Posts Tagged ‘Kybernetik’

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Amöbe” und folgende

22. Februar 2024

Humana conditio ex orgonomico prospectu: Stichwort „Amöbe“ und folgende

Der rechte Blick auf DIE MASSENPSYCHOLOGIE DES FASCHISMUS (Teil 15)

28. April 2020

Blankertz zufolge ist Politik nicht die Lösung, sondern das Problem. Klingt nach Konia. Blankertz:

Das fundamentale Recht besteht in der Privatheit. Politik ist Kolonialismus. Der herrschende Trend zur Aufhebung aller Privatheit markiert das Ende des Subjekts. (S. 53)

Was Blankertz nicht sieht, ist, daß Hitler (Reich zufolge „der Generalpsychopath“ schlechthin) alles tat, um den Staat (den er als eine „jüdische“ Institution betrachtete) zu zerschlagen. Um das in Teil 1 gesagte zu widerholen: Das schier unglaubliche Chaos und Kompetenzwirrwarr im nationalsozialistischen Staat war gewollt. Das Starke sollte sich sozialdarwinistisch durchsetzen, ohne daß sich das Schwache hinter „Recht und Gesetz“ verstecken konnte. „David“ sollte gegen „Goliath“ keine Chance mehr haben! In gewisser Weise war Hitler „antiautoritär“, d.h. die (sekundären) Triebe sollten frei walten.

Die von Blankertz geforderte Befreiung der Gesellschaft vom Staat (S. 76) ist schlichtweg genausowenig machbar wie die von der Panzerung. Deshalb war Reich kein Anarchist, sondern ein Konservativer. Das sieht man auch daran, daß Blankertz sich explizit als jemand sieht, der gegen den Vater rebelliert (S. 67). Oder wenn er den Zerfall des Staates in Clanstrukturen geradezu positiv sieht (S. 96). Charakterstrukturell weist dies zusammen mit der in Teil 13 erläuterten Oberflächlichkeit trotz aller libertären Lobpreisungen des Kapitalismus auf eine linksliberale Charakterstruktur hin. Kein Orgonom hat etwas gegen Friedrich von Hayek, ganz im Gegenteil, es kommt aber immer darauf an, welche FUNKTION Begriffe wie „Kapitalismus“ im jeweiligen individuellen Weltbild haben. Bei Blankertz ist es die Rebellion gegen den „Vater Staat“, d.h. es handelt sich um den Versuch eine ödipale Verstrickung auf letztendlich pestilente Weise zu lösen: die ganze Gesellschaft soll sich wandeln….

„Erst die Vernunft als außer-natürliche Instanz erschließt uns, daß wir nicht berechtigt sind, andere Menschen oder ganz allgemein andere Lebewesen zu quälen“ (S. 100). Ein Beispiel dieser Vernunft ist etwa der Dieb: ihm dürfe sein Diebesgut abgenommen werden, das er jetzt als sein Eigentum betrachtet, weil er ja selbst den Eigentumsbegriff negiert habe (S. 103). – Genau solche Beispiele zeigen, warum Reich nichts mit derartigen Anarchisten zu tun haben wollte. Sie leben nur im Kopf, in der charakterlichen Fassade und haben keinerlei Blick für die sekundären Triebe.

Blankertz‘ Kritik an der Planwirtschaft (S. 65-73) sind stichhaltig. Reich benutzte diesen Begriff noch immer, als er das Konzept der Arbeitsdemokratie ausformulierte. Aus dem Zusammenhang wird aber deutlich, daß er dabei in keinster Weise etwa an die (später gegründete) DDR dachte, wo wirklich alles ausprobiert wurde von teilweise „sozialistischer Selbstverwaltung“ bis hin zur Kybernetik und „materiellen Anreizen“, sondern vielmehr an den Organismus, der ohne Zweifel ja „planvoll“ funktioniert. (Letztendlich geht diese Wortwahl auf die Marxsche Definition von Arbeit in Das Kapital zurück.)

