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Strick: Wilhelm Reich, Biologist (2015)

4. Februar 2017

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Ein neuer Artikel auf http://www.orgonomie.net:

Strick: Wilhelm Reich, Biologist (2015)

Orgonometrie (Teil 2): Kapitel 6.c.

16. April 2016

orgonometrieteil12

1. Zusammenfassung

2. Die Hauptgleichung

3. Reichs „Freudo-Marxismus“

4. Reichs Beitrag zur Psychosomatik

5. Reichs Biophysik

6. Äther, Gott und Teufel

a. Der modern-liberale (pseudo-liberale) Charakter

b. Spiritualität und die sensationelle Pest

c. Die Biologie zwischen links und rechts

Diskussionsforum 2010: eine Nachlese (Teil 4)

7. Juni 2015

Robert weiter über Reichs Mitarbeiter:

Jonathan Høegh Leunbach (1884-1955)

In den 1920er Jahren war der Arzt J.H. Leunbach die zentrale Figur der Auseinandersetzungen um eine Sexualreform in Dänemark, die im „Kampf der Ideologien“ (Henning Kehler) zwischen den Anhängern und Anhängerinnen der materialistisch-biologistischen und der konservativ-spiritualistischen Weltanschauung ausgetragen wurden.

Leben und Werk

L wurde am 16. Dezember 1884 in Lidemark bei Bjæverskov/Jütland (damals zu Deutschland gehörend) geboren. Über seine Eltern konnte nur in Erfahrung gebracht werden, daß sein Vater ein deutscher Priester adeliger Abstammung war, der sein Adelsprädikat jedoch abgelegt hatte. Nach dem Abitur begann der junge L. mit dem Studium der Medizin, übersiedelte nach der Promotion 1912 nach Dänemark und legte dort das dänische Staatsexamen ab. Er arbeitete zunächst in verschiedenen Kopenhagener Krankenhäusern, bis er 1922 in der Hauptstadt eine Praxis als Allgemeinmediziner eröffnete.

Sein sexualreformerisches Engagement begann eher zufällig, nachdem er für die dänische Zeitung Social-Demokraten ein Buch über Geburtenkontrolle rezensiert hatte und daraufhin von einer Gruppe kommunistischer Arbeiterinnen gebeten wurde, einen Vortrag über Sexualaufklärung und Verhütungsmittel zu halten. Daraus entwickelte sich in der Folgezeit eine rege Vortragstätigkeit. Auch verfaßte L. zahlreiche, zum Teil populärwissenschaftlich gehaltene Publikationen, in denen er sich für die Freigabe von Verhütungsmitteln, das Recht auf Abtreibung und Sexualaufklärung einsetzte. Zusammen mit dem „Kommunistik Kvindesekrerariat“ (Kommunistisches Frauenbüro) richtete er 1923 die erste dänische Sexualberatungsstelle in Kopenhagen ein, in der er zweimal wöchentlich kostenlos Beratungen anbot – eine Initiative, die sowohl unter ärztlichen Kollegen als auch beim konservativen Verein „Dänischer Frauenverband“ auf heftige Kritik stieß. Die Proteste hinderten ihn nicht daran, gemeinsam mit der radikalen Feministin und Schriftstellerin Thit Jensen im Jahr 1924 die „Foreningen for seksuel Oplysning“ (FSO), die Vereinigung Für sexuelle Aufklärung, zu gründen. Die Organisation engagierte sich für Fragen des Mutterschutzes, der sexuellen Hygiene und Sexualaufklärung. Ein Jahr später begann er die Zusammenarbeit mit dem „Arbejderkvindernes Oplysninsforbund“ (AO). Der Arbeiterinnen-Aufklärungsverband – stand der Kommunistischen Partei Dänemarks (DKP) nahe – war die erste Frauenvereinigung Dänemarks, die den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Sexualpolitik legte. 1932 eröffnete der AO mit L.s Hilfe Sexualkliniken in Kopenhagen und Ejsberg. Im Mitteilungsblatt des Verbandes war L. für die Rubrik „Gesundheit und sexuelle Beziehung“ zuständig, einer Art Briefkasten für Anfragen. 1932 wurden die Briefe unter dem Titel Kvinder i Nod: Breve til en Læge (Frauen in Not: Briefe an einen Arzt) veröffentlicht (Leunbach 1932). Eng arbeitete L. auch mit der schwedischen Journalistin und Syndikalistin Elise Ottesen-Jensen zusammen, der Gründerin des 1933 ins Leben gerufenen schwedischen „Riksförbundet för sexuell upplysning“ (RFSU), dem nationalen Reichsverband für sexuelle Aufklärung.

1928 unterstützte L. den Berliner Sexualarzt Magnus Hirschfeld bei der Organisation eines Kongresses für Sexualreform in Kopenhagen, auf dem sich am 3. Juli die Weltliga für Sexualreform (WLSR) konstituierte. L. arbeitete zunächst als Generalsekretär, ab 1931 fungierte er zusammen mit Hirschfeld und dem liberalen englischen Sexualreformer Norman Haire als einer der drei Präsidenten der WLSR. Das 20-Punkte-Programm der Liga umfaßte neben Forderungen zur Reformierung der Ehegesetzgebung und Gleichberechtigung der Geschlechter, Fragen zur Geburtenregelung, Eugenik, Bekämpfung der Prostitution, Entkriminalisierung von Homosexualität sowie zu einer planmäßigen Sexualerziehung und Aufklärung. Auf dem 4. Kongreß der Liga, der 1930 in Wien stattfand, zählte die WLSR bereits 183 Einzelmitglieder und unter Einbeziehung aller angeschlossenen Verbände nach eigenen Angaben 130 000 Personen. Bei einem Veranstaltungsabend im Rahmen des Kongresses trat L. in Wilhelm Reichs Verein „Sozialistische Gesellschaft für Sexualberatung und Sexualforschung“ als Referent auf.

