Email [Kropotkin und Stirner] 2011

Der folgende Auszug aus einem Aufsatz über „Selbstinteresse“ exemplifiziert die ganze Nichtigkeit der Philosophie. Es ist durchweg nur alles Gerede, weil die bioenergetische Verankerung fehlt:
Das Selbstinteresse für sich gebietet schon ein rationales, wenn auch noch nichtsittliches Handeln. Da der Mensch jedoch selbst Verantwortung für Leib, Leben und Wohlbefinden trägt, ist die Vernachlässigung dieser Aufgaben nicht sittlich, das Selbstinteresse, sofern es die Aufgaben übernimmt, sittlich. Nur eine (schon durch Butler und vom Standpunkt der Psychoanalyse durch E. Fromm kritisierte) falsche Gegenüberstellung von Selbstinteresse und Nächsten-Liebe oder Wohlwollen hält das Selbstinteresse für schlechthin unsittlich. Unsittlich ist es allerdings, das Selbstinteresse zum letzten Maßstab allen Handelns zu machen und es ohne Rücksicht auf die Interessen und Rechte der Mitmenschen zu verfolgen (Egoismus). Stirner behauptet, das einzig Reale sei das Ich und alles habe nur insoweit Wert, wie es dem Ich dient. Wenn alle ausschließlich ihrem Selbstinteresse folgen, kommt es in der (prinzipiell nicht vermeidbaren) Situation, daß verschiedene Individuen dieselben Mittel der Befriedigung ihrer Wünsche beanspruchen, zu einem durch keine verbindlichen Regeln begrenzten Streit, zu „einem Krieg aller gegen alle“ (Hobbes): Das zum allgemeinen Gesetz gewordene Selbstinteresse gefährdet seinen eigenen Zweck, das persönliche Glück. Die Gefährdung wird aufgehoben durch die Errichtung eines Rechtszustandes (…) (Otfried Höffe (Hrsg.): Lexikon der Ethik, München 1997, S. 261)
Dies ist alles vollkommen richtig, soweit es um sekundäre Triebe, beispielsweise die Rachsucht geht, die vom Rechtsstaat aufgefangen werden muß, damit wir nicht in einem blutigen Chaos versinken. Das ist die einzige Rechtfertigung für dieses imgrunde irrationale philosophische Geschwafel, das davon ausgeht, daß Sittlichkeit irrational in Bezug auf das Selbstinteresse ist und umgekehrt Selbstinteresse irrational in Bezug auf die Sittlichkeit. Entweder vernachlässigt man sich selbst oder die anderen. Um diese beiden der Sache angeblich intrinsischen Konflikte zu lösen, bedarf es der Vernunft, d.h. der Philosophie in Gestalt von „Lebensmaximen“ und vor allem in Gestalt des Rechts.
Tatsächlich sind aber sowohl Selbstinteresse als auch Sittlichkeit in sich rational! Im „Selbstinteresse“ und „sittlich“ zu handeln, bedeutet nämlich aus dem Kern heraus handeln, d.h. man ist im Kontakt mit sich selbst und damit mit der Umwelt: man handelt rational, d.h. in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit! Wer im Selbstinteresse handelt, wird auch sittlich handeln und wer sittlich handelt, handelt gleichzeitig auch im Selbstinteresse.
Der „Rechtszustand“, der den vermeintlichen Gegensatz von Selbstinteresse und Sittlichkeit aufheben soll, untergräbt hingegen die Rationalität. Jeder kennt aus seinem Alltag, wie das ausufernde „Recht“ ständig Orwellsche bzw. Kafkaeske Momente schafft, die es fast unmöglich machen im Kontakt zu bleiben und d.h. „sittlich“ zu handeln. Das gleiche gilt auch für irgendwelche situationsunabhängigen, abstrakten „Maximen“, etwa „Lüge nie!“, die in bestimmten Situationen für einen selbst und/oder für andere einfach nur fatale Konsequenzen zeitigen können.
Was „das Recht“ manchmal an Unsittlichkeit mit sich bringt, ist kaum zu fassen. Tatsächlich ist es eine direkte Entsprechung dessen, was es bekämpfen soll! Es soll die sekundären Triebe einschränken, die auf die Panzerung der Massenindividuen zurückgehen, ist aber selbst funktionell betrachtet „gesellschaftliche Panzerung“. Oder wie Reich es ausdrückte: die Moral erzeugt genau jene Unmoral, die sie bekämpfen will. Das ist so, weil nicht zwischen primären und sekundären Trieben unterschieden wird.
Würden die primären Triebe „herrschen“, d.h. gäbe es eine Selbststeuerung, wären die im oben zitierten Aufsatz vorgebrachten Gegensätze zwischen „Egoismus“ und „Ethik“ null und nichtig. Aber auch so ist derartiges Herumphilosophieren ein Skandal, da dieses Gedankengut die Unsittlichkeit zementiert. Oder mit anderen Worten: es ist gemeingefährliches „Geschwafel“, weil es nicht zwischen primären und sekundären Trieben unterscheidet.
Die Welt ist so ein elender Ort, weil nicht paßgenau gehandelt wird. Statt spezifisch die Emotionelle Pest zu bekämpfen, werden unterschiedslos alle Regungen des Lebendigen eingeschränkt – was selbst nichts anderes als Emotionelle Pest ist.
In der antiautoritären Gesellschaft kommt es schließlich sogar zu einer regelrechten Umkehr: die sekundären Triebe werden gefördert, während die primären Triebe bekämpft werden. Nichts anderes ist die Political Correctness! Man denke nur an die Kontrollen an Flughäfen, wo streng darauf geachtet wird, doch ja nicht die kostbaren Gefühle jener Mohammedaner zu verletzen, die das ganze erst notwendig gemacht haben, während umgekehrt die Allerunverdächtigsten geradezu demonstrativ ganz besonders gepiesakt und schikaniert werden.
