Posts Tagged ‘Brecht’

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 148)

7. August 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Kunst: entweder fließt es aus einem raus („automatisches Schreiben“) oder es ist „gewollt“ und damit gekünstelt und deshalb wertlos. Das ist auch das große Mißverständnis in der Stirner-Rezeption: es geht nicht um das „Ich“ (d.h. ein Gedanke, ein bloßes Gespenst), sondern um das, was sozusagen zwischen den Gedanken ist und einzig produktiv und „wertschöpfend“ ist – und deshalb fremd in der gewohnten gekünstelten Welt. Das beste Beispiel ist das dichterische und graphische Erbe von William Blake, einer der ganz wenigen wirklich genitalen Charaktere. Ein „Außerirdischer“ wie Reich – fremd in der gepanzerten Welt.

Bei LaMettrie finden sich zwei zentrale Begriffe: „tugendhafte Lust“ und „die Lehre von den Schuldgefühlen“. Bei Reich entspricht das formal dem Unterschied zwischen „Orgasmustheorie“ und „Charakteranalyse“ (Auflösung der Panzerung = des Über-Ichs). Wobei Laska seine Arbeitsweise mit dem Ursprung und Kern der Charakteranalyse identifiziert: der Widerstandsanalyse. Charakteranalyse ist nicht bloße „Dekonstruktion“ ins voraussetzungslose Leere hinein, wie es manche woke „Reichianer“ gerne hätten, sondern ist geleitet vom ICHIDEAL der genitalen liebevollen Heterosexualität. Genauso wie ein Orthopäde sich am natürlichen menschlichen Gang orientiert und nicht am krabbeln eines seitwärts gehenden Krebstieres. Wieder: gepanzert (gewollt) oder nichtgepanzert (spontan).

Ich wundere mich selbst, wie früh und organisch ich nach Reich gekommen bin – bevor ich überhaupt von ihm gehört habe. Das ist wichtig und hat auch Laska offenbar bewegt. Man denke nur an seine Beschäftigung mit „Nietzsche absconditus“ (Hermann Josef Schmidt). Nietzsche ist der einzige Philosoph, dessen Denken man bis auf die Kindergartenzeit zurückverfolgen kann. Sagen wir mal so: wenn LSR stimmt, muß es organisch und automatisch aus der kindlichen Seele erwachsen.

Man stelle sich die Frage, ob man überhaupt irgendjemanden vom geheimnisvollen „LSR-Kern“ intellektuell bzw. „philosophisch“ überzeugen kann, oder nur einige „Auserwählte“ sozusagen abholen kann. Dabei geht es natürlich nicht darum, ob jemand „gesünder“, „ungepanzerter“, „wacher“, gar „intelligenter“ ist, sondern um einen gewissen Außenseiterstatus, in dem Sinne, daß derjenige instinktiv spürt, daß mit der Gesellschaft und der „Geistesgeschichte“ etwas FUNDAMENTAL nicht stimmt. Wer seit Kindheitstagen „eingemeindet“ ist, wird es nie verstehen. Nicht mal rein intellektuell, einfach weil die gefühlsmäßige Abwehr zu stark ist. Reich hat das, seinen Sonderstatus als quintessentieller Außenseiter, spätestens bei den Psychoanalytikern gespürt („Also irgendwas stimmt hier nicht…“), Stirner sicherlich am Anfang des Studiums und LaMettrie als junger Arzt. Rousseau, Marx und Freud waren zwar oberflächlich jeweils auch „Revolutionäre“, aber ihre Gesellschaftskritik war explizit doch immer gegen den Einzelnen und gegen „Utopisten“ gerichtet – gegen jeden, der aus dem ehernen Geschichts- bzw. „Vernunftprozeß“ auszubrechen wagte.

Ich habe soeben in meinem Archiv den Maler Hans Tombrock entdeckt und daß Reich von ihm Bilder für seine Sammlung gekauft hat. Reich hat sich sehr mit solchen randständigen Landstreicher-Existenzen identifiziert. Die Zwanziger Jahre sind voll davon. Warum hat mich als Schüler Klabund so fasziniert? Hier gehört auch die Brecht/Stirner-Sache hin (Lenz Prütting). Hier ist etwas im Grenzgebiet von Ästhetik, Philosophie, Literaturgeschichte, Kunstgeschichte, Gesellschafsgeschichte, „Mythologisierung der eigenen Biographie“: ein schwammiger Bereich, für den mir die Begrifflichkeit fehlt. Worüber rede ich hier eigentlich? Es geht hier um das gesamte Universum des „Schöngeistigen“, dessen wahrer Kern, wahrer Inhalt, wahrer Sinngehalt noch nie erfaßt wurde. Tendenzmäßig am ehesten vielleicht von der Marxistischen Ästhetik a la Georg Lukács… – Keine Ahnung, aber es wäre ein unbestimmtes Feld, das sich LSR-mäßig erschließen lassen müßte. Warum war es Reich so wichtig, ein Museum zu hinterlassen, das seine Lebensatmosphäre auffängt und konserviert? Es geht um die Vermittlung eines bestimmten Vibes, der sich etwa in den Bilden Tombrocks findet.

Als absoluter Kunstverächter hatte Laska leider keinerlei Sinn für sowas. Und er hätte auch nicht mit seinem „ich komme aus der arbeitenden Sphäre“ kommen können, denn „unterschichtiger“ „proletarischer“ als Tombrock geht es nicht.

DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: 10. Der Christusmord nach Lukas / Thyl Ulenspiegel

16. August 2022

DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: Das orgonomische Testament / 10. Der Christusmord nach Lukas / Thyl Ulenspiegel

Bert, Klabund und Peter (Teil 1)

21. August 2020

Gedichte wie das folgende ergreifen uns, weil hier der Dichter seine ansonsten verdrängten Strebungen in sublimierter Form zum Ausdruck bringt. Das Dunkle und Undeutbare erweist sich als Ausdruck der „Zensur“ im Freudschen Sinne: unter keinen Umständen dürfen dem Dichter selbst bestimmte Dinge ins Bewußtsein treten. Diesen Konflikten, dieser Spannung kann der Dichter auf zweierlei Wege entgehen: durch komplette Verflachung des Inhalts, etwa in Gestalt von Marxistischen Tendenzstücken, oder durch die komplette Dominanz von Obskurantismus und Subjektivismus, der nicht mehr zu entschlüsseln sind. Brecht wollte sich von letzterem befreien und wandte sich deshalb der vermeintlich „objektiven Wissenschaft“ des Marxismus zu.

Hier das besagte Gedicht avon Mitte der 1920er Jahre kurz bevor sich Brecht von seinem „Subjektivismus“ befreite:

Aber die Händelosen
Ohne Luft zwischen sich
Hatten Gewalt wie roher Äther.
In ihnen war beständig
Die Macht der Leere, welche die größte ist.

Sie hießen Mangel-an-Atem, Abwesenheit, Ohne-Gestalt
Und sie zermalmten wie Granitberge
Die aus der Luft fallen fortwährend.
Oh, ich sah Gesichter
Wie in schnell hinspülendem Wasser
Der abtrünnige Kies
Sehr einförmig. Viele gesammelt
Gaben ein Loch
Das sehr groß war.

Immer jetzt rede ich nur
Von der stärksten Rasse
Über die Mühen der ersten Zeit.

Plötzlich
Flohen einige in die Luft
Bauend nach oben; andere vom höchsten Hausdach
Warfen ihre Hüte hoch und schrien:
So hoch das nächste!
Aber die Nachfolgenden
Nach gewohnten Daches Verkauf fliehend vor Nachtfrost
Drangen nach und sehen mit Augen des Schellfischs
Die langen Gehäuse
Die nachfolgenden.
Denn zu jener Zeit in selbiger Wändefalt
Aßen in Hast

Vier Geschlechter zugleich
Hatten in ihrem Kindheitsjahr
Auf flacher Hand den Nagel im Wandstein
Niemals gesehn.

Ihnen wuchs ineinander
Das Erz und der Stein.
So kurz war die Zeit
Daß zwischen Morgen und Abend
Kein Mittag war
Und schon standen aus altem, gewöhnetem Boden
Gebirge Beton.

Ich will dieses Gedicht, das die emotionale Bewegtheit eines bayrischen Provinzlers in der Weltmetropole Berlin, d.h. die Bewegung der Orgonenergie in ihm und in seiner Umgebung widerspiegelt, nicht groß interpretieren. Er erlebt Berlin ähnlich wie das kalte und unmenschliche Hochgebirge, wo man ebenfalls die „rohe Gewalt“ des Äthers spürt.

Bemerkenswert ist nicht nur Brechts Genie, sondern auch, daß Brecht die Welt eines Klabunds wenig später verlassen sollte und beeinflußt durch den Marxismus sich dröger Propaganda zuwenden sollte, die das Theater nachhaltig zerstört hat, da die Schauspieler in bloße Marionetten verwandelt und damit alle Emotion beseitigt wurde. Bestenfalls wurden die Schauspieler zu Marionettenspielern, die eine hölzerne „Charaktermaske“ vor sich hertrugen. Eine durch und durch verkopfte Angelegenheit. Reich wandte sich zur selben Zeit wie Brecht dem Marxismus zu, ohne dabei das Wesentliche, seine Seele, zu opfern. Gewisserweise blieb er Klabund treu.

Im Manuskript von Reichs 1942 erschienenen wissenschaftlichen Autobiographie Die Funktion des Orgasmus taucht ein vor der Drucksetzung wieder gestrichenes Gedicht auf, daß Reich sechs Jahre später am Ende seiner Rede an den Kleinen Mann doch anbringen sollte:

Ich pflanzte das Panier der heiligen Worte
in diese Welt.
Wenn längst der Palmenbaum verdorrte,
der Fels zerfällt,
wenn die strahlende Monarchen
wie faules Laub im Staub verwehn:
Tragen durch jede Sündflut tausend Archen
mein Wort: Es wird bestehn!

Das Gedicht stammt von Klabund bzw. aus dessen freier Übersetzung eines Gedichtes des iranischen Nationaldichters Hafis.

Als Jugendlicher war Klabund der einzige Dichter (neben vielleicht Hesse), für den ich mich erwärmen konnte. Brecht, der uns von den Lehrern angetragen wurde, habe ich instinktiv abgelehnt und insgeheim verachtet. Er war (so jedenfalls die allgemeine Auffassung) der bedeutendere Dichter, doch nur bei Klabund findet man diesen merkwürdigen Zauber, dieses Brennen – das das Leben selbst ist. Außerdem war Brecht ein passionierter Plagiator und hat sich ausgiebig von Klabund „inspirieren“ lassen. Man denke nur an den Kaukasischen Kreidekreis.

Kommunismus-Indoktrination an Schulen (Teil 1: Massenpsychologie)

27. Juni 2019

Schon seit Anfang der 1970er Jahre, also mittlerweile seit fast einem halben Jahrhundert, wird das deutsche Mädel und der deutsche Bub an den Schulen einer ständigen Rotbestrahlung ausgesetzt. Das geschieht auf drei Ebenen mit einer Methode, die geradezu als „charakteranalytisch“ imponiert.

  1. In der obersten Schicht, der Schicht der Meinungen, Einstellungen, ideologischer Versatzstücke, wird den Kindern der übliche kommunistische Sermon eingetrichtert. Beispielsweise im Geschichtsunterricht geht es AUSSCHLIESSLICH (sic!) um „Widerstand“ und Revolutionen, also Klassenkampf. Im Deutschunterricht um Brecht, Böll und Grass. Im Biologieunterricht um die systematische Ausmerzung jedweden christlichen Empfindens und seine Ersetzung durch eine neo-heidnische GRÜNE Agenda.
  2. Auf einer tieferen Ebene, der Ebene unserer intellektuellen Werkzeuge, sozusagen der „Muskulatur des Geistes“, wird durch strenge Sprachregelungen (Political Correctness) verhindert, daß die Schüler eine andere Welt überhaupt noch konzeptualisieren können. Das überschreitet bloße Denkverbote – es überschreitet sie hin zur Unfähigkeit überhaupt denken zu können. Hierher gehört auf diffizile Weise auch die Rechtschreibreform.
  3. Schließlich wird der bioenergetische Kern selbst angegriffen. Ohne Gemeinschaft ist der Mensch nicht überlebensfähig. Je jünger der Mensch ist, desto radikaler trifft dieses Diktum zu. Der letzte Schritt zur Durchsetzung des Kommunismus beinhaltet daher zwei Schritte, die sich nur auf den ersten Blick widersprechen: Kollektivismus und Vereinzelung. Der Kollektivismus wird durchgesetzt, indem man den wichtigsten biologischen Grundimpuls unterdrückt, den Wettstreit. Von Anfang an tun wir alles, um die Besten, Stärksten und Attraktivsten zu sein. Die moderne Lehrerschaft jedoch tut alles, um den Agon im Keim zu ersticken, „damit sich die Verlierer nicht schlecht fühlen“. Man will eine homogene „kommunistische“ Masse. Aus dem gleichen Grund verhindert man auch das schlechthin Böse in den Augen jedweder kommunistischer Gesellschaft: die „Fraktionsbildung“. Es soll keine besten Freunde und keine Cliquen mehr geben, „damit sich niemand zurückgesetzt fühlt“. Es soll nur einen Einheitsbrei aus im wahrsten Sinne „kontaktlosen“ Atomen geben, keine „Moleküle“ und „Strukturen“. Es soll keine Selbstorganisation geben oder mit anderen Worten keine gesellschaftliche Selbstregulierung.