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David Holbrook, M.D.: Liebe, Arbeit, Wissen, Freude, Ideenbildung, Wahrheit, Gegenwahrheit, Emotionelle Pest und Strömungen / Über Panikattacken und „Lustangst“

31. März 2024

DAVID HOLBROOK, M.D.:

Liebe, Arbeit, Wissen, Freude, Ideenbildung, Wahrheit, Gegenwahrheit, Emotionelle Pest und Strömungen

Über Panikattacken und „Lustangst“

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 109)

19. Februar 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Warum war die Marxsche, d.h. die katholische, d.h. die Aristotelische Werttheorie, daß Wert einzig und allein auf menschliche Arbeit zurückgeht, für Reich so wichtig?

Erstmal, wofür stand sie bei Marx selbst? Ganz einfach, sie war eine anti-Stirnersche Idee, DIE anti-Stirnerische Idee! Denn was bedeutet die Arbeitswerttheorie anderes als „Ora et labora“: bete die Ideen, die verinnerlichten gesellschaftlichen Hierarchien, an und ordne dich ein! Um nichts anderes geht es.

Dagegen steht die „bürgerliche“ Werttheorie: ICH bewerte die Dinge!

Marx nennt Waren „Kristalle der ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz“. Diese „Substanz“ ist die menschliche Arbeit, gemessen in abstrakten Stunden der „gesellschaftlich notwendigen Arbeit“, d.h. was der einzelne Arbeiter macht, wie er arbeitet, ist egal, denn es geht einzig und allein um den abstrakten „Durchschnittsarbeiter“.

Reich war von diesem Konzept fasziniert. Es gemahnt ein wenig an Bione als „Kristallisationen von Orgonenergie“. Dabei hat Reich das Problem nicht erkannt, daß man zwar Freuds Libido messen kann (oder besser gesagt, man kann die Bio-Elektrizität und letztlich die Orgon-Energie als Äquivalent zu Freuds Libido messen), es aber unmöglich ist, die lebendige Arbeitskraft von Marx meßtechnisch zu erfassen.

Man kann den (Marx’schen) „Wert“, sagen wir, dieses Bleistifts nicht messen. Was man aber messen kann, ist meine libidinöse Bindung an den besagten Bleistift. Ich bevorzuge blaue Bleistifte und dementsprechend kann man meine orgonotische Aufladung messen, d.h. mein „Verlangen nach blauen Bleistiften“. Ich schätze Bleistifte. Im Gegensatz dazu habe ich nicht die leiseste Ahnung, wie ich den völlig abstrakten Wertbegriff von Marx sowohl mit der Orgasmustheorie als auch mit der Entdeckung des Orgons in Verbindung bringen soll.

Aber zurück zu Marx: In der kapitalistischen Gesellschaft gibt es Ausbeutung. Aber diese Ausbeutung kann man nicht mit der abstrakten Werttheorie von Marx fassen, sondern nur unter dem Aspekt der Macht: Die Mächtigen beuten die Ohnmächtigen aus. So einfach ist das. Um letztere zu ermächtigen, muß man sie von der letzten Quelle ihrer Machtlosigkeit (Abhängigkeit) befreien: Man muß sie von ihrer Panzerung, den besagten verinnerlichten Hierarchien, dem Über-Ich, befreien, um sie unabhängig zu machen.

Reich versuchte die Massen davon zu überzeugen, daß sie, bzw. ihre Arbeit, die Quelle aller Werte sind und daß es gilt diese „lebendige Produktivkraft“, die organismische Orgonenergie, zu befreien. Wie gesagt, klingt gut, macht aber sowohl orgonenergetisch wenig Sinn (da die Arbeitswerttheorie so mystisch ist wie die katholische Transsubstantiationslehre) und impliziert das Gegenteil dessen, was Reich zum Ausdruck bringen wollte (weil es EXPLIZIT gegen die Selbststeuerung gerichtet ist).

Interessanterweise ist die Werttheorie, Marx zufolge, selbst von der Gesellschaftsordnung abhängig, d.h. in der kommunistischen Gesellschaft spielt sie keine Rolle mehr und der Wert ist tatsächlich nur noch die „Be-Wertung“: jeder wird das erhalten, wonach ihm gerade ist – dazu gleich mehr. Das impliziert, daß die Werttheorie nun wirklich nichts mit Arbeitsdemokratie und gar dem Orgon zu tun haben kann.

In seiner einfach nur peinlichen „Kritik am Gothaer Programm“ von 1875, die Wilhelm Liebknecht nicht ohne Grund unter Verschluß hielt, und etwa August Bebel diesen schieren Unsinn mit Bedacht vorenthielt, und die erst 1891 veröffentlicht wurde; also in diesem Machwerk schlug Marx allen Ernstes vor, die SPD solle dafür eintreten, daß, nachdem die Produktionsmittel in „Gemeingut“ übergegangen sind,

die Produzenten ihre Produkte nicht aus(tauschen); ebensowenig erscheint hier die auf Produkte verwandte Arbeit als Wert dieser Produkte, als eine von ihnen besessene sachliche Eigenschaft, da jetzt, im Gegensatz zur kapitalistischen Gesellschaft, die individuellen Arbeiten nicht mehr auf einem Umweg [also über den Markt, PN], sondern unmittelbar als Bestandteile der Gesamtarbeit existieren. (…) Demgemäß erhält der einzelne Produzent – nach den Abzügen – exakt zurück, was er ihr gibt. Was er ihr gegeben hat, ist sein individuelles Arbeitsquantum. Z.B. der gesellschaftliche Arbeitstag besteht aus der Summe der individuellen Arbeitsstunden. Die individuelle Arbeitszeit des einzelnen Produzenten ist der von ihm gelieferte Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags, sein Anteil daran. Er erhält von der Gesellschaft einen Schein, daß er soundso viel Arbeit geliefert (nach Abzug seiner Arbeit für die gemeinschaftlichen Fonds), und zieht mit diesem Schein aus dem gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln soviel heraus, als gleich viel Arbeit kostet. Dasselbe Quantum Arbeit, das er der Gesellschaft in einer Form gegeben hat, erhält er in der andern zurück.

