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Neoscholastik (Teil 1)

1. Dezember 2025

Funktionalistisches Denken ist imgrunde nichts anderes als einfach nur klares Denken, d.h. Denken ohne okulare und letztendlich ohne jede Panzerung. Diese Art von Denken führt mit unerbittlicher Konsequenz zu Schlußfolgerungen, vor denen der mechanistische und mystische Denker Angst hat. Diese Angst ist identisch mit Orgasmusangst. Mechanismus und Mystizismus sind nicht etwa schlichtweg „falsch“, sondern drücken jeweils nur Teilwahrheiten aus. Diese zerrissene Wahrnehmung ist Funktion der Panzerung. Der Funktionalist kann diese Teilwahrheiten aufnehmen und zur vollen Wahrheit zusammenfügen. Letztendlich gibt es wohlverstanden also überhaupt kein Denken, das nicht zum orgonomischen Funktionalismus gehört.

Wann begann die Moderne? Am sinnvollsten kann man den Anfang vielleicht an Martin Luther und Galileo Galilei festmachen, die sich jeder auf ihre Weise von der Tradition emanzipierten. Luther befreite das Christentum von krausen Überwucherungen, wie Marienverehrung, Heiligenkult, Purgatorium, Ablaßhandel, etc. Galilei befreite die Naturforschung von der aristotelischen Philosophie: das einzige Buch, das es zu lesen galt, war „das Buch der Natur“. Das ganze kulminierte schließlich in Newton und Kant.

Die „Postmoderne“ ist ein Thema für Bindestrich-„Wissenschaften“. Das ganze Blablabla, das diesen Begriff umgibt, kondensiert sich zu der ach so welterschütternden These, daß auch die Moderne nichts anderes sei als eine Tradition. Die Moderne sei deshalb eine Lüge, es gelte konsequent zu sein und die Tradition im Kern zu zerstören. Entsprechend gelte es alles „grundsätzlich“ infrage zu stellen, etwa die Einteilung der Menschen in zwei Geschlechter oder den Mythos von der Objektivität der Wissenschaft.

Seit den 1960er Jahren beherrscht dieses Gedankengut die Universitäten. Die Gelehrten in der Tradition von Deleuze, Derrida und Foucault haben es kurioserweise soweit gebracht, daß die Universitäten heute zweigeteilt sind wie in der Renaissance: genauso wie damals in der einen Fakultät der pure Schwachsinn (Scholastik) gelehrt wurde, während in der anderen die moderne Wissenschaft Gestalt annahm, ist es heute so, daß im einen Seminarraum in „Gender Studies“ und ähnlichem gerührt wird, während nebenan ganz „naiv“ Wissenschaft betrieben wird. Die Postmoderne wollte die Moderne vollenden, ist jedoch ins tiefste Mittelalter zurückgekehrt.

Ich werde noch näher darauf eingehen, daß sich die postmoderne „Wissenschaft“ in nichts von der nationalsozialistischen „Wissenschaft“ unterscheidet. Sogar der Fanatismus ist gleich. Man versuche doch einmal mit einem dieser Leute in einen „Diskurs“ zu treten!

Das absolut Erschreckende ist, daß mittlerweile ganze Generationen von Journalisten und anderen „Intellektuellen“ durch (steuerfinanzierte!) Studiengänge geschleust wurden, die ungefähr das geistige Niveau der Koranschulen in Pakistan haben. Man erinnere sich doch nur an die Sarrazin-„Debatte“, in der dem naiven Mann an sich nur eins vorgeworfen wurde: er habe sich auf Teufelszeug wie Statistik und Biologie berufen! Dabei gelte es doch derlei Dinge als westlich-imperialistische Machtinstrumente zu dekonstruieren!

Was mit den Postmodernen in den Medien, Universitäten und im Staatsapparat machen? Wie mit ihnen umgehen?