„Weshalb bloß mußte er die Idee (!, PN) der freiwilligen wirtschaftlichen Interaktion Arbeitsdemokratie nennen, nur um den bösen Begriff Kapitalismus zu vermeiden?“ (S. 66). Er zitiert Reich, daß die Menschen noch so irrational und von sekundären trieben bestimmt sein mögen, „in ihrer Arbeitsfunktion sind sie natürlicherweise dazu verhalten, rational zu sein.“ Dazu meint Blankertz triumphierend, daß das doch eben (frei nach Adam Smith) der Kapitalismus sei, „daß aufgrund der Freiheit des Marktes jeder, ob großherzig oder kleingeistig, gezwungen werde, dem Nächsten zu Diensten zu sein“ (S. 73). Schön, trotzdem gibt es einen gravierenden Unterschied zwischen Arbeitsdemokratie und Kapitalismus: die Arbeitsdemokratie gehört per definitionem zu den bioenergtischen Kernfunktionen, während der Kapitalismus ein ökonomisches System ist. Er umfaßt auch die sekundäre Schicht (beispielsweise brutale Übervorteilung) und die charakterliche Fassade („der Kunde ist König“ – auch wenn man ihn verachtet) und kann entsprechend, „den Charakter verformen“, wie man so schön sagt (siehe das entsprechende Reich-Zitat bei Blankertz S. 88f). Ich verweise auch auf Teil 11.

Reichs „Arbeitsdemokratie“ sei „im Grunde genommen nichts weiter als das Wirtschaften nach dem Prinzip der Freiwilligkeit, ist Kapitalismus“ (S. 88). Dazu ist zu sagen, daß auch Anarchisten nicht „frei-willig“ handeln. Sie sind nämlich in der Abbildung in Teil 13 gezeichneten „Ursünde“ gefangen, der Panzerung. Arbeitsdemokratie bedeutet schlichtweg ungepanzert zu sein, bzw. sie zwingt gepanzerten Menschen ein ungepanzertes Verhalten auf. Im Gegensatz dazu funktioniert der Kapitalismus auch im sekundären, im gepanzerten Bereich.

Was soll man schließlich über Blankertz‘ Ausführungen über Homosexualität und Feminismus (S. 109-117) sagen? Für Reich war Homosexualität unnatürlich, was schlichtweg bedeutet, daß nur der Kontakt zwischen Vagina und Penis und das Fehlen jedweder emotionaler Ambivalenz einen Orgasmus ermöglicht. Ja, man kann auf den Händen gehen oder einen Rollstuhl benutzen, auf einem Bein hüfen oder Skilaufen, aber das ist niemals dasselbe wie „natürliches“ Gehen! Mit „Moral“ hat das alles nichts zu tun, außer daß die gesellschaftliche Unterdrückung der Homosexualität stets die Genitalität mit umfaßt. Und was die Frauenemanzipation betrifft: es geht einzig und allein um den orgonotischen Kontakt zwischen Kind und Mutter, Frau und Mann. Alles andere ist Beiwerk. Blankerts beschäftigt sich nur mit diesem Beiwerk.

Gershon: Der kluge Bauch (2001)

21. März 2017

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Ein neuer Artikel auf http://www.orgonomie.net:

Gershon: Der kluge Bauch (2001)

Bioenergetik und Tod

29. November 2016

In seinem Buch Der Urschock stellt der italienische Reichianer Luigi DiMarchi die These auf, daß alles menschliche Elend aus einem „existentiellen Schock“ stammt, der dem „menschlichen Affen“ widerfuhr, als er spürte, daß er sterblich ist. Wir alle sind zum Tode verurteilt und perverserweise wissen wir nicht mal, wann denn das Urteil vollstreckt wird: morgen oder erst in 50 Jahren! Alle Kultur, Philosophie, Religion und alle politischen Aufstände dienten nur dem Ziel mit dieser unerträglichen Angst fertigzuwerden, die so letztlich die Ursache der Panzerung sei. Gefährlich wird diese Angst dadurch, daß die Menschen ihre Angst paranoid nach außen projizieren würden, und die vermeintlich „bösen“ Gruppen wie „die Juden“, „die Kapitalisten“, „die Roten“, etc. sterben müssen, um so irgendwie mit dem eigenen Tod fertigzuwerden. Aber nicht unsere Mitmenschen, sondern die böse „Stiefmutter Natur“ sei unser wirklicher Gegner, gegen den wir uns humanistisch solidarisieren müßten. Wir müßten unsere Wissenschaft danach ausrichten, endlich mit dem Tod fertigzuwerden. Letztendlich wird dieser Ansatz in die Unmenschlichkeit eines „unsterblichen“ kybernetischen künstlichen Wesens führen, das alle Verbindung zur Natur verloren hat.