Oder hier zwei selbst beobachtete Beispiele: Kinder bewerfen Enten mit Steinen, um sie zu töten, die Mutter sitzt auf der Parkbank daneben und lacht. Ein Elternpaar geht mit dem kleinen Sohn spazieren, der auf dem Weg einen Sägemehl-Pfeil für eine Schnitzeljagd mit dem Fuß wegwischt, die Eltern ignorieren es.
Sekundäre Triebe und Kontaktlosigkeit (Rücksichtslosigkeit) werden heute aus reiner Bequemlichkeit und schlichter Gleichgültigkeit nicht mehr sanktioniert, während andererseits die Kinder emotional verhungern, ihre primären Antriebe nicht befriedigt werden. Und dann wird ihnen irgendwann Moral nahegebracht und man fragt sich, warum denn diese kleinen Monster trotz des Ethik-Unterrichts, wo das oben zitierte Blablabla gelehrt wird, so grausam und rücksichtslos sind.
Als Gegenmittel wird im Namen der „Sittlichkeit“ bereits im Kindergarten gegen die „Selbstinteresse“ gekämpft, etwa indem Zärtlichkeiten zwischen Kindern unterbunden, wenn nicht sogar sanktioniert werden, so als handele es sich um „sexuelle Übergriffe“. Dabei liegt genau hier und nur hier der Schlüssel, um aller „Philosophie“ und „Ethik“ ein Ende zu bereiten:
In der kindlichen Sexualregung, in der kindlichen sinnlichen Liebesbeziehung liegt unendlich mehr Sittlichkeit, Echtheit, Kraft und Lebenswillen als in Tausenden ledernen Analysen und Thesen. Hier, in der Lebendigkeit des kindlichen Wesens, liegt die Garantie für den Aufbau einer Gesellschaft wirklich freier Menschen, nur hier. (Die sexuelle Revolution, Fischer TB, S. 260)
Wer satt ist, stiehlt nicht. Wer sexuell glücklich ist, braucht keinen „moralischen Halt“ und hat sein naturwahrstes „religiöses Erleben“. Das Leben ist so einfach wie diese Tatsachen. Es wird nur kompliziert durch die lebensängstlich gewordene menschliche Struktur. (ebd., S. 269)
Max Stirner vertritt die These, daß „der Stein auf der Straße“ und meine Vorstellung von ihm das gleiche Sein haben und durch dieses Sein rein gar nichts gerechtfertigt sei (Der Einzige, S. 383). Alle Prädikate, die ich den Dingen zuschreibe, alle meine Aussagen und Urteile, sind meine – Geschöpfe (Der Einzige, S. 378). Alles ist das „Meinige“, will sagen „Meinung“ (Der Einzige, S. 381f). Schönheit liegt, Stirner zufolge, demnach im Auge des Betrachters. Stirner fehlen die Maßstäbe. Er ist wie der Homosexuelle und Päderast (deren großer Held Anfang des letzten Jahrhunderts er wurde), der subjektiv glücklich ist und sich frägt, warum er sich ändern soll. „Ich bin, wer ich bin!“
Knapp und bündig gegen Stirner: der Einzelne, der „Einzige“, das Subjektive, die „Meinung“ ist niemals schön. Es gibt keine schönen Individuen und je „individueller“ ein Mensch ist, als desto unschöner wird er empfunden. Er ist ein „Charakter“! Als schön werden nur Durchschnittstypen angesehen. Schön ist nur der ideale Mensch, d.h. buchstäblich jenes real nicht existierende „Gespenst“ (um einen Ausdruck Stirners zu verwenden), der entsteht, wenn man alle Menschen überblendet und so das „vollkommene Gattungswesen“ (Feuerbach, Marx) erschafft. In diesem vollkommenen Wesen zeigen sich die Formgesetze der kosmischen Orgonenergie in vollkommenster Form (das Platonische Ideal, Goldener Schnitt, Orgonom-Form, D’Arcy Thompson, „perfekte Statik“, etc.). Ästhetisches Empfinden ist nicht gesellschaftlich andressiert, sondern angeboren; eine biologische Konstante der Spezies Homo sapiens. Genauso bemerkenswert ist, daß diese Ästhetik strengen mathematischen Gesetzmäßigkeiten folgt. Im zweiten Band von Also sprach Zarathustra schreibt Nietzsche entsprechend: „Wenn die Macht gnädig wird und herabkommt in’s Sichtbare: Schönheit heiße ich solches Herabkommen“ (Studienausgabe Bd. 4, S. 152).
Wenn Stirner dermaßen viel Abneigung entgegengebracht wird, hat das nicht nur etwas mit der Über-Ich-Problematik zu tun (Ethik), sondern auch etwas mit der Ästhetik. Leider ist beides über Platons „Alles Gute ist schön!“ unheilvoll miteinander verknüpft. Eine Stirnerianische Ästhetik hingegen ist undenkbar – weshalb jemand wie Reich lieber dem „vollkommenen Gattungswesen“ nachstrebte, sich bei Marx und Freud verfing, alle möglichen, um mit Laska zu sprechen, Palimpsests auftrug und Stirner nur hier und da im vorbeigehen erwähnte. Das war keine Verdrängung von Stirner, sondern eine Entfremdung von ihm. Das Palimpsests-Auftragen war Ausfluß eines Kampfes zwischen Stirner und Plato in Reichs Brust; ein Resultat dessen, daß dieser Kampf nie begrifflich auf den Punkt gebracht wurde. Wer sah beispielsweise bisher die funktionelle Identität von Reichs „Marxismus“ und Die kosmische Überlagerung?
Holen wir weiter aus, indem wie Stirner in fünf Sätzen zusammenfassen: Ausnahmslos alle Menschen sind Egoisten (Christen sind vermeintlich „Altruisten“, weil sie den „himmlischen Lohn“ erwarten!), aber der echte, d.h. zu sich stehende Egoist, weiß von seiner Einzigkeit, d.h. er wird nicht vom „Über-Ich“ (dem „Heiligen“) bestimmt, das alle in „Platonistische“ Muster einpaßt. Er ist frei von Ethik und reguliert sich selbst, ist Eigner seiner selbst. Als bewußter Egoist verfügt er über sein Eigentum. Sein (zumindest potentielles) Eigentum ist alles, dem er die „Heiligkeit“ abspricht. Dieses Eigentum ist sozusagen das Siegel des Einzigen, so wie der Deutsche „einzigartig“ mit Deutschland assoziiert ist.
