Posts Tagged ‘Schisma’

Mißverständnisse in der Orgontherapie

7. März 2025

Nach Reichs Tod beruhten die Schismen der Orgonomie immer nur auf einem Faktor, da es inhaltlich, jedenfalls in den Basics, keine wirklichen Differenzen gibt. Wie auch? Dieser Faktor ist die Orgontherapie. Das begann schon damit, daß Reich selbst aus Zeitmangel kaum jemanden richtig therapiert hat und am Ende eine Art Schnelltherapie ausprobierte. Er betrachtete die damaligen „Orgonomen“ gar nicht als richtige Orgonomen und hoffte auf eine neue Generation von Leuten, die durch den Ausbildungsleiter des Orgone Institute therapiert und ausgebildet werden sollten. Dieser Therapeut war Elsworth F. Baker. Klar, daß sich das Bakers alte Kollegen nicht haben gefallen lassen (Folge war ein folgenschweres Schisma) und daß Baker selbst unter ähnlichen Zwängen stand wie Reich, nämlich das American College of Orgonomie aufzubauen ohne perfektes „Menschenmaterial“ (letztendliche Folge war ein kaum weniger folgenschweres Schisma und wiederholte kleinere Abspaltungen). Das kannst du mit niemand diskutieren, weil jeder Partei ist je nach seinem Therapeuten.

Hinzu kommt, daß die Therapie selbst voller Fallstricke und „Entfremdungspotential“ ist. In der Charakteranalyse geht es darum, das neurotische Gleichgewicht mit verbalen Interventionen ins Wanken zu bringen, so daß sich der Patient langsam aber sicher von seinen „automatisierten Verhaltensweisen“, seiner charakterologischen Panzerung, lösen kann. Zwangscharaktere funktionieren weniger mechanisch, Hysterikerinnen hören mit dem Spiel „Anlocken und dann Weglaufen“ auf, Phalliker werden weicher, etc. Dies erreicht der Orgontherapeut u.a. durch verbale Provokationen, die verhindern sollen, daß das ganze zu einem rein intellektuellen Gespräch („Gesprächstherapie“, „kognitive Verhaltenstherapie“) wird und im Sande verläuft, sondern Gefühlsreaktionen, wirkliche Veränderungen, im Mittelpunkt stehen.

Die Kunst ist es, daß das jeweils vom Patienten auch richtig eingeordnet werden kann. Ansonsten ist es kaum mehr als eine manchmal schlimme Beleidigung, die nur eine zusätzliche seelische Verletzung hervorruft, d.h. der Patient wird noch kränker. Besonders verheerend kann das in der Therapie von Kindern sein, die das ganze tatsächlich als eine Art „Vergewaltigung“ erleben können. Entsprechend kursieren im Netz Gerüchte über sadistische Übergriffe, gar sexuelle Übergriffe gegenüber Kindern, etwa durch den 1979 verstorbenen Orgonomen Albert Ing Duvall. Als Erwachsene kommen sie mit den phantastischsten Anschuldigungen.

Bei Patienten, die als Erwachsene behandelt wurden, erlebt man ältere Damen, die voller Verbitterung darüber berichten, daß ihnen vor Jahrzehnten während einer entscheidenden Therapiesitzung Dr. xyz doch tatsächlich auf den Kopf zugesagt hätte, daß sich niemals ein Mann für sie wirklich interessieren werde. Tatsächlich ging es offensichtlich darum, daß die Patientin endlich aufwacht, wütend wird und ihr Leben als alte Jungfer, für die kein Mann jemals gut genug sein kann, aufgibt. Tatsächlich brannte sich jedoch in ihr Hirn ein: „Ich bin gar keine richtige Frau und kein Mann wird mich jemals wirklich lieben!“ Auf diese Weise wurde die neurotische Lebensweise eher noch verfestigt.

