Posts Tagged ‘gesellschaftliche Verhältnisse’

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 92)

30. November 2023

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

„Laskas LSR“ läßt sich auf den Satz reduzieren: „Wo Über-Ich war, soll Ich sein!“ gegen Freuds Satz: „Wo Es war, soll Ich sein!“ und den Satz so mancher verpeilter Reichianer: „Wo Ich war, soll Es sein!“

Als Reich zur Psychoanalyse kam, war ihm von Anfang an das Suhlen im Prägenitalen fremd, wie es etwa die Psychoanalytiker Isidor Sadger und Paul Federn verkörperten. Für den letzteren war der Mensch das einzige „sadomasochistische Tier“ und er war einer der wenigen konsequenten Anhänger von Freuds Todestriebtheorie. Es war natürlich Federn, den Reich als „Modju“ festmachte, ohne zu wissen, daß es Freud war, der Reichs Genitalitätstheorie als „Steckenpferdreiterei“ denunzierte und der die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten auf denkbar zynische Weise ausnutzte, um Reich ohne peinliche Diskussionen loswerden zu können. Die Nazis, vor denen man sich doch angeblich schützen wollte, bekamen das gar nicht mit – anfangs nicht mal Reich selbst…

Jene, die heute absurderweise Reich wegen dieses Ausschlusses „rehabilitieren“ wollen, bekunden nichtsdestotrotz weiterhin ihre persönliche Distanz zu Reich und daß sie „menschlich“ Freud vorziehen würden. Man suhlt sich weiter lieber im Prägenitalen, was heute, angesichts des Genderwahns, einfach „progessiver“ ist denn je.

Laska hat dieses Ausweichen vor dem Wesentlichen des Reich-Freud-Konflikts und diese klammheimliche Sympathie mit Freud immer im Sinne von „Wo Über-Ich war, soll Ich sein!“ interpretiert, d.h. der Angst vor einer konsequenten Aufklärung. Ich kann dem nur zustimmen, „aber“ m.E. gibt es hier einen zweiten Aspekt, für den Laska keinen Blick hat, weil er die weitere Entwicklung Reichs Richtung Entdeckung des Orgons und kosmische Überlagerung weitgehend ausblendet.

Dieser zweite Aspekt ist tatsächlich das „Es“, d.h. der Ozean der Triebe, aus denen das Ich wie eine Insel hervorgegangen ist. Im Netz findet sich folgende Definition des Es:

Es ist vorerst das Insgesamt von allem natürlich Gegebenen wie Konstitution, Vererbung, Geschlechtszugehörigkeit, Triebe und archaische Bilder (…). Sodann ist es das Auffangbecken von allem Verdrängten, das weiterhin aus dem Es heraus wirkt und psychisches Geschehen beeinflußt. Das Es ist einem Hexenkessel vergleichbar: einem Konglomerat von Triebregungen, Anlagen, Wünschen, Gefühlen, Strebungen ohne Logik, ohne Moral, ohne Sinn für Ordnung und Maß, ohne Rücksicht sogar auf die Selbsterhaltung, einzig dem Bestreben nach Lustgewinn und Unlustvermeidung verpflichtet.

Wie das Ich aus diesem Chaos „ohne Sinn für Ordnung und Maß“ hervorgehen soll, wird nicht recht ersichtlich, zumal auch noch der „Todestrieb“ eine Rolle spielt. Reichs Genitalitätstheorie impliziert aber genau „Sinn für Ordnung und Maß“. Konkret heißt das, daß man sich von Anfang an, auf die Selbstregulierung „des Lebendigen“ verlassen kann, wie Reich es beispielsweise in der „sexualökonomischen Lebensforschung“ (Bione) und in der Untersuchung der Eigenschaften des Orgons (kosmische Überlagerung) freigelegt hat. Wenn man so will hat Reich den formbildenden „Logos“, das Gesetz von „Ordnung und Maß“ freigelegt – und instinktiv von Anfang an vertreten. Auf ziemlich verquere Weise bringen die besagten „Reichianer“ das mit ihrem „Wo Ich war, soll Es sein!“ zum Ausdruck.

Ähnliches, nämlich die Grundannahme, daß das Lebendige jederzeit seine eigenen Seinsbedingungen schaffen kann, läßt sich über Laskas beide anderen Helden LaMettrie und Stirner sagen. LaMettrie ging es darum, daß man sich letztendlich auf die Natur verlassen könne, weil das Maximum an Lust, daß sie erstrebt, nur mit Delikatesse, Rücksicht und Zärtlichkeit erreichbar ist – das exakte Gegenteil der Folterkeller des vermeintlichen „Libertines“ De Sade. Genitalität vs. Prägenitalität.