Im Sommer 1932 war L. Ziel und Mittelpunkt einer Pressekampagne, da in der von ihm geleiteten Klinik des AO eine Frau an den Folgen einer Abtreibung verstorben war. Als Ergebnis der heftigen öffentlichen Auseinandersetzungen wurde die Abtreibungsgesetzgebung in Dänemark verschärft und gegen L. Anklage erhoben. Kurz nach Einleitung der Voruntersuchungen ließ sich L. als unabhängiger Kandidat für die Liste der Dänischen Kommunistischen Partei (DKP) zu den Reichstagswahlen aufstellen. In den Mittelpunkt seines Wahlkampfes, der vom AO intensiv unterstützt wurde, stand die Abtreibungsfrage. L. erhielt in seinem Wahlkreis weit über 1 000 Stimmen und ermöglichte damit der DKP, erstmals in ihrer Geschichte mit zwei Abgeordneten in den Reichstag einzuziehen. Nachdem Wilhelm Reich im Mai 1933 nach Dänemark emigriert war, verschrieb sich L. voll und ganz dem Aufbau der skandinavischen Sexpol-Bewegung. Er leitete deren dänische Gruppe und bestimmte zusammen mit Jørgen Neergaard und Tage Philipson entscheidend deren politischen Kurs. Damit eng verbunden waren in den Folgejahren L.s Bestrebungen zur Abgrenzung der Sexpol von den Positionen der WLSR.

Mit L.s Einschwenken auf Reichs Positionen begann der Kampf um die Führungsposition innerhalb der WLSR. Da sich die Sexualität vom Politischen nicht trennen lasse, könne die Liga – so L. 1935 – als unpolitische Bewegung nicht weitergeführt werden und sei aus diesem Grund, vor allem aber auch nach dem Sieg des Nationalsozialismus, eine Utopie. Den Versuch der WLSR, innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft den Kampf für Reformen zu führen, sah er als gescheitert an. Kurz nach der Kritik an der WLSR starb Magnus Hirschfeld im französischen Exil. In seinem Nachruf auf Hirschfeld kündigte L. bereits das Ende der „in Auflösung begriffenen“ WLSR an, die ihrem Gründer „wahrscheinlich bald […] ins Grab folgen“ werde.

Die Abgrenzung der Sexpol von der WLSR und ihre Etablierung als eigenständige sexualpolitische Bewegung muß im Zusammenhang mit dem Abtreibungsprozeß gegen L. gesehen werden, der drei Jahre nach Anklageerhebung im Mai 1935 vor einem Kopenhagener Geschworenengericht stattfand. Der Prozeß endete, wie die Exilgruppe der deutschen Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) in Kopenhagen in einem internen Rundschreiben festhielt, mit einem „sensationellen“ Freispruch. Der erfolgreiche Prozeßausgang gab Anlaß zum Optimismus. Nach der Stimmung innerhalb des sozialdemokratischen Flügels der Sexualreformbewegung zu urteilen, erschien der Sexpol eine Radikalisierung und Übernahme von Teilen der WLSR als realistisch. Wenige Wochen nach Prozeßende kam es zu einer grundsätzlichen Kontroverse zwischen L. und Haire, die in der Zeitschrift für Politische Psychologie und Sexualökonomie (ZPPS), dem Organ der Sexpol, ausgetragen wurde. In seiner Antwort auf L.s Kritik hielt Haire an der unpolitischen Haltung der Sexualreformbewegung fest und verteidigte die Position, das Reformprogramm mittels einer Politik der kleinen Schritte durchführen zu wollen. Dies bedeutete den endgültigen Bruch. Im Sommer 1935 erklärten L. und Haire die WLSR für aufgelöst. Bereits im folgenden Heft der ZPPS kündigte die Sexpol an, „dass ein grosser und wichtiger Teil der Funktionen der Weltliga […] ins revolutionäre Lager geführt, von der Sexpol übernommen wurde“.

Tatsächlich konnte davon jedoch keine Rede sein, denn in der Folgezeit arbeitete nur der RFSU als einzige sexualpolitische Massenorganisation mit der Sexpol aktiv zusammen. Während sich der deutsche Sexualarzt Max Hodann im (vorübergehenden) dänischen Exil auf die Seite der Sexpol stellte, kam von Seiten des ehemaligen Präsidenten des österreichischen Freidenker-Verbandes, Theodor Hartwig, scharfe Kritik. Er warf der Sexpol vor, sie sei noch nicht einmal zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft bereit und der „Kinderkrankheit des Radikalismus“ verfallen. In seiner Erwiderung machte L. Haire für die Auflösung der WLSR verantwortlich, mit der er sich „völlig einverstanden“ erklärt hätte, fügte aber gleichzeitig hinzu: „Selbstverständlich müssen wir uns bestreben, unsere Gegner zu spalten und versuchen, die fortschrittlichsten und ‚idealistisch gesinnten‘ für uns zu gewinnen“ (Leunbach an Hartwig).