Oder meine eigene Therapie bei Dr. yza, der mir in einer Sitzung mit gewollt verächtlichem Unterton an den Kopf warf, ich würde wie ein Junge wirken. Eine ziemliche Fehlleistung, denn als alter ergrauter Knacker wie ich, fühlt man sich bei so etwas definitiv geschmeichelt! („Oh, ähh, – danke!!“) Aber was, wenn mich niemand für voll nimmt und Frauen mich nicht beachten würden? Potentiell eine neue Traumatisierung! – Theoretisch geht es bei solchen Interventionen natürlich darum, den gepanzerten Status Quo aufzubrechen, die Orgonenergie zu mobilisieren, kann aber unter ungünstigen Voraussetzungen eher zu einer weiteren Immobilisierung führen.

So entstehen gar erschröckliche Geschichten über Orgontherapeuten, auch über Reich selber. Ilse Ollendorff berichtet, daß insbesondere zur Zeit der „Pressekampagne“ in Norwegen in den 1930er Jahren

die negative Übertragung, die Reich als einen der wichtigsten Punkte seiner charakterologischen Therapie ausgearbeitet hatte, zu Schwierigkeiten führte. Er provozierte sie in seinen Patienten, aber wenn sie an der Oberfläche erschien, war es, als ob er diese neue Form des auf ihn gerichtetem Angriffs, zu dem dauernde öffentliche Angriffe hinzukamen, nicht ertragen konnte. Er reagierte darauf, wie es einer von ihnen ausdrückte, indem er „mich in einem solchen Ausmaß niedergeschlagen hat, daß es Jahre dauerte, mich davon zu erholen“. (Wilhelm Reich, S. 72)

Der (schließlich dafür bezahlende!) Patient kann definitiv Opfer einer schlechten, d.h. kontaktlosen Charakteranalyse werden. Kunstfehler, wie sie jedem Arzt in jedem Fachbereich ab und an unterlaufen. Leider kann das im Fall der Orgonomie zu einem regelrechten Krebs werden, der sie von innen her auffrißt: das Ressentiment auf Grund persönlicher Verletzungen… Ohnehin ist das Ressentiment in der Methode angelegt, denn am Anfang sind die Erwartungen hoch („orgastische Potenz“, der Einzug ins Paradies sexueller Erfüllung), die schlichtweg nicht erfüllbar sind.

West gegen Ost, Liberale gegen Konservative: Die Theologie des Ukraine-Krieges

9. September 2023

Das Grundcharakteristikum gepanzerten Denkens ist das Zerstückeln der funktionellen Einheit in unversöhnliche Gegensätze, die dann notdürftig in willkürlichen zusammengezimmerten Konstrukten wieder zusammengeführt werden. Nehmen wir die Bibel; das Buch, das die Geschichte der Menschheit beschreibt.

Am Anfang stehen zwei Bäume. Der eine Baum schenkt das ewige Leben, d.h. man ist eins mit allem. Der zweite ist der „Baum der Erkenntnis“, d.h. diese Eintracht wird analytisch auseinandergenommen, das angeblich Gute vom angeblich Schlechten geschieden – die Einheit zerfällt und mit der Zwietracht zieht der Tod in die Welt ein.

Der kleine Finger meiner rechten Hand lebt verhältnismäßig „ewig“. Schlag ich ihn aber mit einem Hackebeil ab, löse ich ihn aus der Einheit des Körpers, wird er schnell verrotten. Entsprechend hatten sich Adam und Eva von Gott gelöst, als sie sich seinem Gebot widersetzten und vom Erkenntnisbaum aßen. Die Frucht ihrer Sünde war der Tod.

Gott kehrte in Gestalt Christi zu seinen Geschöpfen zurück, um die Nachkommen von Adam und Eva zu erlösen. Was und wie das geschah, läßt sich auf zweierlei Art und Weise beschreiben und erklären, d.h. gemäß dem Schisma des Christentums in West- und Ostkirche; einer Zwietracht, in der sich die Urtragödie der Menschheit wiederholt.

In der Westkirche mußte die Menschheit das Paradies verlassen, weil es sich Gottes „Einheitsgebot“ (d.h. nicht von der entzweienden Frucht zu essen) widersetzte. Diese Ursünde, die Urrebellion, war erblich und konnte nur aufgehoben werden, indem das unschuldig geborene himmlische „Christkind“ auf die Erde kommt und am Kreuz stellvertretend die Sühne für all die schuldbeladen geborenen Erdenkinder übernimmt und durch seinen Martertod ungeschehen macht. Du bist erlöst, wenn du dich zu Christus bekennst und auf diese Weise mit ihm eins wirst und dergestalt an der Sündenvergebung teilhast.

