Posts Tagged ‘Wotan’

Peter Töpfer (Teil 7)

26. November 2025

Wir waren bei dem Bündnis mit dem Theismus. Töpfer sieht die Annäherung insbesondere in der Frage des Gewissens gegeben – ausgerechnet:

Das Gewissen ist das Autonome schlechthin – die tiefste Stimme. Gott, so verstanden, hat nicht nur einen Sinn und Nutzen, er ist dann der oberste oder tiefste Befehlsgeber in existentiell unklaren Lagen und Fragen. Auch wenn es den Anschein haben könnte, als sei das Gewissen eine externe Instanz (Gott), so ist es doch die innerste Instanz – die innere und eigentliche Instanz par excellence. (Hervorhebung hinzugefügt)

Und noch unglaublicher:

Eine Teileinpflanzung des Gewissens muß (…) gar nicht unbedingt schlecht sein, muß der Eigenheit des Kindes nicht widersprechen, ja, das Kind braucht zu seiner Sozialisierung und Kultivierung einen Appell an sein Gewissen. (S 78, Hervorhebung hinzugefügt)

Das ist dermaßen hanebüchen, dermaßen das diametrale Gegenteil von allem wofür LaMettrie, Stirner, Reich und Laskas gesamtes LSR-Projekt stehen… Mir fehlen schlichtweg die Worte! DAS meint also Töpfer mit „Bündnis“: Verrat an LSR!

Apropos Emotionelle Pest: Eines der Hauptmankos derartiger Unternehmungen wie Töpfers Pan-Agnostik ist das Verfehlen der Emotionellen Pest. Stattdessen wird von der angeblich unausweichlichen Tragik des menschlichen Lebens mit seinen „unaufhebbaren Gegensätzen“ schwadroniert, die man „mannhaft“ zu tragen habe. In diesem Zusammenhang zitiert Töpfer Kierkegaard: „Heirate, und du wirst es bereuen. Heirate nicht, und du wirst es ebenfalls bereuen“ (S. 55). Aber erst angesichts des absoluten Nichts würde man wirklich anfangen zu beten, denn „Nichts und Gott (sind) funktional identisch“ (S. 56). Es geht hier nämlich um die letzten Fragen der ins Nichts geworfenen menschlichen Existenz. Aber genau DAS, diese Perspektive, ist „Metaphysik“, die vom Wesentlichen, nämlich der Emotionellen Pest ablenkt – und damit die offensichtliche Funktion der Töpferschen „Pan-Agnostik“ erfüllt, – die doch vorgeblich die Wertlosigkeit der Metaphysik für die Existenz erweisen will.

Wir haben es im Leben immer genau dann mit der Emotionellen Pest zu tun, wenn wir, was immer wir auch tun, wie immer wir uns auch entscheiden, das Falsche machen, etwa heiraten oder Single bleiben. Genauso ist es stets und in jedem Fall nichts weiter als Emotionelle Pest, wenn wir vor „existentielle Dilemmata“ gestellt werden, aus denen es prinzipiell kein entkommen gibt. Am Ende würdest du doch sterben, jede Sinngebung bzw. Sinnhaftigkeit sei letztendlich Illusion, es wäre besser du wärst nie geboren worden, etc. Beides, die Ausweglosigkeit des Alltags und die „metaphysische“ Ausweglosigkeit unserer Existenz, blockiert und verunmöglicht die Lösung konkreter Probleme insbesondere die sexualökonomischer Natur. Reich hat darüber ein ganzes Buch geschrieben, Die sexuelle Revolution. Ich verweise ausdrücklich auf das Motto „Aus dem Tagebuch des Schülers Kostja Rjabzew“: Leben ist die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Die Probleme des Alltags werden wir entsprechend mit einer wirklichen sexuellen Revolution lösen. Und was die unlösbare „existentielle Not“ betrifft: zur Hölle mit Kierkegaard, Heidegger und den restlichen Dunkelmännern mit ihrem unerträglichen lebensuntüchtigen Geseier über den „Urschmerz“! Wir haben es mit dem wirklichen Leben zu tun, nicht mit den „existentiellen“ Problemen lebensferner Randexistenzen.