Der Ausschluß Reichs aus der Kommunistischen Partei hatte 1933 auch die Kooperation zwischen L. und der DKP beendet. Indem die DKP Reich und damit indirekt auch L Illoyalität vorwarf, konnte sie um so leichter die mittlerweile lästig gewordene Sexualpolitik aus ihrem Programm streichen. 1934 wurde der AO für aufgelöst erklärt. Jedoch konnte sich die DKP nicht davor drücken, den gegenüber L. zugesicherten Vorschlag zu einer neuen Sexualgesetzgebung (er hatte ihn mit Sexpol-Sachverständigen und in Verbindung mit der DKP ausgearbeitet) in den Reichstag einzubringen. Als dies schließlich geschah, hatte die DKP „wesentliche Punkte“ daraus gestrichen, ohne der Sexpol dafür die „sachlichen Gründe“ zu nennen. Um so überraschender war für L. das Angebot von Aksel Larsen, dem Vorsitzenden der DKP, im Herbst 1935 als Vertreter der Sexpol bei den Reichstagswahlen in Einheitsfront mit der Kommunistischen Partei zu kandidieren. Im Namen der Sexpol forderte L., die DKP müsse auch „in der Zukunft die revolutionäre Sexpol“ und die „Verbreitung von Sexpol-Schriften unterstützen“; ihre „Anschauungen und das Programm […] sollten auch nach der Wahl uneingeschränkt diskutiert und propagiert werden können“ und „freie Diskussionen darüber in den Mitgliederkreisen der Partei gestattet“ werden (Leunbach am 5. Oktober 1935 an das ZK der DKP). Unter dem Motto „Leunbachs Appell“ propagierte die Sexpol in ihrer Wahlkampfzeitung ein rein sexualpolitisches Programm, das vor allem Präventivmaßnahmen enthielt, wie etwa eine „sexualbejahende Volksaufklärung“, die Reformierung der Ehegesetzgebung und die Übernahme der Kosten für die Kinderversorgung durch die Gesellschaft sowie deren „direkte Kontrolle durch die Bevölkerung“, des weiteren das Recht der Jugend auf freie Sexualität, Gleichberechtigung der Geschlechter, „freier, kostenloser und öffentlicher Zugang zu Sexualaufklärung, Schwangerschaftsvorbeugung und Verhütungsmitteln“, die Legalisierung der Abtreibung, Mutterschutz vor der Geburt und die Einrichtung von Säuglingsheimen und Kindergärten.

Allerdings währte die Einheitsfront zwischen der Sexpol und der DKP nicht lange. In seinem letzten Beitrag in der ZPPS stellte Leunbach 1937 resigniert fest, daß „die revolutionären Parteien – vielleicht mit Ausnahme der Anarchisten – in der bürgerlichen Sexualideologie steckengeblieben“ seien. Im Sommer 1936 wurde L. zusammen mit Tage Philipson im Zuge der Verhaftung der deutschen Arztin Käte Reinhardt (an die beide Frauen für einen Schwangerschaftsabbruch vermittelt hatten) erneut unter Anklage gestellt, da eine Frau an den Folgen des Eingriffs verstorben war. Obwohl die Anklage in der dänischen Presse wiederum hitzige Debatten auslöste, konnte die dänische Sexpol im Herbst 1936 ihre erste Sexualklinik in Kopenhagen eröffnen. Anfang Dezember 1936 begann schließlich der Prozeß vor einem Kopenhagener Geschworenengericht, der Reich zufolge zur „erste(n) Probe“ für „die Tragfähigkeit“ der Sexpol werden sollte. Zwar versuchte Reich vor Prozeßbeginn, die norwegische Sexpolgruppe zu mobilisieren, aber selbst seine Drohung, die Sexpol aufzulösen, blieb weitgehend wirkungslos. L. und Philipson wurden zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt, außerdem wurden ihnen die bürgerlichen Ehrenrechte für fünf bzw. drei Jahre entzogen, womit das Verbot der Berufsausübung verbunden war. Wenig später teilte Reich Hodann seinen Entschluß mit, sich aus der Politik zurückzuziehen (Hodann an Asmus Orga am 27. Dezember 1936). Während L. und Philipson im Gefängnis einsaßen, starb Jørgen Neergaard im Alter von 27 Jahren in einem Osloer Krankenhaus an Knochenkrebs. Alles zusammen genommen, bedeutete das das Ende für die dänische Sexpol.

Die Verurteilung schädigte L.s Ansehen schwer. Viele seiner einstigen Sympathisantinnen wandten sich in der Folgezeit von ihm ab. Nach seiner Entlassung arbeitete er in Reichs Osloer „Institut für Sexualökonomische Forschung“ an den Bion-Experimenten mit, bis Reich 1939 in die USA emigrierte. Nach der Okkupation Dänemarks durch Hitler-Deutschland flüchtete L. nach Schweden, wo er bis zum Ende des Krieges blieb. In seinen letzten Lebensjahren litt er unter der Parkinson-Erkrankung.

Während eines Urlaubs in Norditalien beging er am 24. September 1955 in Camoglie im Alter von 71 Jahren Selbstmord.

Im Mittelpunkt seines Lebenswerkes standen die Prävention sexueller Störungen und der Kampf für das Selbstbestimmungsrecht der Menschen über ihre Fortpflanzung. Er forderte eine uneingeschränkte Sexualaufklärung sowohl durch Volkshochschulkurse als auch in Schulen sowie die freie Abgabe von Verhütungsmitteln und eine kostenlose ärztliche Unterweisung in ihrer Anwendung. In seiner 25-jährigen ärztlichen Tätigkeit wies er nach eigenen Angaben über 40 000 Frauen in den Gebrauch des Pessars ein. Er plädierte für die Legalisierung der Abtreibung und kritisierte die unzureichende Sexualaufklärung von Kindern und Jugendlichen. In der Geburtenregelung erkannte er eine „der brennendsten Fragen der Gegenwart“. Ganz im Zeichen der damaligen Zeit stand sein Interesse für die Eugenik. Als „Hauptbedingung für die Verwirklichung der Eugenik“ müßte die „Fortpflanzung dem bewußten Willen des Menschen unterworfen sein“. Die frühere planlose Fortpflanzung solle durch eine rationale Auswahl abgelöst werden. Diese freiwillige Geburtenkontrolle müsse durch eine erzwungene Sterilisierung von Geisteskranken ergänzt werden. Zwar räumte er allen Individuen das Recht auf eine von bürgerlichen Moralvorstellungen freie sexuelle Befriedigung ein, jedoch nicht auf Fortpflanzung. Seine Einstellung zur Homosexualität änderte sich im Laufe der Jahre. Hatte er Homosexualität zunächst als „zwar abweichende Form, aber nichtsdestoweniger vollauf natürliche Erscheinung“ anerkannt, interpretierte er ab Mitte der 1930er Jahre Homosexualität nicht als „konstitutionelle Andersartigkeit“, die „völlig gleichwertig und gleichberechtigt mit der Heterosexualität“ sei, sondern unter Bezugnahme auf Reichs Sexualökonomie als Folge von die Sexualität unterdrückenden Erziehungsmethoden.

