Laskas Randnotizen zu Hans G. Helms‘ DIE IDEOLOGIE DER ANONYMEN GESELLSCHAFT (Teil 13)

Ich wurde des öfteren mit einem sehr merkwürdigen Blick angeschaut, wenn man zufällig feststellte, daß ich stets ein kleines Tampon, wie es junge Mädchen benutzen, bei mir führe. Das hat mit meinem kläglich gescheiterten Ich-Ideal als Soldat (ich habe an dieser Stelle schon davon erzählt) zu tun. Jeder Soldat führt ein Tampon bei sich, um damit Schuß- oder entsprechende Stichverletzungen sofort hermetisch luftdicht zu versiegeln. Wie viele wurden dadurch schon vor dem sicheren Tod durch Ausbluten bewahrt! Oder: beispielsweise konnte ich vor einiger Zeit nur deshalb problemlos mit dem Taxi in die die nächstgelegene Notaufnahme fahren, weil der wie Sau blutende Finger (zu blöööööd zum Zwiebelschneiden!) in eine Damenbinde gewickelt war. Das ist ein typisches Beispiel für einen „Funktionswechsel“.
Der Witz dabei ist, daß die modernen Damenbinden und Tampons selber aus dem umgekehrten Funktionswechsel hervorgegangen sind: Soldaten des Ersten Weltkrieges führten kleine Schachteln mit sich, in der sich watteartige Ballen befanden, um Wunden damit schnell verarzten, zumindest den Blutverlust stoppen zu können. Krankenschwestern sind damals auf die Idee gekommen, daß das für die Monatshygiene besser geeignet und auch hygienischer ist, als die bis dahin benutzen Stoffetzen.
Praktisch alles um uns herum beruht auf derartigen Funktionswechseln, praktisch nichts ist wirklich „erfunden“ worden. Die allerersten Autos sahen noch wie Pferdekutschen aus. Die Schienen der Bahn sind nach und nach im Bergbaubetrieb entstanden, als ultraschwere Wagen einen entsprechenden festen Unterboden für ihre Räder benötigten und man auf Metallplatten und schließlich Metallschienen verfiel. Als die Lokomotive erfunden wurde, gab es die Eisenbahn bereits! Das beste Beispiel ist aber die Evolution. Beispielsweise waren die ersten Wirbeltiere Neumünder, d.h. unser After war ursprünglich unser Mund:
Unsere Gehörknöchelchen waren ursprünglich Teil unseres Kiefers! Unsere Hände dienten Ursprünglich dem Klettern im Geäst und unsere Vorstellungsfähigkeit geht darauf zurück, daß wir Affen beim Springen von Ast zu Ast die Entfernung abschätzen und dazu unsere Umwelt in unserem Kopf simulieren mußten. Das daraus eines Tages die Tüftelei eines Uhrmeisters und die Gedankengebäude eines Hegel hervorgehen würden…
Um zum Anfangsbeispiel zurückzukehren: die japanischen Bauern waren den Samurai schließlich nicht mehr hilflos ausgeliefert, weil im Zweifelsfall ein Dreschflegel (oder was sich sonst noch so an Horror-Geräten auf einem Bauernhof findet) eine gefährlichere Waffe sein kann als jedes Samurai-Schwert. Genauso braucht sich niemand von uns Almans wehrlos zu fühlen, angesichts all der Kriminellen, die sich natürlich niemals an Waffenverbotszonen, Messerverbotszonen oder an sonstwas, beispielsweise Regeln der Zivilisation, halten werden. Durch Funktionswechsel wird potentiell jeder Gegenstand zu einer gefährlichen Waffe. Mit einer zusammengerollten Zeitschrift kannst du Knochen brechen! Jeder Kugelschreiber kann in der geballten Faust zu einer verheerenden Stichwaffe werden. Daß überhaupt irgendjemand auf den selbstmörderischen Gedanken verfällt, einen seiner Mitmenschen körperlich anzugreifen ist unserer Domestikation zu hilflosen unterwürfigen Opferlämmern zu schulden!
Der Funktionswechsel (Funktionswandel, Funktionswechsel, Funktionsumkehr, Funktionsspaltung etc.) zeigt uns, daß die Wirklichkeit nicht materieller Natur ist. Materie ist bloßer Funktionsträger, durch die die Funktion sozusagen „hindurchströmt“ und sie dabei umformt. Wir sind Funktionalisten keine „Materialisten“ und erst recht sind wir keine „Idealisten“ (im Sinne, daß der Geist primär ist und die Materie hervorbringt): Hegel war auch nur ein – Affe. Und wer angesichts der beschriebenen Geschichte unseres Hörknöchelns an den „Weltgeist“ glaubt, ist ein saublööööder Affe!