Die, die mehr arbeiten können, stärker und intelligenter sind, erhalten also mehr an den Verteilungsstellen. Aber gemach aus der Kaserne wird schließlich im vollendeten Kommunismus ein Siechenheim:

In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen – erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!

Das wirre Geseiere eines halbirren, weltfremden Dystopisten!

Warum dann überhaupt die Werttheorie bei Marx? Sie soll die Vergesellschaftung, die Ent-Eignung rechtfertigen, unabhängig von allen äußeren Bedingungen, d.h. selbst wenn alle Arbeiter Millionäre wären. Oder wie Marx es in seinen Randglossen ausdrückt:

(…) der Arbeitslohn (ist) nicht das ist, was er zu sein scheint, nämlich der Wert respektive Preis der Arbeit, sondern nur eine maskierte Form für den Wert resp. Preis der Arbeitskraft. Damit war die ganze bisherige bürgerliche Auffassung des Arbeitslohnes sowie die ganze bisher gegen selbe gerichtete Kritik ein für allemal über den Haufen geworfen und klargestellt, daß der Lohnarbeiter nur die Erlaubnis hat, für sein eignes Leben zu arbeiten, d.h. zu leben, soweit er gewisse Zeit umsonst für den Kapitalisten (daher auch für dessen Mitzehrer am Mehrwert) arbeitet; daß das ganze kapitalistische Produktionssystem sich darum dreht, diese Gratisarbeit zu verlängern durch Ausdehnung des Arbeitstages oder durch Entwicklung der Produktivität, größere Spannung der Arbeitskraft etc.; daß also das System der Lohnarbeit ein System der Sklaverei, und zwar einer Sklaverei ist, die im selben Maß härter wird, wie sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit entwickeln, ob nun der Arbeiter bessere oder schlechtere Zahlung empfange.

Letztendlich geht es um MORAL: der Kapitalismus ist unmoralisch und die Arbeiter sollen sich einer moralischen Mission unterwerfen. Moral ist der Kern des Marxismus. Marxismus ist Frömmelei und das auf eine theoretisch fast undurchschaubare Weise. Sie wird aber unmittelbar sichtbar im moralistischen Affekt, der wirklich alle Marxisten auszeichnet und einem sofort ins Auge springt. Pfaffen der allerübelsten Sorte! Oder mit Stirner: unsere vermeintlichen „Atheisten“ sind fromme Leute!

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 104)

6. Februar 2024

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Marx hat 1844 vor Kenntnisnahme von Stirners Der Einzige und sein Eigentum bereits die Grundlagen seiner ökonomischen Theorie ausgearbeitet im entsprechenden Teil seiner Pariser Manuskripte. Danach konzentrierte er sich eineinhalb Jahrzehnte auf seine politische und journalistische Arbeit in Köln, Paris, Brüssel und London, so als fliehe er eine Auseinandersetzung bzw. zögere diese hinaus. Erst 1857/58 befaßte er sich wieder grundsätzlich mit der Ökonomie in seinen Grundrissen der Politischen Ökonomie.

Was hatte sich unter dem nachwirkenden Einfluß Stirners in diesen Zwischenjahren geändert? Marx‘ „politökonomischer“ Fokus richtete sich weg vom Markt hin auf die Produktion und von dem Begriff „Arbeit“ auf den der „Arbeitskraft“. Auf einen abstrakten Nenner gebracht, stellte er nicht mehr den Raum (das „Austauschen“ und Wirken im Raum des Marktes) in den Mittelpunkt, sondern die Zeit. Einerseits die Arbeitszeit des Arbeiters, die der Kapitalist sich aneignet (den Mehrwert) und andererseits die Verkleinerung des Raumes durch das Kapital, das alles beschleunigt (sozusagen „verzeitlicht“) und aus dem ganzen Planeten („Weltmarkt“) ein bloßes Dorf macht. Das sozusagen „raumfressende“ Kapital schafft so etwas wie „Frei-Zeit“, die durch den immer weiteren Einsatz von Maschinen (und damit der Zurückdrängung der einzig wertschaffenden menschlichen Arbeit) einerseits das Kapital selbst untergräbt, gleichzeitig damit aber auch die zukünftige kommunistische Gesellschaft vorbereitet, in der die „Freizeit“ allen zukommen wird, wie einst am Anfang der Entwicklung als im „Dorf des Urmenschen“ alles Gemeingut war.