(Artikel etwas gekürzt; Personenlexikon der Sexualforschung)

Seine Erinnerungen an Eva Reich schildert Heiko Lassek in einer berührenden Weise: http://www.heikolassek.de/39994.html (unter den Fotos und dem nächsten Seminartermin)

Aus der norwegischen Wikipedia wurde der Artikel zu Ola Raknes übersetzt. Artikel und Übersetzung stammen vom Urenkel. http://en.wikipedia.org/wiki/Ola_Raknes

Zum Schluß Roberts verdienstvoller Verweis auf den israelischen und deutschen Orgonomen Dr. med Walter Hoppe.

Walter Hoppe in Palästina

Dr. Walter Hoppe emigrierte 1932 nach Palästina.* Dort veröffentlichte er mehrere Artikel**, die man glücklicherweise digitalisiert auffinden kann. So ist die Palestine Post verfügbar.***

Ich (Robert) konnte folgendes finden:

– Ein Brief von Felicytas Hoppe-Rosenfeld aus Krakau (11.Aug 1942)

– Buchbesprechung über die Mass Psychology (10.April 1947)

– Eine Anzeige für die Mass Psychology (12.Mai 1947)

– Air Chambers (28. Oktober 1947)

– Public Warning (15. Aug 1949)

In Palästina/Israel veröffentlichte er auch eine Zeitschrift, die INTERNATIONALE ZEITSCHRIFT FÜR ORGONOMIE, deren ersten 3 Nummern von Martin Feuchtwanger in seinem Verlag Edition Olympia, Tel Aviv, herausgegeben wurden. Die vierte Nummer wurde wegen des Todes von Feuchtwanger direkt in den Orgone Institute Research Laboratories, Tel Aviv, herausgegeben.

Martin Feuchtwanger war der Bruder von Lion Feuchtwanger**** und war früher als Verleger tätig. In seinem kleinen Verlag Edition Olympia gab er größtenteils Judaica heraus. Ernähren konnte er seine Familie mit dem Verlag aber nicht und so blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Wohnung mittags und abends in ein Restaurant umzuwandeln und als Koch tätig zu werden.

* http://www.trettin-tv.de/hoppe.htm
** http://www.orgonomie.net/hdobiblio5.htm
*** http://www.jpress.nli.org.il/Olive/APA/NLI/?action=search&text=walter%20hoppe
**** http://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Feuchtwanger

Nicht zu vergessen: http://www.flensburg-online.de/orgonomie/walter_hoppe/biopsychische-und-biophysische-krebsentstehung-im-lichte-der-orgonomie.html

wr9

Reich und die moderne Biologie (Teil 1)

7. Dezember 2014

Mancher wird sich an die Aufregung um das „Human Genom Projekt“ erinnern, die Entschlüsselung des „genetischen Codes“ des Menschen, und was für ungeheure Folgen es haben würde: wir würden beginnen so gut wie alles zu verstehen. Die Euphorie hat sich schnell verflüchtigt.

Es wurde berichtet, daß die Entschlüsselung des menschlichen „Epigenoms“ gelungen sei. Thema der Epigenetik ist die Steuerung der Genexpression. Schließlich sind die Gene in jeder Körperzelle, etwa in einer Nierenzelle oder einer Netzhautzelle, identisch und außerdem werden nicht alle Gene von der Zelle gleichzeitig benötigt. Was steuert also die Gene – die doch angeblich den menschlichen Organismen steuern?

Die Wissenschaft erklärt dies heute insbesondere durch Verweis auf die „Methylierung“, mit der wir uns bereits in Die Kinder der Zukunft und die Genetik (Teil 3) und Der zweite Code und die Kinder der Zukunft beschäftigt haben:

An einige DNA-Bausteine hängt der Körper kleine chemische Schalter, Methylgruppen genannt, an und schaltet damit dahinterliegende Gene aus.

Man sieht, die mechanistische Wissenschaft verlagert das Problem lediglich, denn was steuert nun wiederum die „Methylgruppen“?

Wir sind gerade Zeugen einer Revolution in den Biowissenschaften, durch die Reich von neuem im Wesentlichen Recht gegeben wird. Das Ende der erdrückenden Dominanz der Genetik ist nah.

Reich zufolge werden durch das Energiesystem neugeborenes Kind „einige elementare kosmische Funktionsgesetze in den Bereich menschlichen Handelns gebracht.“ Es bilden „sich die Spermatozoen und Eier in den Metazoen (…) durch Kondensation von Orgonenergie im Keimgewebe“ (Die kosmische Überlagerung). Reich fragt „worin konkret sich die Vererbung kundgibt, an welchen biologischen Funktionen sie abläuft.“ und glaubte die, damals noch hypothetischen Gene wären „eigens dazu erdacht die Frage des lebendigen Funktionierens“ zu verhüllen und den Zugang zur formbildenden lebendige Kraft zu verrammeln (Der Krebs).

Und tatsächlich war es zu Reichs Lebzeiten „alles andere als klar, daß diese Einheiten [die Gene] Moleküle in Begriffen der strukturellen Chemie waren.“ (Max Delbrück z.n. J. Herbig: Die Geningenieure, München 1978) Heute sind wir immerhin weiter und kennen die Struktur der Gene genau. Zwar kann man heute noch immer nicht erklären, wie sich neue Arten entwickeln, aber die Konstanz der Arten ist mit Hilfe der Gene erstmals verständlich geworden!

