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Das Problem der Falsifikation in der Orgonomie

15. Dezember 2023

Reich hat Muster erkannt, wo andere nur einen glatten bzw. chaotischen Kurvenverlauf sahen. Beispiele sind die Auseinandersetzung mit Freud über die Widerstands- und Charakteranalyse sowie die Orgasmustheorie (es gäbe doch, so Reichs Kollegen, jede Menge Gesunde „ohne Orgasmus“), die Einordnung des Faschismus, die Interpretation der bioelektrischen Experimente (großer Streit mit den ebenfalls exilierten „Experten“ vom Kaiser-Wilhelm-Institut), die Interpretation der „Bion-Erscheinungen“, die Entdeckung des Orgons und nicht zuletzt das Pendelexperiment 1944, wie Reich es in Contact with Space beschrieben hat. Courtney F. Baker hat diesen Versuch mit genaueren Meßverfahren wiederholt und nichts gefunden (bzw. Anomalien unabhängig von Reich, die einer weiteren Untersuchung wert wären). Danach hat Robert A. Harman es genau nach Reichs funktionellen Vorgaben nochmals wiederholt und kam zu Reichs Ergebnissen.

In diesem Zusammenhang bedeutet „funktionell“, daß man nicht abstrakt Bruchteile einer Pendelbewegung mißt bzw. zählt, sondern nur ganze, vollständige Pendelbewegungen, genauso, wie man bei einer Schafherde nur „ganze Schafe“ zählt und nicht irgendwelche abgenagten Kadaverteile von Schafen, die nach einer Wolfsattacke vielleicht ebenfalls auf der Weide liegen.

Das Problem ist, daß Reichs Ansatz aller Wissenschaftstheorie ins Gesicht schlägt: Reich versucht die Muster „erscheinen zu lassen“ („Verifikation“), während Physiker spätestens seit Kant den erkenntnistheoretischen Anspruch haben, Phänomene so lange zu widerlegen bis es nichts mehr zu widerlegen gibt („Falsifikation“).

Andererseits: auch Reich hat stets dazu aufgefordert, ihn zu „falsifizieren“ und ist regelmäßig weitergekommen, weil die Realität seine Hypothesen falsifiziert hat. Man denke nur mal daran, daß er die atmosphärische Orgonenergie nur dadurch entdeckt hat, weil sich seine Vorstellung, er könne SAPA-Strahlung mit einem Faradaysche Käfig abschirmen, als unsinnig erwiesen hatte. Die besagten kritischen Physiker werden einwenden, daß etwas, was man nicht „eingrenzen“, also nicht definieren (Lateinisch für „abgrenzen“) kann, schlichtweg nicht existiert.

Für einen normalen Physiker wäre die Sache erledigt gewesen, doch für Reich fing damit („die Strahlung ist überall!“) seine eigentliche Forschungsarbeit erst an. Als er kurze Zeit später Einstein seine entsprechenden ersten Forschungsergebnisse vorstellte, waren dessen Einwende entsprechend. Bei den visuellen Beobachtungen sei, so Einstein, der Faktor Subjektivität störend, d.h. im Akt der Beobachtung steckt schon die „Verifikation“ – will sagen, man muß es sozusagen „sehen wollen“. Und bei den thermischen Messungen kann man den Versuchsaufbau solange variieren, bis der objektiv gemessene Temperaturgradient verschwindet und sich so als Scheinphänomen erweist. Reichs funktionelle Gegenargumente konnten nicht bei einer „nihilistischen“ Geisteshaltung verfangen, die darauf ausgerichtet ist, die Natur buchstäblich solange zu foltern, bis sie „falsifiziert“ ist und nichts übrigbleibt als tote Mechanik bzw. „tote Thermodynamik“.

Was den ersten Einwand betraf lautete Reichs Vorschlag mit dem „subjektiven“ Beobachten nicht aufzuhören, sondern es unter allen möglichen äußeren Bedingungen auf systemtische Weise fortzuführen, um Muster erkennen zu können. Zweitens wollte er, daß die Experimente bzw. Messungen solange variiert werden, bis sich seine Theorie bestätigt… Und das ist nicht so unwissenschaftlich, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, denn Elementarteilchen-Forscher gehen ähnlich vor. Milliarden werden aufgewendet, ganze Berge bewegt, um schließlich doch noch Higgs-Bosonen, Sonnen-Neutrinos und dergleichen nachweisen zu können.

Der Witz dabei ist, daß Einstein, wären in seinen Gleichungen sowas wie „Higgs-Bosonen“ oder eben die Orgonenergie aufgetaucht, ebenfalls alles getan hätte, um diese auf Teufel komm raus nachzuweisen – nach dem bekannten Motto: „Um so schlimmer für die Tatsachen, wenn sie nicht meinen Theorien entsprechen!“ Nichts da mit „Falsifikation“!