Und was genau hat das mit Stirner zu tun? Das wird offensichtlich, wenn man sich die zentrale Stelle der Grundrisse der Politischen Ökonomie zu Gemüte führt. In einer auf das Kapital gegründeten Produktion komme es zur

Entwicklung von einem stets sich erweiternden und umfassenden System von Arbeitsarten, Produktionsarten, denen ein stets erweitertes und reicheres System von Bedürfnissen entspricht. Wie also die auf das Kapital gegründete Produktion einerseits die universelle Industrie schafft – d.h. Surplusarbeit, wertschaffende Arbeit –, so anderseits ein System der allgemeinen Exploitation der natürlichen und menschlichen Eigenschaften, ein System der allgemeinen Nützlichkeit, als dessen Träger die Wissenschaft selbst so gut erscheint wie alle physischen und geistigen Eigenschaften, während nichts als An-sich-Höheres, Für-sich-selbst-Berechtigtes, außer diesem Zirkel der gesellschaftlichen Produktion und Austauschs erscheint. So schafft das Kapital erst die bürgerliche Gesellschaft und die universelle Aneignung der Natur wie des gesellschaftlichen Zusammenhangs selbst durch die Glieder der Gesellschaft. Hence the great civilising influence of capital; seine Produktion einer Gesellschaftsstufe, gegen die alle früheren nur als lokale Entwicklungen der Menschheit und als Naturidolatrie erscheinen.

Darauf folgen Sätze, als würde Marx Stirner paraphrasieren:

Die Natur wird erst rein Gegenstand für den Menschen, rein Sache der Nützlichkeit; hört auf, als Macht für sich anerkannt zu werden; und die theoretische Erkenntnis ihrer selbständigen Gesetze erscheint selbst nur als List, um sie den menschlichen Bedürfnissen, sei es als Gegenstand des Konsums, sei es als Mittel der Produktion, zu unterwerfen. Das Kapital treibt dieser seiner Tendenz nach ebensosehr hinaus über nationale Schranken und Vorurteile wie über Naturvergötterung und überlieferte, in bestimmten Grenzen selbstgenügsam eingepfählte Befriedigung vorhandener Bedürfnisse und Reproduktion alter Lebensweise. Es ist destruktiv gegen alles dies und beständig revolutionierend, alle Schranken niederreißend, die die Entwicklung der Produktivkräfte, die Erweiterung der Bedürfnisse, die Mannigfaltigkeit der Produktion und die Exploitation und den Austausch der Natur- und Geisteskräfte hemmen.

Jedoch… – so Marx weiter:

Daraus aber, daß das Kapital jede solche Grenze als Schranke setzt und daher ideell darüber weg ist, folgt keineswegs, daß es sie real überwunden hat, und da jede solche Schranke seiner Bestimmung widerspricht, bewegt sich seine Produktion in Widersprüchen, die beständig überwunden, aber ebenso beständig gesetzt werden. Noch mehr. Die Universalität, nach der es unaufhaltsam hintreibt, findet Schranken an seiner eignen Natur, die auf einer gewissen Stufe seiner Entwicklung es selbst als die größte Schranke dieser Tendenz werden erkennen lassen und daher zu seiner Aufhebung durch es selbst hintreiben. (MEW 42, S. 323f)

Die gesamte Argumentationsweise erinnert fatal an Stirner und seiner Darstellung der Entwicklung des „Einzigen“, indem der sich von seinen animistischen und später mystischen Wahnideen immer weiter emanzipiert, die Gespenster bzw. Denkgespinste vertreibt und zum „Einzigen“ wird. Bei Marx ist dieser „Einzige“ eindeutig das „Kapital“, das den Menschen emanzipiert, die Welt schrumpfen und damit handhabbar macht und die Bedingung der Freiheit, die konkret nichts anderes als „Frei-Zeit“ ist, schafft. Gleichzeitig ist das Kapital aber auch die letzte Verkörperung, die letzte Kulmination der Entfremdung und seine Überwindung, die gleichzeitig seine Selbstaufhebung ist, befreit den Menschen von der schlimmsten denkbaren Ausbeutung.

Marx konnte Stirner unmöglich widerlegen, daran war bereits Feuerbach kläglich gescheitert und alle anderen Kritiker bis zum heutigen Tag. Marx tat etwas anderes: er übertrug Stirners weitgehend anthropologisch/psychologisch orientierten Ausführungen auf den Bereich der Ökonomie, dämonisierte dabei den „Einzigen“ in Gestalt des Kapitals, dessen Überwindung zum voll entfalteten „Gattungswesen“ Feuerbachs führt. Das Kapital wird vergesellschaftet, genauso wie das Ich vergesellschaftet wird. Darum (letztendlich im das Über-Ich) dreht sich der gesamte Marxismus von jeher. Das muß man immer im Auge behalten, wenn Marxisten insbesondere Reich „widerlegen“.

Oberflächlich mag es so aussehen, als wären zwischen 1844 und 1858 Marx‘ einst noch weitgehend voneinander getrennte Politökonomie und sein Hegelianismus zu einem unauflösbaren Amalgam miteinander verschmolzen, doch tatsächlich versuchte Marx in der reifen Phase seines Ökonomismus Stirner sozusagen „zu überholen, ohne ihn einzuholen“. Die ganze berühmte Marxistische Dialektik (oben beispielsweise die „widersprüchliche“ Janusgesichtigkeit des Kapitals als Welterlöser, der gleichzeitig der denkbar schlimmste Teufel ist) ist nichts anderes als Ausdruck der ständigen Auseinandersetzung mit Stirner. Ähnliches läßt sich über Nietzsche sagen – womit wir die gesamte Geistesgeschichte der letzen 150 Jahre entschlüsselt haben! „Wir“? LASKA!

