Posts Tagged ‘Gestalttherapie’

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 30)

25. November 2022

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Reich hat den „jenseitigen Gott“ der Reaktion als biosexuelle Realität entblößt (verzerrter Kernkontakt), während die vermeintliche „Aufklärung“ nichts weiter gewesen sei als gefährliche Freiheits- und Wahrheitskrämerei, die keinerlei Ahnung von den biosexuellen Realitäten hat. Stirner meinte, die Aufklärer seien immer noch Fromme, deren Gott „das Humane“ sei. LaMettrie (L), Stirner (S) und Reich (R) verkörpern die „Aufklärung über die Aufklärung“.

Die Reaktion mußte LSR auf hinterhältige Art und Weise bekämpfen, weil LSR den Kern aussprach (z.B. bei „Gott ist die Liebe“, diese „Liebe“ konkretisierte). Jede ersthafte Auseinandersetzung hätte den Kern aufs Tableau gebracht, was die Reaktion nicht überlebt hätte. Bei der tatsächlichen genitalen Umarmung, dem konkreten Orgon und dem funktionellen Denken ist Schluß mit lustig – und das Morden beginnt!

Erstrecht die Aufklärung (DMF – Diderot, Marx, Freud) mußte LSR pestilent entgegentreten, weil LSR die „falsche“ Fassade des „Humanismus“ gefährdete. Jede ersthafte Auseinandersetzung hätte Licht auf das Geheimnis der „Aufklärung“ geworfen: daß die Fassade sich vom Kern gelöst hat und eben nichts weiter als „Fassade“ ist („Liberalismus“) und gar in den Dienst der sekundären Schicht getreten ist (Kommunismus).

Reich mußte konstatieren, daß Bremsen in Bezug auf die biosexuelle Revolution (ähnlich wie Marx‘ Insistieren auf wirtschaftliche Zwänge, die später von Leuten wie Lenin, Trotzki, Stalin und Mao weitgehend ignoriert wurden) angesichts der gepanzerten menschlichen Struktur mehr als berechtigt war. Das verkompliziert das Verhältnis von LSR und DMF ungemein, zumal die Wahrheits- und Freiheitskrämer („die stümpferhaften Epigonen von LSR“), als da wären DeSade, Bakunin, Marcuse, etc. und nicht zuletzt die „Reichianer“, einen ungemeinen Schaden angerichtet haben und darüber hinaus das ganze derartig durcheinander gebracht haben, daß der Außenstehende so gut wie nichts mehr versteht. Man denke etwa daran, daß der extreme Revoluzzer Herbert Marcuse für die sexuelle Repression, für die Todestriebtheorie eingetreten ist und gegen die „scheiß Liberalen“.

In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf Reichs Aussagen über seinen stümpferhaften Epigonen und homosexuellen Freiheitskrämer und Mitbegründer des dekadenten bourgeoisen Selbstfindungskults namens „Gestalttherapie“, Paul Goodman:

Paul Goodman proklamiert die Sexualökonomie als die Psychologie der Revolution und die Freudsche Psychologie als die Psychologie der postrevolutionären Ära. Daraus folgt: Um die „Revolution“ zu inszenieren, werden sie der Jugend Sexökonomie geben. Aber danach werden sie zur Sublimierung zurückkehren!

Solch falsches Denken macht wirklich bitter. Da es Millionen von Goodmans gibt, scheitert jede revolutionäre Bewegung. Die Goodmans haben keine bösen Absichten, aber sie verkörpern eine kulturelle Kehrtwende, weil sie die Massen fürchten!

Angesichts der enormen intellektuellen Auswirkungen sollte ich, muß ich in meinen Reaktionen eine Haltung väterlicher, lässiger Besorgnis einnehmen. Diese gefährliche Sabotage meines Denkens regt mich viel zu sehr auf. (American Odyssey, S. 299)

DIE SITUATIONISTISCHE INTERNATIONALE: Wilhelm Reich kontra die Situationisten (Teil 2)

