Posts Tagged ‘Sowjetunion’

Ein kurzer Abriß über die acht sozio-politischen Charaktertypen

5. Februar 2013

Winston Churchill hat seine konservative Charakterstruktur wie folgt in einem oft zitierten Spruch perfekt zum Ausdruck gebracht:

So schön die Strategie auch ist, sollte man doch gelegentlich auf das Resultat blicken.

Der konservative Charakter sieht sich räumlich und zeitlich in die Tradition eingebunden und handelt entsprechend wie ein verantwortungsvolles Familienoberhaupt. Er denkt an die Nation, nicht nur indem er sich seinen Mitmenschen (desto mehr, je näher sie ihm stehen), sondern auch seinen Vorfahren und seinen Kindern gegenüber verantwortlich fühlt. Niemals würde er das für irgendeinen „Fortschritt“ gefährden. (Daß er in einer gegebenen Situation aufgrund seiner Rigidität doch absoluten Mist bauen kann, ist dabei unbenommen.) Während „Progressive“ blind drauflos stürmen und alles Überkommene zerstören, betrachtet der Konservative immer genau, was aus seinen Taten folgen könnte.

Progressiven geht es, im krassen Gegensatz zu den Konservativen, immer nur um eins: um Rebellion, letztendlich um Rebellion gegen Gott selbst. Oder wie Stalin 1943 gegenüber Churchill sagte:

Gott steht auf Ihrer Seite? Ist er ein Konservativer? Der Teufel steht auf meiner Seite, er ist ein guter Kommunist.

Rechts vom Konservativen steht der erzkonservative Charakter, etwa Pat Buchanan, Redenschreiber von Nixon, später selbst Präsidentschaftsanwärter, Fernsehkommentator und Buchautor. In seinem Buch Churchill, Hitler und der unnötige Krieg: Wie Großbritannien sein Empire und der Westen die Welt verspielte kritisiert er, daß Churchill Hitlers Friedenbemühungen ignorierte und stattdessen alles tat, um die USA und Rußland in den Konflikt hineinzuziehen. Ergebnis war letztendlich die Vernichtung des britischen Empire. Ähnlich verhängnisvoll sei die Politik von G.W. Bush, der sich vollkommen den Interessen Israels unterordne, statt mit der islamischen Welt Frieden zu schließen.

Ohne selbst rechtsradikal zu sein, fühlt sich der Erzkonservative im Gegensatz zum einfachen Konservativen zum „rechten Spektrum“ zugehörig und hat damit eine gewisse instinktive Affinität zu faschistischen und beispielsweise auch islamistischen Strebungen. Churchill wäre nie auf die Idee gekommen, mit einem Faschisten gemeinsame Sache zu machen oder auch nur „Friedensangebote“ ernstzunehmen. (Selbstredend wäre die Sache anders gewesen, wäre es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Großbritannien und der Sowjetunion gekommen: Staatsräson! Es geht hier nicht um Moral, sondern darum, wie Charakterstrukturen Handlungen bestimmen.)

Rechts vom Erzkonservativen findet sich der Reaktionär, der sogar noch weiter vom gesunden Menschenverstand entfernt ist und dessen Kontakt zum bioenergetischen Kern noch prekärer und noch mehr mystisch verzerrt ist.

Unser Beispiel hier sei Recep Tayyip Erdogan, der Ministerpräsident der Türkei. Seine ganze Haltung kommt vielleicht am besten durch den folgenden Ausspruch zum Ausdruck, mit dem er sämtliche Anschuldigungen gegen Türken und Mohammedaner, etwa hinsichtlich der Armenier oder Dafur vom Tisch wischte: „Ein Muslim kann keinen Völkermord begehen“.

Der echte faschistische Charakter findet sich unter den islamischen Terroristen, die für Taktierer und Kompromißler wie Erdogan nur Verachtung übrighaben. Ihre Kontaktlosigkeit ist fast vollständig. Es handelt sich zumeist um paranoid-schizophrene Charaktere.