In der Ostkirche hingegen erbten die Kinder von Adam und Eva nicht etwa deren Sünde, litten also nicht an der „Erbsünde“, sondern sie erbten so etwas wie einen „Gendefekt“: daß man sterben muß, den Tod. Der Herrscher des Garten Edens erschien schließlich erneut auf Erden, um an den „Baum des Lebens“ geschlagen zu werden. Wer in der Eucharistie von der Frucht dieses Baumes ißt (dem Fleisch und Blut Christi), wird vom besagt Defekt geheilt und dergestalt vom Tod befreit.

Im Osten ist also von Schuld und Sühne gar keine Rede, was dabei aber verlorengeht. ist das „Christkind“. Es ist schlichtweg undenkbar, daß in der orthodoxen Ikonographie Christus als schwaches, ahnungsloses, hilfsbedürftiges Menschenbaby dargestellt wird, so wie es der Westen tut, um Christi alles entscheidende Unschuld möglichst sinnfällig zu unterstreichen. Allein schon damit entfällt in der orthodoxen Welt die Möglichkeit ein Buch wie Reichs Christusmord zu formulieren!

Andererseits zeichnet die römisch-katholische und protestantische Interpretation der Bibel ein derartig kleinkariertes, legalistisches und rachsüchtiges Gottesbild, daß in ihr Atheismus und Nihilismus von vornherein angelegt sind.

Nur so wurde überhaupt die Aufklärung möglich, aber unter welchem Preis! Der Preis war die Fixierung des westlichen Geistes auf die Frage der Schuld und auf das Schuldgefühl. Wirklich alles dreht sich um das Schuldgefühl, d.h. die in der Muskulatur blockierte Aggression (die besagte Rebellion gegen Gottvater)!

Für den konservativen westlichen Christen wurde das immerhin durch den immer wieder beschworenen Opfertod Christi gemildert. Das Schuldgefühl wurde weitgehend erledigt und der Konservative konnte sich deshalb mit anderem beschäftigen und einigermaßen rational handeln.

Beim vermeintlich „aufgeklärten“ nur oberflächlich vom Christentum emanzipierten Liberalen hingegen löste sich wegen seiner strukturellen Unfähigkeit zum „Glauben“ (Vertrauen aufgrund von Kernkontakt) dieser Knoten keinesfalls und bestimmte ungebrochen sein Leben. Das erklärt die dauernden Versuche des Liberalen mit immer neuen gutmenschlichen Aktionen, Sozialprogrammen, Masseneinwanderung, Unterwerfungsgesten und immer neuen Schuldbekenntnissen, irgendwie mit der nagenden Schuld umzugehen. Imgrunde beschäftigt ihn nichts anderes! Es ist ein Irrsinn jenseits jeder Psychose!

Das erklärt auch den instinktiven Haß des Liberalen auf das „durch und durch gewissenlose“ orthodoxe Rußland, der anfänglich sogar den Marxismus beseelte und seit 1989 erneut beseelt. Entsprechend ist auch die fanatische Kriegsbegeisterung AUSGERECHNET des Liberalen angesichts des Ukrainekriegs erklärlich. Umgekehrt steht der Osten dem Emanzipatorischem, dem Individuum und der individuellen Verantwortung beim Westmenschen unverständig gegenüber.

In gewisser Weise sehen wir, West und Ost, im jeweils anderen förmlich den leibhaftigen Teufel. Das ist so, weil der gepanzerte Mensch weder das Proto-Evangelium (die Geschichte vom Garten Eden) noch das Evangelium (die Geschichte vom Christusmord) verstehen kann. Er sieht nur immer Bruchstücke, die er jeweils zu einseitigen bizarren Kollagen zusammenfügt. Die wahre Geschichte des Christentums wurde erst 1953 erzählt.

DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: 1. Die Apokalypse / Die Offenbarung (1,1-1,20)

19. Februar 2022

DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: Das orgonomische Testament / 1. Die Apokalypse / Die Offenbarung (1,1-1,20)