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Kapital und Arbeit: Ein erneuter Versuch über Ökonomie und Sexualökonomie

4. Mai 2025

Reich war ein Anhänger der Marx’schen Wirtschaftstheorie. Ihr zufolge stand am Anfang eine Bedarfswirtschaft, bei der es durch die Versklavung anderer langsam zu einer Kapitalkonzentration kam, die schließlich den Kapitalismus ermöglichte. Vorher wurde die menschliche Arbeitskraft so ausgebeutet, wie man Maschinen „ausbeutet“. Dieses seiner Natur nach immer lokale System, das von Kriminalität kaum zu scheiden war, da Menschen verschlissen und „weggeworfen“ wurden, wurde schließlich durch den seiner Tendenz nach globalen Handel gesprengt, der eine weitaus effektivere Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft, die nun zu einer Ware wie jede andere wurde, ermöglichte. Dabei ist die menschliche Arbeitskraft die einzige Ware, die mehr Wert (den „Mehrwert“) schafft, als sie kostet. Problem ist jedoch, daß die kapitalistische Konkurrenz dazu zwingt, die menschliche Produktivkraft immer effizienter auszubeuten, was zu überproportionalen Wachstum der „Produktivkraft Maschine“ führt (waren einst tausend Arbeiter in einer Fabrik, ist es heute vielleicht noch einer!), wodurch der Anteil der einzig wertschöpfenden menschlichen Produktivkraft immer kleiner wird. „Die Maschine“ zermürbt also nicht nur den Arbeiter (sehr schön in Charlie Chaplins Modern Times dargestellt), sondern marginalisiert auch die immer kleiner werdende Schicht der Kapitalisten, deren Profitrate sinkt und sinkt. „Der Mittelstand verschwindet.“ Am Ende steht der Kommunismus, bei dem das kollektive Proletariat die alles dominierende Maschine übernimmt und die dadurch möglich gewordene freie Arbeitszeit ähnlich genießt, wie einst die Sklavenhalter und Feudalherrn. Das wurde tatsächlich karikaturhaft durch das neofeudalistische System der Sowjetunion verkörpert – und beflügelt noch heute die Phantasien des arbeitsscheuen linken Gesindels.

Eine entsprechende Freudsche Wirtschaftstheorie gibt es zwar nicht, aber die letztendlich (!) auf den Psychoanalytiker Immanuel Velikovsky zurückgehende Eigentumsökonomik Gunnar Heinsohns ist der perfekte Ersatz. Ihr zufolge geht der Kapitalismus auf das Freudsche Urdrama zurück: die Söhne vereinigen sich und stürzen den Urvater, nicht um, wie bei Freud, dem Inzest mit der Mutter frönen zu können („Ödipuskomplex“), sondern um das Land des Vaters (also die Mutter…) unter sich zu gleichen Parzellen aufzuteilen. Durch diese Rechtstitel auf ein jeweils gleichgroßes Stück Land wird eine Art „Monopoly“ in Gang gesetzt, das wir als „Kapitalismus“ bezeichnen. An dessen Ende steht der Monopolkapitalist, der nunmehr wie einst der Urvater „alle Parzellen“ besitzt und erneut entmachtet wird, wodurch das Spiel von vorn beginnt.

Nach diesen beiden Theorien ist der Kapitalismus inhärent selbstzerstörerisch und endet gegenwärtig mit dem Monopolkapitalisten BlackRock. Er ist demnach kein „natürliches“ System, wie man es sich seit Adam Smith ausgemalt hat und wie es heute von der „Österreichischen Schule“ vertreten wird. Der paläolithische Fischer stieß auf den Bauern, es kam zum Austausch und so weiter, bis wir beim heutigen Kapitalismus angelangt sind. Es gelte nur, die Hindernisse dieses freien Handels zu beseitigen und alles läuft reibungslos so weiter bis in alle Ewigkeit. Was diese Theorie nicht erklären kann, ist, warum sich der Kapitalismus nur in Westeuropa entwickelt hat, d.h. warum die Fischer und Bauern in Tansania in alle Ewigkeit ihre Güter austauschen können, es aber niemals irgendeinen Fortschritt geben wird. Marx und Heinsohn bieten nicht nur Erklärungsansätze für den Sonderweg Europas, sondern zeigen auch, warum dieser schließlich scheitern muß, was bei Marx utopische, bei Heinsohn fatalistische Implikationen hat.

Im Anschluß an Werner Sombart habe ich in Ökonomie und Sexualökonomie versucht, den westeuropäischen Sonderweg mit Reichs Sexualökonomie zu erklären. Die erotische Kultur des Feudalismus (die letztendlich auf die Marienfrömmigkeit zu Zeiten der Ritter um 1000 nach Christi zurückging), gebar das Manufakturwesen und schließlich die Massenproduktion des Kapitalismus. Man braucht sich heute nur die Werbung anschauen: es geht beim Kapitalismus praktisch ausschließlich um Erotik und Sex! Eine genital gesundende Welt würde entsprechend eine voll ausgebildete Arbeitsdemokratie hervorbringen, die untergründig ohnehin von jeher existiert (Stichwort „Fischer und Bauer“).

Nun bin ich in Gestalt des Buches The Weirdest People in the World von Joseph Heinrich auf eine wichtige, wenn nicht entscheidende Ergänzung gestoßen, die die drei erwähnten Theorien zumindest teilweise zusammenführt. Heinrich führt den Erfolg des Westens auf ein Edikt der Katholischen Kirche um das Jahr 1000 zurück, das die Heirat innerhalb der Familie, also die Heirat zwischen Cousins verboten hat. Deshalb mußten später die Habsburger ihre fatalen Inzuchtheiraten auch jeweils vom Papst genehmigen lassen! Das war das Ende der sonst weltweit herrschenden nepotistischen Mafiaökonomie mit einem „Paten“ an der Spitze der jeweiligen „Familie“, z.B. der „Corleone“, wie sie bis heute etwa Süditalien niederhält, wo im Gegensatz zu Norditalien dieses Edikt nie konsequent durchgesetzt wurde. Vor diesem Edikt beruhte alles auf Verwandtschaft und Clans, was sowohl ökonomisch als auch sexualökonomisch (siehe Reichs Der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral) absolut verheerende Konsequenzen hatte.

Mit der durch die Katholische Kirche erzwungenen Entstehung der Kleinfamilie war man fortan auf Fremde angewiesen, denen man auf Gedeih und Verderb vertrauen mußte. Erst dadurch entwickelte sich eine genuine „Eigentumsökonomik“ mit Rechtssicherheit, da jeder ohne unmittelbaren Zwang Rechtstitel akzeptiert, erst jetzt wurde wirklicher Austausch und Handel möglich, ein Netz von wechselseitigen Abhängigkeiten, erst jetzt konnte es so etwas wie „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ geben, die ihre Arbeitskraft verkaufen. Und vor allem: erst jetzt konnte sich eine „erotische Kultur“ ausbilden. Erst die Machtpolitik der Katholischen Kirche setzte die ökonomische Zusammenarbeit und damit den Weg zu Kapitalismus und Arbeitsdemokratie frei. Daß die Kirche ganz nebenbei auch für die Erbgesundheit und einen Anstieg des durchschnittlichen IQ sowie eine Abnahme der Psychopathologie des Westeuropäers sorgte, ist ein weiterer glücklicher Nebeneffekt, den sie nun wirklich nicht auf dem Schirm hatte. Daß sie das ganze nur deshalb tat, um mehr Kontrolle über die durch Familien- und Clanstrukturen undurchdringlich verfilzte Gesellschaft zu erlangen und auch die letzten Reste des Heidentums zu überwinden, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Tragikomik, weil dieser alles entscheidende Schlag gegen Saharasia gleichzeitig ausgerechnet parallel zur Einführung des Zwangszölibats erfolgte.

Coppolas Trilogie Der Pate ist die wirklich perfekte Illustration dieses Blobeitrags: der „Pate“, die Rolle der Katholischen Kirche und Michaels verzweifelter Versuch zum regulären Kapitalisten, zum „ehrbaren Kaufmann“ zu werden!

Antiorgontherapie (Teil 6)

9. Juli 2022

Der individualistische Rechte sagt dir: „Mensch, reiß dich zusammen!“ – bzw. sagte er dir das in der autoritären Gesellschaft. Das ist die Essenz der autoritären Erziehung: „Hör auf zu flennen, reiß dich am Riemen und komm endlich – oder verrecke hier! Ist mir doch scheiß egal!“ Das soll die Kinder hart und verpanzert machen. Schrecklich, aber immerhin ein verborgener Appell an die eigenen Ressourcen und letztendlich an die Selbststeuerung.

Heute in der antiautoritären Gesellschaft wird dir geholfen. Je hilfloser du dich gibst, desto besser wird es dir im Endeffekt ergehen. Das quasi offizielle Motto der kollektivistischen Linken lautet: „Nobody is left behind!“, d.h. niemand wird ausgegrenzt und allen wird geholfen. Was dazu führt, daß jeder in sich schaut, um irgendwelche Wehwehchen zu finden, aufgrund derer er diese Solidarität vom Kollektiv einfordern kann. Alles ist weich, „empathisch“ und „ungepanzert“ – und erzeugt unselbständige, von anderen abhängige Menschen, bzw. „Menschen“.

An diesem absurden Widerspruch zerbricht das therapeutische Erbe Reichs: daß sich Leute zu diesem Erbe hingezogen fühlen, die ihren Mitmenschen helfen wollen, dabei aber systematisch bei diesen das unterminieren, was das Menschsein ausmacht, nämlich die Eigenverantwortung. Eltern, Kindergärtner, Lehrer und schließlich Psychotherapeuten züchten den antiautoritären Menschen, der tatsächlich körperlich weitgehend ungepanzert ist, – weil sich seine gesamte Panzerung auf das Augensegment konzentriert. Diese orientierungslosen „Menschen“ haben jede Perspektive verloren und tappen hilflos durchs Leben. Keine Peilung! Charles Konia spricht von „clueless“.

„Rechte“, also die Fossilien und unzeitgemäßen Irrläufer der einstigen autoritären Gesellschaft, haben hingegen keinerlei Zugang zu Wilhelm Reich, dem Urvater der „sexuellen Revolution“, die die Transformation zur antiautoritären Gesellschaft letztendlich auslöste. Tragischerweise sind sie die einzigen, die überhaupt ein Gespür für Selbststeuerung haben. Nur sie können richtige Orgontherapeuten sein, d.h. ihre Patienten aus der Matrix lösen, während „Reichianische“ Therapeuten nur Freiheitskrämer sind, die zur allgemeinen Versklavung beitragen und sie perpetuieren – im Namen Reichs…

Der linke Reich: Die mittlere Schicht und die Mittelschicht

18. November 2021

Ich habe dieses Thema in folgendem Video bereits angeschnitten:

Reich war ohne jede Frage ein Feind der Mittelschicht, weil hier Ökonomie und Sexualökonomie besonders unheilvoll miteinander verzahnt sind. Sie macht das Rückgrat des Patriarchats aus und ist der „Ort“ von Sexualunterdrückung und Faschismus (Nach oben buckeln, nach unten treten). Die entsprechende Analyse ist der Kernbestand des „Freudo-Marxismus“. Siehe dazu ein typisches Produkt der „68er“, das Buch Die deklassierte Klasse (Studien zur Geschichte und Ideologie des Kleinbürgertums von Annette Leppert-Fögen, Fischer TB, 1974). Marx, Freud, Reich geben sich hier die Stichworte!

Die prinzipiell negative Haltung Reichs war bis in die Orgonomie hinein wirkmächtig. Insbesondere der Kaufmann und Händler steht (ähnlich dem Politiker und anderen „Funktionsträgern“) dem direkten Kontakt zwischen Produzenten und Konsumenten im Wege. Sie blockieren den freien Fluß der Energie. In diesem Sinne kann man die Mittelschicht mit der Panzerung, der biophysischen „mittleren Schicht“ und dem Charakter gleichsetzen. Ich verweise auf das obige Video und auf folgende Aussage von Jerome Eden:

Aus seiner gepanzerten Struktur heraus produziert ARM [der gepanzerte Mensch, armored man] die Zwillingsbrüder seiner Versklavung – den „Mittelsmann“ und den Politiker. Wie die mittlere Schicht seiner gepanzerten Struktur besteuert der Mittelsmann die Energie, die Früchte bioenergetischer Arbeit, weil ARM nicht fähig ist, für seine eigene Produktivität, für den Verkauf und die Verteilung seiner selbst erzeugten Güter die Verantwortung zu übernehmen. Der Politiker repräsentiert ARMs oberflächliche Fassade. Beide sind wesentlich für die Fortdauer der gepanzerten Gesellschaft. Sie können in einer arbeitsdemokratischen Gesellschaft nicht geduldet werden. (The Value of Values, Careywood, Idaho: Jerome Eden, 1980)

Das Problem des ganzen ist natürlich, daß sich das alles auf die autoritäre Gesellschaft bezieht. In der anti-autoritären Gesellschaft fällt die Panzerung weitgehend weg und die daraus resultierende Angst wird mittels Kontaktlosigkeit kompensiert. Die Menschen werden derartig verpeilt, daß sie buchstäblich „nicht mehr wissen, ob sie Weiblein oder Männlein sind“! Funktionell exakt dasselbe findet sich in der gesellschaftlichen Struktur. Früher konnte man sich blindlings auf den Handwerker verlassen, heute kommt man angesichts des unglaublichen Pfusches aus dem Fluchen nicht mehr raus. Früher konnte man mit dem Kreditberater seiner Bank noch sprechen und gemeinsam Chancen und Risiken abwägen und darauf vertrauen, daß die Interessen beider Seiten (die letztendlich dieselben sind!) harmonieren, weil die Verkörperung von Tradition, Erfahrung, Menschenkenntnis und Integrität vor einem saß. Heute grinst einen eine hohle Maske an, die irgendwelche Module abarbeitet und sich stets bei ihren Vorgesetzten absichern muß, der abstrakten Vorgaben und unrealistischen Computerprogrammen folgt. Resultat ist, daß der gesellschaftliche Wohlstand für haltlose Projekte verpulvert wird, während zukunftsträchtige Unternehmungen im Anfangsstadium ihrer Existenz verdorren.

Und so in allem: die Menschen sind hohl und die Gesellschaft ist hohl. Das ist wortwörtlich zu nehmen! Gespräche erschöpfen sich auf Versatzstücke aus den Massenmedien und hohle Phrasen. Da, wo man sich noch vor wenigen Jahren Rat darüber einholen konnte, was man eigentlich macht, wenn seltsamerweise der elektrische Rasierer „stumpf“ geworden ist, findet sich heute eine Spielhalle oder ein Laden für Computerspiele oder – Leerstand. Die sexuelle Freiheit mündete in einer Jugend, die dazu angehalten wird ihre Sexualität „einzuordnen“, so wie man Gewaltdarstellungen und Fake News „einordnen“ soll. Es geht nicht mehr um körperliche Ladung und Entladung, sondern um kognitive Verarbeitung!

Um Reichs Rede an den Kleinen Mann zu paraphrasieren: sie haben weder Selbstbewußtsein (ein Gefühl von Eigenheit) oder „Arbeitsbewußtsein“ (Reich), d.h. das Gefühl durch den objektiven Arbeitsprozeß vereint zu sein, noch haben sie ein Gefühl für ihre ureigensten Bedürfnisse. Die alte Mittelschicht mit ihrem Stolz, dem Geist der alten Gilden und ihrer Lebenskunst, wurde durch Menschen ersetzt, die voller Begeisterung ihrer Sklavenexistenz nach dem „Great Reset“ entgegenschauen.