Nachbemerkung: „Der Einzige und sein Eigentum“ und sozusagen „das Kapital und sein Eigentum“? Was ist denn das für eine bizarre Gleichsetzung? Hallo! „Der Einzige und sein Eigentum“! Im übrigen findet sich, einer Notiz Laskas zufolge, ähnliches bei Carl Schmitt: „der Staat“ tritt an die Stelle von Stirners „Einzigem“.

Stirners „Gespinste“ tauchen im Kapital auf, wo Marx den „Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis“ wie folgt lüftet: in der „Nebelregion der religiösen Welt (…) scheinen die Produkte des menschlichen Kopfes mit eigenem Leben begabte, untereinander und mit den Menschen in Verhältnis stehende selbständige Gestalten (zu sein). So in der Warenwelt die Produkte der menschlichen Hand. Dies nenne ich den Fetischismus, der den Arbeitsprodukten anklebt, sobald sie als Waren produziert werden, und der daher von der Warenproduktion unzertrennlich ist“ (MEW 23, S. 86f).

Gold und Bitcoin. Eine orgonometrische Analyse (Teil 2)

22. November 2023

Echtes Geld sind nur Edelmetalle (insbesondere Gold) und Kryptowährungen (insbesondere Bitcoin). Beide haben einen intrinsischen Wert, denn selbst Kryptowährungen muß man unter immer enormeren Energieaufwand „schürfen“, bis schließlich auch beispielsweise der letzte Bitcoin das Licht der Welt erblickt hat.

Beide Funktionen, die Tausch- und die Wertspeicherfunktion, ermöglichen erst die Arbeitsdemokratie, weil man sich zu etwas langfristig verpflichten kann. Die Aufbewahrungsfunktion des Geldes sorgt für die Aufrechterhaltung der bioenergetischen Spannung. Man denke etwa daran, daß mir Montag Brötchen gezeigt werden, die ich dann nach einer Woche Arbeit als Lohn erhalte. Mit jedem Tag muß ich zusehen, wie die Brötchen mehr und mehr vertrocknen und damit meine Arbeit wertloser wird. Wenn ich sie schließlich am Freitag ausgehändigt bekomme, werde ich diese steinharten Brötchen gegen nichts eintauschen können und damit reißt das arbeitsdemokratische Netz.

Wir sehen das gerade mit dem weltweiten Zerfall der Zentralbankwährungen. Der Dollar, der Euro, der Yen, etc. sind nichts anderes als strukturgewordene Emotionelle Pest, was uns zu der zentralen Gleichung jedweder Ökonomik führt (Robert A. Harman):

Die Arbeitsdemokratie kann zumindest langfristig nur mit Gold, Bitcoin etc. funktionieren.

Was ist Arbeitsdemokratie? Wie bereits Marx ahnte, verwandelt sich, wie anfangs anhand der Schöpfungsfunktion erläutert, Arbeit (ein Ablauf in der Zeit t, ein Nacheinander) in ein Arbeitsprodukt, ein Objekt, das Raum einnimmt (Länge [L], ein Nebeneinander) (Harman):

Diese Zeitlosigkeit, „Gleichzeitigkeit“ des Universalschlüssels Geld, das überall gegen alles getauscht werden kann, wird durch das Fiatgeld, das eine Halbwertzeit hat und damit der Zeit unterliegt, unterminiert.

Umgekehrt kann sich Geld in alles verwandeln, einfach indem man den gewünschten Gegenstand kauft:

Das macht das Geld erst zum Universalschlüssel. Auch diese Funktion wird durch Fiatgeld zersetzt, das bei näherer Betrachtung alles andere als ein „alles anziehender“ Papierfetzen ist.

Das führt uns schließlich zur Pulsationsgleichung, die den Wirtschaftskreislauf beschreibt (Charles Konia):

Der Produzent erhält für sein Arbeitsprodukt (L) Geld und ich erhalte für mein Geld sein Arbeitsprodukt.

Je niedriger die „Pulsationsfrequenz“ ist, desto fester ist die Gemeinschaft geknüpft, da Abhängigkeitsverhältnisse entstehen. Es ist kein kontaktloser Austausch im Vorübergehen, sondern langfristige gegenseitige Verpflichtungen werden eingegangen. Etwa so wie in der Kneipe, wo früher Stammgäste anschreiben lassen konnten. Geld, das einem ständigen Wertverlust unterliegt, erhöht die „Pulsationsfrequenz“, was kurzfristig zu einem panikartigen Boom mit lauter Fehlkäufen und Fehlinvestitionen führen mag, langfristig aber kollabiert das gesamte System schließlich. Es ist so, als wäre es an Krebs erkrankt.

Und was ist, wenn die Pulsationsfrequenz gegen Null geht, die Gesellschaft also sozusagen in einem „Spannungszustand“ erstarrt? Wie schon erwähnt, ist das der eigentliche Motor der Wirtschaft: ich muß ein wirklich gutes Angebot machen, hochwertige und den Kundenwünschen gemäße Produkte herstellen, damit das Geld nicht gehortet wird. Jeder andere Mechanismus, um das Geld „zum Fließen“ zu bringen, muß in Verfall, „wirtschaftlichem Krebs“ münden.

Die beiden Seiten der Emotionellen Pest in der Wirtschaft sind entsprechend.