Wo ist hier Platz für die Ästhetik, also Schönheit? Der Eigner ist potentiell mit dem gesamten Universum assoziiert – ist eben kein „Charakter“! (Siehe dazu meine Interpretation der „Ewigen Wiederkehr“ in Der verdrängte Nietzsche.) Erst nachdem die Willkür des Über-Ichs, d.h. wenn das „Heilige“, gebrochen ist, kann sich das universelle Ideal entfalten. Ein Beispiel ist der „Stirnerianismus“ selbst, der wie bereits angeschnitten, zentral von Perversen, Homosexuellen, Päderasten wie John Henry Mackay und anderen Vertretern des „ich bin schön, so wie ich bin“ bestimmt wurde: „Wir sind allzumal vollkommen! Denn wir sind jeden Augenblick Alles, was Wir sein können, und brauchen niemals mehr zu sein“ (Der Einzige, S. 403f). – Sie verwechselten sich mit dem, was die Gesellschaft, das Über-ich aus ihnen gemacht hat: sekundäre „Natur“, so daß die „ideale“ primäre Natur nicht „herabkommen“ konnte.
Wenn die Panzerung aufgehoben ist, waltet nicht mehr die irre Willkür, sondern die Platonischen Naturgesetze, gegen die übrigens Stirner rein gar nichts hatte. Die über Generationen erforschten ewigen mathematischen (und damit physikalischen) Gesetze wollte er nicht missen (Der Einzige, S. 40, 374).
Leute, die durchaus „guten (LSR-) Willens“ sind, wehren sich gegen LSR (z.B. auch Reich gegen Stirner), weil sie sich nach jenem „Kosmischen“ sehnen, was nach der Auflösung der Panzerung kommt. Bei L („der Mensch als Maschine“), S („Verbrechertum“) und R („der Mensch als sich windender Wurm“) finden sie jedoch vermeintlich das genaue Gegenteil. Natürlicherweise wenden sie sich lieber gleich dem Erhabenen zu (Diderot, Marx, Freud): D („höheres Menschentum“), M („vollkommenes Gattungswesen“) und F („Sublimierung“) – was sie in der Falle hält und immer tiefer in den Sumpf zieht. Eine teuflische Dialektik, die Reich mit seiner Orgonforschung aufbrechen wollte.
Wenn Feuerbach vom vollkommenen Gattungswesen spricht und der „sozialistische Humanismus“ Marxens von der „voll entfalteten, gymnastisch gestählten, sozialistischen Persönlichkeit“ ist selbstverständlich immer da Vincis Homo quadratus mit seinen vollkommenen Pythagoreisch/Platonischen Proportionen mit gemeint! Bei Marx geht es um die Beseitigung der Arbeitsteilung, deren Überwindung, etwa durch die Vereinigung von „produktiver Arbeit mit Unterricht und Gymnastik“ (Kraft durch Freude), aus dem spezialbegabten „Teilindividuum“ das allseitig begabte gesellschaftliche Individuum macht. Bezeichnenderweise beruft sich Marx bei dieser „materialistischen“ Fassung des Platonischen „Gattunsgwesens“ auf Robert Owen: „Aus dem Fabriksystem, wie man im Detail bei Robert Owen verfolgen kann, entsproß der Keim der Erziehung der Zukunft, welche für alle Kinder über einem gewissen Alter produktive Arbeit mit Unterricht und Gymnastik verbinden wird, nicht nur als eine Methode zur Steigerung der gesellschaftlichen Produktion, sondern als die einzige Methode zur Produktion vollseitig entwickelter Menschen“ (Das Kapital I, Ullstein Taschenbuch, S. 439 [MEW Bd. 23, S. 508]).
Ich habe zwar nicht die Aufgabe oder den Beruf bzw. die Berufung Mensch zu sein, aber ich bin Mensch. Dieses Menschsein ist Teil meiner Eigenheit, weshalb ich mich etwa für Primatologie interessieren „sollte“. Das gleiche gilt für mich als Naturwesen und Weltwesen. Zumal ich in der Natur wirklich ich sein kann, denn die ist frei vom Über-Ich. Und mit „in der Natur“ meine ich nicht nur (z.B.) eine Waldwiese, sondern wirklich alles, was nicht vom Über-Ich vermurkst ist. Ich lebe schon in einer „Kinder der Zukunft-Welt“, an deren Maßstäben ich die, for lack of a better term, „Über-ich-Welt“ identifizieren und beseitigen kann.
Ein Mensch wird zum „Eigner von Allem“, wenn er nicht nur auf billige und wohlfeile Weise die Spintisierereien seiner Mitmenschen dem Spott preisgibt, sondern es vermag, alle, insbesondere seine eigenen (bzw. „eigenen“!), großen, erhabenen, heiligen, begeisternden Gedanken, Gefühle und Glaubenssätze mit einem Lächeln abzuschütteln (Der Einzige, S. 403). Kurz, er ist ein Egoist, dem nichts über sich geht. Das bedeutet nicht Größenwahnsinn, sondern einfach, daß man sich zu schätzen weiß (Der Einzige, S. 208).
