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1923 und DIE MASSENPSYCHOLOGIE DES FASCHISMUS

27. Juni 2021

In der Massenpsychologie des Faschismus (1933, 1946) hat sich Reich mit der Dynamik von Nationalismus und Internationalismus auseinandergesetzt, exemplifiziert am Nationalsozialismus in Deutschland und dem Stalinismus in Rußland. Siehe dazu die Ausführungen von Paul Mathews in „People’s Temple: eine Fallstudie über Faschismus und die Emotionelle Pest“ .

Laut Reich brachten die Begriffe „sozial“ und „sozialistisch“ (wie sie beispielsweise von den primitiven Christen praktiziert wurden) ursprünglich die Ideale von Freiheit, Unabhängigkeit, internationalem Good Will und Zusammenarbeit zum Ausdruck, aber sie wurden von sogenannten National-Sozialisten aller Art – Hitler, Mussolini, Stalin usw. – verdreht und ausgenutzt.

Die Entwicklung läßt sich am zentralen Jahr 1923 festmachen, als in München der Ludendorff-Hitler-Putsch scheiterte und Hitler begann sich von der völkischen Bewegung zu distanzieren, die kaum je mehr sein würde als ein Auflauf von Trachtenvereinen und maximal kaum je mehr erreichen würde als der von Hitler später so sehr gehaßte Franco in Spanien: eine mediokre Neuauflage des Ancien Regime, also des „alten Staates“. Eine Institution, die Hitler samt „Recht und Gesetz“ als „jüdisch“ verachtete, da sie nach seinen vulgär-Darwinistischen Vorstellungen den „Kampf der Völker um Lebensraum“ nur behindert. Entsprechend war der „National-Sozialismus“ bereits 1923 an sein Ende gelangt und wurde infolge durch etwas ersetzt, was nur noch formal als „Nationalsozialismus“ bezeichnet werden konnte. Die kaiserlich-völkische Generalität hat das bis Kriegsende nie begriffen. Selbst Keitel mußte nach dem Krieg eingestehen, daß er nie so recht nachvollziehen konnte, worum es im Rußlandfeldzug mit den immer absurder und kontraproduktiver werdenden Vernichtungs- und Durchhaltebefehlen eigentlich gehen sollte! Es ging um die Ermöglichung eines umfassenden „Rassenkampfes“, von dem der Holocaust nur ein Aspekt war. Durch Einreißen der Grenzzäune sollte Politik durch Biologie ersetzt werden – jedenfalls eine „Biologie“, wie Hitler sie sich bei Ernst Haeckel u.a. angelesen hatte. (Wie ein solcher „Rassenkampf“ aussieht, kann jeder angesichts der Merkelschen Grenzöffnung jederzeit in seinem Alltag erleben!)

1923 trug sich spiegelverkehrt in Rußland ähnliches zu: mit dem Zusammenbruch der letzten kommunistischen Aufstände in Deutschland war das Konzept einer Weltrevolution gescheitert. Trotzki, der für diesen „Internationalismus“ stand, verlor sehr rasch seine Macht, Stalins Aufstieg begann und damit das Konzept vom „Sozialismus in einem Land“. Wie u.a. Reich konstatieren mußte, kulminierte das in einer mediokre Neuauflage des Ancien Regime mit „dem großen vaterländischen Krieg“ und über und über mit Limetta behangenen Generälen.

Unter der hier von niemandem erkannten Oberfläche trug sich 1941 etwas zu, dessen Bedeutung mangels dialektischem Denkens ebenfalls von fast keinem erfaßt wird: als die beiden faschistischen Regime gegeneinander antraten, war das eine verzweifelte Abwehrreaktion des bioenergetischen Kerns (Selbstbehauptung der Nationen) gegen den vordringenden Internationalismus. (Wiederspruch zum oben ausgeführten? Nein, DIALEKTIK!) Alle, die die Theorie des Präventivkrieges gegen die Rote Armee bezweifeln, haben gar nicht begriffen, unter welchem zunehmenden ungeheueren Druck Stalin seit 1923 stand. Er stand da als Verräter der Weltrevolution und Trotzki (egal wie marginalisiert, terrorisiert und schließlich schlichtweg tot er am Ende war!) war das ständig mahnende und beschämende Symbol dessen, was der eigentliche Sinn des „Roten Oktober“ gewesen war. Stalins implizites Argument gegen den Trotzkismus war, daß jede autonom verlaufende Revolution, wie etwa in Jugoslawien und China, nicht etwa zur Weltrevolution beitragen würde, sondern ganz im Gegenteil nur zu pseudo-sozialistischer nationaler Absonderung vom „Geschichtsprozeß“. Nur die siegreich zum Atlantik vorstoßende und damit die Kolonialreiche übernehmende Sowjetarmee wäre der Garant einer wirklichen Weltrevolution und damit Stalin in alle Ewigkeit gerechtfertigt. Mit seinem vermeintlichen „Angriffskrieg“ hat Hitler diesen Stalinistischen Generalplan ein für allemal vereitelt. Aus diesem Grund war Stalin 1941 wie vom Donner gerührt und 1945 alles andere als von Triumphgefühlen überwältigt und hat bei der Siegesfeier in Moskau seine Generäle vorgeschickt. Er war ein gebrochener Mann, da er wußte, daß der kommunistische Traum dank Hitler ein für allemal gescheitert war.

Man muß aufhören, die Geschichte moralisch zu betrachten. Ein „völkisches Deutschland“ wäre von der Roten Armee überrannt worden! Ein „Trotzkistischer“ Kommunismus wäre im Chaos versunken und von den Westmächten hinwegfegt worden. Unter allen denkbaren Szenarien wäre die Moral in Ozeanen von Blut ertrunken. Das ist so, weil die Massen gepanzert sind und entsprechend das Desaster desto größer ausfallen muß, je mehr sie versuchen die Falle zu verlassen: Hitlers Pseudo-Biologie und Trotzkis/Stalins Pseudo-Soziologie.

Charakterologisch war der Nationalsozialismus eine Mischung aus imperialistischem schwarzem Faschismus und völkischem extremem Konservatismus, während der Stalinismus eine Mischung aus expansivem rotem Faschismus und russischem Nationalismus (Konservatismus) war. Beides erklärt, warum nach dem Untergang der beiden Regime das normale deutsche und russische Leben weiterlaufen konnte und Figuren wie Gorbatschow, Jelzin und Putin möglich waren. Oder auch groteske quasi monarchistische Regime wie Ceausescus Rumänien oder Nordkorea. Als reiner Hitlerismus bzw. Trotzkismus wären Nationalsozialismus und Kommunismus in der autoritären Ära gar nicht lebensfähig gewesen.

Heute in der antiautoritären Ära spielt der Konservatismus keinerlei Rolle mehr. Der reine schwarze Faschismus etwa in Gestalt des Islamischen Staates kollabiert ebenfalls falls instantan, wenn er sich nicht mit dem Liberalismus verbindet, wie etwa in Deutschland, wo die Grünen und die SPD den Islamismus hoffähig machen. Der rote Faschismus prosperiert in einer untrennbar gewordenen Symbiose mit dem Liberalismus. Und niemand sieht, was geschieht. Wie auch, wenn selbst die Vergangenheit tabu ist!