Die Stirn und die Faust des Arbeiters

27. Juni 2023

Jetzt haben wir uns mit dem Kern, der mittleren (sekundären) Schicht und der Fassade der biophysischen Struktur beschäftigt. Aber ist der Mensch nicht vor allem ein SOZIALES Wesen? Wir wenden uns deshalb dem orgonotischen Energiefeld zu, das die Menschen einhüllt und mit anderen Menschen verbindet.

Ohne ein „Du“ würde es ein „Ich“ gar nicht geben! Es würde keine Sprache geben, nicht mal irgendwelche Konzepte, um irgendwas zu begreifen. Aber diese Theorie ist müßig, weil es uns von Anfang an nicht geben würde. Ohne Mutter wären wir verreckt, selbst wenn für unser leibliches Wohl gesorgt worden wäre. Und überhaupt: ohne die kollektive Zivilisation wären wir nackte Schimpansen mit Muskelatrophie, die in der Nähe des Nordpols bibbernd vor Angst und Kälte durch naßkalte germanische Urwälder tapsen…

Wie ist das alles entstanden, das uns am Leben erhält? Wir haben uns gemeinsam, wechselseitig, aus dem Morast gezogen und tun das alltäglich von neuem – bzw. wir würden es tun, wären wir nicht emotional verkrüppelt (gepanzert). Man denke nur an alltägliche Gespräche. Entgegen der allgemeinen Annahme geht es bei ihnen im Wesentlichen nicht darum, sich bei einer Argumentation durchzusetzen oder nur Kontakt zu halten, noch darum, die andere Person zu verstehen, etc. – eigentlich geht es überhaupt nicht um die beiden Personen! Der Austausch im Gespräch ist ein Akt der Zeugung von etwas Drittem, der Schaffung eines gemeinsamen Kindes, d.h. einer neuen Idee, einer Vision, eines Konzepts, eines Ansatzes, was auch immer. Es ist ein Akt der wechselseitigen Erregung der besagten Energiefelder der Menschen bis es zur orgonotischen Erstrahlung kommt: zur Erleuchtung, zur Einsicht. Es ist wie beim Bau eines Hauses, bei dem wir uns gegenseitig einen neuen Ziegelstein reichen, der in das werdende Gebäude eingepaßt wird, bis wir fertig sind und unser neues Zuhause betreten können. Das nennt sich „Arbeitsdemokratie“!

„Arbeit“ ist das Agieren nach einer Einsicht, denn ansonsten wäre es nur Muskelaktivität im Leerlauf. „Demokratie“ bedeutet, daß wir zu diesen Einsichten nur gemeinsam gelangen und sie nur gemeinsam materiell umsetzen können. Die Früchte dieser Arbeit gehören den Arbeitenden. Alles andere ist Emotionelle Pest und muß erbarmungslos ausgemerzt werden.

Authentisch, autonom, frei, selbstbewußt, glücklich und produktiv (Teil 3)

3. Juni 2023

Liebe, Arbeit und Wissen bedeuten LiebesGLÜCK (Reichs Orgasmustheorie), ArbeitsFREUDE (das, was Reich ursprünglich als „Sozialismus“ bezeichnet hat) und WißBEGIERDE (die Grundlage der Summerhill-Erziehung). Siehe dazu auch die ursprüngliche Formulierung von Reichs Motto, das er ab 1942 jedem seiner Schriften voranstellte: „Liebesglück, Wissen und Arbeit sind die Säfte unseres Lebens! Sie sollten es auch regieren!“ Das ist der Schlußsatz von Die natürliche Organisation der Arbeit in der Arbeitsdemokratie, seiner ersten Arbeit zur Arbeitsdemokratie vom Januar 1939.

Zuvor war dieser Satz bereits in Reichs Artikel „Selbstverständlichkeiten“ aufgetaucht, den Reich 1938 in seiner Zeitschrift für Politische Psychologie und Sexualökonomie veröffentlicht hatte:

Liebesglück, Wissen und Arbeit sind die Säfte unseres Lebens! Sie sollen es auch regieren!!

Arbeit ist die Grundlage des Lebens, Liebesglück sein Inhalt!

Arbeit soll nicht Pflicht, sondern ein Stück Lebensfreude sein!

Ohne Liebesglück würde alles keinen Sinn machen. Das geben selbst die Mystiker zu, auch wenn sie dieses Glück ins Jenseits verlagern. Dem Problem der Arbeitsfreude widmete Reich einen ganzen Abschnitt in der Massenpsychologie des Faschismus („Das Problem der ‚freiwilligen Arbeitsdisziplin‘“). Es gelte den Gegensatz zwischen Lebensfreude und Arbeit aufzuheben, d.h. die zwanghaft-unlustvolle durch die natürlich-freudige Arbeitsleistung zu ersetzen, die Arbeit von einer lästigen Pflicht in eine lustvolle Bedürfnisbefriedigung zu verwandeln und dergestalt eine Arbeitsdemokratie zu errichten.