Unbewußt und unwillkürlich streben Wir alle der Eigenheit zu, und schwerlich wird Einer unter Uns sein, der nicht ein heiliges Gefühl, einen heiligen Gedanken, einen heiligen Glauben aufgegeben hätte, ja Wir begegnen wohl keinem, der sich nicht aus einem oder dem anderen seiner heiligen Gedanken noch erlösen könnte. All unser Streit wider Überzeugungen geht von der Meinung aus, daß Wir den Gegner etwa aus seinen Gedankenverschanzungen zu vertreiben fähig seien. Aber was Ich unbewußt tue, das tue Ich halb, und darum werde Ich nach jedem Siege über einen Glauben wieder der Gefangene (Besessene) eines Glaubens, der dann von neuem mein ganzes Ich in seinen Dienst nimmt und Mich zum Schwärmer für die Vernunft macht, nachdem Ich für die Bibel zu schwärmen aufgehört, oder zum Schwärmer für die Idee der Menschheit, nachdem Ich lange genug für die der Christenheit gefochten habe. (Der Einzige, S. 403)
Weil niemand dem Begriff „Mensch“ gerecht werden kann, niemand ein „wirkliches Gattungswesen“ (Der Einzige, S. 192) werden kann, gibt es gar keine Menschen. „Mensch“ soll, Stirner zufolge, nicht mehr meine unerreichbare Bestimmung sein, sondern einfach meine unveräußerliche Eigenschaft; etwas ist „menschlich“, weil ich, der Eigner der Eigenschaft „Mensch“, es tue (Der Einzige, S. 194f). „Ich verrichte nie in abstracto Menschliches, sondern immer Eigenes, d.h. meine menschliche Tat ist von jeder anderen menschlichen verschieden und ist nur durch diese Verschiedenheit eine wirkliche, Mir zugehörige Tat. Das Menschliche an ihr ist eine Abstraktion, und als solches Geist, d.h. abstrahiertes Wesen“ (Der Einzige, S. 197).
Der Eigner ist Egoist (Der Einzige, S. 351), denn das Egoistische kann nicht bewilligt oder verliehen werden (Lehen), sondern man muß es sich selbst verschaffen (Der Einzige, S. 322) – das Egoistische „nicht, wie es am Menschlichen, Humanen und Uneigennützigen sich messen läßt, sondern das Egoistische als das –Einzige“ (Der Einzige, S. 162). Wird der Egoismus auf das Wesentliche reduziert, stößt man auf die Einzigkeit (Der Einzige, S. 147). Im gewöhnlichen „Egoismus“ verliere ich jedoch genau das: meine Einzigkeit.
Der von sich selbst nicht entfremdete, also der einzige/einzigartige Mensch vollzieht stets nur seine eigene Tat, die erst durch diese Authentizität eine wirkliche Tat ist (Der Einzige, S. 197). Er verwechselt sich nicht selbst mit seinem „Amt“, ist kein Geist, sondern leibhaftig (Der Einzige, S. 385). Es geht ihm nicht um ein illusorisches „Selbstbewußtsein“, das aus seiner „Berufung“ erwächst, sondern einzig und allein um seinen „Selbstgenuß“ (Der Einzige, S. 358).
Kein Schaf, kein Hund bemüht sich, ein „rechtes Schaf, ein rechter Hund“ zu werden; keinem Tier erscheint sein Wesen als eine Aufgabe, d.h. als ein Begriff, den es zu realisieren habe. Es realisiert sich, indem es sich auslebt, d.h. auflöst, vergeht. Es verlangt nicht, etwas Anderes zu sein oder zu werden, als es ist. (Der Einzige, S. 372)
Man denke dabei nicht an irgendeine „Philosophie“, sondern stets an das – Über-Ich:
Ein Mensch ist zu nichts „berufen“ und hat keine „Aufgabe“, keine „Bestimmung“, so wenig als eine Pflanze oder ein Tier einen „Beruf“ hat. Die Blume folgt nicht dem Berufe, sich zu vollenden, aber sie wendet alle ihre Kräfte auf, die Welt, so gut sie kann, zu genießen und zu verzehren, d.h. sie saugt so viel Säfte der Erde, so viel Luft des Äthers, so viel Licht der Sonne ein, als sie bekommen und beherbergen kann. Der Vogel lebt keinem Berufe nach, aber er gebraucht seine Kräfte so viel es geht: er hascht Käfer und singt nach Herzenslust. Der Blume und des Vogels Kräfte sind aber im Vergleich zu denen eines Menschen gering, und viel gewaltiger wird ein Mensch, der seine Kräfte anwendet, in die Welt eingreifen als Blume und Tier. Einen Beruf hat er nicht, aber er hat Kräfte, die sich äußern, wo sie sind, weil ihr Sein ja einzig in ihrer Äußerung besteht und so wenig untätig verharren können als das Leben, das, wenn es auch nur eine Sekunde „stille stände“, nicht mehr Leben wäre. Nun könnte man dem Menschen zurufen: gebrauche deine Kraft. Doch in diesem Imperativ würde der Sinn gelegt werden, es sei des Menschen Aufgabe, seine Kraft zu gebrauchen. So ist es nicht. Es gebraucht vielmehr wirklich Jeder seine Kraft, ohne dies erst für seinen Beruf anzusehen: es gebraucht Jeder in jedem Augenblicke so viel Kraft als er besitzt. Man sagt wohl von einem Besiegten, er hätte seine Kraft mehr anspannen sollen; allein man vergißt, daß, wenn er im Augenblick des Erliegens die Kraft gehabt hätte, seine Kräfte (z.B. Leibeskräfte) anzuspannen, er es nicht unterlassen haben würde: war es auch nur die Mutlosigkeit einer Minute, so war dies doch eine minutenlange – Kraftlosigkeit. Die Kräfte lassen sich allerdings schärfen und vervielfältigen, besonders durch feindliche Widerstand oder befreundeten Beistand; aber wo man ihre Anwendung vermißt, da kann man auch ihrer Abwesenheit gewiß sein. Man kann aus einem Steine Feuer schlagen; aber ohne den Schlag kommt keines heraus; in gleicher Art bedarf auch ein Mensch des „Anstoßes“. (Der Einzige, S. 366f)
Wir alle üben ein „Amt“ aus, bzw. leben im Wahn einen Beruf, eine Aufgabe, eine Pflicht zu haben. Der Einzige läßt sich aus dem Gegensatz von Amt und Amtsträger definieren, z.B. ist der Papst kein „Einziger“: „als Einziger ist er dieser Sixtus, Clemens usw., aber als Sixtus, Clemens usw. hat er die Wahrheit nicht, sondern als ‚heiliger Vater‘, d.h. als ein Geist“ (Der Einzige, S. 385). Will sagen, mit Verlaub, der Einzige scheißt auf eure Wahrheit, eure Ethik, euer Recht, eure gesamte Gesellschaft, denn die sind – Fleischwölfe. Gegen diese empört sich das Lebendige. „Für einen bloßen Teil, Teil der Gesellschaft, angesehen zu werden, erträgt der Einzelne nicht, weil er mehr ist; seine Einzigkeit wehrt diese beschränkte Auffassung ab“ (Der Einzige, S. 294).
Bernd Laska war kein Mann großer bzw. ausufernder Worte, da die doch nur dazu dienen, den Kern der Aussage im Gewirr der Argumente verschwinden zu lassen. Oder wie mir Laska 1999 schrieb:
Zu all dem kann man sicher viel Kluges schreiben – „man“, aber nicht ich. „Parallelen“ gibt’s immer irgendwie massenhaft, ich suche die Diskrepanzen. Ich will ja gerade raus aus dem ganzen Sprachschlamassel, in dem natürlich auch L/S/R noch drin steckten.
Laskas Theorie über Reich war kurz zusammengefaßt: Mai 1926 überreicht Reich sein Manuskript von Die Funktion des Orgasmus, worauf Freud antwortet: „So dick?“, will sagen, Reich solle sich wie alle anderen Psychoanalytiker gefälligst mit immer neuen Nebensächlichkeiten auseinandersetzen. Reich erkrankt an Tuberkulose und schreibt Anfang 1927 im Sanatorium von Davos unter ein Portraitphoto von sich selbst: „Konflikt mit Freud“. Im Juli 1927 fällt die Politisierung Reichs. Laskas Kommentar: „Freud & Co trieben R in die ‚Politik‘, um ihn dann unter eben dem Vorwand, seine ‚Politik‘ sei ‚gefährlich‘, zu vernichten.“
Ausführlicher führte Laska mir gegenüber aus:
Freud war anfangs eher jovial gegenüber dem ganz jungen R (nie „seelenverwandt“, wie Sie aaO schreiben), dann ironisch („So dick?!“ / „ambitionierter Steckenpferdreiter“) etc., bald ernsthaft besorgt, aber noch um Gelassenheit bemüht abwartend, schließlich (nach Maso-Ms 1.1.1932 „Schritte gegen Reich“) zur Vernichtung entschlossen. Er wußte nur nicht: wie. Denn R hätte sich nie ohne Begründung abservieren lassen, trat vielmehr immer unverhüllter als der „wahre Freud“ gegen den lebenden (insofern „wahreren“) Freud auf. Da kam für Freud die „politische Karte“ wie gerufen, und er verschmähte es in seiner Not sogar nicht, sich mit einer elenden Figur wie Boehm zu verbünden (17.4.33: „Befreien Sie mich von Reich!“) Dieser politische „Nebel“ von 1933/34 blendete manche PsA damals, blendete sogar R und blendet Fallend & Co noch heute. (Und ich könnte – wenn Sie darauf bestehen, um das Diabolische daraus zu tilgen – auch konzedieren, daß er sogar den Nebelwerfer Freud blendete). Also: kein „master plan“; fataler: eine echte, ohne viel Absprache funktionierende „conspiracy“ (im lat. Wortsinn), im übrigen auch die, in die ich Jim Martin’s Funde einbetten würde (während JM die „order from Moscow“, falls sie gefunden werden würde, für das non-plus-ultra an conspiracy zu halten scheint).
Laska schrieb mir einst:
Reichs Weg scheint mir noch lange nicht plausibel und produktiv gedeutet. Als Resultat meines gewiß langen Studiums des Reich’schen Werkes auf der Basis meiner Herkunft aus der arbeitenden/realistischen Sphäre ist LSR entstanden. Mein Verhältnis zum Komplex Philosophie ist vielleicht vergleichbar mit dem, das Reich zum Komplex Neurose hatte. Reich begab sich in diesen Unrat nicht, weil er sich dort – wie Freud et al. – wohl und heimisch fühlte. LSR erinnert auch ein bißchen an eine „Widerstandsanalyse“…
Was das LSR-Projekt betraf hat sich Laska nie „offen erklärt“. Der Leser müsse erst den großen Verdacht nachvollziehen, dann können wir des Pudels Kern besprechen – wenn das dann noch nötig ist! Es ist ähnlich wie mit der Charakteranalyse, die ursprünglich zur eigentlichen psychoanalytischen Deutung („des Pudels Kern“) führen sollte, dann aber die Deutung überflüssig gemacht hat: der Patient spricht es selbst aus, er spürt es selbst.
Es sei auch gesagt, wie er zu mir und damit zum NACHRICHTENBRIEF stand:
Aber noch einmal kurz zu unserer Differenz jenseits vieler möglicher Mißverständnisse. Sie läßt sich vielleicht ein wenig so umschreiben: Sie favorisieren mehr den späten Reich (ab ca. 1940), ich mehr den frühen. Sie fokussieren auf Nietzsche, den kühnen Denker, ich auf den evasiven. Sie sehen in „Mystik“, „Gott“, „Gewissenszwang“, „irrationalem Über-Ich“, etc. etwas von Wert, während ich es „radikal liquidiert“ sehen möchte in meiner Wunschwelt – wobei, wie ich gleich hinzufügen muß, es mir nicht um die Konstruktion einer Wunschwelt geht, sondern LSR für mich eher so etwas wie eine lebensnotwendige Selbstbehauptung darstellt.