Die Alternative zu diesem Ausweg vor dem Tod, eine, die praktisch alle Menschen vor dem Zeitalter der Aufklärung beschritten haben, ist der Mystizismus. Der Mechanist wird sagen, daß dies alles nur Träumereien seien und daß der einzige reale Weg zur Überwindung des Todes in der medizinischen Forschung und der technischen Weiterentwicklung liege. Tatsächlich hängt jedoch der Mechanist weit eher einer Scheinlösung an und dies in zweifacher Hinsicht:

Die Frage nach dem Tod und dem Sinn des Lebens ist eine Frage, „die das Gehirn stellt“. Warum glauben wir, daß diese Frage irgendeine Bedeutung hat?! Das Zentrale Nervensystem, bzw. das Bewußtsein ist nicht die höchste Ausdrucksform des Lebendigen, sondern ein bloßes Werkzeug, um uns in unserer Umwelt zurechtzufinden. Vor vielen Jahren ist die Narbe meiner Fahrradpedalen blockiert, als ich mit ganzer Kraft losradeln wollte. Mit dem Gesicht voran bin ich mit voller Wucht auf den Asphalt geknallt – hätte mein Bewußtsein die Herrschaft behalten, stattdessen hat mein Körper in Bruchstücken einer Sekunde so reagiert, daß mir rein gar nichts passiert ist. Was genau er gemacht hat, weiß ich nicht. Als mein Bewußtsein die Kontrolle wieder innehatte, stand ich verdutzt vor dem vor mir auf dem Boden liegenden Fahrrad. Oder eine Klassenfahrt, als ich ein Kind war: im Kinderheim tobte und alberte ich auf dem Stockbett herum, verfing mich im Bettlacken und knallte mit dem Genick voran aus zwei Meter Höhe auf den Betonboden, – wenn sich nicht mein Körper in der Luft gedreht hätte, so daß ich in einer artistischen Nummer, die ich bewußt nie hingekriegt hätte, irgendwie so flog, daß ich plötzlich unter dem oberen Etagenbett hing und mich kopfüber mit allen Vieren am Bettgitter festklammerte. Eine artistische Spitzenleistung! Das Bewußtsein ist, wenn es wirklich ums Überleben geht, nichts weiter als ein alberner Störfaktor. Zu glauben, daß das Denken uns irgendwas über „Leben und Tod“ sagen könnte, ist eine Idiotie! Der Mystiker versucht zumindest Zugang zu diesem Geheimnisvollen zu finden, das jenseits des Denkens in uns wohnt – das wir sind: „Hinter deinen Gedanken und Gefühlen, mein Bruder, steht ein mächtiger Gebieter, ein unbekannter Weiser – der heißt Selbst. In deinem Leibe wohnt er, dein Leib ist er“ (Nietzsche).

Überhaupt unser ach so wertvolles Bewußtsein! Bewußtsein ist kein „Ding“, keine „Seele“, kein „kleiner Mann im Kopf“ oder sonst etwas, was eine Ausdehnung und einen Ort hätte. Es gehört, zusammen mit Phänomenen wie die Genetik oder die Gravitation, zum orgonotischen Funktionsbereich der „gleichzeitigen Wirkung“, die dem Mechanisten prinzipiell nicht zugänglich ist. Ohne „Fernwirkung“ wäre die Gravitation unerklärlich oder wie in jeder einzelnen Körperzelle der gesamte Körper codiert sein kann – oder wie ein materieller Zellhaufen so etwas wie „Bewußtsein“ entwickeln kann. Mystiker mit ihrem Glauben an die Unsterblichkeit haben zumindest ein Gespür dafür, daß das Bewußtsein außerhalb der materiellen Welt steht.

Die Schwerkraft funktioniert so, als gäbe es zwischen den Objekten keinen Raum. Die Gene funktionieren, als gäbe es keine Zeit, die die aufeinanderfolgenden Ereignisse voneinander trennt. Das Bewußtsein hat keine räumliche Ausdehnung, im Gedächtnis ist die Zeit aufgehoben. Die Mystiker liegen nicht vollkommen falsch!