Und was das Problem des freiwilligen Lernens betrifft, sei an Reichs Sexpol-Zeit erinnert:

Die sexualpolitische Arbeitsgemeinschaft in Berlin hatte einen ersten Anlauf unternommen, es mit der sexualökonomischen Kinderarbeit zu versuchen, und zu diesem Zwecke eine Erzählung kollektiv zusammengestellt, Das Kreidedreieck, Verein zur Erforschung der Geheimnisse der Erwachsenen. (…) Es wurde beschlossen, die Broschüre in einer Fichte-Kindergruppe vorzulesen und die Reaktion der Kinder abzuwarten. Man hätte gewünscht, daß alle diejenigen, die bei der Nennung der sozialen Sexualökonomie verächtlich die Schultern zucken, anwesend gewesen wären. Zunächst waren, statt wie sonst etwa zwanzig, siebzig Kinder anwesend. Während nach den Berichten die Funktionäre sonst nur teilweise Aufmerksamkeit herrschte, Ruhe schwer zu erzielen war, lauschte diesmal alles gespannt, die Augen glühten, die Gesichter bildeten einen einzigen hellen Fleck im Saale. An manchen Stellen wurde die Vorlesung mit heller Begeisterung unterbrochen. Am Schlusse wurden die Kinder aufgefordert, ihre Wünsche und ihre Kritik vorzubringen. Viele meldeten sich. Und man mußte sich vor diesen Kindern seiner Prüderie und Befangenheit schämen. Die pädagogischen Bearbeiter der Erzählung hatten beschlossen, die Frage der Empfängnisverhütung nicht einzubeziehen, ebenso wie die der kindlichen Onanie wegzulassen. Prompt kamen Fragen (…). Der erste vorgelesene Teil enthielt vorwiegend sexuelle Aufklärung; die Gruppe hatte jedoch die Absicht, dem ersten Band einen zweiten anzufügen, der den Kindern von diesen Fragen ausgehend die sozialen Fragen schildern sollte. Das wurde mitgeteilt. „Wann kommt der zweite Band; wird er auch so lustig sein?“ Wann hat je eine Kindergruppe derart stürmisch nach sozialen Broschüren gefragt? Sollten wir daraus nicht lernen? Gewiß, wir müssen: Die Kinder müssen durch Bejahung ihrer sexuellen Interessen und Befriedigung ihrer Wißbegierde zu sozialen Interessen erzogen werden; sie müssen das unerschütterliche Gefühl bekommen, daß ihnen das die politische Reaktion nicht geben kann. Und man wird sie massenweise gewinnen, in allen Ländern gegen die reaktionären Einflüsse immunisieren und – was das Wichtigste ist – tief an die revolutionäre Freiheitsbewegung binden. Doch zunächst stehen zwischen dieser Leistung und den Kindern nicht nur die politische Reaktion, sondern auch die „Moralischen“ im Lager der Freiheitsbewegung. (Die Massenpsychologie des Faschismus, Fischer TB, S. 183f; Hervorhebungen von Reich)

Letztendlich geht es beim Wissensdurst darum, daß die in einer Membran eingeschlossene organismische Orgonenergie sehnsuchtsvoll zur freien kosmischen Orgonenergie strebt (siehe das Schlußkapitel von Die kosmische Überlagerung).

Das Jüngste Gericht begann 1960 (Teil 9)

11. April 2023

Was ich bei Bernd Laska nie nachvollziehen konnte, ist seine dezidierte Unmusikalität (plus dem grundsätzlichen Desinteresse an Kultur) und seine Unterstützung der Plansprachen. Für ihn stand der Freund der klassischen Musik für Inkulturation; Kultur selbst sozusagen für das wohlige Aalen in der gepanzerten Sprache, und die Plansprache für die Befreiung von der Kultur, einen Schritt raus aus der Falle.

Na gut, jetzt, wo ich es selbst formuliert habe, kann ich es schon nachvollziehen, aber… Genau dieses Anliegen haben auch die Weltverschwörer: uns von unseren kulturellen Wurzeln zu lösen, indem sie uns mit einer Plastikkultur und Kaugummi-Musik verblöden und uns einer Sprache berauben, mit deren Hilfe wir unsere Unterdrückung und unsere Befreiung überhaupt erst konzeptualisieren können.

Nichts wäre ihnen lieber als uns eine rudimentäre Sprache aufzudrängen, mit deren Hilfe wir zwar für sie arbeiten können, bei der aber keinerlei tiefere Bedeutung mitschwingt. Man betrachte etwa die Etymologie der Wortes „Arbeit“: germanisch arbaibi „Mühsal“; verwandt mit Erbe: arbja „Hinterlassenschaft“. Was die Ahnen mühsam erschaffen haben und was wir für unsere Nachkommen mühsam erschaffen: DAS ist Arbeit – nicht das sinnlose Tagwerk für fremde Ausbeuter! Aber du sollst nicht denken, sondern „arbeiten“.

Dir soll sich durch das bloße Schauen auf einzelne Worte keine ganze Welt auftun, sondern du sollst funktionieren wie ein Computer: „arbeiten bedeutet das und das tun, Punkt“. Du sollst dich auch nicht einüben ins Mitschwingen mit der Natur, dem Kosmos, dem „Wallen des Blutes“, deinen Genossen, sondern du sollst ein beliebig programmierbarer Roboter sein – der „arbeitet“. Wenn sie dir deine Wurzeln nehmen, nehmen sie dir auch deine Zukunft!

In der autoritären Gesellschaft mag es ein revolutionärer Akt gewesen sein, sich gegen Freuds „die Kultur geht vor“ zu wenden, heute ist es ein revolutionärer Akt für das Fortbestehen der Lehrstühle für Altphilologie einzustehen und das Verschwinden der Genderlehrstühle zu sorgen, die tagaus tagein an unserer Sprache herumdoktern.

Reflektionen über Max Stirner von konservativer Warte (Teil 44)

27. Januar 2023

[Diese Reihe soll zur Auseinandersetzung mit Bernd A. Laskas LSR-Projekt animieren.]