22. September 2021

von Jim Martin

PAUL GOODMAN: DER ANARCHIST

1944 begann Paul Goodman, Autor von Growing Up Absurd, The Empire City und Co-Autor von Gestalt Therapy, das Werk Wilhelm Reichs vor seinem amerikanischen Publikum im winzigen libertären sozialistischen und anarchistischen Milieu zu enthüllen. Der erste Artikel, der die Trennung von Politik und Sexualität überbrückte, war The Political Meaning of Some Recent Revisions of Freud. Nach einer Kritik an Freud wegen dessen offensichtlicher Nutzbarmachung der Psychoanalyse zugunsten von Zivilisation und Kultur wendet er sich Erich Fromm und Karen Horney zu. Im Kontrast zu ihrem Stachanowismus* erklärt Goodman: „Es gibt nur eine Art von Materie, die der offene und furchtlose Blick eines Kindes oder eines vernünftigen Mannes unfehlbar durchdringen kann: seine drängenden Bedürfnisse und sein tägliches Handeln.“ Klingt doch wie eine Pro-Situ-Erklärung, nicht wahr? Doch es geht den Situs um mehr als ein Jahrzehnt voraus, unmittelbar inspiriert von Reichs Feststellungen. Und schließlich: „Was für eine Lust ist es doch, sich von dieser philisterhaften ethischen Kultur einer Freudianischen Abweichung nach links zuzuwenden! Ich beziehe mich auf das Werk Wilhelm Reichs.“ Goodman erörtert Reichs Vorstellung von der orgastischen Potenz und der massenpsychologischen Entwicklung der Gesellschaft. „Es ist die Psychologie der Revolution.“

Unmittelbar nach der Veröffentlichung dieses Essays in einer obskuren Publikation nahmen C. Wright Mills und Patricia J. Slater in ihrem unterhaltsamen Essay The Barricade and the Bedroom die heilige Sache der Sublimierung in ihre Hand. Die Wünsche der Arbeiter hätten sich zu Aktivitäten zu sublimieren, die auf gesellschaftliche Kräfte und Institutionen gerichtet sein sollten. Offensichtlich rief Goodman extreme Gefühlsaufwallungen bei Marxistischen Theoretikern hervor.

Mills und Slater nannten Reichs Feststellungen „die Revolution der Geschlechtsdrüsen“. Was für eine Verachtung! „Der ‚Reigen der orgastischen Potenz‘ geht viel eher von Schlafzimmer zu Schlafzimmer als vom Schlafzimmer auf die Barrikaden.“ In Ordnung, vorwärts Genossen auf zum Verkehrsstopschild an den Barrikaden! „Wenn wir Goodmans Konzept der Kultivierung der biologischen Entladung folgen, wird Freiheit mit den fixierten Irrationalismen der Freizeit und des privaten Lebens identifiziert.“ Amen. „Freiheit, wie auch andere Werte, nach denen wir streben sollten, muß in Begriffen von institutionellen Strukturen und der Möglichkeit für gesellschaftliche Planung betrachtet werden.“ Sssssssss.

* Stachanow war ein Arbeiter aus der Stalin-Zeit, der für seine Überproduktion belohnt und zu einem Nationalhelden gemacht wurde. Ihm sollten die anderen Arbeiter nacheifern. „Stachanowisten“ wurden von ihren Arbeitskollegen oft getötet oder verstümmelt.

Der rechte Blick auf DIE MASSENPSYCHOLOGIE DES FASCHISMUS (Teil 13)

21. April 2020

Betrachten wir zum Schluß Stefan Blankertz‘ vor wenigen Wochen erschienenes Buch Wilhelm Reichs MASSENPSYCHOLOGIE DES FASCHISMUS, das ich bereits in Teil 3 erwähnt hatte, etwas genauer. Der Grundimpetus dieses Buches des Gestalttherapeuten und „Anarchokapitalisten“ Blankertz scheint zu sein, daß „mehr Staat“ nicht hilft, wenn es gegen den Faschismus geht. Reich selbst sei dafür Zeuge durch seine Entwicklung vom staatsgläubigen Kommunisten zum Arbeitsdemokraten (S. 8). Diese Schrift ist also auch gegen jene vermeintlichen Antifaschisten gerichtet, die ständig nach mehr Staat und Überwachung verlangen und vollkommen intolerant sind – so als würden sie Adolf Hitlers Credo channeln. Daran schließt sich die bemerkenswerte Feststellung an, daß die Massen das Leben in der Demokratie mit dem „freien Handeln freier Menschen“ verwechseln und so allem Freiheitlichen gegenüber skeptisch bis ablehnend werden (S. 14). Reich selbst hat natürlich die Ablehnung des bürgerliche Liberalismus durch die Massen und deren Hinwendung zum Faschismus als eine Art Protest betrachtet; ein Protest gegen den hohlen oberflächlichen Liberalismus, der direkter Ausdruck der oberflächlichen charakterstrukturellen Fassade ist.