Der Zeitgeist und Donald Trump

16. November 2016

Heute haben wir es weltweit mit zwei Bewegungen zu tun: erstens der Zeitgeist-Bewegung und zweitens der libertär-konservative Bewegung um Donald Trump.

Es ist der alte Gegensatz von Sozialismus und Freiheit, Marxismus und Kapitalismus, Mechano-Mystizismus und Funktionalismus in einem zeitgemäßen Gewande.

Die Kernidee der Zeitgeist-Bewegung ist die Ablösung der derzeitig vorhandenen Ökonomien durch eine geldfreie und „ressourcenbasierte Wirtschaft“. Die Zeitgeist Bewegung wirbt für den Ersatz von menschlicher Arbeit durch die Automatisierung und den der Regierung durch die kollektive Anteilnahme der Bürger mit Unterstützung von Technik und erweiterter Kybernetik.
Als einer der Gründe für die derzeit großen sozialen Probleme der Menschen werden die vorherrschenden Formen menschlicher Entscheidungsfindungsprozesse angesehen. Daher sollen tragfähige Entscheidungen auf der Grundlage von wissenschaftlichen Methoden erfolgen, die die Ressourcenkapazität der Erde berücksichtigen. Die Unterstützung menschlicher Entscheidungen durch Künstliche Intelligenz wird „Soziale Kybernetisierung“ genannt. Eigentum wird nicht abgeschafft, es soll aber während des angestrebten Kulturzuwachses an Bedeutung verlieren und durch Gewährleistung der kostenfreien Verfügbarkeit von Dingen gelöst werden.

Mit anderen Worten, wir werden frei – indem wir alle an einen Supercomputer angeschlossen werden, der uns versorgt (das „Venus-Projekt“). Darum geht es letztendlich jenen, die angesichts von Donald Trump ihren Lebenstraum zerstört sehen. All der Unsinn mit „globaler Erwärmung“, „Rassismus“, „Gerechtigkeit“, all diese linksliberale, grünrote Kackscheiße dreht sich darum, daß uns das Genick gebrochen werden soll, damit wir uns dem Supercomputer unterwerfen. Unter unseren Augen ist in den letzten zwei Jahrzehnten eine ganze Generation herangewachsen (die zombiefizierte „Day Care Generation“), die sich lieber heute als morgen der Endlösung aller menschlichen Probleme hingeben würde. Sie sitzen ja ohnehin schon Tag und Nacht vor ihren Computern und Smartphones. Hillary war ihre Führerin ins kommunistische Paradies.

Trump ist für sie der absolute Horror, weil er für Arbeit, Risiko, Ungleichheit, Konkurrenz, Verantwortung, Körperlichkeit, Eigeninitiative, für die Bewegung der Orgonenergie im Körper steht. Er ist buchstäblich dabei den Supercomputer zu zertrümmern: die vollkommene Kontrolle unserer Gedanken durch Political Correctness, die vollkommene Kontrolle unserer Körper durch „Ressourcenorientierung“ und die vollkommene Zerschlagung unserer sozialen Beziehungen durch „offene Grenzen“. Alles Dinge, die man bereits im Kommunistischen Manifest findet. Mit Trump wird dieser (Alp-)Traum eines kommunistischen Paradieses auf Erden erneut zertrümmert werden. Er scheitert am ersten Zusatz der Verfassung der Vereinigten Staaten und sollte das nicht reichen, gibt es noch den zweiten Zusatz der Verfassung der Vereinigten Staaten, um Kommunisten in die Hölle zurückzuschicken:

Zum Tod von Hans Hass

23. Juni 2013

Hans Hass hat mich mein ganzes Leben über begleitet. Eines meiner Schätze war stets ein Buch meines Vaters, das wie ein Wunder den Krieg, die Kriegsgefangenschaft und die 10jährige Emigration von Karl-Heinz Nasselstein überlebt hat: Fotojagd am Meeresgrund (1942). Die Photos in dem Buch haben mich damals zutiefst beeindruckt, sich von klein an unauslöschlich in mein Hirn gebrannt, ich habe nachher niemals mehr etwas „Mystischeres“ gesehen. Später sah ich im Fernsehen seine Reiseberichte und eine Wiederholung seiner Dokumentationsreihe „Wir Menschen“. Viele Jahre danach blieb mein Blick in der Hamburger Zentralbücherhalle an einem breiten Buchrücken mit der Aufschrift „Energon“ haften. Energon?! Wie Orgon? Meine Überraschung war groß, als sich herausstellte, daß der Verfasser Hans Hass war. Mein Hans Hass! Auch zeigte sich sehr bald, daß kein anderer Denker jemals so nahe an Reichs Orgonomischen Funktionalismus herangekommen ist wie Hans Hass. Ich habe über seine Arbeit einen Artikel geschrieben, dem er in mehreren Telefonaten („Warum haben Sie sich nie bei mir gemeldet?“ „Ähhhh, nun ja, Herr Professor…..“) und einem kurzen Briefwechsel ausdrücklich zugestimmt hat. Sein einziger Einwand war, daß ich die „innere Front der Energone“ nicht thematisiert hatte.

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Hans Hass war ein Universalgenie vom Kaliber eines DaVinci, Goethe und Reich. Daß die Energon-Theorie nie allgemeine Anerkennung gefunden hat, war die größte Enttäuschung seines Lebens. Jahrzehnte hatte er darum gerungen, daß irgendwo eine Lücke, ein innerer Widerspruch oder gar eine umfassende Widerlegung seiner Theorie vorgebracht werde. Nichts! Die Energon-Theorie ist schlicht und ergreifend wahr, d.h. sie befindet sich, soweit wir es bis heute beurteilen können, in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit, trotzdem – oder gerade deshalb – wird sie ignoriert. Die Menschen haben eine instinktive Angst vor dem funktionalistischen Denken, da es scheinbar zusammenhanglose Dinge miteinander in Beziehung bringt. Auf diese Weise gefährdet es die Panzerung, deren Funktion darin besteht, Zusammenhanglosigkeit herzustellen.

Hass betrachtete Lebewesen nicht primär als materielle Gebilde, sondern als energetische Leistungsgefüge, die er entsprechend als „Energone“ bezeichnete. Jedes Energon stellt ein energieakkumulierendes Potential dar. Es besitzt also die Fähigkeit, aus der Umwelt mehr freie, arbeitsfähige Energie zu gewinnen, als es selbst verbraucht. Es besteht aus dem Zellkörper und einem „Leistungskörper“. Sie können identisch sein, doch der Leistungskörper kann auch aus Einheiten bestehen, die nicht zum Zellgefüge gehören, z.B. dem Fangnetz einer Spinne. Das Netz ist nicht etwa nur das Werk der Spinne, vielmehr ist es aus Sicht der Energiebilanz der Spinne ein unverzichtbares „zusätzliches Organ“, so daß erst beide zusammen einen voll funktionsfähigen Organismus, bzw. ein Energon ausmachen. An dieses Leistungsgefüge und nicht nur an den Zellkörper setzt die natürliche Auslese an. Das gilt sowohl für die Spinne und ihr Netz, als auch etwa für den Handelsvertreter und sein Auto.

Sämtliche Energone müssen ausnahmslos folgende sechs Grundleistungen erbringen:

  1. Energieerwerb, da ohne arbeitsfähige Energie überhaupt jeder Prozeß unmöglich wäre;
  2. Erwerb benötigter Stoffe für Aufbau, Wachstum und Fortpflanzung;
  3. Abwehr widriger Umwelteinwirkungen, worunter auch die Abwehr von Konkurrenten fällt, die die gleichen Energie- und Stoffquellen nutzen wollen;
  4. Nutzung günstiger Umweltfaktoren, worunter auch die Nutzung der Leistungen anderer Energone zu zählen ist;
  5. Fortpflanzung, die die Fortexistenz wohl nicht des einzelnen Energons aber der Energonart sichert; und
  6. Strukturverbesserung, die für die Anpassung und Höherentwicklung der Energone verantwortlich ist und so die Entfaltung des Lebens sichert.

Außerdem müssen alle Energone (wie auch jeweils jedes einzelne ihrer Bestandteile) bei diesen Leistungen drei Effizienzkriterien erfüllen, um im Überlebenskampf bestehen zu können:

  1. muß jede lebensnotwendige Leistung mit möglichst geringer Energieausgabe „kostengünstig“ erfolgen;
  2. muß man sich auf die Güte dieser Leistungen verlassen können, d.h. auf ein günstiges Verhältnis zwischen den Bemühungen zur Leistungserbringung und den Fehlschlägen (Hass spricht von der „Präzision“, mit der das leistungserbringende Organ zu seiner Aufgabe paßt); und
  3. ist es auch entscheidend, wieviel Zeit die jeweilige Leistung in Anspruch nimmt.