Arbeitsdemokratie, Emotionelle Pest und Sozialismus (Teil 35)

20. März 2021

Reich zufolge kann man alle politischen Orientierungen in einer Gesellschaft den verschiedenen Charakterschichten zuordnen. Eine solche Einteilung kann sich aber natürlich ausschließlich auf charakterologische Grundtendenzen („roter Faden“) beziehen. Wenn ich z.B. sage, der liberale Charakter sei mechanistisch, da er aus der äußeren Schicht heraus operiert und vom Kern abgeschlossen ist, wäre es natürlich ein Leichtes mir eine unbegrenzte Anzahl von mystischen Liberalen vorzuführen. So könnte man jede Einteilung ad absurdum führen. Man darf aber dabei nicht vergessen, daß diese Ablehnung der Charaktereinteilung selber eine charakterologische Grundlage, d.h. ihre charakterologische Abwehrfunktion hat! Oberflächlich gesehen, wird hier doch offensichtlich die Eindeutigkeit abgewehrt. Man dürfe nicht Vereinfachen. In Wirklichkeit ist dies letztlich die Abwehr der Tiefe, die eben orgonometrisch gesehen immer „einfach“ ist.

Man behauptet, die Begriffe „links“ und „rechts“ wären für die Orgonomie „wirklich überholt“. Was soll das heißen? Entsprechen diesen Begriffen etwa keine charakterologischen Realitäten? Oder ist das ein versteckter Vorwurf, man würde die Orgonomie politisieren? Reich hat darauf hingewiesen, daß, weil er die Mystik analysiert und bei ihr rationale (Kernkontakt) von irrationalen (Kernverzerrung) Anteilen trennt, er noch lange kein Mystiker sei. Das läßt sich direkt auf die sozio-politische Analyse der Orgonomie übertragen. Ich folge nur einer orgonomischen Analyse und nicht irgendwelchen irrationalen politischen Entscheidungen, wenn ich den Konservativen in bestimmten Zusammenhängen vorziehe. Ich denke nur daran, wie z.B. die liberale Linke den Invasoren aus dem All entgegentreten wird. Natürlich werden sich diese „guten Menschen“ wieder gegen die Fremdenfeidlichkeit wenden und wieder die Rolle des Judas übernehmen. Das Problem ist, daß sich der Liberale immer nur mit dem DOR identifiziert: ist das nun der Underdog oder alles Fremde und Eklige.

Es geht nicht an, daß man der Rebellion einen positiven Wert beimißt. Also etwa einfach einen unglaublich miesen, pestilenten Vater nimmt und als positives Gegenbild dazu einen rebellischen Sohn. Wer sagt dir denn, daß diese Rebellion nicht etwa das Gegenteil des Vaters ist, sondern das ebenso pestilente Produkt? Ist es nicht auffallend, daß jene, die am heftigsten gegen ihre nationalsozialistischen Elternhäuser rebellierten, das Privileg hatten, als erste nach den Nazis wieder Gewalt als politisches Mittel zu nutzen und den Nationalsozialisten Arafat hochleben ließen? (Man google bitte „Wilfried Böse“!) Ist es nicht merkwürdig, daß die heftigsten „Antifaschisten“ als „schwarzer Block“ auftreten? Ist es nicht merkwürdig, daß ausgerechnet immer die größten Gerechtigkeitsfanatiker am unmenschlichsten handeln?

Es geht eben nicht um die Identifizierung mit versus die Rebellion gegen miese Eltern (beides ist nämlich letztlich doch identisch), sondern um die konkurrierende konstruktive Bewältigung der Eltern: d.h. um einen Wettstreit mit dem Vater.

Was das Problem Rebellion betrifft, verlohnt ein Blick auf Reichs orgonometrische Gleichung:

charakterchaosstaat

So ist jeder Chaot, der sich ach so „revolutionär“ wähnt, in Wirklichkeit doch nur das wogegen er angeblich kämpft. Und deshalb ist es mir auch immer etwas suspekt, wenn man sagt, wir müßten alles Lebenspositive unterstützen: allzuleicht stellt man sich dabei auf die Seite der Rebellion und verhindert gerade so eine wirkliche radikale revolutionäre Veränderung! Wohin hat die Rebellion des „Roten Oktober“ geführt? 70 Jahre lang Blut und Scheiße und man ist wieder da, wo man angefangen hat. Wie unendlich weit hätte man doch kommen können, wenn man, statt wild Revolution zu spielen, wirklich eine Revolution gemacht hätte, d.h. den arbeitenden Massen alle Verantwortung übertragen und die autoritäre Gesellschaft am Kern (bei den Kindern) verändert hätte! Entsprechend kann man den Kommunismus nicht reformieren, sondern nur abschaffen: eben weil er sich auf Verantwortungslosigkeit und Tyrannei gründet. Nicht die verschiedenen Variationen sind das Problem dieser Gesellschaft, sondern das CFP selber, wie oben in der Gleichung.

Die Rechtschreibreform im Lichte des orgonomischen Funktionalismus

7. Juli 2018

Alexander Solschenizyn hat dargelegt, wie die sehr reiche russische Sprache, die Sprache Tolstois und Dostojewskis, nach dem Roten Oktober immer ärmer und undifferenzierter wurde. Außerdem wurde sie systematisch „brutalisiert“, d.h. im Rahmen des „sich verschärfenden Klassenkampfes“ wurde der sprachliche Ausdruck von Mitleid, Rücksicht und Anteilnahme richtiggehend tabuisiert. Entsprechende Wörter erhielten eine negative Konnotation oder verschwanden praktisch ganz. Man muß unwillkürlich an die „Sprache des Unmenschen“ in Hitlers, Streichers und Goebbels‘ Deutschland denken. Die Menschen sollten nicht mehr ungepanzert („weit“) fühlen, sondern nur noch auf eine gepanzerte („enge“) Weise.

Heute beobachtet man zunächst einmal das Gegenteil, d.h. im Zuge der politischen Korrektheit, werden eindeutige Aussagen zunehmend tabuisiert, da sie zu „brutal“ sind. Man ist vorsichtig im Ausdruck, will sich, so als sei man „Wissenschaftler“, nicht „voreilig festlegen“ und seit Jahrzehnten triumphiert das Konjunktiv: „Ich würde sagen…“. Wobei man sogleich anfügen muß, daß im Rahmen der allgemeinen Verblödung durch die Rechtschreibreform, Ausdrucksweisen wie der Konjunktiv ähnlich wie im Englischen wohl bald verschwunden sein werden oder zumindest an Eindeutigkeit verlieren.

Ohnehin können heutige Schüler kaum noch den tiefgehenden Unterschied zwischen dem so gar nicht gemeinten „Das ganze funktioniert nicht!“ und dem grundsätzlichen „Das Ganze funktioniert nicht!“erfassen oder etwa zwischen „Er hat recht!“ und „Er hat (das) Recht (auf seiner Seite)!“ Mit anderen Worten können sie nicht mehr funktionell denken, d.h. in Begriffen des Verhältnisses des Teils zum Ganzen. Die sozialistischen Sozialingenieure und die mit ihnen verbündeten Großkapitalisten („Bertelsmann-Stiftung“) können keine Eigendenker gebrauchen. Wer so einen SCHWACHSINN eingetrichtert bekommt wie „Es tut mir sehr Leid!“ (statt „Es tut mir sehr leid!“) muß jedes Gefühl für funktionelle Zusammenhänge verlieren.

Über die obigen Beispiele kann man diskutieren, zumal ich selbst den Überblick darüber verloren habe, was denn nun nach den aktuell geltenden Regeln richtig oder falsch ist oder ob es offiziell eh egal ist. Aber genau das verweist auf das eigentliche Problem: dieser Staat ist zutiefst „verwirrt“ und handlungsunfähig. Aus tiefenpsychologischer Sicht repräsentiert er die Eltern und die versetzen in dieser antiautoritären Ära ihre Kinder in tiefe Verunsicherung, da keine klaren Botschaften und Grenzen gesetzt werden; in den Kindern ein diffuses Gefühl von Unsicherheit und Orientierungslosigkeit verankert wird, zumal es zu unvorhersehbaren und manchmal brutalen und denkbar ungerechten Sanktionen kommt, wenn die Eltern den Kontrollverlust unvermittelt eindämmen müssen.