Posts Tagged ‘Ökosysteme’

Gold und Bitcoin. Eine orgonometrische Analyse (Teil 1)

21. November 2023

Sowohl Subjekt als auch Objekt der Ökonomie ist das Menschentier. Als solche sind wir grundsätzlich alle gleich:

Aber stimmt das wirklich? Hans Hass hat aus streng evolutionsbiologischer Sicht dargelegt, daß wir eben keine vom Grundsatz her identischen Menschentiere sind, sondern unsere Gesellschaften sind Ökosysteme, die von fundamental unterschiedlichen „Tierarten“ bevölkert werden: Bäcker, Bauer, Schuster, IT-Spezialist, Investmentbanker, Lehrer, Bauarbeiter, Maschinenbauingenieur, Fluglotse, Fußballtrainer, Putzfrau, Historiker, Chirurg, Vermessungstechniker, Logistiker, Schweißer, Geigenbauer, etc.pp. Funktionell betrachtet sind das alles unterschiedliche „Tierarten“, die voneinander abhängig sind. Durch ihr Zusammenwirken bildet sich das Geflecht der Arbeitsdemokratie, wie Reich es am Ende der Massenpsychologie des Faschismus beschrieben hat.

Man denke etwa an den Bäcker und den Bauern, der ihm zuarbeitet, als klitzekleinen Ausschnitt aus diesem arbeitsdemokratischen Gewebe:

Durch individuelles, vor allem aber kooperatives Arbeiten entsteht „Wert“, d.h. etwas, was uns „kostbar“, d.h. „mit hohen Kosten verbunden“ ist, vorwiegend die investierte Arbeitszeit:

Aus einem zeitlichen Vorgang wird ein räumlicher Gegenstand (ich komme darauf zurück). Konkret erfolgt das über die Schöpfungsfunktion (Jacob Meyerowitz):

Diese „wert-vollen“ Produkte werden miteinander ausgetauscht und zwar mittels eines „Wertzeichens“, dem Geld. Dieses „Wertzeichen“ gewinnt seine Eigenschaft durch zwei Funktionen: 1. kann man mit ihm als „Universalschlüssel“ (Hans Hass) wirklich alles eintauschen; und 2. kann man es, im Gegensatz etwa zu Brötchen, beliebig lange aufbewahren.

Ich tausche nur etwas, was seinen Wert behält. Nehmen wir eine Trümmerwüste nach dem Dritten Weltkrieg: Kein Mensch würde Brötchen, die nach wenigen Stunden vertrocknen und ungenießbar werden, gegen etwas anderes tauschen. Etwa einen Hasen gegen 50 Brötchen. Aber bei Zigaretten, die Monate oder gar Jahre brauchbar bleiben, sieht das schon anders aus. Auch würde niemand Brötchen horten, sehr wohl aber Zigaretten. Ideal wäre etwas, was sich „ewig“ erhält und von allen als Universalschlüssel anerkannt wird, etwa Gold.

„Gehortetes“ Gold gelangt erst wieder in den Umlauf, wenn ich ein verlockendes Angebot vorlegen kann, etwa morgens frische Brötchen für das Frühstück. Allein schon das hält die Wirtschaft ingange: daß etwa der Bäcker sich besonders viel Mühe geben muß, damit ich mein „ewiges“ Gold gegen extrem vergängliche Brötchen eintausche.