Dabei ist zwischen der Aufbau- und Funktionsperiode der leistungserbringenden Organe zu unterscheiden und in letzterer wiederum zwischen den Phasen der Funktionsausübung, der Ruhe und der Funktionsumstellung. Zusammen ergibt das zwölf Kriterien, mit deren Hilfe man den „Selektionswert“ alles Lebendigen erfassen kann. Es handelt sich um die unaufhebbaren objektiven Grundlagen der gesamten lebenden Natur vom primitivsten Einzeller bis zur höchsten Ausformungen des menschlichen Wirtschafts- und Staatswesens. Es ist das unveränderbare energetische Grundgerüst des Energons.

Hass beschrieb vier Arten von Energonen. In der ersten Phase der Evolution bauen „Keimzellen“ zwei Arten von Energonen auf, deren grundlegend unterschiedlicher Bauplan durch ihren Energieerwerb bestimmt wird: die Pflanzen, die als „Parasiten der Sonne“ leben, und die Tiere, die ihrerseits Parasiten der Pflanzen sind. Hier sind die beiden Funktionen „aufbauendes Rezept“ und „Steuerung“ noch im Genom konzentriert. Mit der Entwicklung des Menschen verlagerte sich die Steuerung zunehmend auf das Gehirn, das darüber hinaus „künstliche“ Verhaltensrezepte aufbauen kann. Damit kann man den Menschen funktionell mit den Einzellern vergleichen, aus denen die Vielzeller hervorgegangen sind. Hass:

Wie bis heute jeder vielzellige Organismus aus einer Einzelzelle – der Keimzelle – hervorgeht, so haben auch die größeren Leistungskörper, die der Mensch aus zusätzlichen Organen aufbaut, stets einen oder mehrere Menschen als steuerndes Zentrum. Ich bezeichne die größeren Lebenseinheiten als Hyperzeller und behaupte, daß sie die Evolution der Einzeller und der Vielzeller unmittelbar fortsetzen.

Jeder Hyperzeller, der auf dem Markt mit neuen speziellen Leistungen erfolgreich ist, z.B. indem er Schuhe produziert, begründet eine neue „Art“, denn andere Menschen werden durch den Erfolg dazu motiviert, entsprechende Hyperzeller aufzubauen, d.h. in diesem Fall Schuster zu werden. Die verschiedenen Berufsformen sind dabei ebenso der natürlichen Auslese unterworfen, wie vorher die pflanzlichen und tierischen Energone. In dieser Beziehung besteht keinerlei Unterschied zwischen den Arten im Pflanzen- und Tierreich einerseits und den „Berufsarten“ bei den Hyperzellern andererseits. Hass:

Sowohl die Hersteller benötigter Produkte wie auch die Dienstleistungserbringer und die Vermittler spezialisierten sich auf immer neue Berufe, erschlossen sich so immer neue Nischen, immer neue Lebensmöglichkeiten. Hier wie dort wurden Arten durch andere verdrängt, die besser angepaßt und somit effizienter waren, und starben dann aus. Hier wie dort bestand zwischen den Artgenossen ein besonders heftiger Konkurrenzkampf, während Angehörige anderer Arten indifferent behandelt wurden, weil sie die eigenen Interessen nicht berührten. Hier wie dort kam es zu Interessengemeinschaften und mannigfaltigen Abhängigkeiten. So setzten die Hyperzeller, obwohl sie sich äußerlich und in ihrem Verhalten so ausgeprägt von Tieren und Pflanzen unterscheiden, in ganz analoger Weise die Bildung von Arten fort.

In der zweiten Evolutionsphase wird jedoch die artgleiche Evolution überwunden, d.h. jeder einzelne Hyperzeller kann Ursprung eines vollkommen andersgearteten Hyperzellers werden. Dies ist möglich, weil sich die Arten nicht mehr über das Genom fortpflanzen, sondern über Sprache und Schrift, z.B. durch Anleitungen für die Schuhherstellung.