Ein liberaler Charakter und deshalb in mancher Hinsicht Churchills Gegenspieler war Franklin D. Roosevelt. Obzwar ebenfalls gemeinhin kein Vertreter der Emotionellen Pest, ist dieser Charakter durch seine Kontaktlosigkeit und seinen Glauben an das Gute im Menschen doch gefährlich. So sagte Roosevelt beispielsweise 1943:

Ich habe einfach das Gefühl, daß Stalin nicht solch ein Mann ist. … und ich denke, wenn ich ihm alles gebe, was in meiner Macht steht und im Gegenzug um nichts bitte, er, Noblesse Oblige, nicht versuchen wird, sich irgendwelche Gebiete anzueignen und mit mir für eine Welt der Demokratie und des Friedens arbeiten wird.

Immerhin muß man diesem Idioten zugute halten, daß er ein amerikanischer Patriot war. Ganz anders sieht das bei seinen linken Kritikern aus, die ihm vorhalten, er hätte Pearl Harbor geschehen lassen, um einen zwingenden Kriegsgrund gegen Japan zu haben oder die USA hätten zumindest die armen Japaner mit Embargos dermaßen in die Enge getrieben, daß Nippon einfach zuschlagen mußte. Derartige Verschwörungstheorien haben immer einen einzigen Hintergrund: die USA zu delegitimieren und als „Aggressor“ dastehen zu lassen.

Wenn Linke irgendetwas hassen, dann dieses „Experiment der Selbstregierung“, d.h. Amerika. Nicht etwa, daß sie irgendwelche nachvollziehbaren rationalen Gründe hätte (alle „Gründe“ sind nur vorgeschoben und nichts weiter als Blablabla), sondern einzig und allein aus charakterologischen Gründen, d.h. Dinge (in diesem Fall die „Selbstregierung“) werden aus der Umwelt entfernt, die unerträgliche Emotionen, Sensationen und Antriebe provozieren könnten.

Die emotionell pestkranke Linke setzt sich charakterologisch aus Sozialisten, Pseudo-Liberalen (von Elsworth F. Baker als modern liberals bezeichnet) und Kommunisten zusammen.

Nehmen wir nacheinander Sigmar Gabriel und seine Genossen, Joschka Fischer und schließlich dessen Gegenspielerin Jutta Ditfurth:

Während Sozialdemokraten gemeinhin ganz offen in ihren staatsgläubigen Bestrebungen sind und unverhohlen mit der sozialistischen Sehnsucht, d.h. der Hilflosigkeit der Massen spielen, versteckt der Pseudo-Liberale seine viel weitgehenderen und explizit zerstörerischen Ziele hinter einer liberal-bürgerlichen Fassade. Man denke an den gewalttätigen Revoluzzer Fischer, der sich bürgerlich gab und sich der Staatsräson unterwarf, heimlich aber seine subversiven Ziele um so effektiver verfolgte, etwa die Umvolkung Deutschlands. Der einzige Unterschied zu einem kommunistischen Charakter wie Ditfurth ist, daß die letztere diese Ziele offen und unverhohlen verfolgt, so als sei die linke Machtübernahme bereits erfolgt. Man denke auch an die RAF in den 1970er Jahren, ihrem pseudo-liberalen Umfeld (den „Sympathisanten“) und dem sozialdemokratischen Zeitgeist, der den Nährboden bildete. Man hatte zumindest („letztendlich“) die gleichen Ziele!

Die Linken sind vor allem dadurch gekennzeichnet, daß sie ihre sekundären Triebe abwehren. Die „politische Korrektheit“ ist ihr Lebenselixier. Kernkontakt („Gott“) ist kaum vorhanden. Bei den Rechten ist es genau umgekehrt: sie haben einen, wenn auch mystisch verzerrten Kernkontakt, während die Abwehr gegen sekundäre Triebe kaum eine Rolle spielt: man spricht „eine klare Sprache“ mit einem Hang zu unverblümtem Sadismus. Es sind die sprichwörtlichen „Kreuzritter“.

achtspinner

Was hat die Orgonomie gegen arme Menschen?