Wäre ich beispielsweise Gesangslehrer, würde ich den Schüler einfach bitten, etwas zu singen, das aufnehmen und ihm das sozusagen „charakteranalytisch“ zurückspiegeln, indem wir uns gemeinsam die Aufnahme anhören. Sodann würde ich ihn fragen, was hier nicht zu seiner Vision von dem paßt, was er erreichen wollte, erstrebt hat. Auf diese Weise würde ich die Hemmung, die ihm sein Leben frustabel macht, d.h. seine individuelle Panzerung ansprechen.

In einem zweiten Schritt würde ich ihn fragen, ob es wirklich seine eigene wahre Vision von Singen, von Performance, ist oder er irgendeiner heteronomen Modeerscheinung aufgesessen ist, mit der er sich nicht wirklich identifizieren kann. Ich würde damit sozusagen die gesellschaftliche Ideologie angehen, die soziale Panzerung.

Im ersten Fall geht es um die Technik, im zweiten um den Stil. Das Ziel meines Unterrichts wäre es, Fassade und Kern wieder miteinander zu verbinden und die sekundäre Schicht in einem Zweifrontenkrieg immer weiter einzuengen und schließlich zu zermalmen.

Das bringt mich zu Marx, demzufolge Arbeit definiert ist als „Vision“ plus Handanlegen, was von vornherein die gesamte Thematik von Arbeitsteilung, Überbau und Unterbau, Produktionsmittel und Produktionsverhältnisse, Klassenbewußtsein und gesellschaftliche Ideologie impliziert. Ich habe in den vorangegangenen Teilen dieser Blogserie versucht darzustellen, daß es sich hier um sozusagen Masken der Stirnerschen Anthropologie handelt: verinnerlichte Hierarchien, Über-Ich, Panzerung.

Bei Freud geht es um das „Ichideal“, d.h. die Vision dessen, was man gerne wäre; womit man sich identifiziert: mit dem heteronomen Vorgaben der Gesellschaft (letztendlich der „schwarzen“ Mittlere Schicht in der obigen Abbildung) oder mit dem autonomen bioenergetischen Kern.

Man wird Eigner seiner selbst, d.h. gewinnt „seine eigene Stimme“, wie man so schön sagt!

Peter liest die kommentierte Neuauflage der Originalausgabe von Reichs MASSENPSYCHOLOGIE DES FASCHISMUS (Teil 2)

7. Dezember 2022

Reichs Vorrede kreist um die Macht der Jugend, die UNS gehört, und der Wissenschaft, die einzig auf UNSERER Seite steht. Ich schreibe „uns“, weil das direkt auf die Gegenwart übertragbar ist. Die Jugend wird sich nicht ewig die reaktionären Lügen der Grünen über Gender, Ökologie und Einwanderung gefallen lassen, die systematisch ihre Zukunft zerstören.

Und denen, die heute versuchen durch Anpassung an „Klaus Schwab“ irgendwie sich durchwursteln zu können, statt eindeutig Partei gegen die Schweinerei zu ergreifen, seien Reichs Worte von 1933 ins Stammbuch geschrieben:

Die Wissenschaft ist der Todfeind der politischen Reaktion. Der Wissenschaftler aber, der glaubt, durch Vorsicht und „Unpolitischsein“ seine Existenz zu retten und durch die Verjagung und Einkerkerung auch der Vorsichtigsten nicht eines besseren belehrt wurde, verwirkt den Anspruch, jetzt ernstgenommen zu werden und später einmal am wirklichen Neuaufbau der Gesellschaft mitzuwirken. Seine Klagen und seine Kulturbesorgtheit sind überzeugungslose Ergüsse, wenn er nicht aus den Ereignissen erkennt, daß gerade seine Wissenschaft, seine wissenschaftliche Kraft denjenigen fehlt, auf die er in Zeiten des Zusammenbruchs seine Hoffnung setzt. Sein Unpolitischsein ist ein Stück der Stärke der politischen Reaktion und seines eigenen Unterganges gleichzeitig.

Für Menschen, die sich selbst noch ernstnehmen, gibt es in diesen Zeiten keine Möglichkeit der Anbiederung an den politisch korrekten Zeitgeist, wie er von den Großkonzernen propagiert wird bzw. mit dem sie uns Zwangsstopfen. „Verjagung und Einkerkerung“ sind heute, spätestens seit Einbruch des offenen Faschismus in Zeiten von Corona, bitterer Ernst!

Reich schreibt: „Die Marxsche Grundkonzeption erfaßt zunächst die Ausbeutung der Ware Arbeitskraft und die prozeßhafte Konzentration des Kapitals in wenigen Händen, mit der die fortschreitende Verelendung der Mehrheit der arbeitenden Menschen, des Proletariats in erster Linie“ (S. 19). Was würde besser auf die heutigen Zustände und die Pläne eines Klaus Schwab zutreffen! Man denke nur daran, wie „die Arbeit“ heute in die Zange genommen wird von faschistischen Horden von Klimaklebern auf der einen Seite und beispielsweise amazon auf der anderen Seite. Das gemeinsame Funktionsprinzip der neuen Nazihorden („Antifa“) und dem Großkapital ist die Konzentration und Zentralisation. Die revolutionäre Gegenkraft ist die Arbeit, die Arbeitsdemokratie, wie Reich es 1946 in der dritten Auflage der Massenpsychologie des Faschismus darlegte.