Zur Orgonomie und dem ganzen Umfeld stand er wie folgt:
Die Abwehr gegen Reich (von Fachleuten) war für mich (als Nichtfachmann) schon immer das stärkste Indiz, daß Reich „recht hatte“ (nicht nur „jeder hat irgendwo recht“). Die Entwicklung seit 1945 scheint aber dahin zu gehen, daß die alte Abwehr gegen L+S+R schwindet – im Namen der großen Toleranz und der Abneigung gegen die „großen Gesänge“ und der Ideologie der Ideologielosigkeit und… Alles wird ihnen „egal“ – bis auf die jeweils ihnen durch die Massenpropaganda suggerierten „Entscheidungen“, die die sich souverän dünkenden modernen Subjekte zu treffen meinen (politisch, alltagsmodisch, wie auch immer). LSR wird vielleicht von einigen als philosophiehistorische Schrulle genommen, sogar goutiert (bis sie auf eine andere Schrulle stoßen). Ein anderes Problem wäre die Abwehr Reichs durch Reichianismus (rein oder „weiterentwickelt“) bzw. die „Rehabilitationen“, wie sie L+S+R gelegentlich von „wohlmeinenden“ Leutchen erfahren.
Und an anderer Stelle:
Ich habe irgendwo das Werk Rs als Palimpsest bezeichnet, das aus vielen Schichten besteht, die eine Grundaussage überdecken. Die Schichten bestehen aus den Bemühungen Rs, seine Grundaussage „wissenschaftlich“ zu vermitteln – was von den jeweiligen Wissenschaftsgemeinden nicht akzeptiert wurde. Ich trage mit LSR diese Schichten ab. Mit welcher Berechtigung könnte ich als Laie auf allen Gebieten auch darauf bestehen, daß R richtig liegt und die Experten falsch? Und warum sollte ich? Ich bin an der Grundaussage interessiert, und ich bin mir „existentiell“ vollkommen sicher, daß Rs (weder „wissenschaftliche“ noch „philosophische“) Grundaussage richtig ist. Die will ich mit LSR freilegen. Schon die Genese des LSR-Projekts zeigt, daß R dessen Anfang war (und Motor ist). Auf ein Verständnis der „Reichianer“ kann ich dabei leider nicht hoffen.
Und schließlich:
Viele Reichanhänger scheinen darauf aus zu sein, WR zu „rehabilitieren“. Mein Herangehen ist eher umgekehrt: Was war und ist an WR so inakzeptabel, daß so viele sich von ihm distanzier(t)en, ihn hass(t)en, bekämpf(t)en – und zwar ohne Nennung des wahren Grundes?
Auf meinen Einwand, der späte Reich stehe ihm wohl fremd gegenüber, antwortete Laska:
Nein, überhaupt nicht fremd. Aber ich sehe sie [also Reichs damalige mehr konservative Haltung] nicht als die genuin Reich’sche bzw. LSR’sche. Natürlich ist die „konservative, pessimistische Anthropologie“ angesichts der Menschheitsgeschichte (incl. „Trobriander“ etc.) die realistischere, aber etwa in dem Sinn wie Hegel realistisch ggü den alten Aufklärern war. Reich bzw. LSR sollte angesichts von Reichs späten Äußerungen jedenfalls nicht unter die „konservative, pessimistische Anthropologie“ subsumiert werden. In diesem Sinne nehme ich „den Frieden, den er mit der Religion und den anderen bürgerlichen Institutionen schloß“, nicht allzu ernst. Ich erkläre ihn mir biographisch wie so vieles in Reichs Karriere (—>meine „Palimpsest“-These). Immerhin schloß er den CM, wenn ich mich recht entsinne, mit der Vision, wahre „Kultur“, die bisher nicht war, werde einmal möglich sein. (bei Stirner: das Zeitalter des „Eigners“). Woher nahm er diese Zuversicht? Jedenfalls nicht aus den Erhebungen aus den „6 Jahrtausenden“. Doch wohl, wie Stirner: Aus sich!
…dieser Reich – der frühe Reich: Ich würde sagen: beide stehen mir gleichermassen fern. Aber es gibt darunter (—> meine „Palimpsest“-These) einen dritten, und den habe ich wohl von Anfang an gespürt. Seine Freilegung ist – LSR.
Abschließend:
Am Anfang meiner tieferen Beschäftigung mit WR stand die Erfahrung, daß die „Reichity“ nicht „tragfähig“ ist; daß die allermeisten Reichianer xxxxxxx sind. Die „Stirnerity“ dito. Und gäbe es eine „Lamettrity“, erwartete ich jetzt nichts anderes. Meine Reaktion darauf war LSR.
Laska stand über den heutigen Auseinandersetzungen:
An diesem ganzen Hin-und-Her zwischen Permissivität (zB Clinton) und moralischer Aufrüstung (zB Bush) nehme ich keinen besonderen Anteil. Aber ich glaube, Reich hatte recht mit der pauschalen Tendenz-Diagnose: „The human ocean has begun to stir.“ Er ist nicht mehr zu beruhigen. Der Zerfall der alten, „ethischen“ (Über-Ich-kontrollierten) Kultur zeigt sich überall. Daran ändert der „boom“ der Ethik nichts, auch nicht die „konservativen Feldzüge“ dieses oder jenes Reaktionärs. Nur: was wird daraus? Nix Gutes, wie ich vermute. Was immer nach den alten Schemata geschieht – Moral plus oder minus – ist falsch. Wäre ich Gott, wäre ich sehr alarmiert über die Zukunft meiner Schöpfung. Zum Glück bin ich’s nicht.
Leider gibt es m.W. niemanden (mit einer löblichen Ausnahme :-), der diesen Prozeß wenigstens prinzipiell richtig zu deuten weiß. Selbst die kühnsten Revolutionäre waren „Ethiker“ oder „Anti-Ethiker“ wie Sade (der nicht umsonst ein Star unter heutigen Intellektuellen ist – sofern sie nach Ahnherren suchen); sie waren und sind auf Moral/Über-Ich angewiesen, zum Gehorchen oder zum Revoltieren. „Anethiker“ wie L/S/R blieben rudimentär/nihilismusgetarnt/palimpsestartig – kaum identifizierbar.
