Posts Tagged ‘Jainismus’

Die Sexualökonomie der Cheyenne

3. Oktober 2025

1927 beschrieb Reich in der damaligen stark von Freuds Todestriebtheorie („Destruktionstrieb“) geprägten psychoanalytischen Begrifflichkeit den Zusammenhang zwischen „Sexualstauung, Aggression, Destruktion und Sadismus“:

Die Intensität real unbegründeter Destruktionsantriebe, besonders die der Brutalität und des Sadismus, hängt vom jeweiligen Zustand der sexuellen Befriedigtheit beziehungsweise von der Stärke der sexuellen Stauung ab.

Diese Abhängigkeit zeigt sich dem Beobachter sowohl auf körperlichem Gebiet als auch im Bereiche der seelischen Haltungen. In Wirklichkeit sind die seelischen Haltungen und die körperlichen Erregungen natürlich nicht zu trennen.

Schon bei der akuten Neurasthenie, die durch Zersplitterung der Befriedigung entsteht und auf sexueller Stauung beruht, sehen wir ein Anschwellen der Erscheinungen destruktiver Antriebe: Reizbarkeit und Ausbrüche des Ärgers über nichtige Vorkommnisse sowie starke motorische Unruhe. Die Destruktionsantriebe sind identisch mit muskulärer motorischer Spannung. Motorische Unruhe kommt bei Neurosen in der Weise zustande, daß unbefriedigte sexuelle Erregung den Muskelapparat erfaßt; sie erscheint aber hier nicht mehr als Sexualphänomen, sondern als Zerstörungsantrieb. Die unterdrückte Sexualerregung überträgt sich auf die Muskulatur, wenn sie nicht symptomatisch gebunden wird oder als Stauungsangst erscheint.

Wir sehen, daß die motorische Unruhe, die Antriebe, zu zerstören oder zumindest den Muskelapparat zu betätigen, sowie die allgemeine Aggressivität bei sadistisch-triebhaften Charakteren um so stärker werden, je länger sie abstinent leben, und daß diese Impulse schwächer werden, wenn die Abstinenz auch nur für kurze Zeit aufgegeben wird. (Genitalität, S. 182)

Die Indianer des nordamerikanischen Kontinents waren nicht durchgehend matristisch, vielmehr gab es auch hier eher patristische, d.h. eher gepanzerte Stämme, bzw. entsprechende Traditionen, die sich aufgrund der Völkerverschiebungen infolge der Landnahme durch die Weißen ausbreiteten. Schließlich überlebten nur die patristisch geprägten Stämme, weil diese sich gegen die koloniale Aggression wehrten (James DeMeo: Saharasia).

Zu diesen gehörten die Cheyenne. Sie glaubten, was typisch für den Patrismus ist, an einen „obersten Gott“ und es gab bei ihnen eine scharfe Trennung zwischen der Sphäre des Krieges (Destruktion) und jener des Familienlebens (Prokreation). Der Anthropologe John H. Moore hat dies anhand der Kriegshäuptlinge der Cheyenne aufgezeigt.

Im Glauben der Cheyenne kam die Energie zum Leben und dessen Erfolg vom allerhöchsten Gott. Aufgabe des einzelnen Mannes sei es, diese allgemeine Energie in eine zielgerichtete Kraft umzuwandeln. Dann kann sie aber nicht mehr für andere Zwecke verwendet werden, weshalb insbesondere Zölibatsgelübde abgenommen wurden, wenn eine schwere Aufgabe anstand. Entsprechend lebten die Krieger, insbesondere aber ihre Anführer, im zeitweisen, teilweise sogar lebenslangen, Zölibat.

Ähnlich wird es bei entsprechenden Stammesgesellschaften in Afrika und auf dem eurasischen Kontinent ausgesehen haben. Das erklärt m.E. auch den Ursprung des Jainismus, Buddhismus und vielleicht der entsprechenden durchweg extrem sexualfeindlichen hinduistischen Guru-Linien aus der indischen Kriegerkaste. Siehe dazu meinen Aufsatz Die Massenpsychologie des Buddhismus.

DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: Das orgonomische Testament / 11. Die Kinder des Lichts

11. September 2022

DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: Das orgonomische Testament / 11. Die Kinder des Lichts

Alter, naive Medizin! (Teil 1)

12. Juni 2021

In der Juni-Ausgabe des Deutschen Ärzteblatts ist ein sehr interessanter Artikel über Ästhetische Medizin erschienen. „Schöner nach Corona“ führt aus, daß die aufgezwungene soziale Kontaktlosigkeit (Maskenpflicht, Abstandhalten, virtuelle Arbeitsplätze) mit einer deutlich gestiegenen Nachfrage nach ästhetisch-chirurgischen Eingriffen einherging, womit ein sich seit Jahren abzeichnender Trend nochmal dramatisch verstärkt wurde.

Henriette Krug und Debora Frommeld führen weiter aus, daß mit der fortschreitenden Entwicklung der „Wunscherfüllenden Medizin“, das Grundverständnis von Medizin als einer auf den kranken Menschen ausgerichteten Disziplin in Frage gestellt wird.

Das ist ein absolut bemerkenswerter Satz, denn mit dem sich abzeichnenden Paradigmenwechsel ist genau das angeschnitten, was das Grundverständnis aller alternativen Medizin, einschließlich der orgonomischen Medizin, ist: der Fokus wird nicht auf die Pathologie gelegt, sondern auf die inhärente Gesundheit, die Aktivierung der verschütteten Selbstregulation des Menschen, d.h. seines bioenergetischen Kerns.

Doch leider geht die „Wunscherfüllende Medizin“ genau in die entgegengesetzte Richtung, denn, wie es in dem Artikel heißt, ist heutzutage das „universelle Glücksversprechen“ die Schönheit im Sinne willkürlicher sozialer Akzeptanz statt naturgemäßer, bioenergetischer Gesetzmäßigkeiten. In orgonomischer Begrifflichkeit: es dreht sich alles um die Fassade. Oder wie Krug und Frommeld es ausdrücken: es geht um den Versuch, „daß ein schönes Äußeres neben dem subjektiven Wohlbefinden die eigenen Möglichkeiten im privaten wie beruflichen Kontext verbessern kann“. Es geht also letztendlich um Fremdbestimmung unter dem Stichwort „Body Shaping“, sozusagen eine Fortführung der Charakterformation durch die Gesellschaft. Die Charakterbildung, die mit der Geburt begann – mit den Eltern als Agenten einer gepanzerten Gesellschaft, deren verborgenes Hauptanliegen es ist Selbstregulation auszumerzen.

Und, wie gesagt, das ganze verläuft unter dem geradezu diabolisch verlogenen Versprechen von „Selbstentfaltung“, „Persönlichkeitsentwicklung“ und „Gesundheit“. (Gewisserweise wird sogar vorgegeben „Orgontherapie“ zu sein: Stichwort Body Shaping!)

Hier geht es nicht nur allgemein um Panzerung, sondern speziell um okulare Panzerung, die die zunehmend unwirklich werdende „digitalisierte“ Welt ständig verschlimmert wird. Das geht zwangsläufig mit paranoiden Störungen einher, insbesondere dem Gefühl ständig beobachtet, bewertet und überwacht zu werden. Kein Wunder, daß dann praktisch niemand mehr mit seinem natürlichen Äußeren zufrieden ist!

Aber zurück zum Artikel, wo es weiter heißt:

Dabei steht in unserer „Bildergesellschaft“ via Internet und insbesondere Social Media eine Fülle von Schönheitsidealen omnipräsent und niederschwellig zur Verfügung, die als Vergleichsschablonen fungieren und Normvorstellungen prägen. Wenn das eigene Erscheinungsbild dem Abgleich mit diesen digitalen, oft optimierten medialen Inszenierungen nicht standhält, können negative Assoziationen und Optimierungsgedanken die Folge sein.

Das ganze wurde nun verstärkt, weil corona-bedingt die realen sozialen Kontakte (die immer zu einer bioenergetischen „Kern-Erregung“ führen und uns in der Rationalität verankern) abnehmen und die Menschen stattdessen mehr Zeit in der „virtuellen Welt“ verbringen, die sie immer mehr vom bioenegetischen Kern losreißt und in eine, wenn man so will, „fassadäre Scheinwelt“ führt. Hinzu kommt, daß durch das Home Office die durchaus rationale soziale Kontrolle und das Schamgefühl wegbricht, denn schönheitschirurgische Eingriffe fallen einfacher, wenn sie unbemerkt vom beruflichen Umfeld erfolgen. Wenn man das zuende denkt, macht dies das ganze noch absurder, denn letztendlich ist die neue (vermeintliche) Schönheit doch nur etwas für den – Spiegel! In ihm vermeinen wir unser „wahres Selbst“ zu entdecken und mit uns selbst, d.h. mit dem bioenergetischen Kern, in Kontakt zu kommen, doch realiter verlieren wir uns dergestalt vollends.

Der Mensch wird buchstäblich zu einem Teil der Digitalisierung:

  1. reduziert er sich auf ein zweidimensionales „Image“,
  2. verschiebt sich alles von den Emotionen (die von innen kommen) auf Sensationen (Empfindungen) und Eindrücke (die von außen kommen) und
  3. wird er immer mehr vom gesellschaftlichen Produktionsprozeß abgeschnitten: alles ist nur noch Marketing (ein Image nach außen projizieren) und Verwaltung (das Verarbeiten von Eindrücken).

Selbst die Medizin dient zunehmend der bloßen Fassade! Und die Patienten glauben tatsächlich, daß sie endlich vom Arzt als das „gesehen werden, was sie wirklich sind“… Von „Gender Dysphoria“ und dem Glücksversprechen, das mit dem Geschlechtswechsel (d.h. der Kastration) einhergeht, will ich gar nicht erst anfangen… Oder davon, was am logischen (funktionellen) Ende dieser Entwicklung steht: der Cyborg bzw. das Verschmelzen mit dem Computer.

Am Ende sei noch die Gegenwahrheit zu diesem Text erwähnt: die enge Verbindung von Fassade und bioenergetischem Kern. Darauf beruht die gesamte Orgonomie außerhalb des Labors und außerhalb des Behandlungsraumes. Über die Medien, etwa das Journal of Orgonomy, kann sie nur die Fassade, den Verstand, ansprechen. Auf der engen Beziehung von Fassade und Kern beruhen auch einfache Mechanismen wie der, daß, wenn man sich zum Lächeln zwingt („Keep smiling!“), man sich automatisch tatsächlich („bioenergetisch“) besser fühlt. Auf ähnliches hoffen Menschen nach Schönheitsoperationen! Und schließlich ist da der mystische Aspekt (der uns zu Teil 2 bringt): buddhistisches, jainistisches oder hinduistisches Tantra führt durch die Identifikation mit dem Buddha, dem Bodhisattwa oder der Gottheit („Mudra, Mantra, Yantra“) zum Buddhatum (etc.). Du wirst zur Maske, die du aufsetzt. Das ist eine der Grundlagen des „Götzenanbetertums“, das die Bibel so sehr beklagt – und das im Christentum mit all den Jesus-, Madonnen- und Heiligendarstellungen fröhlich Urstand gefeiert hat. In diesem Zusammenhang möchte ich nur die funktionelle Bedeutung des Ichideals im Zusammenhang mit dem genitalen Charakter erwähnt haben, den Reich in Christusmord beschreibt.