24. Januar 2013

Gar nichts! Reich selbst war derjenige Psychoanalytiker, der so ziemlich als erster, auf alle Fälle jedoch als engagiertester sich in „Armenambulanzen“ für die Benachteiligten der Gesellschaft engagiert hat. Später dann auch politisch, zeitweise radikal, und im Gegensatz zu den theoretisierenden Salonmarxisten seiner Zeit a la Otto Fenichel ging er dabei stets auf Tuchfühlung mit der Unterschicht. Von den Kommunisten wurde ihm sogar vorgeworfen, er gebe sich zu sehr mit dem „Lumpenproletariat“ ab. Siehe beispielsweise auch die Auseinandersetzungen um den von ihm verlegten Roman Untermenschen.

Als er sich nach und nach immer mehr in die Laborarbeit zurückzog, kam er nach übereinstimmender Meinung sämtlicher Zeitzeugen immer hervorragend mit Handwerkern, Arbeitern, Hilfskräften, etc. zurecht. Standesdünkel oder „intellektuelle Abgehobenheit“ waren ihm in jeder Hinsicht wesensfremd.

Gleichzeitig mußte Reich aber auch irgendwo Geld auftreiben für seine teilweise extrem kostspielige Forschung (seine Laboreinrichtung, etwa die Mikroskope, war stets vom Feinsten und konnte mit jedem anderen Labor der Welt konkurrieren!) und für seine Öffentlichkeitsarbeit mit einem eigenen Verlag. Entsprechend mußte er sich mit Menschen seiner eigenen großbürgerlichen Ursprungsklasse umgeben, um an ausreichende Finanzmittel zu gelangen. In den 1930er Jahren war dies beispielsweise der steinreiche Karl Motesiczky und in den 1940er Jahren beispielsweise die Mutter von Myron Sharaf. Eine schizophrene Frau, mit der sich Reich mit Sicherheit kaum abgegeben hätte, hätte sie nicht zum Geldadel gehört und immer wieder großzügig zum Forschungsfond beigetragen. Über sie hat er auch Myron Sharaf und William Washington kennengelernt, zeitweise seine engsten Mitarbeiter. Eine „Putzfrau“ hätte ihm nicht derartige Kontakte vermitteln können.

Das mit dem Geldadel und „Leuten mit Verbindungen“ hat sich bis heute nicht geändert. Zwar ist es eine Mär, daß die Therapie nur etwas für Superreiche sei (in den USA übernehmen viele Versicherungen die Kosten einer Orgontherapie, die schließlich von anerkannten Psychiatern ausgeübt wird), aber es gehört einfach zu den Realitäten des Lebens, daß Menschen mit Geld „interessanter“ sind. Das war immer so und wird immer so bleiben. Reich hat versucht sich unabhängiger zu machen, indem er mit der Orgonenergie selbst Geld für die aufwendige Orgonforschung zu machen versuchte durch Vermietung von Orgonenergie-Akkumulatoren. Das brachte ihn ins Gefängnis. Auch danach sind Versuche, Geld mit nicht-medizinischen „Sachen“ Geld zu verdienen, bisher gescheitert bzw. haben sich nie materialisiert. Und an Forschungsgelder von Stiftungen ranzukommen – das klappt ohnehin nur über Beziehungen mit den „Reichen und Mächtigen“…

Im Laufe der Jahre wurde Reich zunehmend kritischer was den Sinn von sozial-politischen Maßnahmen anging. Anfang des Jahrhunderts und insbesondere durch die Kriegsfolgen war die materielle Not in Österreich derartig groß gewesen, daß auch der psychisch stabilste sich leicht aufgab, doch mit wachsendem Wohlstand, insbesondere im Nachkriegsboom der USA, zeigte sich, daß nicht nur die psychische Not sich kaum verbesserte, sondern vor allem, daß die psychische Not unmittelbare Ursache von materieller Not auch unter den besten sozialen Bedingungen war. Zu einem ähnlichen Schluß war Reich bereits bei seiner Analyse des „sozialistischen Aufbaus“ in der Sowjetunion gelangt.

Es bringt nur wenig bis nichts die Menschen mit sozialen Wohltaten zu überschütten, vielmehr verfestigt es die Not. Nicht nur weil es den Menschen die Initiative nimmt, sondern auch ihre Möglichkeiten zur Eigeninitiative einschränkt. Die Bürokratie füttert sie und versklavt sie gleichzeitig. Das traurigste Beispiel sind die Sozialprogramme für die Neger in den USA seit den 1960er Jahren. Es zeichnete sich ab, daß sie endlich am amerikanischen Traum teilnehmen könnten. Stattdessen zerbrachen unmittelbar als Folge der besagten Sozialprogramme die legendär engen Familienzusammenhänge der Neger. Mittlerweile zeichnet sich ein regelrechter Genozid ab: astronomische Kriminalitätsraten, es gehört geradezu zur Normalität, daß junge schwarze Männer einen gewaltsamen Tod finden, die schwarze Kultur feiert geradezu das Unterschichtendasein und die Dummheit, etc. Es wird kaum einen neuen Miles Davis oder John Coltrane geben! Entsprechendes zeichnet sich überall ab, wo der Staat „den Armen“ helfen will. Man denke auch an die verheerende Wirkung der Entwicklungshilfe in der Dritten Welt. Was etwa unsere „Kleidersammlungen“ in Afrika angerichtet haben, macht einen fassungslos. Ganze Branchen, ganze Ökonomien wurden irreparabel geschädigt.

Das Gegenargument sind dann Beispiele, wo Kapitalisten gewachsene ökonomische Zusammenhänge zerstören, von Landvertreibungen in Äthiopien bis zu ruinösen Mieterhöhungen für kleine Krämerläden in den guten Lagen der Innenstädte. Es sollte offensichtlich sein, daß das erste (die Zerstörungen durch den Sozialismus) mit dem zweiten (die Zerstörungen durch den Kapitalismus) wenig bis nichts zu tun hat bzw. sozusagen „umgekehrt“ ein Schuh draus wird: Es ist die Hilflosigkeit der Massen, die sie zum Opfer macht. In Japan florieren die kleinen unabhängigen Geschäfte, die hierzulande zugrunde gehen, weil sie sich organisieren und lebendige „Geschäftsstraßen“ herstellen. „Gemeinschaften zu organisieren“ kann nicht bedeuten, sie zu Bittstellern zu machen, die sich Almosen erstreiten, sondern nur sie aus ihrer Hilflosigkeit zu befreien, so daß sie sich auf Augenhöhe mit ihren Gegnern auseinandersetzen können. Für Sozialisten sind derartige Äußerungen „anti-revolutionäre Agitation“!

Community Organizer wie Obama gerieren sich gerne als Freunde der Armen, tatsächlich sind sie ihre Todfeinde, weil sie die ursächliche Grundlage der Armut verewigen: die charakterstrukturelle Hilflosigkeit. Wegen pestilenten Charakteren wie Michelle und Barack Obama wird Chicago für Neger ewig ein Höllenloch bleiben.

Bedeutet das, daß Arme krank und Reiche gesund sind? Zumindest tendenziell? Mit dem Thema habe ich mich bereits in Der bioenergetische Hintergrund der Klassenstruktur beschäftigt.

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Die sexuelle Revolution und die antiautoritäre Gesellschaft

20. September 2012

„Der Sexualprozeß der Gesellschaft war“, Reich zufolge, „immer der Kern ihres Kulturprozesses“ (Die sexuelle Revolution, Fischer TB, S. 159).

Das vegetative Leben der Menschen, das sie mit der gesamten lebendigen Natur teilen, strebt nach Entfaltung, Bestätigung, Lust, vermeidet Unlust und erlebt sich selbst in Gestalt strömender, drängender Empfindungen. Sie sind die Kernelemente jeder vorwärtstreibenden, also revolutionären Weltanschauung. Auch dem sogenannten „religiösen Erleben“ und dem „ozeanischen Gefühl“ liegen vegetative Lebenserscheinungen zugrunde. (ebd., S. 266)

Dies zeigte sich in der Entwicklung der „bürgerlichen Gesellschaft“, wie Freud und seine Schüler nachgewiesen haben. In Die sexuelle Revolution hat Reich dies nochmals am Beispiel der Sowjetunion, die die „bürgerliche Gesellschaft“ überwinden wollte, exemplifiziert. Heute erweist sich die Richtigkeit des Diktums anhand der Entwicklung der antiautoritären Gesellschaft.

De antiautoritäre Gesellschaft geht auf zwei Faktoren zurück: den ideologischen Einfluß vermeintlicher „Experten“ und den „materiellen“ Einfluß der Zeitläufe. Über die ersteren schrieb Reich im Zusammenhang mit der sexuellen Revolution in den Anfangsjahren der Sowjetunion:

Die allergrößte Schwierigkeit stellen die Pastoren im revolutionären Lager dar. Es sind meist sexuell verkrampfte Intellektuelle, Revolutionäre aus neurotischen Motiven, die, statt mit Wissen zu helfen, nur Verwirrung stiften. (ebd., S. 250)

Damit meinte Reich zwar Funktionäre, deren Sexualmoral sich in nichts von der katholischer Priester unterschieden hat, jedoch konnte diese Neurose ebensogut in einer vermeintlich gegenteiligen Sexualideologie zum Ausdruck kommen. Im Christusmord schrieb Reich über die Kommunisten: „(…), daß diese zerebralen Mechanisten die wahre körperliche Liebe hassen wie die Pest, während sie gleichzeitig mit Pornographie nur so um sich werfen“ (Freiburg 1978, S. 379).

Zwei Weltkriege in Folge, die Industrialisierung, die Verstädterung, der Einfluß der Massenmedien (insbesondere des neuen Mediums Film), etc. erzeugten eine sexualbejahende Atmosphäre, was jedoch zu vollkommenen Chaos führte wegen der sexualablehnenden Struktur der Massenindividuen. Das ist die „Schere“, von der Reich in Die Massenpsychologie des Faschismus spricht.

„Es gilt die Schere zwischen menschlicher Struktur und Daseinsform zu schließen; nicht durch Zwang, sondern in organischer Weise“ (Die sexuelle Revolution, S. 223). „Neue Lebensformen bilden sich nur durch die neuen Inhalte des Lebens, und neue Inhalte müssen neue Formen haben“ (ebd., S. 220).

In Die sexuelle Revolution führt Reich, die „Verwahrlosung der Jugend“ in der Sowjetunion von 1935 auf eine entsprechende Schere zurück:

(…) kollektive gesellschaftliche Ideologie und kollektives Leben der Erwachsenen muß unter Beibehaltung asketischer Forderungen für die Kinder, sexueller Heuchelei und Familienerziehung mit Notwendigkeit zur kindlichen Verwahrlosung führen. (ebd., S. 256)

Die entsprechenden Widersprüche in der antiautoritären Gesellschaft habe ich in dem Blogeintrag Die Zerstörung der biologischen Familie in der antiautoritären Gesellschaft diskutiert.

Man könnte einwenden, daß demnach also „materielle“, letztendlich ökonomische Prozesse frei nach Marx den eigentlichen Kern der „gesellschaftlichen Bewegungsprozesse“ ausmachen würden. Doch dieser Einwand zieht nicht in Betracht, daß Reich zufolge der wahre Kern die „lebendige Arbeitskraft“ ist, die „Arbeitsenergie“ und damit die Charakterstruktur der Massen, die in der Familie geformt wird. Entsprechend geht aus der autoritären Gesellschaft die antiautoritäre Gesellschaft hervor, wenn die „Arbeitsenergie“ ein gewisses Maß an ökonomischen Wohlstand erwirtschaftet hat (Überexpansion). Die Gesellschaft wird zum Autoritarismus zurückkehren, wenn die Ökonomie wegen der antiautoritären Unterminierung der Arbeitsfunktion kollabiert. Ansatzweise ist dies beim Zusammenbruch der Weimarer Republik geschehen. Die „Studentenbewegung“ Ende der 1960er Jahre war ein bloßes Wohlstandphänomen, das sich mit dem Niedergang der Wirtschaft schnell wieder verflüchtigt hat.