Wissenschaft findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern ist wie jedes menschliche Handeln durch die Charakterstrukturen bestimmt und es will so scheinen, daß die wissenschaftlichen Erfolge bezüglich dieses „konstanten Faktors“ mit der Panzerung der Wissenschaftler zusammenhängen. Man dringt wohl ins Innere der Körperzellen und sogar in die Atomkerne vor, aber die Orgonenergie wird übersehen. Der gepanzerte Mensch nimmt nur das für wahr, was seiner Panzerung entspricht – er nimmt nur das Unbewegliche, das „Unbedingte“ wahr. So ist ihm das Wesentliche bei der Vererbungsfrage durch die Hände geglitten.

Henri Bergson hat in seiner Einführung in die Metaphysik diesen Grundirrtum wie folgt in der Geschichte der Philosophie festgemacht, die unsere Naturwissenschaft geprägt hat: Der Irrtum der antiken Philosophien lag darin,

daß sie immer aus dem menschlichen Geiste so natürlichen Glauben schöpfen, eine Veränderung könne nur Unveränderlichkeiten ausdrücken und entwickeln. Hieraus ergab sich, daß die Aktivität eine abgeschwächte Kontemplation, die Dauer ein trügerisches und bewegliches Bild der unbeweglichen Ewigkeit, die Seele ein Sturz der Idee war. Diese ganze Philosophie, die mit Plato beginnt, um bei Plotin anzulangen, ist die Entwicklung eines Prinzips, das wir folgendermaßen formulieren würden: „Im Unbeweglichen ist mehr enthalten als im Beweglichen, und man gelangt vom Stabilen zum Unstabilen durch eine einfache Verminderung.“ Das Gegenteil aber ist die Wahrheit.

Diese Tradition führte in der Biologie schließlich zur Genetik, die eben keine „reine“ Wissenschaft ist. Eine solche kann es (in einer gepanzerten Gesellschaft) gar nicht geben, da Wissenschaft immer mehr ist als die Ansammlung von Fakten. Die Charakterstruktur filtert diese zwiefach: erstens wird die Faktenauswahl beschränkt, man sucht das Statische, und zweitens wird ohnehin alles im Sinne des Statischen interpretiert, – weil man selber „statisch“ ist, gepanzert.

In seinem Buch Die Selbstorganisation des Universums (München 1982) führt Erich Jantsch aus, daß Bergson sich seinerzeit u.a. gegen die Meinung wandte, menschliches Gedächtnis habe seinen Sitz ausschließlich im Gehirn:

Gedächtnis ist ihm zufolge eine Funktion des Gesamtorganismus. Die Unterscheidung zwischen metabolischem und neuralem Gedächtnis, je nach Art der beteiligten Kommunikationsprozesse, bringt hier Klärung. Die Existenz eines metabolischen Gedächtnisses im Menschen bestätigte sich, als Wilhelm Reich in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts nachwies, daß sich traumatische Erlebnisse nicht nur in der Psyche, sondern auch in Muskelkontraktionen niederschlagen.

Es wäre interessant hier auch den Einfluß des deutschen Zoologen Richard Wolfgang Semon (1859-1918) auf Reich näher zu analysieren, denn wie in der Chronik der Orgonomie erwähnt, gehörte, neben Bergson, auch Semon zu Reichs frühsten wissenschaftlichen Prägungen. Semon hatte angenommen, daß Sinneseindrücke zu permanenten Veränderungen in den Nerven führen. Diese Engramme (Spuren) ermöglichen Semon zufolge die Assoziation und Erinnerung und sie gehen ins Erbgut ein. Alle Engramme zusammen bilden die Mneme, d.h. das biologische Gedächtnis.

Die Lehre von der Vererbung erworbener Eigenschaften hat sich bis zum heutigen Tage, obwohl sie richtig ist, praktisch nicht durchsetzen können. (Der Krebs)

Bei dieser Verteidigung des Lamarckismus dachte Reich wohl an das Schicksal eines seiner wichtigsten frühen Anreger. 1919 hatte Reich den österreichischen Zoologen Paul Kammerer (1880-1926) persönlich kennengelernt, dem es gelungen war, die Vererbung erworbener Eigenschaften an Niederen Tieren und Amphibien experimentell nachzuweisen.

Der Biologe Alexander Vargas von der Universität von Chile ist nach Untersuchung der Laborbücher Kammerers zu dem Schluß gekommen, daß Kammerer ein früher Vertreter der erwähnten Epigenetik war.

An Kammerers Biologievorlesungen erinnerte sich Reich „mit besonderer Vorliebe“. Ilse Ollendorff zufolge führte Reich sein bleibendes Interesse an der Biologie auf Kammerers Wirken zurück. In Der Krebs zitiert er Kammerer ausführlich.

Näheres über Kammerer kann der Leser in Arthur Koestlers Der Krötenküsser (München 1972) finden. Hier sei Kammerer nur kurz zitiert, um einen Eindruck von seiner Grundeinstellung zu vermitteln, die nachhaltig auf Reich gewirkt hat:

Entwicklung ist (…) nicht erbarmungslose Auslese, die alles Lebendige formt und vervollkommnet, nicht verzweifelter Kampf ums Dasein, der allein die Welt beherrscht. Alles Geschaffene strebt vielmehr aus eigener Kraft nach oben dem Lichte und der Lebensfreude zu und begräbt nur Unbrauchbares im Gräberfeld der Selektion.

Anfang der 1920er Jahre war Kammerer einer der berühmtesten aber auch umstrittensten Biologen der Welt. Zu einer Zeit als sich die Eugenik, d.h. die Züchtung wertvollen und die „Ausmerzung“ wertlosen Lebens zunehmend durchsetzte, vertrat Kammerer offensiv einen Lamarckismus, demzufolge beispielsweise die guten Eigenschaften, die eine gute Kindererziehung mit sich bringt, an zukünftige Generationen vererbt wird. Es war nur naheliegend, daß er 1926 an die Kommunistische Akademie der Wissenschaften in Moskau, die Institution für fortschrittliches Gedankengut, berufen wurde.

Leider konnte er diesen Posten nicht mehr ausfüllen, da er infolge des Skandals um einen angeblichen wissenschaftlichen Betrug Selbstmord verübte. Stattdessen wurde Iwan Wladimirowitsch Mitschurin zum führenden sowjetischen Lamarckisten. Unter Mitschurins Einfluß war die Parteilinie seit 1929 offiziell Lamarckistisch. Er stand so hoch in Kurs, daß seine Heimatstadt Koslow nach seinem Tod 1935 in Mitschurinsk umbenannt wurde. So heißt sie heute noch.

Diese Entwicklung war nicht verwunderlich, denn schon Engels hatte davon gesprochen, daß die Bedürfnisse des Vormenschen sich ihre Organe geschaffen hätten. Bereits 1906 hatte Stalin darauf hingewiesen, daß die Theorie des Neo-Lamarckismus an die Stelle des Neo-Darwinismus rücke, denn sie zeige, „wie quantitative Veränderungen qualitative hervorbringen“ (C.D. Darlington: Das Gesetz des Lebens, Wiesbaden 1959).

Als „humanistische Materialisten“ wollten die Sowjetmarxisten die Welt langfristig zum Guten wenden, und dazu bot damals nur der Lamarckismus einen realistischen Ansatzpunkt, wollte man nicht wie die Nazis Menschen züchten. Der Lamarckismus war das Ideal für die über Generationen hinweg in die Zukunft blickenden Erziehungsdiktatoren der Sowjetunion. Aktuelle Verhaltensveränderungen würden sich verewigen und so das Sowjetsystem langfristig absichern.

Es ist nicht verwunderlich, daß der „bürgerliche“ Begründer des Behaviorismus, J.B. Watson, enthusiastisch Kammerers Ergebnisse über die Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften begrüßte. Watson:

Wie viel würde es für die Pädagogen, für die Gesellschaft im allgemeinen bedeuten, wenn [Kammerers Resultate] richtig wären!

Reich reiht sich hier lückenlos ein. Noch 1949 hat Reich den berühmt-berüchtigten Hohenpriester des „Mitschurin-ismus“, Trofim Denissowitsch Lyssenko, in einem Brief an Neill gegen die amerikanischen Genetiker verteidigt. Reich beklagt nur, die Russen hätten rein politische Motive geleitet, die sie zufällig auf die richtige wissenschaftliche Seite geführt hätten.

Neben dem Einfluß des Vitalismus (wie ihn Kammerer vertrat) und des „Dialektischen Materialismus“ auf Reich ist natürlich in vorderster Linie Freud zu nennen. In der Psychoanalyse diente der Lamarckimus hauptsächlich dem Zweck, eine Art Ursünde auf den Grund des Unbewußten zu setzen. So führt Freud (noch ziemlich vage) in Totem und Tabu den Ödipuskomplex auf den „Vatermord in der Urhorde“ zurück, der so quasi angeboren ist. Explizit sollte sich Freud zwei Jahrzehnte später in Der Mann Mosese zum Lamarckimus bekennen, trotz der „gegenwärtigen Einstellung der biolgischen Wissenschaft (…), die von der Vererbung erworbener Eigenschaften auf die Nachkommen nichts wissen will.“

Freud brauchte den Fortbestand von Erinnerungsspuren aus der archaischen Erbschaft, um die Kluft zwischen Individual- und Massenpsychologie überbrücken zu können, d.h. um die Völker wie einzelne Neurotiker behandeln zu können. Freud:

Wir tun damit auch noch etwas anderes. Wir verringern die Kluft, die frühere Zeiten menschlicher Überhebung allzuweit zwischen Mensch und Tier aufgerissen haben. Wenn die sogenannten Instinkte der Tiere, die ihnen gestatten, sich von Anfang an in der neuen Lebenssituation so zu benehmen, als wäre sie eine alte, längst vertraute, wenn dies Instinktleben der Tiere überhaupt eine Erklärung zuläßt, so kann es nur die sein, daß sie die Erfahrung ihrer Art in die neue eigene Existenz mitbringen, also Erinnerungen an das von ihren Voreltern erlebte in sich bewahrt haben. Beim Menschentier wäre es im Grunde auch nicht anders. Den Instinkten der Tiere entspricht seine eigene archaische Erbschaft, sei sie auch von anderem Umfang und Inhalt.

Reich hat sich nie mit dem Mißbrauch des Lamarckismus durch die Stalinisten und Freudianer auseinandergesetzt. Dazu war er zu sehr in der jeweiligen Tradition verankert. Seine Kritik galt ausschließlich dem Mißbrauch des Darwinismus durch rechte reaktionäre Kreise im Sinne der Klassengesellschaft und des Rassenwahns. So unterscheidet Reich 1933 in seiner Massenpsychologie des Faschismus zwischen der Darwinschen Hypothese der natürlichen Zuchtwahl, die von Hitler rassistisch mißbraucht werden konnte, Reich nennt sie „reaktionär“, und dem Darwinschen Nachweis der Abstammung der Arten, der Reich zufolge „revolutionär“ gewesen sei.

lamarck

Lamarcks Vorstellungen wurden bis vor kurzem als wissenschaftliche Kuriosa betrachtet, die keiner ernsten Untersuchung wert seien. Mit Beginn des neuen Jahrtausends scheint sich eine Renaissance des Lamarckismus anzubahnen.

Man kann beispielsweise auf Joachim Klose von der Berliner Charite verweisen. Seiner Meinung nach, können epigenetische Informationen beim Menschen durchaus in die Keimbahn eingehen. Renato Paro vom ETH Zürich untersuchte entsprechendes bei der Fruchtfliege Drosophila. Würden sich diese Forschungsansätze bestätigen, wären die Konsequenzen global. Sogar die Evolution könnte sich schneller und gezielter abgespielt haben, als Darwin es sich vorgestellt hat. Sein verspotteter Gegenspieler Lamarck, der schon vor 190 Jahren von einer Vererbung erworbener Eigenschaften sprach, könnte zu neuen Ehren kommen.

Im letzten Jahrhundert wurde geflissentlich verdrängt, daß Darwin selber mit zunehmendem Alter immer mehr zu einem ausgesprochenen Lamarckisten wurde. Außerdem ging es bei Darwin weniger um die mechanistische Lehre zufälliger Mutation, sondern die natürliche Auslese als schöpferische Instanz stand zentral. Beide, Darwin und, wie wir gesehen haben, Lamarck, wurden schlimm entstellt und vulgarisiert – „mißbrauchsfähig“ gemacht.

Pierre P. Grassé (Evolution, Stuttgart 1973) meint, eine der Hauptmethoden Lamarck kaltzustellen, habe darin bestanden, ihm Behauptungen zuzuschreiben, die er so nie gemacht hatte.

Lamarck wird viel zu wenig gelesen und seine Gedanken wurden in einer so vereinfachten und schematisierten Form dargestellt, daß sie manchmal geradezu lächerlich wirken.

Für Lamarck war weniger die mechanistische Beeinflussung durch die Umwelt, die dann vererbt wird, entscheidend, als vielmehr innerplasmatische Vorgänge. Diese wurden jedoch, so Grassé,

bisher nicht in die Experimente mit einbezogen, die darauf abzielten die Erblichkeit erworbener Merkmale zu beweisen. Sie berücksichtigen vor allem die Umwelt und nicht den Organismus, ihre negativen Ergebnissen sind nur zu gut zu erklären.

Es wird kaum erwähnt, daß Lamarck einen Vervollkommnungstrieb annahm, der bestimmte „Fluida“, vergleichbar mit Bergsons „élan vital“, zu bestimmten Organen leiten bzw. sie von dort ableiten würde. Lamarcks Konzept von den „Fluida“ und einem inneren Drang der die Form bestimmt, erinnert an Reich:

Wachstum in der Längsachse (…) erscheinen (…) als energetische Funktionen des Körperorgons, als Resultate seines inneren Bestrebens, aus dem einengenden Membransack hinauszugelangen. Dabei dehnt sich die Membran und bildet so die vorquellenden Säcke der sich entwickelnden Organe in ihrem Ursprungsstadium. (Die kosmische Überlagerung, S. 64)

Etwa zeitgleich mit Reich entwickelte der Franzose Paul Wintrebert den „chemischen Lamarckismus“. Eine der theoretischen Hauptfragen des Lamarckismus ist, wie erworbene Merkmale der Körperzellen sich den Keimzellen mitteilen und sich dort verankern. Nach Wintrebert vollzieht sich dieser Vorgang in drei Etappen:

  1. In einem Organ bildet sich infolge einer durch das Milieu bewirkten Störung eine Substanz, die mit seinem Verhalten nichts zu tun hat und auf eine chemische Veränderung seiner Mechanismen hindeutet. Diese Substanz zeigt in ihrer Struktur Spuren ihrer Herkunft und wirkt wie ein Antigen.
  2. Es erfolgt eine Reaktion des Haut- und endokrinen Drüsen-Systems. Dieses neutralisiert die pathogene Wirkung des Antigens durch Erzeugung eines spezifischen Gegenstoffes, eines adaptiven Enzyms, das die mangelhafte Funktion anregt und das humorale [durch Blut- und Lymphewege übertragenes] Gleichgewicht wieder herstellt. Dieser Gegenstoff hat den Charakter eines zweckmäßigen und vergänglichen Begleithormons.
  3. Dieses adaptive Hormon verbindet sich gegebenenfalls chemisch mit den Nukleoproteinen des Erbplasmas. (z.n. Jean Rostand: Biologie – Wissenschaft der Zukunft, Darmstadt 1954)

Dabei ist hervorzuheben, daß Wintrebert die beiden ersten Stufen als Werk der lebendigen Substanz betrachtete und nur der dritten Etappe einen rein chemischen Charakter gab. Für Wintrebert bestand die Differenz zwischen Genetikern und Lamarckisten

im wesentlichen darin, daß für die Genetiker das Gen das Protoplasma steuert, während ganz im Gegenteil für die Lamarckisten das Protoplasma über das Gen, das es gebildet hat, verfügt, es verwendet oder nicht, je nachdem, ob in seiner Funktionsweise seine Struktur es dazu veranlaßt oder nicht, sich aufgrund chemischer Affinität mit ihm zu kombinieren. (Grassé)

Für den mechanistischen Genetiker ist die Evolution ein vom Lebensprozeß losgelöster Vorgang – nicht das Leben bildet und benutzt die Gene, sondern die „egoistischen“ Gene benutzen das Protoplasma, um ihre Information in die Ewigkeit weiterzugeben. Es ist das mechanistische Äquivalent einer extrem mystischen Weltsicht, in der eine unsterbliche Seele in der Reihe der „Wiedergeburten“ Körper benutzt.

Für den „aufgeklärten Lamarckisten“ Wintrebert hingegen ist die Evolution

eine Verkettung von Mechanismen, die adaptive Substanzen erzeugen, sie ist die ständige Schöpfung adaptiver Mutationen, die die Umwelt überwinden und die miteinander verkettet sind. Sie sind auf einen einzigen Erbvortrag zu reduzieren, hieße ihren Dynamismus mit der erblichen Kinematik zu verwechseln, aus dem Leben die schöpferische Funktion auszuschalten. (…) Die Evolution ist eine Verkettung von Neubildungen und die Vererbung begnügt sich damit, diese zu investieren. (z.n. Grassé)

Zum Abschluß ein Dokumentarfilm über die Evolution:

Zuchtprogramme im Menschentierzoo

9. Mai 2013

Zu Reichs Zeiten, d.h. in der autoritären Gesellschaft von vor 80 Jahren, war Wissen um Empfängnis und mögliche Empfängnisverhütung in weiten Kreisen der Bevölkerung nur marginal vorhanden. Und selbst wenn: Empfängnisverhütungsmittel waren teuer und schwer zu beschaffen. Für junge Menschen sogar so gut wie unerschwinglich und unerreichbar. Teilweise wurde ihr Vertrieb, wenn nicht sogar die bloße Werbung für sie, als „Anstiftung zur Unmoral“ hart bestraft. Ein erfülltes Sexualleben war so gut wie ausgeschlossen und reihenweise kamen Kinder auf die Welt, die nur mit Haß und Verachtung behandelt wurden, – weil sie aus einem Akt hervorgegangen waren, der von diesen Gefühlen bestimmt gewesen war. Am Horizont zeichnete sich eine eugenische Katastrophe ab. Siehe dazu die Überlegungen des Sozialisten Otto Mainzer.

Unter diesen Bedingungen, die Reich in Schriften wie Die sexuelle Revolution eindringlich beschreibt, war es nur folgerichtig, alle Hoffnung in den Sozialismus zu setzen. Sexualökonomie und eine „sozialistische Ökonomie“ schienen für einander bestimmt.

Wie bereits an anderer Stelle angeschnitten, stellen sich die Verhältnisse heute, d.h. in der antiautoritären Gesellschaft drastisch anders dar, nämlich diametral entgegengesetzt. Heute führt die Hilfe des Staates für die „Armen und Benachteiligten“ geradezu zum Verzicht auf Verhütungsmittel, sind doch Kinder bares Geld wert und ein gutes Argument für weitere staatliche Unterstützung. Das ist keine bloße Theorie! Wenn man nach Amerika schaut, war das imgrunde zutiefst rassistische Argument der weißen Liberalen stets, daß schwarze Welfare Queens mit Verhütungsmitteln nicht umgehen könnten und deshalb der Staat für die Folgen ihres offensichtlich unkontrollierbaren Trieblebens aufkommen müsse. Nachdem die asozialen Wohlfahrtsprogramme von den Republikanern während der 1990er Jahre im Congress zusammengestrichen wurden: oh Wunder, urplötzlich wußten die jungen Damen mit Verhütungsmitteln umzugehen! Inzwischen hatten die durch staatliche Hilfe in vaterlosen „Familien“ herangewachsenen Kinder die Innenstädte Amerikas in veritable Höllen verwandelt. Es waren vom Sozialismus ungefähr jene Zustände erzeugt worden, wie Reich sie aus den Armenvierteln Wiens nach dem Ersten Weltkrieg kennengelernt hatte.

Nicht nur, daß der Asozialstaat dort Kinder „erzeugt“, wo sie nicht hingehören, nämlich in Schichten, die sich nicht fortpflanzen sollten, verhindert er gleichzeitig durch seine verbrecherische Enteignungspolitik (genannt „Steuerpolitik“) die Erzeugung von Kindern bei Facharbeitern, Angestellten und dem „Bürgertum“, muß er doch für eine Verbreiterung seiner Steuerbasis durch Einbindung der Frau in den Arbeitsprozeß sorgen. Da sind mehr als ein Kind, allerhöchstens zwei Kinder nicht tragbar! Schließlich sollen die Frauen Karriere machen und entsprechend Steuern zahlen!

Der sozialistische Staat zerstört wirklich alles, wofür der Name „Wilhelm Reich“ steht. Er nimmt in Gestalt von Kinderkrippen den Kindern ihre Mütter und schädigt die Kinder damit auf eine nicht wieder einholbare Weise. Da die Mütter kaum noch Zeit für die Kinder haben, kommt es beispielsweise zu einer Epidemie an Sprachentwicklungsstörungen. Bereits jedes dritte Kind soll betroffen sein. Und man erzähle mir nicht, daß die von ihren Kindern befreiten „Karrierefrauen“ wirklich glücklicher sind. Zumal „Karriere“ für die meisten bedeutet, öde Tage im Büro oder gar an der Supermarktkasse zu verbringen.

Das schlagende Gegenargument ist dann natürlich „Unabhängigkeit“. Die „Karriere“ mache die Frauen unabhängig vom Mann. Das wird aber durch eine Abhängigkeit vom Staat erkauft, der die Kinder ganztägig „betreuen“ soll. Verzichtet sie ganz auf Kinder, kann man ihr nur viel Spaß am einsamen und sinnleeren Lebensabend wünschen!

Die Frau sucht die Gene aus, mit deren Hilfe sie ihre Keimbahn fortsetzen will. Wenn sie vom Mann abhängig ist, wählt sie diesen und damit die Gene desto sorgfältiger. Jeder „soziale“ Eingriff unterminiert dergestalt die Höherzüchtung der Menschheit: er zerstört das, was seit zig Millionen Jahren die Evolution vorantreibt

Sozialismus ist kurz gesagt gleichbedeutend mit der Vermittlung falscher Signale und Anreize, so daß Menschen die falschen Entscheidungen treffen und Ressourcen falsch verteilt werden. Im Bereich der Ökonomie ist das offensichtlich. Warum sollte es im Bereich der Sexualökonomie so viel anders sein? Haben die Sozialisten von der SPD, den Grünen und der CDU/CSU auch nur den blassesten Schimmer davon, was sie da regulieren wollen? Auch nur einen Funken Demut angesichts der Natur des Menschen? Haben sie, mit Verlaub, noch alle Tassen im Schrank?

Zum Abschluß eine Gruppe, die sich ebenfalls nicht fortpflanzen sollte – und unter normalen Umständen dazu auch keine Chance hätte:

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