Und was schließlich Stirner betrifft, der seine Sache auf nichts gestellt hat: Der konkrete Einzelne steht jeweils für sich im Mittelpunkt seiner Welt und bildet ein Netz von Beziehungen. Stirner sprach von „Vereinen“, die den Interessen ihrer Mitglieder dienen und aufgelöst werden, wenn der einzelne bessere Optionen findet. Die Selbstorganisation der Gesellschaft. Reich sprach von der „Arbeitsdemokratie“. Marx, Stirners Gegenspieler, dreht dieses Bild um und „überwand“ auf diese Weise diese „Kleinbürgerei“: die Strahlen kommen sozusagen aus dem mystischen Nichts („die Gesellschaft“, man denke nur an „die Wähler“: eine Entität mit einem Willen…) und ihre Schnittstellen, sind die einzelnen Menschen, die dergestalt nichts sind als Ensembles gesellschaftlicher Verhältnisse. Niemand ist für irgendwas verantwortlich. Genitalität vs. Prägenitalität. Zur Illustration schaue man sich ein beliebiges Marxistisches Gesellschaftssystem in der Geschichte an.

Orgonbiophysik und LSR (Teil 2)

26. Januar 2023

Max Stirner geht es nicht um Egoismus, sondern um Einzigkeit, d.h. darum, vor allem die Kinder von jenen inneren Instanzen freizuhalten, die sie von sich selbst entfremden und es ihnen unmöglich machen situationsgerecht und rational zu denken und zu handeln. Das ist Aufklärung in Stirners Sinne, während es etwa Kant darum ging, diese inneren Instanzen, etwa „Pflicht und Gewissen“, vor dem Zugriff der Aufklärung zu schützen. Im Anschluß hat Hegel diese Okkupationsmacht des Inneren weiter ausgebaut. Daran hat Marx‘ materialistische Wende nichts geändert, sondern ganz im Gegenteil den Einzelnen vollends zu einem bloßen „Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse“ gemacht.

Woher wissen „aufgeklärte“ Intellektuelle praktisch instantan worum es bei L & S & R geht bzw. daß das gefährlich ist? Sie regen sich auf, als wenn es um ihre schiere Existenz geht! Es ist keine im eigentlichen Sinne intellektuelle Reaktion, sondern eine energetische. Wer das „Gewissen“, die „inneren Hierarchien“, das Über-Ich angreift – mit einem Wort den eigentlichen Kern der Panzerung (ihren psychologischen Sinn) – der stellt sich gegen das DOR, versucht es zu sequestrieren. Umgekehrt versucht das DOR das OR zu sequestrieren. (siehe dazu auch den morgigen Blogbeitrag!)

LSR ist dermaßen energetisch aufgeladen, daß man bei Annäherung einen elektrischen Schlag verpaßt bekommt. Und das meine ich nicht nur im übertragenen Sinne. Es geht um PHYSIKALISCHE Vorgänge, die mit psychologischen Inhalten verknüpft sind – der terrorartigen Furcht, die Menschen dazu treibt, frei pulsierende, erstrahlende Babys zu domestizieren, d.h. ihnen ein schlechtes Gewissen, ein schlechtes Körper- und Eigengefühl zu verpassen und ihnen „Werte zu vermitteln“. Dem Toten, d.h. dem Gepanzerten (DOR), ist das Lebendige (OR) unerträglich, ruft unerträgliche Sehnsüchte hervor und erinnert an verdeckte unerträgliche Schmerzen eines verpfuschten Lebens. Man nimmt Rache, folgt seinem Ressentiment – das den Gegnern von LSR tief ins Gesicht gegraben ist.

Homo normalis reagiert aus seinem DOR-Sumpft heraus niemals derartig emotional heftig mit übersteuerten Haßreaktionen auf einen Mann wie Hegel und dessen bekanntes Diktum: „Die Pädagogik ist die Kunst, die Menschen sittlich zu machen.“ Kultur ginge vor Natur und man müsse die Eigentümlichkeit des Kindes brechen:

…bestimmt sich das Recht der Eltern über die Willkür der Kinder durch den Zweck, sie in Zucht zu halten und zu erziehen. Der Zweck von Bestrafungen ist nicht die Gerechtigkeit als solche, sondern subjektiver, moralischer Natur, Abschreckung der noch in Natur befangenen Freiheit und Erhebung des Allgemeinen in ihr Bewußtsein und ihren Willen. (Grundlinien der Philosophie des Rechts)

Gegen diese „Erhebung des Allgemeinen“, d.h. gegen die Zerstörung der Eigenheit des Kindes, die Zerschlagung seiner Fähigkeit zur Selbstregulation, die Zerstörung seiner freien Pulsationsfähigkeit, die Kreuzigung seiner Lebendigkeit sind nur drei Männer aufgestanden und haben dafür einen hohen Preis bezahlt: LaMettrie, Stirner und Reich. Ihre Gegner waren Diderot, Marx und Freud, die jeweils im Namen der Aufklärung alles in ihrer Macht taten, damit alle zukünftigen Kinder von Geburt an weiterhin „vergesellschaftet“ werden und das mit immer perfideren und durchschlagenderen Methoden. Ihr letztendliches Ziel war das Ersticken jedweder Lebendigkeit, der Triumph des Todes, DOR.

Leute, beschäftigt Euch mit dem LSR-Projekt!

Der Zusammenbruch der absoluten Moral in der antiautoritären Ära

25. Januar 2023

Der Zusammenbruch der absoluten Moral in der antiautoritären Ära