Keine Betrachtung geschichtlicher Entwicklungen darf sich (…) revolutionär nennen, wenn sie den psychischen Zustand der Masse bloß als ein Ergebnis wirtschaftlicher Vorgänge nimmt, und nicht auch als ihren Motor. (Die sexuelle Revolution, S. 172)

Zur Durchsetzung der Hexenverfolgung

21. Juli 2012

Dieser Blogeintrag ist eine Ergänzung zu Amerika, die neue Schwarze Legende. Die „schwarze Legende“, die Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus und seit „1968“ geprägt hat, ist die Mär von der Hexenverfolgung. Natürlich ist dieses Lügenmärchen auch bei sogenannten „Reichianern“ sehr beliebt. Daß das ganze eine Mischung aus Halbwahrheiten, haltlosen Übertreibungen und vollkommenem Unsinn ist, hat Jenny Gibbons, übrigens eine moderne Hexe und „Neu-Heidin“, im Detail aufgezeigt. Siehe ihren neunteiligen Artikel.

Hexen hat es immer gegeben und zwar in jeder Weltregion. Selbst die Trobriander hatten auf „Besenstielen“ durch die Luft reitende Hexen! Nicht nur im alten Europa, sondern auch im alten China war es üblich, Hexen lebendig zu verbrennen. Noch heute werden sie in Afrika und Indien verfolgt und verbrannt. Beim revolutionären Umbruch in Zimbabwe galt Hexerei als „konterrevolutionär“ und als „Hexen“ denunzierte Frauen, meist Frauen, die irgendeinen Luxusgegenstand besaßen, wurden von den marxistisch-leninistischen Freiheitskämpfern lebendig verbrannt. In Angola ließ Sawimbis Unita Hexen verbrennen. Desgleichen in Süd-Afrika, wo der ANC systematisch jagt auf Hexen machte. Noch heute verfolgen hinduistische Glaubensfanatiker in der indischen Provinz Bihar Hexen. Witwen werden gesteinigt oder erschlagen, weil sie Seelen stehlen oder Menschen und Vieh verzaubern können und das Geschäft oder die Ländereien ihrer verstorbenen Ehemänner weiter bewirtschaften.

Bei linken Ideologen sieht es immer so aus, als wären die niederen Schichten Hauptopfer der Hexenverfolgung gewesen, aber es war wohl eher so, wie übrigens auch z.B. bei Luthers Judenhaß, daß die Stoßrichtung hauptsächlich gegen die Reichen und „Kapitalisten“ gerichtet war. Daß ist auch so, wenn im Alten Testament die sozialrevolutionären Jahwistischen Propheten Front gegen die „Hexen“ machen.

Daß z.B. die Hexenbulle 1484 herauskam, um das Bevölkerungswachstum aus ökonomischem Kalkül anzukurbeln, halte ich für rationalistischen Unsinn. Das war die Zeit der Bettelmönche (wie die Dominikaner, die den Kommentar zu dieser Bulle schrieben), die wahrhaftig nichts „Kapitalistisches“ in ihren Köpfen hatten – eher Sozialrevolutionäres gegen das reiche, „herumhurende Pack“. Außerdem frage ich mich, ob heutige Ideologen mit ihrem antikapitalistischen Impetus von den Hexenverbrennern ideologisch wirklich so weit weg sind, wie diese Gutmenschen es sich einbilden. In mancher Beziehung war die Kirche der „Kommunismus des Mittelalters“. Übrigens haben die „emanzipatorischen“ Kommunisten in der Sowjetunion eine ganz bestimmte Gruppe mit einem unbändigen Haß verfolgt – und das bereits lange vor dem Stalinistischen Terror: die Schamanen und Schamaninnen.

Angesichts dessen, was bis heute vom Hexenunwesen geblieben ist, insbesondere des erschreckenden alltäglichen Aberglaubens bei meinen Mitmenschen, Astrologie, „Freitag der 13“, etc., frage ich mich, ob das Christentum und später der Protestantismus sich nicht vielleicht durchgesetzt haben, eben weil sie genuin aufklärerisch und emanzipatorisch waren und die Leute von unberechtigten Ängsten und Einschränkungen des Lebens, Einschränkungen der Lebensenergie, befreit haben.

Die Sache mit den „orgiastischen“ Badehäusern ist der reine Blödsinn: die frivolen Darstellungen, die gerne gezeigt werden, entsprechen durchgehend Bordellen, während die normalen Badehäuser eben nichts anderes waren als eben Badehäuser, wie es sie überall bis in die 1950er Jahre dieses Jahrhunderts hinein gab, als die Wohnungen noch keine Waschgelegenheiten hatten. Daß es, anders als etwa in den islamischen Badehäusern, keine strenge Geschlechtertrennung gab, spricht nicht etwa für weniger, sondern für mehr Schicklichkeit und Zurückhaltung. Welcher normale Mensch würde etwa ein normales Sauna-Bad so beschreiben wie es mit den mittelalterlichen Entsprechungen seit dem unseligen Norbert Elias getan wird! Die in diesem Zusammenhang immer wieder hervorquellenden Gruppensex-Phantasien sind einfach hochneurotisch pubertär.

Was sich wohl für wilde Phantasien im Kopf eines fundamentalistischen Türken (und selbst eines Amerikaners!) abspielen, wenn er an das deutsche Badeparadies denkt? Genau die gleichen Phantasien spielten sich in bezug auf die mittelalterlichen Badehäuser in den Köpfen der Kleriker und der Gelehrten der viktorianischen Zeit ab. Diese verklemmten, extrem sexualfeindlichen pornographischen Phantasien werden nun hervorgekramt, um zu zeigen wie sexualpositiv doch das Mittelalter war.

Auch ich glaube, daß diese mittelalterlichen und modernen Badehäuser ein Zeichen für eine sehr gute gesellschaftliche Sexualökonomie waren und sind – und zwar deshalb, weil es vollkommen entsexualisierte Erscheinungen sind. Die Leute leiden nicht unter einer sexuellen Ausgehungertheit. In anderen Weltgegenden wäre so etwas unmöglich, weil die Männer nur stieren würden, es zu Eifersuchtsdramen und Vergewaltigungen käme, etc. Etwa in Ägypten wäre so etwas vollständig undenkbar!

Wenn dann Ottmar Lattorf in seinem eingangs verlinkten Aufsatz zur Hexenverfolgung im Zusammenhang mit Gemeinschaftsbetten und der Ohrenbeichte von Dingen berichtet, die unter dem Heidentum „nicht oder kaum mißbilligt worden waren: Oralverkehr, Inzest im weitesten Sinne (sic!), weibliche Homosexualität, Masturbationen und andere Positionen als die Missionarsstellung“… Hier muß ich auch daran denken, was Reich in Der triebhafte Charakter über „Gemeinschaftsbetten“ und „Oralverkehr, Inzest im weitesten Sinne, weibliche Homosexualität, Masturbationen und andere Positionen als die Missionarsstellung“ geschrieben hat; und in Christusmord mit bezug auf Moses und Paulus über die von Lattorf so gepriesene polymorph-perverse „heidnische Sexualität“.

Lattorf erwähnt alle möglichen Dinge, die mit allen möglichen anderen Dingen, etwa der nationalsozialistischen Germanentümelei, kompatibel sind (z.B. daß junge Fraue vor alten Männern tanzten, um deren Lebensgeister zu wecken) – aber nirgends die Genitalität.

Der von Lattorf beschriebene radikal anti-sexuelle Umschwung (Todesstrafe für außereheliche Sexualität) erinnert mich an die katholische Gegenreformation: man wurde sittenstrenger als jemals zuvor, um sich gegen die puritanischen Protestanten durchsetzen zu können. Ist es nicht vielleicht so, daß der vergleichbare vorangehende Umschwung zur Zeit der Kreuzzüge ebenfalls infolge einer Gegenreformation erfolgte: man wurde sittenstrenger als jemals zuvor, um sich gegen die Katharer und besonders die Moslems (bei denen Todesstrafe für außereheliche Sexualität eine Selbstverständlichkeit war) durchsetzen zu können? Diese Theorie erscheint mir weitaus plausibler als rationalistische marxistisch-„materialistische“ Erklärungsversuche.

Lattorf: „Die emotionalen sexuellen Verhältnisse bei den Unterjochten müssen damals insgesamt um einige Qualitätsgrade derber und freizügiger und gesünder gewesen sein, als wir das heute in Deutschland leben können.“ Kann man mir mal erklären, inwieweit er oder ich oder der Leser sexuell (genital) eingeschränkt wird durch „die Gesellschaft“?

Auch kann ich nicht nachvollziehen, daß ausgerechnet Europa das Non-plus-ultra an Neurose auf diesem Planeten sein soll.

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