Diese Dynamik geht tendenziell verloren, wenn das Geld, wie die besagten Brötchen, im Laufe der Zeit selbst an Wert verliert. Das wird besonders bei Hyperinflation deutlich, wenn ohne Überlegung gekauft wird, einfach nur um die immer wertloser werdenden Papierfetzen loszuwerden. Das gegenwärtige Fiatgeld steht dergestalt in einem unaufhebbaren Gegensatz zu beiden Grundfunktionen des Geldes:

Dadurch, daß es absurd ist Fiatgeld sparen zu wollen, weil es zumindest langfristig nichts anderes ist als ein Fetzen Papier, löst sich auch die zweite Grundfunktion des Geldes in nichts auf, denn schließlich will niemand mehr dieses wertlose Altpapier haben:

Zum Gedenken an James DeMeo (14.1.1949 – 3.4.2022): Die „Saharasia-Theorie“ (Teil 10)

22. April 2022

Eine sich über acht Jahre hinweg ziehende Studie von David Lytle und Michael Bogan über die Wasserinsekten in einem zuvor ganzjährig fließenden Wüstenstrom im French Joe Canyon in Arizona hat den anhaltenden DOR-Notstand im Südwesten der USA aufgezeigt, den Reich 1954 in seinen Anfängen diagnostiziert hatte. Lytle, Professor für Zoologie an der Oregon State University:

Populationen [von Wasserinsekten], die hier über Jahrhunderte oder Jahrtausende überlebt haben, sterben nun aus. Dauerhafte Quellen trocknen aus. Ströme, die zuvor ganzjährig flossen tragen nun nur noch mit Unterbrechungen Wasser. Und Arten, die vorher nur Fluktuationen in ihren Populationen ausgesetzt waren, verschwinden jetzt ganz.

Die gesamte bisherige Ordnung des Ökosystems werde durch immer schneller aufeinanderfolgende und immer schlimmere Dürren in den letzten Jahren verändert. Und das nicht nur, was die Wasserinsekten betrifft. Lythle:

Vor 2004 war dieses Gebiet [im French Joe Canyon] wie eine wunderbare Oase mit viel Vegetation, Vögeln und seltenen Arten.

Lythles Doktorand Bogan fügt hinzu:

Unsere Studie konzentriert sich nur auf einen einzelnen Strom, aber dieser Vorgang des Austrocknens und der örtlichen Artenvernichtung zieht sich über die gesamte Wüstenregion im Südwesten [der USA] hin. Schließlich kann das zu einem Verschwinden von Arten aus der gesamten Region führen oder zur vollständigen Ausrottung von Arten, die von diesen Wüstenoasen abhängen.

In den vorangegangenen 30 Jahren sei es zu immer schlimmeren Dürren im Südwesten gekommen. Beispielsweise führte die Dürre, die 2005 den French Joe Canyon zum Austrocknen brachte, zum niedrigsten Wasserstand der Ströme in Arizona seit 60 Jahren, in vielen Fällen sogar seit dem Beginn der Aufzeichnungen.

In den 1950er Jahren hatte Reich davor gewarnt, daß sich der Südwesten der USA in eine zweite Sahara verwandeln könnte. Reich wollte, inspiriert durch Walt Disneys gleichnamigen Film, The Living Desert, helfen (deutsch: „Die Wüste lebt“). Die Amerikaner haben es vorgezogen, ihn im Gefängnis verrotten zu lassen und sein Vermächtnis mit Hohn und Spott zu überziehen. Nicht zuletzt James DeMeo ist schließlich daran zerbrochen. Der Preis ist die „tote Wüste“, die DOR-Hölle.

Sozialdarwinismus (Teil 2)

25. August 2015

In Teil 1 haben wir uns mit einer Möglichkeit, Arbeit und Antiarbeit voneinander zu unterscheiden, beschäftigt. Eine weitere Herangehensweise läge vielleicht darin, ökologische Betrachtungsweisen auf das Wirtschaftsleben zu übertragen. Demnach wäre Antiarbeit alles, was dem arbeitsdemokratischen „Ökosystem“ schadet.

Leider tut Hans Hass so, als würden die Energone ihre positiven Energiebilanzen im luftleeren Raum erzielen. Er scheint zu vergessen, daß alle Berufstätigen in einem Ökosystem verankert sind, nur daß hier die Fauna nicht aus Tieren, sondern aus anderen Berufstätigen besteht. So wäre z.B. ein Bäcker ohne Schuster, Arzt und Bauer überhaupt nicht in der Lage seine Brötchen zu backen, weshalb er sich ihnen ja auch mit „Tit for Tat“ nähern muß.

Daß Hass dies Eingebundensein so wenig in Betracht zieht, ist umso erstaunlicher, als er ja selber den Berufstätigen nicht auf den berufstätigen Menschen selber beschränkt, sondern auch alle für seine Erwerbstätigkeit notwendigen Einheiten umfassen läßt. Aus dieser Sichtweise ist aber unser Bäcker schon von vornherein in einen übergeordneten Organismus eingeordnet, ohne daß er erst Angestellter in einer Großbäckerei (also einem umfassenderen Energon) werden muß.

Demnach können wir die gesamte Arbeitsdemokratie als „übergeordnetes Lebewesen“ betrachten. In der Biologie wäre das so, als würde man z.B. Wälder, Wiesen oder Teiche so betrachten, wie Stephan Lackner es tut:

Ein gesundes, unbeschädigtes Gehölz schützt und stützt seine Einzelglieder. Der Waldrand mit seinen dichtverwobenen, bis zum Boden hinunter belaubten Ästen, die er der Außenseite zukehrt, ist ein Organ, genauso wie die Haut eines Tieres ein Organ ist. Dieser Mantel ist grundsätzlich anders konstruiert als das hohle, kahlstämmige Waldesinnere, das dem Knochengerüst vergleichbar ist. Zusammen bilden sie einen großen Organismus. (Die friedfertige Natur, München 1982)

Man kann sogar noch weiter gehen und die gesamte Erde als Lebewesen betrachten, das James Lovelock, wie in Die Orgonomie und die Energetik (Teil 2) erwähnt, „Gaia“ nennt. Lovelock sagt, „daß die Biosphäre eine sich selbst regulierende Wesenheit darstellt, dazu befähigt, unseren Planeten gesund zu erhalten, indem sie die chemische und physikalische Umwelt überwacht“.

Man denke auch daran, daß nach Reich sowohl der Mensch als auch die Atmosphäre eine Abpanzerung durch DOR erfahren können, daß also Gaia sich genauso panzern kann wie der Mensch.

Hass lehnt es jedoch strikt ab, Ökosysteme als Lebewesen zu betrachten. Denn im Gegensatz zu Energonen hätten Ökosysteme keinen Wirkungsgrad (die Entropie nimmt ab), sondern wären lediglich Gleichgewichtszustände (die Entropie bleibt konstant). Nach Hass befinden sich jene Systeme im Gleichgewichtszustand, denen nicht „das Kunststück durchschnittlich positiver Energiebilanzen gelingt. Hier zieht der Energonbegriff eine klare Grenzlinie.“ Hier hätten wir „die Kluft, welche die anorganische von den organischen Ordnungen trennt“ (Naturphilosophische Schriften, Bd. 2, München 1987).

Mit dem Orgonenergie-Akkumulator hat Reich gezeigt, daß diese Kluft nicht besteht und daß an der traditionellen Thermodynamik etwas nicht stimmen kann.

Hass‘ engbegrenzter Energonbegriff hat über die Vernachlässigung von (im weitesten Sinne des Wortes) „ökologischer“ Bewertungsmuster sicherlich dazu beigetragen, daß Hass grade jene Staatssysteme, z.B. das kommunistische, als am höchsten entwickelt und den Organismen am weitesten nahekommend betrachtet hat, die aus der Sicht eines Herbert Spencer ganz im Gegenteil am wenigsten entwickelt sind und in denen sich, nach Reich, die Arbeitsdemokratie am geringsten entfaltet hat.

Hass glaubt, daß „die Machtkörper des kommunistischen Ordnungsrezepts (…) den Organismen sehr ähnlich“ sind, da:

  1. die Initiative für Erwerb und Bedarfsbefriedigung dem Einzelnen entzogen und auf die Kompetenz der Gemeinschaft übertragen ist;
  2. die Leistungen des Einzelnen nicht ihm, sondern der Gemeinschaft dienen; und
  3. dem Einzelnen zugeteilt wird, worauf er im Rahmen der Gemeinschaft Anspruch hat. (Naturphilosophische Schriften, Bd. 4)

Dazu ist grundsätzlich zu sagen, daß diese Argumentation zweifelhaft bleibt, solange Hass nicht zwischen gepanzertem und ungepanzertem Organismus unterscheidet. Geht man nämlich vom gepanzerten Organismus aus, ist es nur ein kleiner Schritt „zur staatlichen Auffassung der menschlichen Gesellschaft oder umgekehrt, von der Idee des absoluten Staates zur mechanistischen Auffassung des Organismus.“ So Reich in Äther, Gott und Teufel, wo er die Arbeitsdemokratie mit dem (ungepanzerten) Organismus gleichsetzt.

Typischerweise fällt sowohl der „mechanistische gepanzerte Organismus“ als auch der „absolute Staat“ in eins mit seinem angeblichen Gegenteil: dem absoluten Chaos. So zeichnet sich der Zwangscharakter durch einen übergroßen Ordnungssinn aus, der jederzeit in sein schlampiges Gegenteil umschlagen kann. Viele Historiker haben sich verwundert darüber gezeigt, wie chaotisch und desorganisiert der nationalsozialistische Staat doch war. Das gleiche Phänomen fand sich im Realsozialismus.

Zwangsordnung und Chaos sind genauso funktionell identisch wie Ordnung und Freiheit. Weil zu viel „Ordnung“ Chaos bedingt, funktionieren weniger zwangsorganisierte Systeme besser und sind deshalb auch höher entwickelt. So ist Hass’ an Thomas Hobbes gemahnende Postulierung, daß der Kommunismus in seiner Organisation am höchsten entwickelt ist und darüber hinaus den natürlichen organismischen Verhältnissen am nächsten kommt, eine krasse Fehleinschätzung. Immerhin warnt aber Hass davor, daß gewaltsame (also sozialistische) Eingriffe in Wirtschaftssysteme den gleichen Effekt haben, wie gewaltsame Eingriffe in Ökosysteme. Und Hass schreibt, daß sowohl in „den Lebensräumen der Natur“ als auch im „liberalen Staat“ das „laisser fair laisser passer“ gewahrt bleiben.

Spencer unterscheidet grundsätzlich zwischen zwei Organisationstypen der Gesellschaft:

Die eine entspringt unmittelbar aus der Verfolgung individueller Zwecke und trägt nur indirekt zur sozialen Wohlfahrt bei; sie entwickelt sich unbewußt und ist nicht zwingender Natur. Die andere, die unmittelbar aus der Verfolgung sozialer Zwecke hervorgeht und nur indirekt zur individuellen Wohlfahrt beiträgt, entwickelt sich bewußt und ist zwingender Natur. (z.n. E.V. Zenker: Der Anarchismus [1895], Berlin 1984)

Spencer spricht hier von der freiwilligen Organisation, dem „industriellen Typus“, und der zwangsweisen Organisation, dem „kriegerischen Typus“, wobei der zweite „eine Folge des Abwehrbedürfnisses der Gesamtheit nach außen ist.“ Heute würden wir vom „unternehmerischen“ und „bürokratischen“ Organisationsmuster sprechen. Beim ersten Typus dient der Staat dem Individuum egoistisch als Organ, während umgekehrt beim zweiten Typus das Individuum „altruistisch“ zum Organ des Staats wird.