„Funktion“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie „seines Amtes walten“. Wenn beispielsweise unterschiedlichste geographisch, geschichtlich und kulturell weit voneinander getrennte Stämme identisch aussehende Löffel benutzen, um Suppe zu essen, dann ist gegenseitige Beeinflussung („Technologietransfer“) so gut wie ausgeschlossen und die Gleichheit der Problemlösung bedeutet folglich, daß schlichtweg die Funktion die Struktur bestimmt. Wobei das Material unerheblich ist, solange es dazu dienlich ist „seines Amtes zu walten“, nämlich in diesem Fall Flüssigkeit in den Mund zu heben.
Löffel kann ich nach Gebrauch in eine Küchenschublade legen. Funktionen hingegen sind etwas Abstraktes, das vielleicht eine Zeit, aber keinen Ort hat. Die „Funktion“ ist immer eine Beziehung, verweist also stets auf eine (mindestens) Zweiheit. Etwa so, wie die Liebe zwischen einer Frau und einem Mann. Sie hat vielleicht ihre Zeit, aber ich kann sie nicht wie ein Ding verorten, obwohl sie zweifellos real ist. Genauso wie das „Amt“ eines Postboten real ist, aber nichts, was Ausdehnung und Masse hat. Bei der Funktion ist es stets so, daß es der Beziehung zwischen dem Teil und dem Ganzen entspricht. Beispielsweise kann der Postbote nur innerhalb einer Gemeinschaft seines Amtes walten, ohne diese ist er von vornherein „funktionslos“.
Die funktionelle Betrachtung eines Sachverhaltes, etwa eines Krankheitsprozesses, bedeutet stets, daß ich die Einzelerscheinung im Rahmen der Ganzheit betrachte, in diesem Fall des Gesamtorganismus. In einem Sandhaufen hat das einzelne Sandkorn keine Funktion, weil es keine Ganzheit des Sandhaufens, keine Funktionseinheit „Sandhaufen“ gibt. Ganz anders sieht das aus, wenn ich dem Sandhaufen von außen eine Funktion verleihe, etwa den eines Wasserdamms. Aber davon wollen wir absehen und eine zweite Option betrachten: der Sandhaufen gewinnt durch bionösen Zerfall autonom ein Eigenleben und wird zu einem Biotop oder gar einer Art Organismus. – Drücken wir uns vorsichtiger aus: aus maximaler Unordnung entwickelt sich spontan immer mehr Ordnung und entsprechend kann sich langsam eine Teil-Ganzheit-Dynamik entwickeln, wodurch eine funktionelle Betrachtung möglich wird. Umgekehrt kann man mich in einen großen Fleischwolf werfen und meine derart produzierten „Körperteile“, die winzigen Fleisch- und Knochenfetzen, verlieren jedwede Funktion in Relation zum Haufen Hack. Sie sind auswechselbar!
Was mich ausmacht und was den ehemals strukturlosen, jetzt aber strukturierten „Sandhaufen“ ausmacht, ist die Beziehung zwischen den Teilen und dem Ganzen. Ich bin ein Beziehungsgefüge! Der Mystiker sagt, ich hätte eine „Seele“, während der Mechanist mir eine Pille verabreicht, wenn ich mich schlechtfühle, so als beruhe alles auf strukturellen (chemischen) Störungen. Der „Funktionalist“ hingegen sieht, daß etwas im Beziehungsgefüge nicht stimmt und versucht diese funktionellen Störungen wieder herzurichten.
Die erwähnte funktionelle Störung ist, entsprechend der Chemie oder Anatomie bei einer strukturellen Störung, „orgonotischer Natur“. Was soll das sein, „Orgon“? Ich hätte jetzt beinahe geantwortet: „Orgon ist eine Funktion der Funktion“, will sagen: je höher die Organisationsstufe, d.h. je ausgeprägter die Wechselbeziehung zwischen Teil und Ganzem, desto höher die „Orgonität“, entsprechend dem „orgonomischen Potential“.
Alle denkbaren Energien versuchen gemäß dem mechanischen Potential („Entropie“) Beziehungsgefüge aufzulösen. Beispielsweise ebnen Gravitation, Wind und Temperaturschwankungen letztendlich jedes Gebäude ein, was sich beschleunigt, wenn niemand mehr in ihm wohnt. Die von Reich entdeckte Orgonenergie ist die einzige Energie, die Beziehungsgefüge aufbaut, sie erhält und sich dabei weiter akkumuliert, je komplexer das Beziehungsgefüge wird. Zwar ist auch sie massefrei, aber im Gegensatz zum Abstraktum „Funktion“ hat das Orgon eine Ausdehnung, ist deshalb verortbar und man kann es von Ort A nach Ort B versetzen, beispielsweise mit einem Orgonenergie-Akkumulator oder einem Medical DOR-Buster. Entsprechend der erwähnten „Seele“, entspricht das Orgon in etwa dem „Gott“ der Mystiker. „Gott“, der seines Amtes waltet. Die Mechanisten fallen immer wieder auf die mechanische Entsprechung zurück, den „Äther“, um ihn dann wieder zu leugnen, da ihnen das „Funktionelle“ letztendlich fremd ist.
Beziehungsgefüge lassen sich stets, wie bereits angedeutet, auf ein Funktionspaar reduzieren. Man denke etwa an den Postboten. Dieser macht nur durch seinen funktionellen Gegenpart Sinn, den Briefempfänger. Entsprechend entfalten sich Funktionen, indem sie sich in immer neue Funktionspaare aufspalten. An einem Ende steht das einheitliche Orgon, das sich immer weiter aufteilt bis wir Myriaden von Funktionsvariationen vor uns haben. Das beste Beispiel ist die befruchtete Eizelle, aus der sich die zahllosen Körperzellen durch immer neue Zellteilungen entwickeln. Am Ende steht ein Funktionsgefüge, das in seinem Funktionieren vom Orgon bestimmt wird: der Organismus. Was den Postboten betrifft, beschreibt Reich in Massenpsychologie des Faschismus die arbeitsdemokratische Entsprechung, also die Gesellschaft, wie folgt: Zunächst wird der Briefverkehr individuell geregelt, doch mit dem Entwicklung der Zivilisation und dem Bevölkerungswachstum besteht schließlich die Notwendigkeit einen „Briefträger“ anzustellen.