Ja, das sind auch Probleme, mit denen man sich auseinandersetzen kann, aber es ist wie bei den öffentlichen Sexpol-Abenden Reichs in Wien und Berlin: die genitalen Probleme der Massen werden öffentlich debattiert, während die prägenitalen Perversionen im persönlichen Gespräch mit dem Arzt besprochen werden. Außerdem wird verhindert, daß die perversen Sonderlinge den öffentlichen Raum dominieren, wie es im damaligen Berlin ansatzweise tatsächlich gegeben war. Ja, die Seelenleiden, die „existentielle Not“ und der „Urschmerz“ von schizophrenen Charakteren sind ernst zu nehmen, haben aber im öffentlichen Diskurs nichts, aber auch rein gar nichts zu suchen. Leider ist es so, daß sie heutzutage alles bestimmen und das Lebendige marginalisieren. Reich und Laska haben diese Befindlichkeiten stets ihrerseits marginalisiert!

Ein dritter Punkt, der mich ganz persönlich umtreibt, hat tatsächlich explizit mit „Gott“ zu tun, den der Agnostiker ehrfurchtsvoll auf Abstand hält, wie es die Juden mit ihrem Gott tun, dessen Namen sie nicht mal auszusprechen wagen. Hier tut sich die Lücke auf, in der der Agnostiker Raum für die Moral und „Metaphysik“ schafft, die doch LSR angetreten ist, radikal zu liquidieren. Entsprechend sollten wir „Gott“ im Gegenteil ganz genau und vollkommen distanzlos betrachten. Lieber Theist, ich analysiere, seziere und rekonstruiere deinen „Gott“, diese Über-Ich-Mißgeburt selbstherrlich ohne den leiseste Anflug von Ehrfurcht und „erkenntniskritischer“ Bescheidenheit!

Namen haben eine Bedeutung, da sie einen ganzen Kontext herstellen, der sich in einer Persönlichkeit verkörpert. Töpfer tut so, als wäre „Gott“ etwas, das so jenseitig ist, daß man sich nicht drum kümmern muß. Tatsächlich ist es aber etwas grundlegend anderes, ob eine Gesellschaft ständig „Allah“ evoziert bzw. „herabbeschwört“, den „Waheguru“ der Sikhs, den Wotan der Neuheiden, den Seth der Satanisten oder Jesus, der eine Person des „dreifaltigen Gottes“ ist. Religionen sind so etwas wie „Energiefelder“, die etwas mit der Gesellschaft und dem Einzelnen machen. An seinen Früchten wird man den jeweiligen Gott erkennen. Beispielsweise war der Nationalsozialismus nichts anderes als ein Wotanskult:

Die faschistische Partei Wilhelm Reichs (Teil 1)

18. Januar 2025

Was bedeutet der Begriff „Faschismus“? Ursprünglich beschrieb er die Einheit von Staat, Gewerkschaften, Kapitalisten, Medien und der akademischen Welt. In diesem strengen Sinne einer gleichgeschalteten Einheitsfront ist die Bundesregierung faschistisch, und zwar wörtlich, denn der Staatsapparat, die Gewerkschaften, die Kapitalisten, die Medien und die Wissenschaft sind eine große liberale Einheit: „ein Bündel“ (fascio). Reich hingegen benutzte eine lockerere Interpretation des Begriffs „Faschismus“, indem er auf den emotionalen Inhalt der Bewegung Mussolinis, Hitlers und Stalins Bezug nahm, die der Inbegriff des Funktionierens der zweiten Schicht, also der destruktiven, perversen Schicht der Charakterstruktur waren.

In der Einleitung zu Massenpsychologie des Faschismus beschreibt Reich drei Charaktere: Der genitale Charakter hat Kontakt mit seinem bioenergetischen Kern. Das ist das Reich der Arbeitsdemokratie, wie es Reich am Ende des Buches beschreibt. Der liberale Charakter geht ganz in seiner Fassade auf und der Faschist agiert aus seiner sekundären Schicht heraus. Genauer gesagt hat der schwarze Faschist einen verzerrten Kontakt mit dem Kern („Blut und Ehre“) und propagiert typischerweise ein Konzept einer mystischen „Lebensenergie“. Sowohl Hitler als auch Himmler taten dies. Ihr Gott war Odin (bzw. Wotan) und sie glaubten dementsprechend u.a. an Karl Freiherr von Reichenbachs „Od“, was sie dem „blauen Faschismus“, den ich sogleich beschreiben werde, recht nahe bringt. In ihrem Buch Hitlers Wien (1998) führt die Historikerin Brigitte Hamann aus, welchen Einfluß u.a. Reichenbach auf das Milieu hatte, aus dem Hitler und der Nationalsozialismus erwachsen sind. Beispielsweise betrachtete man das menschliche Gehirn als „Od-Akkumulator“. Tatsächlich ist Reich heute bei einigen Neonazis im Zeichen des „Vril“ überraschend populär!