Den bürokratischen Typus finden wir im feudalistischen Absolutismus und im sozialistischen „Neofeudalismus“, während wir dem unternehmerischen Typus, der dem Ideal der Arbeitsdemokratie noch am nächsten kommt, im Kapitalismus begegnen. Nach diesem Schema wollen wir jetzt die vier Grundformen des Staates betrachten, die Hans Hass konstatiert (wobei unsere Darstellung in Einzelheiten aber gewichtig von Hass abweicht). Die ersten drei Grundformen gehören dem bürokratischen Typus an:

  1. Warum Spencer den bürokratischen Typus „kriegerisch“ genannt hat, sieht man am klarsten in seiner ersten Ausformung. Hier ist der Staat der Berufskörper des Herrschers, der ein Volk versklavt hat und es ausbeutet. Man denke an die Mongolenherrschaft über Rußland. Wir haben, so Hass, einen „schlechten Herrscher“ vor uns, der blind seine Erwerbsquelle ausplündert und damit seine eigene Lebensgrundlage untergräbt. Auf diese Weise, d.h. aus reinem Machtkalkül heraus, entstehen zwangsläufig Verbesserungen dieses Systems, die mit einer fortschreitenden „Humanisierung“ verbunden sind. In Wirklichkeit findet bei dieser Befriedung jedoch eine noch weitere Ausweitung des Staates statt, der schließlich die gesamte Gesellschaft umfaßt, so daß wir am Ende einen „Ameisenstaat“ vor uns haben. Diese Abfolge können wir uns an der russischen Entwicklung von der Mongolenherrschaft, über das Zarentum, bis zur kommunistischen Utopie vergegenwärtigen.
  2. Die erste Stufe dieser Verbesserung haben wir vor uns, wenn der reine Ausbeuter zu einem „guten Herrscher“ wird, der wie ein Parasit jedes Interesse hat, daß es seinem Wirt, also der Arbeitsdemokratie, einigermaßen gut geht. Das beste Beispiel für diese Entwicklung von Modell 1 zu Modell 2 ist der Wechsel von der SBZ zur „DDR“. Wurde der östliche Teil unseres Vaterlandes nach dem Krieg von den Sowjets noch offen ausgeplündert, änderte sich die reine Ausbeutung zur (naja…) sorgsamen Pflege, als sich das sozialistische Staatensystem ausbildete. Es entstand ein Staat, die „DDR“, der sich aktiv darum bemühte das Wirtschaftsleben funktionsfähig zu erhalten, um dem Parasiten, also der Nomenklatura, eine kontinuierliche Versorgung zu garantieren. Groteskerweise haben so die Kommunisten ihren Staat exakt nach dem Muster aufgebaut, das Marx in Das Kapital vom Staat als „Verwalter von Bourgeoisie-Interessen“ gezeichnet hat. Nach Hass hat Marx hier unser Modell 2 beschrieben, für das „die Scheinheiligkeit ein wichtiger Faktor“ sei. Man betrachte aus dieser Perspektive die Rolle, die die Ideologie im Ostblock einnahm!
  3. Die letzte Stufe der Befriedung des „kriegerischen“ Staatstypus würde dem entsprechen, was Hitler für die Nachkriegszeit als sozialistische „Volksgemeinschaft“ geplant hatte und was Chruschtschow, der letzte große Utopist Osteuropas, als „Volksstaat“ vorschwebte. Damit waren Systeme gemeint, in denen die Scheinheiligkeit überflüssig ist, weil alle Interessenkonflikte in einer allumfassenden Einheit aufgehoben sind – was genau dem Zustand bei den Ameisen entspricht. Selbstverständlich wird dies eine Utopie bleiben, nicht nur weil es den Interessen der Nomenklatura widerspricht, wie ja der Sturz Chruschtschows durch Breschnew gezeigt hat, sondern auch, weil der Mensch einfach nicht zur solidarisch-kollektivistischen Ameise geschaffen ist. Erstens reagiert er auf Zwang und nivellierende Einordnung mit unterschwelliger Rebellion, so fand im Ostblock über 40 Jahre hinweg „Dienst nach Vorschrift“ statt, und zweitens ist er nicht beliebig manipulierbar. Man denke an die Jugend im Ostblock, die vom Säuglingsalter an sozialistisch geformt wurde, nur um sich dann ihrer Natur gemäß dem Westen zuzuwenden.

Demnach war es dem Kommunismus grundsätzlich verwehrt, sich „natürlich“ weiterzuentwickeln und sich so zu stabilisieren. Aus dieser Sackgasse, in die der Rote Faschismus geraten ist, gibt es prinzipiell nur zwei Auswege – die nicht gangbar sind:

  1. Da sich also der Sozialismus von einer Pseudowissenschaft zur reinen Utopie verflüchtigt hat, versucht man krampfhaft das Modell 2 durch Reformen lebensfähig zu erhalten. Aber das führt zu nichts, da die Reformen immer inkonsequent bleiben müssen und deshalb das Chaos nur noch weiter erhöhen. Diese oberflächlichen Lockerungen erzeugen, da die entstandene Unordnung wieder bereinigt werden muß, eine stärkere Verhärtung. Lockert man z.B. das Plansystem und wird, gegen den Protest der Bevölkerung, die Preisgestaltung liberalisiert, muß es unweigerlich zu Ungleichgewichten in der Wirtschaft kommen, die wohl in einem freien Markt schnell wegreguliert werden würden, in einem sozialistischen System aber nur zerstörerisch wirken können. Das ist ähnlich wie bei der Lösung der Panzerung im menschlichen Organismus: wird sie nicht fachgerecht durchgeführt, führt die provozierte Orgasmusangst zu nur noch mehr Panzerung. Entsprechende Erfahrungen mußte die Wirtschaft der „DDR“ in den 1960er Jahren machen, als Reformen eingeleitet wurden, die vergleichbar jenen waren, die später Gorbatschow für die UdSSR anvisierte. In der „DDR“ war das Ergebnis eine verschlechterte Versorgung, weil die weitgehend vom Plan befreiten Betriebe ohne Rücksicht auf die Gesamtwirtschaft sich dort engagierten, wo es für sie am bequemsten und günstigsten war. Da aber die Verteilungswirtschaft grundsätzlich erhalten blieb, hatte dies den gegenteiligen Effekt wie im Westen. In der „DDR“ hatte es zur Konsequenz, daß die Planung verstärkt und die Wirtschaft noch weiter zentralisiert wurde. Die groteskeste Auswirkung solcher Reformen beobachtete man gegen Ende des Realsozialismus, als „die herrschende Klasse“, das in den staatlichen Betrieben beschäftigte Proletariat, langsam verarmte, während die kleinen Kapitalisten im neuen privaten Sektor immer reicher wurden.
  2. Als zweiter Weg aus der Sackgasse steht die Auflösung der Panzerung offen – die Revolution, in der die fachbewußten Werktätigen die kommunistischen Machthaber (die organisierte Emotionelle Pest) stürzen. Aber auch dieser Weg wird zu nichts führen, da alle charakterologischen Voraussetzungen für eine rationale Entwicklung fehlen und die „Revolution“ höchstwahrscheinlich den Roten durch den Schwarzen Faschismus ersetzt. Man darf nicht vergessen, daß sich der Marxismus nie in einigermaßen gesunden, sondern stets in seit Jahrhunderten schwerkranken, durch „Saharasia“ geprägten Gesellschaften durchgesetzt hat; daß er in einer Atmosphäre der Gewalt gedieh, die älter ist als Stalin, Lenin oder Marx. In einem Land wie Rußland existieren einfach keine demokratischen Traditionen. Vielmehr ist ganz ohne Zutun der Kommunisten das gesamte Leben schon von je her vom orientalischen Despotismus durchseucht – der einzig fruchtbare Nährboden für Marxens Leere. Nach der KP kam, verzögert durch einige „demokratische“ Wirren, in Gestalt Putins der KGB an die Macht. Es war ähnlich wie nach Stalins Tod, als in Gestalt von Beria der KGB nach der Macht zu greifen versuchte.

