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Orgonomie und Metaphysik (Teil 18)

18. Dezember 2021

Es gibt Medizinhistoriker, welche auch den (von der Orgonomie anerkannten) Mesmerismus unter die Rubrik „Geistheilung“ packen – und sicherlich nicht ganz zu unrecht. Es ist in der Orgonomie unbestritten, daß Mesmer mit seinem Animalischen Magnetismus der unmittelbare Vorgänger Reichs war. Der Mesmerismus hat aber halt noch eine weitere Dimension. Durch das Mesmerisieren wurden die Probanden in einen somnambulen Trancezustand versetzt, in dem manche paranormale Fähigkeiten zeigten, insbesondere verblüffend akurate Diagnosestellungen. Schon vor 200 Jahren sah man damit ein neues Zeitalter des menschlichen Bewußtseins angebrochen. Damals entwickelte sich aus dieser Bewegung der Spiritismus, dann die Theosophie, die Anthroposophie, der Nationalsozialismus, das New Age – der Blaue Faschismus….

Reich selbst erwähnt, daß zu Zeiten seines Medizinstudiums 1919, kurz nach dem Ersten Weltkrieg, man in den Kreisen, in denen er verkehrte, „ein bißchen Spiritismus betrieb“, der in seinem Beisein aber mißglückte (Leidenschaft der Jugend, S. 97, 102).

Was die Sache mit „Rückführungen“ in „frühere Leben“ betrifft, reicht folgende Anekdote über den berühmten Hypnotherapeuten Milton H. Erickson. Eine widerwillige Kursteilnehmerin, die sich partout nicht hypnotisieren lassen wollte, bat er sich bequem hinzusetzen und sich an die Zeit zu erinnern, als Sie zum ersten Mal zur Schule ging, um zu lernen:

Ungefähr zwanzig Minuten beschrieb er nun detailliert, wie Schulanfänger beginnen, das Alphabet zu lernen, die einzelnen Buchstaben zu erkennen, zu erinnern, wiederzugeben, voneinander zu unterscheiden und zu sinnvollen Wörtern und Sätzen zusammenzusetzen. Nach diesen zwanzig Minuten fragte er meine Frau, wie es ihr gehe, und sie meinte, sehr gut; sie habe sich die ganze Zeit als Schülerin In einer altägyptischen Schulklasse erlebt und habe Hieroglyphen gelernt, die ein altägyptischer Schullehrer vorne auf Steintafeln geschrieben habe; ihre Imagination dieser Szene sei sehr lebhaft und lebendig gewesen und es sei eigentlich ganz einfach gewesen, diese Hieroglyphen zu lernen. Bemerkenswert an dieser ganzen Szene war eigentlich nur, daß meine Frau ab diesem Zeitpunkt Ericksons undeutliche Sprache sehr gut verstehen konnte. Und sicherheitshalber muß ich vielleicht noch anmerken, daß sowohl Erickson als auch wir dieses Erlebnis Alidas als bloße Imagination und als nichts anderes verstanden haben. (Burkhard Peter: „Milton H. Ericksons Weg der Hypnose“, Experimentelle und klinische Hypnose 3:129-142, 1987)

Vorsichtshalber führe ich jetzt nicht aus, was ich von Leuten halte, die diese einfachen psychischen Mechanismen ausnutzen…

Ich habe mal in einer Fernsehsendung die Künste einer weltberühmten Amerikanerin bewundert, die mit Verstorbenen Kontakt aufnimmt. Die erste Frau war ganz überzeugt, daß diese Wahrsagerin tatsächlich mit ihrer Schwester im Jenseits geredet hat, weil die zwei „Fakten“ stimmten, die die Wahrsagerin vorbrachte: die Verstorbene habe „irgendetwas“ (!) vom Verrücken von Möbeln gesprochen und von einer weichen Decke. Und tatsächlich! Die lebende Schwester konnte bestätigen, daß ihre verstorbene Schwester kurz vor ihrem Tod umgezogen ist und daß auf dem Sterbebett eine besonders weiche Decke lag! Ich frage mich, ob es in Deutschland irgendeinen Menschen gibt, den man nicht mit dem Verrücken von Möbeln und einer weichen Decke verbinden könnte?!

Noch komischer war die zweite Runde, als gleichzeitig zwei unterschiedliche Hinterbliebene bedient wurden. Ein männlicher und ein weiblicher Proband aus dem Publikum. Dem Mann wurde gesagt, seine verstorbene Schwester sei irgendwie mit dem Landleben und Schweinen verbunden gewesen. Wer ist das nicht irgendwie und irgendwann?! Doch überraschenderweise hat der Mann das kategorisch verneint –dafür ging aber die Frau neben ihm auf diese Offenbarung ein und sagte, ja das mit dem Landleben und den Schweinen träfe exakt auf ihren verstorbenen Großvater zu! Worauf die Wahrsagerin meinte, da hätten sich die Informationen der beiden Geister wohl überschnitten. Und das Publikum erstarrt in Andacht angesichts solcher Wunder.