Die Hyperzeller leben von dem Bedarf anderer Hyperzeller, d.h. ihre Energiequelle ist der Absatzmarkt. Dabei sind der Vielzeller Mensch und der betreffende Hyperzeller nicht identisch. Der Tod des Hyperzellers, z.B. der Konkurs eines Schuhmachers, weil dieser Hyperzeller mangels Nachfrage von Schuhen „verhungert“ ist, greift nur in seltenen Ausnahmefällen auf seine menschliche Keimzelle über, die ihrerseits verhungern könnte. Als einziges Lebewesen überhaupt kann der Mensch seinen Leistungskörper – oder anders gesagt, kann sich der Hyperzeller – nach Belieben verändern und den Gegebenheiten anpassen. Ein weiterer evolutionärer Sprung, auf dem vor allem der ungeheuerliche evolutionäre Erfolg der Hyperzeller beruht, ist, daß der Hyperzeller, mit Hilfe des zusätzlichen Organs „Geld“, mit einer einzigen Spezialleistung, z.B. die Herstellung von Schuhen, an die Produkte aller anderen Spezialleistungen herankommen und mit ihnen seinen eigenen Leistungskörper, seinen „Berufskörper“ ergänzen kann.

Die vierte Art von Energon ist der Hyperzeller höherer Integration, die Erwerbsorganisation. Dazu schreibt Hass:

Ebenso, wie vor mehr als einer Milliarde Jahren manche Arten von Einzellern dazu übergingen, größere, vielzellige Lebewesen zu bilden, kam es auch bei den Hyperzellern zur Bildung von größeren, auf gemeinsame Aufgaben ausgerichteten Erwerbsorganisationen. Und ähnlich, wie im vielzelligen Körper die Zellen größere, leistungsfähigere Organe aufbauen – zum Beispiel die aus vielen Zellen bestehenden Flossen, Augen und Knochen –, so bestehen auch in den größeren, von Tausenden von Hyperzellern gebildeten Lebenskörpern „Abteilungen“, die auf bestimmte Aufgaben ausgerichtet sind, in Wirtschaftsunternehmen etwa die aus zahlreichen Hyperzellern gebildete Betriebsleitung samt ihren ausführenden Organen, die Produktionsabteilung, die Verkaufsabteilung und andere.

Zentrum des Berufskörpers ist stets ein einzelner Mensch, während Unternehmen und Staaten überindividuell organisiert sind, so daß auch der Eigentümer ersetzbar ist und Menschengruppen zum Zentrum werden können. Im Gegensatz zum Berufskörper wird der Mensch in der aus Berufskörpern aufgebauten Erwerbsorganisation zur ersetz- und austauschbaren Einheit.

Mit der Erwerbsorganisation hat sich in der Evolution, Hass zufolge, endlich das Energon von der Last des „föderativen Aufbaus“ befreit. Zum Beispiel wurde vorher jede Zelle mit dem Unterhalt eines eigenen Kraftwerkes, den Mitochondrien, belastet. Erst bei der Erwerbsorganisation ist jede erdenkliche Funktionszusammenfügung möglich geworden, z.B. benötigt nicht jeder einzelne Berufskörper einen eigenen Elektrogenerator. Damit ist die Erwerbsorganisation effizient wie kein Energon zuvor. Die Erwerbsorganisationen stellen den nicht weiter zu steigernden Höhepunkt der Evolution dar. Sie sind die größten Organismen überhaupt und könnten theoretisch die Ausmaße einer ganzen Galaxie annehmen. Doch trotz dieses quantitativ unbegrenzten Wachstums haben mit ihnen die Energone doch den nicht überschreitbaren qualitativen Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht, denn eine Vereinigung von Erwerbsorganisationen wäre doch nur eine weitere Erwerbsorganisation.

Uns, die wir in solchen Erwerbsorganisationen arbeiten, ist es praktisch unmöglich zu erfassen, daß es sich um Organismen handelt. Einem Einzeller, z.B. einem Weißen Blutkörperchen, müßte es, hätte es Bewußtsein, genauso widersinnig vorkommen, den Menschen, in dem es steckt und dessen integraler Bestandteil es ist, als einen Organismus zu betrachten. Wir sind abhängig von unserem beschränkten perspektivischen Blick, den wir erst mit Hass‘ Energontheorie überwinden können.