  • Erst einmal sollte man es sich ein für allemal verbeten, daß sie wie einst die Scholastiker „in Latein“ mit einem reden! Mit anderen Worten darauf bestehen, daß Begriffe wie „Migranten“, „Gender“, „Identitätsräume“, „Community Organizing“, etc. gefälligst ins Deutsche übersetzt werden. Allein schon dadurch zerfällt ein Großteil des grandiosen neoscholastischen Gedankengebäudes, das auf nichts anderem beruht als vollständiger Kontaktlosigkeit. Wobei die integrierte Vernetzungsterminierung eine programmierte Flexibilitätsproblematik mit manipulativen Prozeßtendenzen impliziert, welche, jedenfalls aus poststrukturalistischer Sicht, wiederum die Funktionalität irreversibler Interaktivierungsstrategien zumindest tendenziell präjudiziert.
  • Wie einst die Inquisition lebt die Neoscholastik von der Skandalisierung des gesunden Menschenverstandes. Ihr Problem ist, daß es einer ungeheuren Kraftanstrengung bedarf, um die Lüge aufrechtzuerhalten. Die Wahrheit ist einfach gegeben, die Lüge muß kreiert und mühsam aufrechterhalten werden. Deshalb ist die Terrorherrschaft dieser Leute (zeige mir einen Sarrazin-Gegner und du zeigt auf einen von ihnen!) dem baldigen Untergang geweiht.
  • Ein zentrales Thema, wenn nicht das Thema des Postmodernismus ist die Relativierung der geistigen Gesundheit, weshalb seine Vertreter auch Wilhelm Reich bis aufs Messer hassen. Die Emotionelle Pest kann nur überleben, wenn sie klares Denken einschränkt und schließlich ganz vom sozialen Schauplatz verbannt. So haben die Religionen überlebt, so wuchert noch heute der Islam, so hat der Real- und der Nationalsozialismus herrschen können. So wurde beispielsweise auch Reichs Lebenswerk systematisch zerstört. Man lese ein beliebiges „Reichianisches“ Pamphlet! – Die mittelalterliche Reaktion läßt sich nur mit kompromißlos klarem, autoritätskritischem, d.h. „modernem“ Denken überwinden.
  • Heute sind ganze Universitätsbibliotheken mit Schriften gefüllt, die dem Studenten systematisch das logische, folgerichtige Denken austreiben. Der offensichtliche Unsinn kann nur mit einem Mittel aufrechterhalten werden, da normalerweise jeder, der auch nur ein wenig bei Verstand ist in schallendes Gelächter ausbrechen würde, – dieses eine Mittel ist die Autorität oder, mit anderen Worten, die Tradition. Die Neoscholastiker berufen sich stets auf irgendwelche Gurus des Postmodernismus, deren vermeintliche Weisheiten unantastbar sind. Das ganze erinnert fatal an die Kulturrevolution, bei der der greise Kaiser von China (Mao) die Jugend aufforderte, die gesamte materielle und geistige Infrastruktur der Nation zu zerstören. Heute heißt so ein Mao beispielsweise „Jean Baudrillard“, für den die Matrix des Urbanen nicht mehr die der Realisierung einer Kraft (der Arbeitskraft) ist, sondern die Realisierung einer Differenz (der Operation des Zeichens).

Peter Töpfer (Teil 4)

23. November 2025

Wir springen ins Jahr 2022 und landen bei dem Buch von Alexander Dugin Eurasische Mission (Eine Einführung in den Neo-Eurasianismus, London: Arktos) bzw. bei Töpfers Vorwort: „Das Radikale Subjekt als Katechon“. Das gemahnt natürlich an Laskas Auseinandersetzung mit Carl Schmitt und dessen Ringen mit Max Stirner. Der „Katechon“ stellt sich dem Kommen des Antichrist entgegen, also dem nihilistischen, haltlosen Liberalismus des Westens bzw. dem, was Charles Konia als „antiautoritäre Gesellschaft“ mit ihrer nihilistischen relativen Moral bezeichnet hat.

Töpfer plaziert also das „radikale Subjekt“ in Stellung gegen den alles zersetzenden Liberalismus des Westens. Dieses Subjekt scheint jedoch merkwürdig verkümmert zu sein, denn er konstatiert, daß „die Motivation von Handlung, (…) immer aus einer Unzufriedenheit (Nichtbefriedigtheit) heraus geschieht. Und nur für uns soll alles geschehen. Dugins Manifest der Globalen Revolutionären Allianz wird mit dem Motto Unzufriedene auf der ganzen Welt, vereinigt euch! eingeleitet“ (S. X). In meiner Welt folgen Handlungen eher aus einem Wohlgefühl der Stärke und des Überflusses. Töpfer und Dugin hingegen geht es um den „existentialistischen“ Heideggerschen Menschen: ein Seiendes, das sich zu seinem eigenen Sein verhält. Es ist ein Da-Sein, dessen Hauptmoment die Sorge ist. Diese hört auf, wenn wir, frei nach Dugin und Töpfer, die Trennung von Objekt und Subjekt, Sein und Denken aufheben und ganz „postphilosophisch“ zum bloßen Ereignis werden: Authentizität, die in „existentieller Politik“ mündet (S. XII-XIV). An die Stelle der Moderne soll die Archaik treten, die, wie angedeutet, mit Heidegger „alle modernen philosophischen Konzepte auslöscht: Subjekt, Objekt, Realität, Zeit, Raum, Technik, das Individuum usw.“ (S. XXIII). Für mich klingt das nach infantilistischer Hippie-Kultur und – Nationalsozialismus!

Das rationale Individuum geht in einem irrationalen narzißtischen Brei aus purem Affekt auf. Dugin präsentiert seine „vierte Theorie“ als Alternative zum westlichen Antiautoritarismus, sie ist aber kaum mehr als eine weitere Facette dieses weltweiten Phänomens. Der Epochenbruch von 1960, der Übergang von einer autoritären zu einer antiautoritären Gesellschaft, ist an Rußland nicht vorbeigegangen, genausowenig wie beispielsweise an irgendeinem Landstrich der islamischen Welt. Ein beredtes Beispiel ist der Pop-Islamismus von ISIS.

Töpfer verbindet die von Reich und Elsworth F. Baker vertretene Theorie, daß der Liberale „keinen Kern“ hat, mit Dugins durch Heidegger inspirierte Vorstellung, daß der Liberale keine tiefe Identität hat, also quasi, wenn man so sagen kann, hohl ist und „implodieren“ muß, um „die Selbstbestätigung als die einzigartige und ultimative Instanz des Seins“ zu erreichen. Infolge erscheint das wahre Selbst. „Das Selbst entdeckt in seiner Radikalisierung nicht nur seine Transpersonalität und Weltverbundenheit, sondern auch sein Bedürfnis nach Verwurzelung“ (S. XVII). Aus dem Nichts erwächst so das Authentische und der „Katechon“ erhebt sein Haupt.

Was hier beschrieben wird, ist jedoch nicht etwa der Ausgang aus der Falle, sondern der Circulus vitiosus der Falle selbst. Die Falle ist: Die notwendige konservative Abwehr der sekundären Triebe betrifft auch die primären Triebe, die dergestalt in sekundäre Triebe umgeformt werden. Dagegen bäumen sich die freiheitskrämerischen Liberalen auf und setzen noch mehr sekundäre Triebe frei, bis sie schließlich desillusioniert dem Konservativen recht geben und zu Kreuze kriechen, auf daß die ganze Scheiße von vorne beginnt. Der einzige Ausweg aus der Falle ist die Aufklärung über diesen Mechanismus und die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Trieben. Genau das hintertreiben Töpfer und Dugin jedoch mit ihrem kategorienverwässernden Obskurantismus.

Die Duginsche „Implosion“ mit ihrem Tribalismus, Emotionalismus und untergründigem Mystizismus ist nicht etwa Ausdruck eines Impulses, der sich gegen die antiautoritäre Gesellschaft und den Gesamtwahnsinn der Falle stellt, sondern direkter Ausdruck dieser. Das reicht vom „Tribal Tattoo“ der Jahrtausendwende bis hin zum heutigen „Meine wahre Identität ist ein lila Space-Fury-Fuchs vom Andromeda“ und anderen Besessenheitsphänomenen. Die Gesellschaft implodiert und reorganisiert sich auf immer primitiverer Ebene – gesellschaftlicher bionöser Krebszerfall! Aus diesem Grund hat die Orgonomie in den 1960er Jahren in keinster Weise sich der „Gegenkultur“ der 1960er und dem New Age der 1980er Jahre angeschlossen. Das ganze ist ihr so fremd und antithetisch wie – Arthur Janov. In diesem Zusammenhang ist es kein Zufall, daß sich Töpfer in seinen Schriften ständig auf eben diese „Gegenkultur“ beruft von Bob Dylan und John Lennon bis hin zu den heutigen Entsprechungen.

Leserbrief zur Rezension „Weltprozess nach dem Hiatus“ über Peter Sloterdijks „Die schrecklichen Kinder der Neuzeit. Über das anti-genealogische Experiment der Moderne“ von Roman Halfmann, 2014

4. September 2025

Leserbrief zur Rezension „Weltprozess nach dem Hiatus“ über Peter Sloterdijks „Die schrecklichen Kinder der Neuzeit. Über das anti-genealogische Experiment der Moderne“ von Roman Halfmann, 2014