in Form von harmlosen Jungzitaten vor. Hiermit hisst man die NS-Fahne, ohne sich hierzu öffentlich bekennen zu müssen und kann Karriere machen. Die Verhaltenstherapie lehnt die (jüdische) Psychoanalyse kategorisch ab, trennt sich aber nicht und äußert sich nie kritisch gegenüber Jungs arischer Psychologie/ „Analyse“.
Die neuere Generation von Wissenschaftler weiß hierum selbstverständlich und versucht Jung nicht mehr die Bühne und Ehre zu geben, um eben nicht in denselben Verdacht zu geraten, aber ihre geistigen Väter sind natürlich dieser Tradition verbunden.
Es wundert also gar nicht das Deutschland gemäß dem 3. Reich in der Psychologie wieder einen eigenen Weg geht und alle anderen (jüdisch anmutenden) Methoden verdrängt, sagen wir es offen ausmerzt.
Dies müsste auch so bei Peglau stehen, wenn er nicht hierzu zu feige wäre.

Freud, Reich und die antiautoritäre Gesellschaft

23. Oktober 2014

Psychoanalytiker haben immer wieder herausgestellt, daß Freud und Reich Gegensätze sind. Reich sei ein utopistischer Illusionär gewesen, während Freud stets Realist geblieben sei, der an keine Aussöhnung des Gegensatzes von Natur und Kultur glaubte, sondern einen vernunftgeleiteten Stoizismus predigte. Man solle, so gut es ginge, sich in einer Natur und einer Kultur, in deren Matrix dauerhaftes Glück nicht eingeschrieben seien, einrichten und ansonsten „über den Dingen stehen“.

In seiner Arbeit über Wilhelm Reich (München 1972) schreibt der Psychoanalytiker und Reich-Kritiker Charles Rycroft, Freud habe zunächst angenommen, die psychische Energie

existiere in zwei Formen, einer beweglichen und einer „gebundenen“, wobei die bewegliche Energie den unbewußten geistigen Prozessen zugeordnet wurde, die er als „chaotisch“ und unstrukturiert beschrieb. Der gebundenen Energie dagegen, dem Merkmal der bewußten geistigen Prozesse, sei Struktur und Organisation eigen. (S. 23)

Freud wollte, so kann man anfügen, das Unbewußte bewußtmachen oder mit anderen Worten, jedenfalls im Sinne von Rykrofts obiger Darstellung, freie Energie in gebundene Energie überführen – Panzerung hervorrufen.

Die beiden Psychoanalytiker und Reich-Kritiker Béla Grunberger und Janine Chasseguet-Smirgel schreiben entsprechend in ihrem Buch Freud oder Reich? (München 1979):

Das Lustprinzip impliziert eine unmittelbare und vollständige Abfuhr der Triebe ohne jene Umwege und Aufschübe, die sein Gegenspieler, das Realitätsprinzip, aufweist. (S. 159)

Die „Umwege und Aufschübe“, die, so unsere beiden Psychoanalytiker, Freud gegen Reich hochgehalten hat, sind natürlich nichts anderes als die Panzerung („die Bindung freier Energie“), die die orgastische Impotenz aufrechterhält.

Das ganze kann man aber auch anders interpretieren. Doch um das nachvollziehen zu können, muß man sich Reichs Dreischichten-Model der menschlichen Charakterstruktur vergegenwärtigen:

sfwrschicht

Der äußere Bereich steht für die soziale Fassade, also das, womit wir der Umwelt entgegentreten. Der innere Kreis symbolisiert den bioenergetischen Kern, d.h. die „Produktionsstätte“ der Triebe. Das graue Feld, das zwischen beide geschaltet ist, steht für die mittlere Schicht bzw. die „sekundäre Schicht“. Im Normalfall, d.h. bei weitgehender Abwesenheit von Panzerung, dient die mittlere Schicht der Moderation oder, in Freudschen Begriffen, es ist der Sitz des „Realitätsprinzips“. Selbst in einer genitalen Welt können wir nicht „unmittelbar und vollständig“ immer und überall unseren Impulsen nachgeben. Das fängt schon damit an, daß man bei großer sexueller Erregung nicht zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort Geschlechtsverkehr haben kann. Man kann sich zurückhalten und dann später vollkommen gehenlassen.

Beim gepanzerten Menschen ist diese Funktion mehr oder weniger vollständig entartet. Der triebgehemmte Charakter kann sich zurückhalten, aber er kann sich nicht nach Belieben gehenlassen, d.h. er ist gepanzert. Der triebhafte Charakter kann weder das eine noch das andere. Er hat sich nicht unter Kontrolle, kann sich aber auch nicht gehenlassen.

Es geht um die Kapazität Energie zu binden und festzuhalten, die beim Neurotiker stets gestört ist. Die Psychoanalytiker unterstellen Reich, er wäre auf der Suche nach einer ganz vom Lustprinzip bestimmten haltlosen Gesellschaft bereit gewesen, die gesamte Kultur zu opfern, die auf der Bindung von Triebenergie beruht. Sie sind wie blind dafür, daß er bei seinen Überlegungen von der psychoanalytischen Erforschung ausgerechnet des triebhaften Charakters ausgegangen ist und daß es ihm um Triebökonomie, nicht um bloße Triebentladung zu tun war.

Reich war alles andere als ein Prophet der permissiven Gesellschaft. Ganz im Gegenteil ging es darum, dem Menschen wieder zu ermöglichen, seine Triebe sowohl zu kontrollieren als auch deren aufgesparte oder, was prägenitale Triebe betrifft, sublimierte Entladung voll und ganz genießen zu können.

Das betrifft nicht nur die Sexualität, sondern auch die beiden anderen Bereiche: Arbeit und das intellektuelle Leben („Liebe, Arbeit und Wissen“). Ein Beispiel für die Unfähigkeit Energie im dritten Bereich zu binden, ist die Schizophrenie. Psychosen kommen nicht aus heiterem Himmel, sondern sind (von offensichtlichen Ausnahmen, etwa Vergiftungserscheinungen, abgesehen) Endprodukt eines sozusagen „haltlosen“ Geistes. Schon sehr früh finden sich anhaltende kognitive Störungen. Ruben C. Gur (University of Pennsylvania, Philadelphia) et al. konnten belegen, daß sich bei späteren Psychosekranken zwischen 8 und 20 Jahren über alle kognitiven Domänen hinweg eine verzögerte neurokognitive Entwicklung feststellen läßt. Oder mit anderen Worten handelt es sich bei der Schizophrenie um ein charakterologisches Problem aufgrund einer starken okularen Panzerung, die es insbesondere verhindert, daß man sich konzentrieren und logisch folgerichtig denken kann.

Diese Tendenz, diese Unfähigkeit etwas „zu Ende denken zu können“ oder überhaupt wirklich denken zu können, kann man in wachsendem Maße in der gesamten permissiven Gesellschaft beobachten. Man halte sich nur mal die Kommentare der Leserschaft im Internet vor Augen. Manchmal hat man seitenlang nichts weiter als Buchstabensalat vor sich, bei der eine Gedankenführung schlichtweg nicht auszumachen ist oder sich allenfalls in selbstwidersprüchlichen Unsinn ergeht. Es ist, als wenn die Ladung nicht gehalten werden kann und die Synapsen chaotisch drauflos feuern.

Was die Arbeit betrifft: man frage einen beliebigen Lehrherren. Es fehlt nicht nur an den kognitiven Voraussetzungen, sondern auch an Disziplin, Beharrungsvermögen, an Substanz. Das einzige, was zählt, ist „Party!“, das Lustprinzip. Ähnlich ist es mit der Sexualität bestellt. Frauen und Männer mögen meinetwegen „sexy“ wirken, aber eine erotische Spannung und Ausstrahlung sucht man vergebens. Es erinnert etwas an Freuds berühmten Ausspruch, nachdem Schamlosigkeit das erste Anzeichen von Schwachsinn sei.