Was tun? Reich: „Die revolutionäre Praxis auf jedem Gebiet des menschlichen Daseins ergibt sich automatisch, wenn man die Widersprüche in jedem neuen Prozeß erfaßt; sie besteht dann in nichts anderem als darin, daß man sich auf die Seite derjenigen Kräfte stellt, die in der Richtung der vorwärtsstrebenden Kräfte wirken, und ihnen zur Bewußtwerdung durch praktische Bewältigung verhilft“ (S. 18). Heute sind das die Kräfte, die, weitgehend in der AfD politisch organisiert, gegen die Konzentration des Kapitals und seine pseudolinke Verbrämung, etwa durch den Kampf gegen den „Klimawandel“ (sic!), vorgehen, ohne selbst die arbeitsdemokratischen Zusammenhänge vollständig zu erfassen.

Die Veröffentlichung der ersten Ausgabe von Massenpsychologie des Faschismus ist angesichts des Great Reset ein Glücksfall, denn die Zustände 2023 gleichen denen von 1933 frappant. Beispielsweise erwähnt Reich die Überlegung, daß „im nächsten Krieg“ die allgemeine Bewaffnung der Massen ausbleiben werde (S. 20). Das ist im Zweiten Weltkrieg zwar nicht eingetreten, gehört heute aber zum „fortschrittlichen“ Gedankengut: die vollständige Entwaffnung der Bevölkerung in der westlichen Welt (d.h. nur noch Kriminelle sind bewaffnet!), die zunehmende Verdrängung von „Volksarmeen“ durch Söldnerheere und nicht zuletzt die Entwicklung von Killerdrohnen und sogar Killerrobotern. Wie Reich 1933 stehen auch wir heute an der Schwelle der kompletten Barbarei, wobei damals wie heute das Grundproblem die Indolenz der Massen ist, d.h. ein massenpsychologisches Problem.

Orgonomische Soziologie, Teil 4: Liebe, Arbeit und Wissen (Ergänzung)

16. November 2022

Genitalität ist definiert, durch das harmonische Zusammengehen von Liebe und Sex, was einfach bedeutet, daß man mit, wie man so schön sagt, „Leib und Seele“ bei der Sache ist, es keinen Konflikt zwischen Zärtlichkeit und „Geilheit“ gibt und die Energie ungestört durch Ambivalenz frei fließen kann. Das gilt für sämtliche Formen der Liebe, sei dies nun die zwischen sehr guten Freunden oder den Eltern zu ihren Kindern mit dem einzigen Unterschied, daß der Drang zur genitalen Überlagerung (die besagte „Geilheit“) vollständig abwesend und schlichtweg unvorstellbar ist. (Andere, sozusagen „nichtspezifische“ Formen der Überlagerung, d.h. der Drang nach Nähe, sind natürlich die Grundlage der Gesellschaft.)

Arbeit muß man vom bewußten „Dienst nach Vorschrift“, also dem unterschwelligen Streiken, auf der einen Seite und dem blinden „Roboten“, auf der anderen Seite unterscheiden. Seit Marx und Engels ist „Arbeit“ definiert als das Zusammengehen von „Hirn und Hand“. Arbeit ist weder bloßes Theoretisieren, noch bloßes Herumwerkeln, sondern sie folgt immer einem Plan, einer Blaupause. Man denke etwa an den Häuserbau. Je harmonischer diese beiden Funktionen auf allen Ebenen vom Architekten bis zum Klempner zusammengreifen, desto besser ist das Ergebnis. Das war das Geheimnis von Deutschlands wirtschaftlichem Erfolg und dem Gütesiegel „Made in Germany“.

Was schließlich das Wissen anbetrifft, geht wahres Wissen darauf zurück, in beide „orgonometrischen Richtungen“ denken zu können, also hin zum Gemeinsamen Funktionsprinzip (CFP) und weg von CFP hin zu den zahllosen Variationen. Das erstere entspricht weitgehend dem kurzschlußartigen Mystizismus (alles wird unvermittelt auf einen „Urgrund“ bezogen) und dem heillos in den Myriaden Variationen sich verzettelnden Mechanismus. Der Funktionalist kann sachbezogen denken und ist dergestalt immer „bei der Sache“ – genauso wie in der Liebe und der Arbeit.

Über die Verzerrung von Liebe, Arbeit und Wissen hat Charles Konia geschrieben:

Die Liebe verwandelt sich [durch die sekundäre Schicht des Charakters] in alle möglichen Formen von prägenitaler Sexualität. Arbeit wird verdreht zur „üblichen Politik“, zentralistischen Regierung, Korruption in der Wirtschaft, Gier, dem Streben nach und der Ausübung von Macht über andere usw. Wissen wird degradiert zu Information, Daten und mechano-mystischem Denken in den Naturwissenschaften, im Individuum und in der Gesellschaft usw. (Clueless, S. 85)

Ziel muß sein, diese unheilvollen Verzerrungen, die unser Leben in einen nihilistischen Alptraum verwandeln, in der Gesellschaft (Kampf gegen die mechanistische Linke und die mystische Rechte, für Demokratie und Vernunft) und im Einzelnen (eine lebenspositive Erziehung der Kinder) aufzuheben. Am Ende stünde die Arbeitsdemokratie: Liebe, Arbeit und Wissen sind die Quellen unseres Lebens, sie sollten es auch bestimmen.