[Die Gemeinschaft] enthebt dazu einen ihrer Mitbürger, der sich noch in nichts von seinen Kameraden unterscheidet, von allen anderen Arbeiten, garantiert ihm seinen Lebensunterhalt und verpflichtet ihn dafür, der Gemeinschaft das Befördern der Briefe zu besorgen. Dieser erste Briefträger ist die menschlich verkörperte zwischenmenschliche Beziehung des Briefeschreibens und -beförderns. Auf diese Weise entstand ein gesellschaftliches Organ, das noch nichts anderes tut, als den Auftrag der vielen Briefschreiber durchzuführen. (…) Nehmen wir nun weiter an, daß die primitiven Ortschaften sich im Laufe vieler Jahre, nicht zuletzt auch infolge der neuen Funktion des Briefeschreibens und des damit entwickelten sozialen Verkehrs, zu kleinen Städten (…) entwickelt haben. Ein Briefträger genügt nicht mehr, es sind nun 100 Briefträger notwendig. Diese 100 Briefträger benötigen nun eine eigene Administration in Gestalt eines Oberbriefträgers. Dieser Oberbriefträger ist ein früherer einfacher Briefträger, der der Pflicht des Briefeübermittelns enthoben wurde. Er hat dafür die umfassendere Pflicht übernommen, die Tätigkeit der 100 Briefträger auf die praktischste Weise einzurichten. (…) Er erleichtert (…) den 100 Briefträgern die Arbeit, indem er die Tageszeiten bestimmt, in denen Briefe ausgehoben und verteilt werden. Er kommt auch auf die Idee, Briefmarken anzufertigen, die die gesamte Funktion vereinfachen. Auf diese Weise hat sich eine einfache, lebensnotwendige Funktion der Gesellschaft verselbständigt. „Die Post“ wurde zu einem „Apparat“ der Gesellschaft (…).
Die Post entwickelt ein Eigenleben mit Abteilungen und Unterabteilungen, Spezialisten und immer neuen Aufgabenfeldern. Das, was als „Arbeitsmoral“ und „Ethik“ gar „Pflichtbewußtsein“ bezeichnet wird, ohne die der sehr verantwortungsvolle Beruf des Postboten nicht denkbar wäre, ist nur ein mystischer Ersatz für das, was Reich als arbeitsdemokratisches „Fachbewußtsein“ bezeichnet hat, welches wiederum Ausdruck der hohen Orgonität der spezialisierten gesellschaftlichen Administration ist. Sie verleiht den einzelnen Mitarbeitern Würde, Stolz, Korpsgeist und jenen Schwung, der die Arbeit zu einem unverzichtbaren Quelle von Lust und Sinn im Leben macht – bzw. machen sollte. Heute spürt man so etwas leider nur noch in aufstrebenden jungen Firmen, bei denen jeder von einem unwiderstehlichen Enthusiasmus erfüllt ist und entsprechend die „Arbeitsmoral“ kein Problem ist. Diese hohe Orgonität überträgt sich sogar auf das Gebäude, das das Postamt beherbergt und deshalb, wie bereits angedeutet, dem Verfall länger widersteht.
Die wahren Feinde von LSR sind nicht die üblichen Verdächtigen, etwa die Katholische Kirche oder irgendwelche Gutmenschen. Nein, es sind die, die den Glauben und den Altruismus verfluchen und die nur sich selbst anbeten – die kein höheres Wesen über sich anerkennen und deshalb in ihrem Tun frei von jedweder Moral, Ethik und Mitmenschlichkeit sind bzw. vermeinen zu sein. Teilweise sind sie sogar Anhänger von LaMettrie, Stirner, Reich und – Bernd A. Laska.
Wenn man nicht die Abbildung unten vor Augen hat, könnte man irrigerweise glauben, daß die Welt von Anhängern Max Stirners beherrscht wird, also daß die Weltverschwörer Stirnerianer sind. Hans G. Helms und Alexander Stulpe haben sehr dicke Bücher darüber geschrieben.
Um zu den Weltverschwörern zu gehören, mußt du dich zu den sieben Todsünden Trägheit, Neid, Völlerei, Wollust, Habgier, und schließlich Hochmut, d.h. zu Luzifer, bekennen, um schließlich, siebentens, im Zorn und im Namen Satans unaussprechliche Dinge zu tun, die dich, vom Über-Ich befreit, auf ewig aus der menschlichen Gemeinschaft ausschließen…
…schau dir die Kreaturen an, die ihre Seele an den Teufel verkauft haben, die Entertainer (Marke Madonna) mit ihren Musikvideos und die Politiker (Marke Macron) mit ihrer bösartigen Politik! EINFACH MAL DIE AUGEN AUFMACHEN! Die sieben Sprossen der „Stairway to Heaven“ führen schließlich zum letzten Raum im Schloß der blutigen Bestie:
Der Film zeigt das, was sie aus Kubricks Eyes Wide Shut herausgeschnitten haben…
Du willst mir sagen, daß ich dem Marquis de Sade, den bekennenden Satanisten Marx und Lenin und polymorph-perversen Psychoanalytikern wie Isidor Sadger und Paul Federn folgen soll?! DMF (Diderot, Marx, Freud) statt LSR?!
Drogenmißbrauch insbesondere Cannabis (Trägheit), Neid („Kleiner Mann“), Völlerei, Wollust und Habgier (orgastische Impotenz) und Hochmut (die Verlagerung von Energie weg vom Genital in den Kopf: „Hochnäsigkeit“) und schließlich sexueller Kindesmißbrauch und Mord (die blutige Zerstörung von Genitalien) sind das, wofür AUSGERECHNET LaMettrie, Stirner und Reich stehen sollen?!
Ich kann nur immer und immer und immer wieder und wieder und wieder auf Reichs Dreischichtenschema verweisen:

Das DOR in der Mitte wird sequestriert werden und die Fassade wird den Kern ausdrücken! Keine Ahnung warum, aber das findet sich alles ausgerechnet in den B-Movies von Roger Corman.