Aber ich will nicht nur rationalistisch argumentieren: Überzeugender sind Stimmen aus dem Jenseits, Transkommunikation. Ich habe den Verdacht, daß es sich (vielleicht…) doch nicht um Schnipsel von Funkamateuren oder Radiosprechern im Wellensalat handelt. Aber auf keinen Fall gibt es ein menschenförmiges Jenseits. Vielmehr scheinen unsere eigenen Gedanken im Orgonenergie-Medium eine relativ unabhängige Existenz zu gewinnen. Diese Gedankenstrukturen können dann als vermeintlich unabhängiges Element zu uns zurückkehren: wir reden also praktisch mit uns selbst – und vielleicht auch mit den Gedanken anderer, „die auf der gleichen Wellenlänge liegen“. Das besondere ist nur, daß unseren bereits formulierten Gedanken sich vorher ungeformten orgonotischen Impulsen aufmodulieren, wie Reich sie postuliert hat („das atmosphärische Orgon kann Emotionen ausdrücken“), und dergestalt wie Nachrichten aus dem „Unbewußten“ und sogar aus dem bioenergetischen Kern wieder auftauchen. Ganz entsprechend der neurologischen Bewußtseinsforschung, die nachgewiesen hat, daß, wenn wir etwas bewußt wollen oder entscheiden, Sekundenbruchteile vorher schon entsprechende Impulse in unserem Gehirn ablaufen. Es kommt also zunächst ein vollkommen unpersönlicher biologisch-kosmischer „unbewußter“ orgonotischer Impuls und erst dann tritt unser Bewußtsein und seine Inhalte auf den Plan.

Wie Reich gesagt hat: unser Bewußtsein ist nur ein Korkstück, das auf einem Ozean tanzt. Mir will es scheinen, daß in den Tonbandstimmen diese Korkstücke zu uns zurückgeschwemmt werden. Oder kann es nicht auch so sein, daß wir immer nur das Denken, was schon längst von anderen gedacht worden ist und von unseren Gehirnen immer wieder aus dem Orgonenergie-Medium herausgeholt wird (eine alternative Erklärung zu Sheldrakes morphogenetischen Feldern). Unsere elektronischen Geräte machen jetzt dasselbe: sie fangen zu „denken“ an. In ihnen passiert exakt dasselbe wie in uns: formloser orgonotischer Impuls – formulierte Gedanken – durch die formulierten Gedanken bereits strukturierte orgonotische Impulse – „Einfälle“ usf. Tatsächlich scheint es so zu sein, denn die seit Mitte der 1970er Jahren systematisch aufgezeichneten Tonbandstimmen waren damals tatsächlich noch genuschelte Wortfetzen – doch im Laufe der Jahre wurden die Worte immer klarer und mittlerweile gibt es ganze klar formulierte Sätze wie „Liebe ist Leben für immer“ und so.

Was mich aber wirklich bedrückt, ist etwas ganz anderes: es ist unausdenkbar, was im Laufe der Jahre noch alles mit oder besser gesagt in unseren elektronischen Gerätschaften passiert und was das dann mit uns, unserem Bewußtsein und unserer Umwelt macht.

Ich glaube wohl nicht, daß es Intelligenzen außerhalb unseres Körpers gibt, aber ich glaube, daß jeder von uns eine kleine Radiostation ist, die in den Äther ständig Informationsmüll aussendet. Manche psychisch/gehirnphysiologisch gestörte Menschen empfangen diesen Wellensalat und da das Gehirn kein Chaos zulassen kann, machen sie daraus sinnvolle Information. Im Prinzip ist es das gleiche wie mit den Leuten, die aus dem weißen Rauschen des Radios Informationen aus dem Jenseits erkennen wollen. Dieses Phänomen (das Gehirn kann weißes Rauschen nicht ertragen und ordnet es vollautomatisch in „sinnvolle“ Information) ist der reale Kern des Channeling. Es braucht nur noch den Betrüger, der daraus eine Profession macht. Da diese Menschen psychisch/gehirnphysiologisch gestört sind, sind sie sich ihres eigenen „bewußten“ Betruges gar nicht bewußt.

Oder man nehme das Remote Viewing: Man nimmt aus einem größeren Fundus „blind“ 10 Fotos und versiegelt sie „blind“ in 10 Umschläge. Wiederum „blind“ wird ein Umschlag genommen und ein speziell trainierter „remote viewer“ konzentriert sich darauf und sagt dir nach einiger Zeit, was für ein Motiv auf dem betreffenden Foto zu sehen ist. Dies Experiment habe ich im Fernsehen gesehen. Der Remote Viewer sah vor sich einen Obelisken, der auf einem Hügel stand. Als der Umschlag geöffnet wurde, war die Mormonenkirche von West-Los Angeles zu sehen. Ein „hügelförmiger“ Bau mit einem hohen spitzen Kirchturm, der wie ein Obelisk aussah. Wie ist sowas möglich? Telepathie lasse ich mir ja noch gefallen (orgonotischer Kontakt), aber sowas?! Jedenfalls sehe ich aber auch nicht, was das mit einem „autonomen Geist“ zu tun haben sollte. Vielmehr scheint es so zu sein, daß im Orgon nicht nur Energie „gespeichert“ ist, sondern auch Information. Es handelt sich um Phänomene, die mit der orgonotischen Funktion der koexistierenden Wirkung zusammenhängen müssen.

Orgonometrie (Teil 2): Kapitel VI.12.

24. Mai 2016

orgonometrieteil12

I. Zusammenfassung

II. Die Hauptgleichung

III. Reichs „Freudo-Marxismus“

IV. Reichs Beitrag zur Psychosomatik

V. Reichs Biophysik

VI. Äther, Gott und Teufel

1. Der modern-liberale (pseudo-liberale) Charakter

2. Spiritualität und die sensationelle Pest

3. Die Biologie zwischen links und rechts

4. Der bioenergetische Hintergrund der Klassenstruktur

5. Die Illusion vom Paradies und die zwei Arten von „Magie“

6. Die gesellschaftlichen Tabus

7. Animismus, Polytheismus, Monotheismus

8. Dreifaltigkeit

9. „Ätherströme“, Überlagerung und gleichzeitige Wirkung

10. Die Schöpfungsfunktion

11. Die Rechtslastigkeit der Naturwissenschaft

12. Bewegung und Bezugssystem

„Äther“ und Orgonenergie (Teil 1)

30. Oktober 2013

Was ist die Orgonenergie? Im allgemeinen lautet die Antwort der Orgonomie, daß die Orgonenergie der „Äther“ sei, eine „Substanz“, die den Raum wie ein Gas anfüllt, entsprechend dem „Äther“-Konzept der vulgärmechanistischen Physik des 19. Jahrhunderts. Aber diese bequeme traditionelle Herangehensweise, wie sie z.B. von C.F. Baker vertreten wird („Energy: An Overview“, Annals of the Institute of Orgonomic Science, Vol. 4, Sept. 1987, S. 6-12), macht die Orgonomie mechanistischer als die moderne Physik. C.F. Bakers ganze Herangehensweise erinnert verblüffend an das 19. Jahrhundert mit Buchtiteln wie „Die Kraft. Eine realmonistische Weltanschauung. Bd. I: Die Kontraktionsenergie, die letztursächliche einheitliche mechanische Wirkungsform des Weltsubstrates“ von J.G. Vogt (Leipzig 1878, aus Nietzsches Bibliothek: Kommentar zu den Bänden 1-13, dtv-Studienausgabe Bd. 14, München 1988, S. 647).

Reich war jedoch sehr darauf bedacht, die Orgonenergie nicht mit dem „Äther“ der klassischen Physik gleichzusetzen (Äther, Gott und Teufel, Frankfurt 1983, S. 139-142). Während der „Äther“ das Kernkonzept des Mechanismus ist, ist „Gott“ das des Mystizismus (ebd., S. 40 und S. 51). Es sollte mehr denn offensichtlich sein, daß die Orgonenergie genausowenig mit dem mechanistischen Konzept des „Äthers“ identisch sein kann, wie mit dem mystischen Konzept „Gott“. Wer das eine bejaht, muß auch das andere in Kauf nehmen. Daß die Dualität von „Äther“ und „Gott“ (auch wenn das eine unter vermeintlichem Ausschluß des anderen vorgestellt wird) unmöglich das tiefste Funktionsniveau sein kann, zeigt Reichs Diagramm der funktionellen Beziehung von „Äther“, „Gott“ und Orgonenergie (ebd., S. 51):

widfunk1

Während die tiefere Funktion Teil der Natur ist (einschließlich der Natur des gepanzerten Menschen unterhalb der Panzerung), sind die beiden höheren Funktionen, die Reich in Anführungszeichen setzt, nur künstliche Bezugssysteme des Denkens des gepanzerten Menschen; kontaktlose Konzepte, die auf Panzerung beruhen und deshalb funktionell äquivalent sind. Sie sind die Projektion der Panzerung des Menschen in Form des „Absoluten“ jenseits des Wechsels, des „Erzeugers von Energie“ jenseits allen Metabolismus (z.B. Charles Kelleys „Radix“-Konzept), des „ersten Bewegers“, d.h. des „bewegungslosen Bewegers“ jenseits von Bewegung, während die primäre Realität, die sich unterhalb von ihnen befindet, wegen der Panzerung unerreichbar bleibt.