Das krasse Gegenbild zum kriegerischen Typus der oben vorgestellten Modelle 1 bis 3 finden wir dort, wo der Staat einfach nur ein Gemeinschaftsorgan ist. Reich hat dies in der Massenpsychologie des Faschismus im Kapitel „Die Entwicklung des autoritären Staatsapparats aus rationalen sozialen Beziehungen“ dargelegt.

Zumindest als Ideal ist dieses Modell 4, dieses System des „laissez faire, laissez passer“ in den westlichen Demokratien angelegt. Am reinsten wohl in der amerikanischen Verfassung, die seit über 200 Jahren in Kraft ist. Hier haben sozialistische Experimente, gegenwärtig die EUdSSR, immer wieder gezeigt, daß es keinen Kompromiß zwischen dem bürokratischen und dem unternehmerischen Typus geben kann. Man denke nur daran, was in den Jahrzehnten vor Thatcher die Labour-Partei in England angerichtet hat, über deren Herrschaft Reich Anfang 1949 an Neill schrieb, daß

jene sozialistischen Staatsregierungen repräsentieren Politik und Pest in einem weit schlimmeren Maße als je irgendetwas zuvor. Und das ist keine Übertreibung.

Und was ist mit den Krisenzuständen im Kapitalismus? Der Ökonom Milton Friedmann hat darauf hingewiesen, daß für alle Wirtschaftskrisen, die über die natürlichen Schwankungen (orgonotische Pulsation) hinausgingen, einzig und allein die Regierungen und die Notenbanken, nicht der Marktmechanismus, Schuld tragen.

So haben wir wieder die schon von Spencer postulierte Antithese zwischen Freiheit und Sozialismus vor uns:

Dabei darf aber nicht aus den Augen gelassen werden, daß man diesen Antagonismus nicht a priori in ein Rechts-Links-Schema pressen kann. So hat schon Spencer darauf hingewiesen, daß der Sozialismus in den Bereich der alten absolutistischen Gesellschaftsformen gehört und auf Bismarcks staatssozialistische Neigungen hingewiesen. Entsprechend waren auch während der Französischen Revolution nicht etwa die Jakobiner, sondern die Girondisten die wirklichen Revolutionäre! Für Lenin war die deutsche Reichsbahn das Vorbild für den Sozialismus. Marx ging mit seiner Ablehnung der Gewaltenteilung vollkommen konform mit den reaktionärsten Kräften der Restauration. So erscheint auch die geschichtliche Rückbesinnung in der späten „DDR“ in einem besonderen Licht.

Es besteht nicht nur die Gefahr, daß sich ein kommunistischer Staat vom Modell 2 zum Modell 3 weiterentwickelt, sondern auch die, daß das Modell 4 zum Modell 3 degeneriert:

Hass zufolge könnten sich auch die westlichen Staaten in „vollintegrierte Energone“ verwandeln, weil die Anbieter immer mehr versuchen die Nachfrage zu kontrollieren. Das entspricht dann fast den Zuständen in einer sozialistischen Planwirtschaft, wo auch nur das nachgefragt werden konnte, was planwirtschaftlich angeboten wurde, also die Produktion die Konsumption bestimmte. Entsprechend versucht man im Westen über die Werbung künstliche Nachfrage zu erzeugen und die bestehende zu kontrollieren. Zur Degeneration des Westens gehört natürlich auch die Ausbildung von Monopolen, von denen der Verbraucher abhängig wird. Dazu kommt noch, daß die großen Konzerne die „freien Unternehmer“ von Kleinbetrieben in die Abhängigkeit zwingen und dabei mehr versklaven und ausbeuten, als es bei einem rechtlich abgesicherten gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer je möglich wäre.

Erinnert sei auch daran, was durch staatliche (sozialistische) Eingriffe angerichtet wird, die fast durchgehend zugunsten der Konzerne wirken, denen z.B. für Industrieansiedlungen die Millionen hinterhergeworfen werden – die Millionen, die der Staat per Steuer den Handwerkern und Kleinunternehmern raubt. Man denke auch daran, was die „planwirtschaftlichen“ EUdSSR-Bürokraten in der Landwirtschaft zugunsten von Agrarfabriken angerichtet haben.

Die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU hat immer wieder den schleichenden Verfall der sozialen Marktwirtschaft zur „brutalen Machtwirtschaft“ beklagt. Dieser Ausdruck gemahnt an das, was Spencer „kriegerischen Typus“ genannt hat. In diesem Zusammenhang sind auch Herbert Gruhls Auffassungen von Interesse, wie er sie in seiner Grundsatzrede auf dem Gründungsparteitag der ÖDP (der Alternative zu den Melonen – außen grün, innen rot mit braunen Kernen) am 6. März 1982 zum Ausdruck gebracht hat:

Gruhl hebt hervor, daß die selbstregulatorische, d.h. auf den ständigen Ausgleich von Angebot und Nachfrage beruhende Marktwirtschaft eine „nach ökologischen Prinzipien arbeitende Wirtschaftsform“ ist, die aber u.a. dann nicht funktionieren kann, wenn durch Monopolstellungen die Konkurrenten, „die man im Ökosystem die ‘natürliche Feinde’ nennt“, vernichtet werden. Dann führt Gruhl von der Kartell- bis zur Steuergesetzgebung alles mögliche an, was diesen Verfall der Markt- in eine Machtwirtschaft künstlich verhindert.

Sehr wichtig ist die Feststellung, daß in staatskapitalistischen Ländern viele dieser korrigierenden Einflüsse fortfallen. Infolgedessen ist dort die Machtzusammenballung total – und das heißt gleichzeitig: noch weiter entfernt von ökologischen Prinzipien.

Gut und schön, aber Gruhl scheint sich nicht zu fragen, wie denn eine Marktwirtschaft, die sich doch „ökologisch“ selbst steuert, überhaupt machtwirtschaftlich entarten konnte, d.h. auch, warum überhaupt künstlich korrigierende Eingriffe notwendig sind.

Ein weiteres Moment der Gruhlschen Analyse ist, daß sich „die westliche Version der eingeschränkten Marktwirtschaft“ durch die Einführung der „Wachstumswirtschaft“ selbst aufgehoben hätte, denn „Wachstumswirtschaft und Marktwirtschaft schließen auf die Dauer einander aus“. Man nehme eine abnehmende Nachfrage nach der Marktsättigung nicht mehr hin, sondern erhebe das wirtschaftliche Wachstum zum obersten Gesetz.

Das heißt nichts anderes, als daß die Marktkräfte ausgeschaltet werden müssen, wenn sie nicht steigernd wirken. Bleibt also die Steigerung aus, dann sind Eingriffe in den Markt nicht erlaubt, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Damit besteht auch kein grundsätzlicher Unterschied mehr zur Staatswirtschaft des Ostens, wo die Steigerung mit jedem Fünfjahresplan programmiert wird.

Gruhl bot hier eine Kritik der Hass‘schen und Marxschen Ansichten, wonach sich die Erwerbsorganisationen naturgegeben solang krebsartig ausweiten und anwachsen („Wachstumswirtschaft“) bis sie am ökologischen Kollaps zugrundegehen. Deshalb müsse, Hass zufolge, der Mensch planend eingreifen und diesen Naturprozeß bändigen. Für Gruhl jedoch ist diese Akkumulation kein natürlicher Vorgang, sondern Resultat der durch Eingriffe zerstörten natürlichen Wirtschaftsordnung – was durch neue korrigierende Eingriffe wiedergutgemacht werden muß.