Eine merkwürdige Aussage Blankertz‘ ist die, daß Ursachen desto weniger wirken, je mehr sie zurückliegen (S. 8). Stimmt das? Ich meine, wie viele Menschen werden von den Traumen ihrer Kindheit erst im hohen Alter eingeholt! Heute ist der Gegensatz zwischen dem lateinischen und dem keltisch-germanischen Europa stärker denn je, obwohl die Ursache zwei Jahrtausende zurückliegt! Die fernen Ursachen werden wirkmächtig, weil sie Struktur geworden sind (etwa in der Sprache und natürlich in der Charakterstruktur) und die Vergangenheit deshalb immer noch „Resonanz findet“.

Das mit den weitzurückliegenden Ursachen scheint bei Blankertz ein zentraler Punkt zu sein, macht er daran doch Reichs vermeintliche Geisteskrankheit fest. („Wilhelm Reich endete im Irrsinn.“ S. 15, siehe auch S 129.) Reich mühe sich die Ursprünge des Faschismus tausende Jahre zurück zu datieren (Anklänge an DeMeos Saharasia-Theorie):

Ich kann mir gut vorstellen, daß der Wahn einen ergreift, falls man versucht, mehrere tausend Jahre Geschichte zu korrigieren, um (sic!) nicht einfach mal (sic!) einen anderen Ansatz zu versuchen, als er in den letzten Jahrzehnten vorherrschte: Freiwilligkeit statt Staatsgewalt. Paul Goodman hatte versucht, ihm diesen Gedanken nahezubringen (…). (S. 49f)

Da fragt man sich wer an welchem Wahn leidet! („Reichs Massenpsychologie und Goodmans Gestalt Therapy ergeben zusammen das Instrumentarium, um die Welt, wie sie heute ist, zu verstehen, zu analysieren und zurechtzurücken.“ S. 20.)

Das bringt mich zu meiner alten Kritik an Fritz Perls, der zusammen mit Paul Goodman die Gestalttherapie entwickelt hat, nämlich das er Kinder als Hindernis zu seiner und seiner Klientel kindsköpfigen „Selbstverwirklichung“ gehaßt hat. Die Kinder der Zukunft, Reichs eigentliche und vielleicht am Ende einzige Hoffnung für die Zukunft, tauchen in diesem Büchlein gar nicht auf, außer da, wo Reich Gesetze zum Schutze der Kinder verlangt, was dem Anarchisten Blankertz übel aufstößt (S. 71).

Worum es geht, wird an folgendem Schema deutlich: Reich will sozusagen die (wohlverstandene!) „Ursünde“ unserer Ahnen wettmachen, während Blankertz sich quasi autistisch mit einer denkbar oberflächlichen Funktion zufriedengibt:

Ja, in vieler Hinsicht hat Blankertz natürlich recht. Ich brauche nur den bekannten Ausspruch von C.S. Lewis zitieren: „Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern, aber Du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.“ Stimmt, aber, und dem würde Lewis, der Apologet des Christentums schlechthin, sicherlich zustimmen, geht das nur, wenn man bei der Änderung im Jetzt den Fehler des Anfangs, die „Ursünde“, aufhebt.

Reich gebe keine Ursachen für den Übergang vom ungepanzerten Matriarchat zum gepanzerten Patriarchat an. Offenbar kennt Blankertz Reichs Untersuchung Der Einbruch der Sexualmoral nicht, den er vor der Massenpsychologie des Faschismus geschrieben hatte, oder gar seine Spekulationen in Die kosmische Überlagerung.

Ströme

18. November 2016

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Ein neuer Artikel auf http://www.orgonomie.net:

Ströme

Emotionale Gesundheit: Die medizinische Orgontherapie im Vergleich zu anderen Verfahren (Teil 1)

19. Dezember 2014

DIE ZEITSCHRIFT FÜR ORGONOMIE

Richard Schwartzman: Emotionale Gesundheit: Die medizinische Orgontherapie im Vergleich zu anderen Verfahren (Teil 1)

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