Der letztendliche Beweis liegt in der Fruchtbarkeit der Theorien, d.h. ob etwa die gemessenen Sonnen-Neutrinos mit dem Einblick, den sie ins Innere der Sonne gewähren, die Astrophysik weiterbringen und etwa Phänomene auf der Sonne besser vorhersehbar machen, Supernovae besser erklären etc. Reich nutzte seine Beobachtungen und Messungen der atmosphärischen Orgonenergie zur Wettervorhersage und machte später die Entdeckung der atmosphärischen Orgonenergie für die Wettermodifikation nutzbar („Cloudbuster“). Eine vermeintliche „Entdeckung“ verschwindet aus den Annalen der Wissenschaft, wenn sie zu nichts führt.

Imgrunde funktioniert hier die Wissenschaft kaum anders als die Marktwirtschaft: unbrauchbare Produkte verschwinden sang- und klanglos vom Markt. Man kann in diesem Zusammenhang durchaus an Mildred Brady (gewisserweise eine Vertreterin der amerikanischen Entsprechung von „Stiftung Warentest“) und das Vorgehen der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA gegen Reich denken, die einfach nicht das letztendlich arbeitsdemokratische und einzig wissenschaftliche „Wer heilt hat recht!“ zulassen, sondern die Orgontheorie partout „falsifizieren“ wollten.

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25. April 2021

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18. April 2021

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29. November 2020

nachrichtenbrief179

15. November 2020

Die folgenden Aufnahmen wurden unter extrem hohen technischen Aufwand in Hummelsbüttel am bis zu einem Meter tiefen moorig braunen Raakmoorteich gedreht. Die Tierwelt des Raakmoors ist sehr vielfältig. So finden sich neben Moorfrosch und Kreuzotter auch die Gemeine Binsenjungfer und die Nordische Moosjungfer, sowie der Grüne Zipfelfalter.

In der niederplattdeutschen Sagenwelt wird seit Jahrhunderten außerdem von einem geheimnisvollen und räuberischen „Yeti-Peter“ (in der örtlichen Mundart auch als „Jeddi-Pidder“ bekannt) berichtet, der zweibeinig und behaart ist, ein werwolfartiges Aussehen besitzt und auch „The Hound of Raakmoor“ genannt wird.

Der friesischen Legende nach springt dieser immer wieder urplötzlich aus dem Raakmoorgraben empor, fällt mit fürchterlichem Urschrei und dem Impetus eines „großen Rächers“ harmlose linksliberale Spaziergänger an und taucht dann wieder in den Untiefen eines Sumpfes unter, wo er sich offenbar durch Osmose fortpflanzt. Andere Zeitzeugen behaupten, seine moorbefleckten Fußspuren bis nach Langenhorn (einem anderen Feuchtgebiet dieser auf wäßrigen Matsch gebauten Freien und Hansestadt) verfolgt zu haben. Mitunter soll sein Biotop (besser wohl: Jagdrevier) sogar bis nach Sankt Pauli reichen…

Hanselegenden zufolge rezitiert er folgendes, bevor er seine Opfer massakriert:

Das was wir in der Erfahrung gewahr worden, sind meistens nur Fälle, welche sich mit einiger Aufmerksamkeit unter allgemeine empirische Rubriken bringen lassen. Diese subordinieren sich abermals unter wissenschaftliche Rubriken, welche weiter hinaufdeuten, wobei uns gewisse unerläßliche Bedingungen des Erscheinenden näher bekannt werden. Von nun an fügt sich alles nach und nach unter höhere Regeln und Gesetze, die sich aber nicht durch Worte und Hypothesen dem Verstande, sondern gleichfalls durch Phänomene dem Anschauen offenbaren. Wir nennen sie Urphänomene, weil nichts in der Erscheinung über ihnen liegt, sie aber dagegen völlig geeignet sind, daß man stufenweise, wie wir vorhin hinaufgestiegen, von ihnen herab bis zu dem gemeinsten Falle der täglichen Erfahrung niedersteigen kann. Ein solches Urphänomen ist dasjenige, das wir bisher dargestellt haben. Wir sehen auf der einen Seite das Licht, das Helle, auf der andern die Finsternis, das Dunkle, wir bringen die Trübe zwischen beide, und aus diesen Gegensätzen, mit Hilfe gedachter Vermittlung, entwickeln sich, gleichfalls in einem Gegensatz, die Farben, deuten aber alsbald, durch einen Wechselbezug, unmittelbar auf ein Gemeinsames wieder zurück. (Goethe)

Immer wieder werden abgenagte Menschenknochen auf den Fußwegen des Raakmoors gefunden, und die rätselhafte Dezimierung der Hummelsbütteler Bevölkerung scheint größtenteils auf die brutalen Aktivitäten dieses unheimlichen Wesens der Zwischenwelten zurückzuführen zu sein.

Kryptozoologischen Hinweisen zufolge sieht er selbst sich vor allem als „wertkonservativer“ Vigilant, während der aktuelle Forschungsstand ihn eher unter die hanseatischen Sumpfungeheuer einordnet. Nur eine Minderheit vermutet eine extraterrestrische Herkunft dieses leibhaftigen (!) Urphänomens. Ist er der Urmensch, vergleichbar Goethes Urpflanze?!

Vor einem Rätsel steht die Wissenschaft jedoch hinsichtlich der Tatsache, daß Yeti-Peters mörderische Attacken nur periodisch stattfinden (von der Vigilanten-Forschung auch als mysteriöser „missing link of terror“ bezeichnet). Die einen glauben, daß er zu diesen Zeiten im braunen Sumpf schläft, seine Human-Mahlzeiten verdaut und Kräfte sammelt, während andere vermuten, daß er in dieser Zeit seine mörderischen Anfälle auf andere Hansestädte wie z.B. Münster verlegt.

Jahrhundertelang existierte keinerlei gesicherte visuelle Vorstellung von der physischen Gestalt des Peter-Yetis, da es nur flüchtige Augenzeugenberichte von den wenigen Überlebenden seiner Angriffe gab. Da diese in der Regel von alkoholisierten Spinnern zweifelhafter Provenienz stammten, die das Sumpfungeheuer zudem aus einem über dem Raakmoorgraben schwebendem „UFO“ aussteigen „sahen“, wird diesen Eye-Witness-Accounts nur wenig wissenschaftliche Relevanz zugeordnet.

Erst in jüngster Zeit ist es mit Hilfe einer computergestützten Kamera-Animation, die auch Objekte außerhalb des für den Menschen sichtbaren Wellenlängenbereichs abbilden kann, gelungen, eine ungefähre Ahnung von den furchteinflößenden Gesichtszügen und den zupackenden Greifhänden dieses Kryptiden zu erhalten:

Notwendige Prämissen der Soziologie

28. Juli 2020


Ein Neuanfang.

Notwendige Prämissen der Soziologie

nachrichtenbrief157

14. Juni 2020

Orgonometrie (Teil 3): Kapitel 57

5. März 2020

orgonometrieteil12

57. Freud und Reich

Orgonometrie (Teil 3): Kapitel 47

4. Januar 2020

orgonometrieteil12

47. Die bioenergetischen Grundlagen dieses Buches

Die Nachfolge Reichs

30. Oktober 2019

Myron Sharaf hat mal gesagt, daß es die Nachfolger Reichs in mancher Hinsicht schwerer haben, als dieser selbst. Nachdem Reich die Psychoanalyse verlassen hatte und auf eigene Entdeckungsfahrt gegangen ist, war er frei seine eigene Begrifflichkeit an die Natur so anzupassen, wie er sie wahrnahm. Seine Nachfolger haben diese Freiheit nicht mehr: sie bewegen sich in jenem Gebäude, das Reich errichtet hat. Man könnte jetzt sagen, daß sie doch einfach das Gebäude verlassen sollen und Reich in dem Sinne nachfolgen sollen, daß sie selbst auf ihre eigene Entdeckungsfahrt gehen und eigene Gebäude errichten. Dazu möchte ich zweierlei sagen:

  1. hat jeder, der eine solche eigene Entdeckungsfahrt gemacht hat (z.B. Alexander Lowen oder Charles Kelley) kein besseres Gebäude errichtet, sondern ein weitaus schlechteres; und
  2. betrachte ich das Reichsche Gebäude weniger als fixes Gebäude, denn als geordnete Ansammlung von Werkzeugen, die gepflegt werden müssen, an ihren angestammten Platz zurückgebracht werden müssen, etc.

Mein Haupteinwand gegen Sharafs ansonsten richtige Anmerkung ist jedoch, daß Reich das Gebäude („die Panzerung“) – imgrunde jedwedes Gebäude – verlassen hat und ins Freie getreten ist. Oder, wie Reich selbst es ausgedrückt hat: er hat einen neuen Kontinent entdeckt und am Strand ein paar wenige Stützpunkte eingerichtet, von denen aus seine Nachfolger in die unerforschten Weiten vorstoßen müssen, um über die Generationen hinweg den Kontinent zu ihrem eigenen zu machen.