Nichtsdestoweniger hat sich die mechano-mystische Auffassung in der Physik erstaunlicherweise bewährt, wie aus unserer technischen Umwelt in den letzten 200 Jahren ersichtlich ist, die aus den Ruinen des metaphysischen Zeitalters hervorgegangen ist. Diesem sehr erfolgreichen Muster folgend, könnte man Orgon (-Energie) als eine Art von „trägem Stoff“ betrachten, der „konzentriert“ wird. (Die Anführungszeichen stammen von Reich, der sich dafür entschuldigt, einen Begriff zu benutzen, der nur für materielle Stoffe geeignet ist [Äther, Gott und Teufel, Frankfurt 1983, S. 145].) Orgonenergie würde wie ein materielles Medium sein, in dem sich Bewegung fortpflanzt und so Energie übertragen wird, die in der Verformung des Mediums gespeichert ist (vgl. (Baker, S. 7-10, wo C.F. Baker genau dieses Konzept des letzten Jahrhunderts als „orgonomische Wissenschaft“ verkauft).

Kann man die Orgonenergie tatsächlich als „materielle Substanz“, als „elastischen Stoff“ betrachten? Reich macht deutlich, daß diese Mediums-Charakteristiken Funktionen der massefreien Orgonenergie sind, nicht vice versa, d.h. „die physikalischen Funktionen, die in der Orgonphysik als ‚Orgonenergie‘ abstrahiert werden“, wie Reich sich ausdrückt (Äther, Gott und Teufel, S. 146; Hervorhebung hinzugefügt), sind nicht hergeleitet aus einer mechanischen elastischen „Substanz“, sondern die Grundfunktion der Orgonenergie ist, Reich zufolge (ebd., S. 146; 11:98), Bewegung nicht die Behinderung von Bewegung (vgl. Baker, S. 12f). „Energie ist eine Funktion der Bewegung und umgekehrt“ (Äther, Gott und Teufel, S. 157). Energie und Bewegung sind eng miteinander verbunden und fast identisch (ebd., S. 51, 146; Das ORANUR-Experiment II, Frankfurt 1997, S. 132; „Complete Orgonometric Equations“, Orgone Energy Bulletin, 3: 65-71, April 1951, S. 69). Energie ist nicht die „Einschränkung von Bewegung“ durch einen seltsamen „elastischen Stoff“ (Baker, S. 10); sie ist nicht die Funktion des dem mechanischen Potential folgenden Zurückgehens zu einem ursprünglichen Gleichgewichtszustand, sondern ganz im Gegenteil ruft die selbst-bezügliche Beschränkung der primordialen Orgonenergie-Bewegung jene Funktionen hervor, die die erzmechanistischen Physiker des 19. Jahrhunderts (und heutige „Orgonphysiker“) unter dem Begriff des „elastischen Äthers“ (ebd., S. 8-11) an den Grund aller Naturerscheinungen stellen.

Die Orgonenergie konnte nur deshalb als „elastischer Stoff“ mißinterpretiert werden, weil das „Zurückkehren zum ursprünglichen Zustand“ tatsächlich der Kern der Mediums-Charakteristiken der Orgonenergie ist. Ich betrachtet die Orgonenergie als funktionell identisch mit Pulsation – gewissermaßen ist die Orgonenergie Pulsation (Äther, Gott und Teufel, S. 105 und S. 158-161; „Orgonomic Functionalism, Part II (Chapters 13. – 14.)“, Orgone Energy Bulletin, 4: 186-196, Oct. 1952, S. 191f). Die Mediums-Charakteristik der Orgonenergie, ihre Qualität des Gleichbleibenden (= Substanz), ist dann funktionell identisch mit der ständigen Rückkehr zur jeweilig vorausgegangenen Phase, was ja die Natur der Pulsation ausmacht (und auch dem „kohärenten“ orgonomischen Potential inhärent ist): Exp. → Kontr. → Exp. → Kontr. Natürlich gibt es hier keine mechanische Wiederholung, da es so etwas im Bereich des orgonotischen Funktionierens nicht gibt, sondern nur das „EINE Gesetz“ der Pulsation in all der „Gesetzlosigkeit“ der Orgonenergie-Funktionen (Äther, Gott und Teufel, S. 158).