Der rote Faschist, den Elsworth F. Baker in Der Mensch in der Falle beschreibt, funktioniert von seiner sekundären Schicht aus, gibt aber vor, ein Liberaler zu sein, um subversiv wirken zu können. Das rückt ihn ebenfalls in die Nähe des „blauen Faschismus“, denn genau diese „Subversion“ richtet sich gegen das Über-Ich (Panzerung). Ich erinnere daran, wie beliebt ausgerechnet die Maoistische Kulturrevolution in der „Reichianischen“ Kinderladenbewegung der 1970er Jahre war. Der denkwürdige Konnex zwischen Überwindung des Über-Ichs und dem roten Faschismus („Kulturrevolution“) erklärt auch, warum Reich eine ganze Zeitlang ein glühender Kommunist war. Auch bei manchen roten Faschisten ist entsprechend Reich bis heute eine Autorität!

Und was genau ist ein „blauer Faschist“? In der christlichen Vorstellungswelt ist das Böse bzw. der Böse jemand, der sich gegen Gottes Liebe sperrt und deshalb von ihr förmlich zerrissen wird, so wie der Grashalm auf einer Wiese, der sich vorher im Wind wiegte, von dem gleichen Wind zerbrochen wird, wenn dieser Halm verholzt und dadurch starr wird. Man denke auch an Jesu Gleichnis von dem neuen, noch gärenden Wein, der die alten brüchig gewordenen Weinschläuche zerreißt. Der Hauch des Heiligen Geistes und die expansive Liebe Gottes erzeugt entsprechend „teuflisches“ Ressentiment in verhärteten Seelen. Ein Element davon ist, daß die christliche Botschaft von den „Antichristen“ entstellt und unterminiert wird, um die so sehr schmerzende „Liebesbotschaft“ aus der Welt zu schaffen. Entsprechend erzeugt das Orgon, das in gepanzerte Organismen fließt, eine ungeheure Sehnsucht nach Erfüllung, aber gleichzeitig dabei auch einen untergründigen Haß gegen die Orgonomie, weil diese Sehnsucht nicht erfüllt werden kann. „Blauer Faschismus“ ist entsprechend das ultimative Ressentiment gegen das Leben selbst. (Das Blau bezieht sich natürlich auf die Bläue des Orgons.)

Die biologische Fehlrechnung in der Ökonomie (Teil 3)

4. September 2023

Der Austausch von Waren, von dem die klassische Ökonomik ausgeht, ist eine Verfallserscheinung der ursprünglichen Ordnung, wie Bronislaw Malinowski sie anhand der Trobriader Melanesiens gezeigt hat (siehe Reichs Der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral). Diese basierte fast ausschließlich auf Vertrauen: man gab etwas und wußte, daß man eines Tages einen höheren Gegenwert zurückerhalten würde. „Zeit“ war nie leer, sondern immer etwas, was mit „bioenergetischer Spannung“ gefüllt war.

Mit dem Zerfall dieser ursprünglichen Ordnung ging dieses Vertrauen und diese „Zeitfülle“ verloren. Der Mensch „verfiel dem Gold“. Wenn ich das richtig verstanden habe, handeln davon fast alle Mythen vom Verlust der alten Ordnung, die Wagner in seinem krypto-kommunistischen Ring der Nibelungen zusammengeführt hat. An die Stelle von Vertrauen tritt die Gier nach Gold und die Willkür der Götter, die wie Wotan ständig „ordnend“ eingreifen und trotzdem nur immer mehr Chaos erzeugen, bis es schließlich zur „Götterdämmerung“ kommt, letztendlich weil niemand mehr irgend jemanden vertrauen kann und alles dem Nihilismus (sozusagen der „Zeitleere“) verfällt. (In Tolkiens kongenialem krypto-katholischem Herr der Ringe geht es um die Wiederherstellung einer ewigen moralischen Ordnung, zu der es keine mögliche Alternative gibt.)