Es gilt nicht etwa LaMettrie von der Französische Aufklärung her zu verstehen, sondern umgekehrt sind die Aufklärer, insbesondere Rousseau, dessen Einfluß bis heute gar nicht überschätzt werden kann, nur von LaMettrie her einem Begreifen zugänglich. Rousseau verdankte LaMettrie seinen gesamten revolutionären Impuls. Dieser Kern hat die Massen bewegt und gleichzeitig wurde er von Rousseau ins Gegenteil verkehrt. „Der Mensch ist gut“ und „Folge der Natur“, wurde in einen Moralterror und eine Verlogenheit umgekehrt, der bzw. die heute etwa Die Grünen umtreibt. Kinder werden indoktriniert und „gemainstreamt“ (gleichgeschaltet) und die Natur im Namen der „Natürlichkeit“ auf allen denkbaren Ebenen und in jeder denkbaren Weise Gewalt angetan.
Ähnlich ist es mit Stirner und seinen beiden „Überwindern“ Marx und Nietzsche bestellt. Erstens kann man die beiden nur von Stirner her verstehen, statt umgekehrt – wie es bis heute zu 100% versucht wurde. Genauso wie Rousseau vor ihnen haben sie die befreiende Botschaft, die ihren Philosophien erst Leben und Massenwirksamkeit einflößte, jeweils in einem wohlklingenden Wortschwall mundgerecht gemacht, verwässert und schließlich erstickt. Und zweitens haben sie sie ins genaue Gegenteil verkehrt. Der Eigner seiner selbst wird bei ihnen zu etwas, was überwunden werden muß, weil er ein „Kleinbürger“ ist! Er ist, wie bei Rousseau und Marx zu „vergesellschaften“ bzw., wie bei Rousseau und Nietzsche, muß er einer „harten Zucht“ unterzogen werden.
Bei „Vergesellschaften“ und „harter Zucht“ ließe sich auch an Hegel denken. Auch den kann man nur von Stirner her verstehen, statt umgekehrt. Aber ist das nicht sachlicher und vor allem chronologischer Unsinn, ist doch Stirner von Hegel ausgegangen? Es geht hier darum, was Hegel aus dem aufklärerischen Grundimpuls („der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“) gemacht hat: züchtigt die Kinder, auf daß sie sich dem Weltgeist anpassen!
Und genau so ist auch das Verhältnis von Freud und Reich zu verstehen: Man kann Freud nur von Reich her verstehen, egal wie widersinnig das auch auf den ersten Blick erscheinen mag! Freud hatte an die Grundlagen der Sexualverdrängung gerührt, nur um im Anschluß jeden Psychoanalytiker, der es wagte, aus der Libidotheorie die logische Konsequenz zu ziehen, nämlich Sandor Ferenczi (der seinen Vorstoß zurücknahm und sich Freud anpaßte), Otto Gross und schließlich Wilhelm Reich, umgehend mundtot zu machen. Warum und wie Freud den aufklärerischen Impuls, der ihn erst berühmt gemacht hatte, verriet und ins Gegenteil kehrte, kann man nur von Reich her verstehen.
Die, die heute Reich zu vertreten vorgeben, entlarven sich selbst, wenn sie sich auf Geistesgrößen wie Marx, Nietzsche und Freud berufen. Der Marxismus entstand als verzweifelter Versuch, die Stimme der persönlichen und gesellschaftlichen Selbstregulation zum Schweigen zu bringen und schließlich ganz zu ersticken. Nietzsche wurde einzig und allein deshalb berühmt, weil er eine Möglichkeit anbot, den sich befreienden Lebensimpuls durch hochneurotisches Geschwafel zu ersticken. Anhand von Heidegger kann man heute ungefähr nachvollziehen, wie genau das aussah. Es ist ähnlich wie bei Freud, der es verstand die sich individuell und gesellschaftliche befreiende Genitalität in einem „prägenitalen“ Psychogelaber zu ersticken. Die heutige Entsprechung wären beispielsweise Figuren wie Derrida und Foucault. Schau dir konkret einen beliebigen Marxologen, Nietzscheaner, Psychoanalytiker oder heutigen „Geisteswissenschaftler“ an und du hast plastisch vor Augen, was ich hier zu sagen versuche! Das Lebendige wird diese mediokren Schwafler hinwegfegen wie ekelhafte schwarze Schlacke im Hamburger Hafen:
