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Kreiselwelle, Pulsation und der Ursprung der Panzerung

25. Mai 2023

In Biologische Entwicklung aus orgonomischer Sicht habe ich, teilweise im Rückgriff auf die Ursprünge der Freudschen Psychoanalyse, dargestellt, daß die Genitalität sowohl die Grundlage von allem ist, als auch eine Entwicklung hat, die sich in den libidinösen Stufen niederschlägt: okular, oral, anal, phallisch, genital. Kurz gesagt ist der sich ständig unter orgastischen Zuckungen teilende Einzeller genital und erst nach einer Entwicklung der Mehrzeller von etwa 600 Millionen Jahren war wieder der Mensch (potentiell) genital (orgastisch potent). Das schlug sich auch in der Morphologie und orgonotischen Koordination nieder.

Die Orgonenergie bewegt sich auf zwei Weisen: Kreiselwelle und Pulsation. In Organismen schlägt sich das unmittelbar in ihrer Morphologie nieder. Erstens Orgonomform („Bohnenform“) mit der entsprechenden Bewegung der Energie den Rücken aufwärts zum Kopf und dann auf der Vorderseite abwärts zum Genital. Darauf geht das Zentrale Nervensystem zurück. Zweitens die Kugelform mit einem Zentrum (dem Plexus solaris), einer mittleren Schicht und der Peripherie. Ein Organisationsprinzip, das sich im Vegetativen Nervensystem niederschlägt mit seinen beiden Ästen Parasympathikus (energetische Expansion) und Sympathikus (energetische Kontraktion).

Verfolgt man diese beiden Organisationsprinzipien über die besagten 600 Millionen Jahre hinweg, findet sich eine eindeutige Entwicklung, die im Menschen kulminiert. Wie wir seit der Renaissance wissen, ist der menschliche Körper von kosmischen Proportionen bestimmt, die sich insbesondere auf den Goldenen Schnitt beziehen, was unmittelbar auf die Kreiselwellen-Bewegung der kosmischen Orgonenergie verweist (Stichwort kosmische Überlagerung und Fibonacci-Spirale). Parallel dazu hat sich das Gehirn (das Zentrale Nervensystem) derartig ausgeprägt, daß in und durch uns die kosmische Orgonenergie ihrer selbst bewußt wird und diese Zusammenhänge erkennt.

In nuce finden sich diese Erläuterungen über die Orgonom-Form und ihre Entwicklung in der dritten Auflage der Charakteranalyse (1949) und in Die kosmische Überlagerung (1951). Über die bioenergetische Pulsation, und wie sie sich morphologische niederschlägt, hat sich Reich Mitte der 1930er Jahre in Zusammenhang mit dem „vegetativen Urgegensatz von Lust und Angst“ und den „bio-elektrischen Experimenten“ ausgelassen (siehe Die Funktion des Orgasmus, 1942). Der besagte Niederschlag ist das Vegetative Nervensystem.

Auf der „Kreiselwellen-Seite“ (dem „energetischen Orgonom“) ist der Mensch perfekt, d.h. die Evolution ist abgeschlossen, denn die kosmische Energie ist mit ihren Bewegungsgesetzen ganz Struktur geworden. Nur auf der „Pulsations-Seite“ (dem „orgonotischen System“) gibt es Probleme bzw. „Verbesserungsmöglichkeiten“. Der medizinische Orgonom Robert A. Harman hat dazu geschrieben, daß, während die Entwicklung des Zentralen Nervensystem der Vertebraten relativ früh jedenfalls vom Bauprinzip her weitgehend abgeschlossen war, die Evolution des Vegetativen Nervensystem lang andauerte bzw. erst relativ spät begann und anscheinend weitergeht.

Man kann sogar sagen, daß die „Evolution“ des Vegetativen Nervensystems beim Menschen noch lange nicht abgeschlossen ist, denn es gibt Fälle, in denen die Funktion des Vegetativen Nervensystems seiner Struktur noch weit voraus ist. So gibt es beispielsweise wichtige parasympathische Prozesse, die von cholinergen Fasern aus den sympathischen Ganglien entladen werden, wie die cholinerge gefäßerweiternde Erregung der Skelettmuskulatur. Diese sympathischen Strukturen sind noch nicht physisch in parasympathische Strukturen differenziert. (The Autonomic Nervous System and the Biology of Sleep, Part 1. The Journal of Orgonomy 41/1, 2007, S. 36)

Ich habe den Verdacht, daß genau diese „bioenergetische Unausgereiftheit des orgonotischen Systems“ zu einer Unausgewogenheit zwischen energetischem Orgonom und orgonotischen System führen muß, was mit der Anfälligkeit des Menschen für Panzerung einhergeht. Panzerung bedeutet, daß zwei Impulse sich ins Gehege kommen, nicht nur so, daß der Organismus nicht mehr als Einheit funktionieren kann, sondern auch, weil er nicht als Einheit funktioniert.

Im Schlußkapitel von Die kosmische Überlagerung hat Reich den möglichen Ursprung der Panzerung mit, wie der Titel des Buches schon andeutet, der Kreiselwellen-Bewegung in einen nur vage formulierten Zusammenhang gebracht. Vielleicht ist es naheliegender auf die Pulsation zu blicken, zumal Reich die Biopathien explizit als „Pulsationsstörungen“ bezeichnet hat (siehe Der Krebs).

Die Verfassungen des Lebendigen

10. Februar 2016

Der Brauch ist der Herrscher in allem. (Pindar, 522-442 v.Chr.)

Hans Hass‘ Energontheorie zufolge gibt es drei Arten von Energonen:

  1. die Einzeller,
  2. die Mehrzeller, die zusammen die erste Hälfte der Evolution bestimmt haben, und, in der zweiten Phase der Evolution,
  3. die „Hyperzeller“ („Berufskörper“ und Erwerbsorganisationen)

Die Energiequelle der ersten Hälfte der Evolution ist die Sonne. In der von den Hyperzellern getragenen zweiten Hälfte der Evolution lebt das einzelne Energon vom Bedarf, insbesondere dem Luxusbedarf, der anderen Energone.

Wir können entsprechend von einem „gesellschaftlichen Organismus“ sprechen. Er müßte, wäre diese Denkweise korrekt, Funktionselemente mit den „herkömmlichen“ biologischen Organismen gemeinsam haben. Hier wird es sinnvoll sein, zwischen Protozoen (Zellkern) und Metazoen (Gehirn) und so die folgenden drei Ebenen zu unterscheiden:

In der ersten Phase der Evolution baut das Genom das Menschentier auf, das dann mit Hilfe seines Gehirns in der zweiten Stufe in der Lage ist, Berufskörper aufzubauen. Wir, die Berufskörper, werden so selber zu „Keimzellen“ höherer Einheiten.

Die funktionelle Identität zwischen der ersten und zweiten Evolutionsphase beschreibt Hass wie folgt:

Wenn ein Unternehmen ein weiteres, ebensolches hervorbringt (…), dann sind eine Unmenge von Einzelbefehlen dazu nötig (…). Bringt eine Tanne eine andere hervor oder ein Fuchs einen Fuchs, dann ist das wiederum nur über entsprechende Steuerungen möglich.

Das geht so weit, daß die beiden Phasen von den gleichen Marktgesetzen bestimmt werden: die Produkte der DNA können auf ihre Produktion sowohl stimulierend als auch hemmend rückwirken, so daß hier der Bedarf die Produktion steuert und rationell mit den Ressourcen umgegangen wird. Genauso sieht es in der freien Marktwirtschaft aus.

In der zweiten Phase der Evolution entsprechen den Genen die „Meme“: Ideen, die wichtiges „kulturelles Erbgut“ transportieren. Der Unterschied zwischen der ersten und zweiten Phase der Evolution ist vor allen Dingen die Geschwindigkeit der Entwicklung. Während die natürliche Evolution nach menschlichen Maßstäben unendlich langsam abläuft, überfordert uns die Geschwindigkeit der technischen („zivilisatorischen“) Evolution.

Demgemäß ist nach Hass das Erbrezept, das als erste Einheit des Lebens Erfahrungen speichern konnte, „die eigentliche zentrale Regierung im Körper“. Im Verlauf der Evolution bildete dieser „Herrscher in allem“ ein flexibleres Organ aus, das Zentralnervensystem, „das ihm einen Teil der Steuerungsgeschäfte abnimmt“.

Der Physiker Alfred Gierer weist aus einer etwas anderen Perspektive auf die Kontinuität von DNA und ZNS hin:

Ganz formal kann man die Evolution der erblichen Eigenschaften als Lernprozeß ansehen, ebenso gut läßt sich aber auch individuelles Lernen als Evolutionsprozeß auffassen; in beiden Fällen werden nämlich durch Versuch und Irrtum Verhaltensweisen mit nützlichen Folgen selektiv begünstigt. (Die Physik, das Leben und die Seele, München 1985)

In jeder einzelnen Zelle ist das gesamte Erbrezept des Organismus vorhanden. Daß eine Leberzelle nicht als Nervenzelle funktioniert, wird dadurch erreicht, daß bestimmte Hemmstoffe („Repressoren“) die nicht benötigten Genbereiche maskieren. Bemerkenswerterweise gibt es entsprechende Vorgänge auch in der Hirnphysiologie. Beim Prägungslernen werden aus einem Überangebot an Synapsenverbindungen bestimmte ausgewählt und verstärkt, während andere abgebaut werden. Diese Art von Lernen geht demnach mit einem Minus an Nervenzellmaterial einher, Teile des Gehirns werden sozusagen „maskiert“.

Es ist nicht so, daß sich die Gene entschließen nun eine Leber aufzubauen, vielmehr sendet das umgebende Gewebe Signale aus, die die Gene soweit inaktivieren, bis nur noch z.B. Leberzellen entstehen können. Diese Situation kann man mit der Reizverarmung beim Gehirn vergleichen, bei der nur eine Prägung eingehämmert wird, was wie bei den Genen zur dramatischen Abnahme der ursprünglichen Kapazität führt. Je reichhaltiger die Eindrücke aus der Umgebung sind, desto kleiner ist der Synapsenverlust – je unspezifischer das umgebende Gewebe ist, desto weniger spezialisiert sich die Zelle.

Auch kommt man immer mehr zu der Erkenntnis, daß Gene nicht etwa den Organismus mechanisch in allen Einzelheiten vorprogrammiert aufbauen, dazu wäre auch ihr Informationsgehalt viel zu gering, sondern vielmehr das autonome (orgonotische) Funktionieren des Protoplasmas „stören“ und in neue Richtungen lenken. Genauso stört das Gehirn das autonome Funktionieren des Organismus, was man dann „instinktive Handlung“ oder „willentliche Handlung“ nennt – je ob die orgonotische Pulsation von Memen oder Genen gestört wird.

In der Keimbahn sind die Erbrezepte potentiell unsterblich. Nach Hass gibt es in der zweiten Phase der Evolution eine Entsprechung: die Sprache gibt „dem Menschen die Möglichkeit, Erfahrungen, die sonst mit seinem Tod erlöschen würden, auf Nachkommen zu übertragen“. So sei schließlich über die Sprache die umstrittene Lamarcksche Vererbung erworbener Eigenschaften doch möglich geworden.

Dem Erbgut, das sich nur über Mutationen verändern kann, tritt ein weiterer Steuerungsmechanismus zur Seite: das entsprechende, seine Erfahrungen auf andere übertragende Gehirn. Es ist ungleich anpassungsfähiger, ungleich fähiger, individuell Erarbeitetes im Erbgang weiterzugeben.

Hass bezeichnet den Menschen als „aufbauende und steuernde Keimzelle“. Während beim Genom noch die Funktion „aufbauendes Rezept“ und „Steuerung“ zusammenfallen, würden sie sich in der weiteren Entwicklung, der Funktionsverlagerung zum Gehirn, trennen. Bei den Tieren verlagert sich die Steuerung auf das Gehirn, während die Steuerungsrezepte noch vom Genom stammen. Auf dem Weg zum Menschen schließlich, könnten sich die beiden Funktionen aufs neue vereinigen, da das Gehirn selbstständig neue Verhaltensrezepte aufbauen kann.

Nach Hass kam es infolge zu einem weiteren, letzten Entwicklungsschritt, denn die „Rezepte zur Steuerung künstlicher Funktionsträger“ verblieben nicht im Gehirn.

Bei der Zusammenarbeit von mehreren Menschen verteilten sich diese Rezepte (…) über die beteiligten Gehirne (…). Bei weiterem Anwachsen löste sich in diesen „Organisationen“ das Steuerungsrezept vom einzelnen Gehirn los – in Gestalt von geschriebenen oder gezeichneten Vorschriften.

Hass spricht schließlich von der Wissenschaft als „Riesengemeinschaftsorgan“ in der Tradition: DNA – ZNS – Bibliotheken, Computer, etc.

Hass findet auch eine funktionelle Verbindung zwischen dem Genom und den Verfassungen der Staaten: so wie die Rechtsordnung das den Staat Konstituierende sei, „so ist auch die ‘Rechtsordnung’ Erbrezept das den individuellen Körper eines tierischen und pflanzlichen Organismus Konstituierende“.

Das mechanistische Denken haftet an den Strukturen und ist blind für die beschriebenen funktionellen Identitäten. Der Mystizismus zieht kurzschlußartig Verbindungen, wo gar keine funktionellen Beziehungen bestehen.