Freud vertrat die diametrale Gegenposition zur Anthropologie Reichs, d.h. am Anfang steht die Willkürherrschaft des „Urvaters“, der schließlich von seinen eigenen Söhnen beseitigt wird (Stichwort Ödipuskomplex). Wie man sich das konkret vorstellen kann, läßt sich anhand der Eigentumsökonomik Gunnar Heinsohns aufzeigen. Dieser zufolge stand am Anfang, d.h. in der Antike, die Verwaltung und mehr oder weniger willkürliche paternalistische Verteilung von Gütern. Nach einem revolutionären Umbruch wurde der Feudalbesitz (materielle Beherrschung) aufgeteilt und durch einen Rechtsakt in Eigentum (rechtliche Beherrschung) umgewandelt. Konkret war das die gleichmäßige Aufteilung des Landes unter den vatermörderischen Revolutionären. Von diesem Zeitpunkt an geht es, so die Vorstellung Heinsohns, nicht mehr um das Verteilen von Gütern, sondern um die Verwertung des Eigentums unter den Bedingungen der Erzwingung von Mehrertrag durch den Zins. Wer bei einem Kreditgeschäft auf die freie Verfügbarkeit seines Eigentums, das etwa verpfändet oder verkauft werden kann, zeitweise verzichtet, möchte dafür kompensiert werden („Eigentumsprämie“), der Kreditnehmer kann also das fremde Eigentum, das er zeitweise besitzt, zum eigenen Vorteil nicht frei nutzen, sondern muß einen Zins unter der ständigen Drohung erwirtschaften, bei Nichterfüllung das eigene Eigentum, das den Kredit absichert, durch entsprechende Rechtstitel zu verlieren.

Eigentum wird durch einen nichtphysischen Rechtsakt geschaffen. Am Anfang steht die Parzellierung des Landes mit je einem Eigentümer der einzelnen Parzellen. Dadurch, daß es eingezäunt wird, ändert sich an einem Stück Land zunächst einmal gar nichts, trotzdem ist das, Heinsohn zufolge, der alles entscheidende Bruch in der Wirtschaftsgeschichte, denn durch das Eigentum, wird der Kredit- und Zinsmechanismus ingang gesetzt und der Eigentümer dadurch gezwungen, dieses Land profitabel zu bewirtschaften. Plötzlich zählen persönliche Beziehungen rein gar nichts mehr, der Austausch wird sozusagen „blind“, vor allem aber „mathematisiert“, d.h. infolge des abstrakten Eigentumsbegriffs zählt einzig und allein die Quantität: die unmenschliche Kälte des Kapitalismus.

Heinsohn (ähnlich wie zuvor Freud) sieht nicht, daß es sich hier um Verfallserscheinungen der ursprünglichen „ungepanzerten“ Ordnung handelt und die beschriebene „Blindheit“ eine Folge von Panzerung ist.

DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: 8. Der Kampf der Götter/ Die Ausstrahlung zweier Götter im Vergleich

30. Juli 2022

DER VERDRÄNGTE CHRISTUS / Band 2: Das orgonomische Testament / 8. Der Kampf der Götter / Die Ausstrahlung zweier Götter im Vergleich

Das Drama der Zivilisation: Freud, Reich, Laska

11. Dezember 2017

Das Über-Ich, das als theoretische Hilfsvorstellung für die seelische Struktur aufgestellt war, konnten die schlechten [psychoanalytischen] Praktiker „mit Händen fassen“. Sie operierten damit wie mit realen Tatsachen. Das Es war „bösartig“, das „Über-Ich saß da mit langem Bart und war „streng“, und das arme Ich suchte zu „vermitteln“. (Die Funktion des Orgasmus, 1942, Fischer TB, S. 96)

Auf diese Weise wollte sich Reich von den Freudianern abgrenzen, die eine Art Mythologie der Psyche entwickelt hatten, die an das Mystische grenzt. Das Es ist der böse Zwerg Loki, das Über-Ich ist der einäugige Wotan mit seinem langen Bart und das Ego ist der arme Siegfried, zerrissen zwischen Wotan und Loki. Wie in Wagners Musikdrama.

Deshalb hörte Reich auf, seine Theorien in diesen Begriffen zu formulieren. Stattdessen sprach er über Trieb und Triebabwehr. Die Gesamtheit dieser Blockaden ist die Panzerung – die demnach „funktionell identisch“ mit dem Über-Ich ist. Psychologie dort, Biophysik hier.

Bernd A. Laska will nicht in Bezugnahme auf irgendwelche spezifischen wissenschaftlichen oder ideologischen Konzepte sprechen. Aber um mit anderen kommunizieren zu können, muß er sich entscheiden, und da niemand den Begriff „Panzerung“ versteht, wählte Laska den sofort einsichtigen und universell eingeführten Begriff „Über-Ich“ („über dem Ich stehend“), den jeder versteht. Wir übernehmen die Sitten und Regeln der Gesellschaft und werden so zu unseren eigenen Sklaventreibern.

Reich versuchte, den ursprünglichen „unbesessenen“ Zustand aufzudecken – wie vor ihm Stirner und LaMettrie: