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Die Biologie jenseits der Biologie: Rassenkampf, Männeremanzipation und Tierliebe
8. September 2014Sowohl zu Zeiten der autoritären Gesellschaft, als auch heute in der anti-autoritären Gesellschaft gibt es zwei zentrale Dogmen, die niemand in Frage stellen darf: erstens gäbe es einen fundamentalen Unterschied der Geschlechter und zweitens unterscheiden sich die Rassen und Kulturen fundamental. Galt früher Freuds Diktum, daß „man“ „das Weib“ nicht verstehen könne und daß es „minderwertig“ sei, gilt heute die Frau als eine Art gesonderte Spezies, der alle möglichen Rechte und Privilegien zustehen. Zu Zeiten des Kolonialismus galten „die Farbigen“ als „minderwertig“, während ihnen heute als automatisch „Höherwertige“ alle möglichen Rechte und Privilegien zugestanden werden. „Den Menschen“ gäbe es nicht und habe es nie gegeben.
In seiner Sexualökonomie sprach Reich jedoch explizit über den Menschen. In seiner Orgasmusforschung machte er keinerlei Unterschied zwischen den Geschlechtern, jedenfalls was den zentralen Punkt betrifft: die Erregungskurve des Geschlechtsakts. Eine Ungeheuerlichkeit sowohl in der viktorianischen Zeit, als auch für die moderne Sexualmythologie.
Und was natürliches Sexualverhalten anbetrifft, machte er keinerlei Unterschied zwischen den diversen Menschengruppen. Liest man hingegen die anthropologische Populärliteratur werden beispielsweise westafrikanische Aschanti und finnische Lappen als zwei Menschengruppen dargestellt, die sich in ihrem Sexualverhalten derartig unterscheiden, als handele es sich nicht um Vertreter ein und derselben Spezies Homo sapiens.
Michel Odent zitiert in seinem Buch Die Natur des Orgasmus (München 2010, S. 40f und 57) drei bemerkenswerte Studien, die darauf verweisen, daß es unterhalb aller vermeintlich „offensichtlichen“ Unterschiede zwischen den Geschlechtern und Rassen eine tiefere Ebene gibt, die Reich erschlossen hat:
E. Vance und N. Wagner führten mit Collegestudenten eine interessante Studie durch, in der sie Orgasmen von Frauen und Männern unter der Perspektive des subjektiven Erlebens verglichen. Sie ließen Studentinnen und Studenten Berichte über ihre eigenen Orgasmen verfassen. Eine Gruppe von Beurteilern (…) versuchte zu erraten, welcher Bericht von einer Frau oder einem Mann stammte. Die Forscher hatten geschlechtsspezifische Wörter in den Berichten durch neutrale Bezeichnungen ersetzt (…), ehe sie sie den Beurteilern vorlegten. In ihrer Analyse der Daten kamen die Autoren zu dem Schluß, daß „die Beurteiler nicht in der Lage waren, aus der schriftlichen Beschreibung eines Orgasmus das Geschlecht der jeweiligen Person abzuleiten. […] Außerdem waren weder Frauen noch Männer besser darin, in der Beschreibung eines Orgasmus Merkmale zu erkennen, die darauf hindeuteten, ob sie von einer Frau oder von einem Mann verfaßt war […].“
Anthropologische Untersuchungen stützen die Vorstellung, daß Verliebtheit ein fest einprogrammiertes Verhaltensmerkmal des Menschen ist. Die romantische Liebe scheint ein universelles Phänomen zu sein, das nicht nur unter ganz bestimmten kulturellen Bedingungen entsteht. Forscher von der University of Honolulu verglichen die Werte, die Collegestudentinnen und -studenten aus einer individualistischen Kultur (den USA) und aus einer kollektivistischen Kultur (Korea) auf der „Skala der leidenschaftlichen Liebe“ und der „Skala der kameradschaftlichen Liebe“ erzielten. Sie konnten keine kulturellen Unterschiede feststellen. Eine 1992 bei einer Tagung der American Anthropological Association vorgestellte Studie ergab, daß die Vorstellung der romantischen Liebe in 147 von 166 untersuchten Kulturen existierte. Wie steht es um die übrigen 19? Die Teilnehmer der Tagung halten es für wahrscheinlich, daß die betreffenden Anthropologen ganz einfach nicht in der Lage waren, die für diese fremdartigen Kulturen typischen Spielarten romantischen Verhaltens zu erkennen.
Klaus hat hier neulich indirekt auf den neurechten „Männerrechtler“ Jack Donovan hingewiesen. Was Donovan sagt, hat viel für sich. Tatsächlich ist es extrem erhellend, wenn man menschliches Verhalten mit der Brille des Primatologen betrachtet, aber erstens sind wir genausowenig Schimpansen (oder Bonobos), wie Gorillas Schimpansen sind und zweitens ist die Tierart Homo sapiens etwas besonderes, weil wir einen direkten Zugang zur kosmischen Orgonenergie haben. Ich habe das – narzißtisch spreizt er sich der Peter – in Biologische Entwicklung aus orgonomischer Sicht ausgeführt.
Entsprechend glaube ich, daß die von Donovan propagierte Männerbündelei, so natürlich sie auch ist, in einer nicht-neurotischen Gesellschaft nicht mehr in diesem Sinne aufträte. Weder die moderne Verschwuchtelung, noch die „alten Kameraden“. Sondern:
Erstens (Baker), die Liebe zwischen Mann und Mann unterscheidet sich in nichts zwischen der Liebe zwischen Mann und Frau (sie wird sogar in den Genitalien verspürt!) – mit dem alles entscheidenden Unterschied, daß es keinerlei Drang zur genitalen Überlagerung gibt.
Zweitens (Konia), Beziehungen werden vollkommen unabhängig vom Geschlecht (oder gar von der kulturellen Zugehörigkeit) durch die Zusammenarbeit bestimmt und hören auf, wenn beispielsweise die Arbeitsfunktion einer oder eines der Beteiligten zusammenbricht.
Diese beiden Funktionen (Liebe und Arbeit) sind direkter Ausdruck unserer Natur als „pulsierende Orgonenergie-Säcke“ und nicht im üblichen Sinne genetisch verankert.
Dieser, man verzeihe mir die Wortschöpfung, „meta-genetische“ Bereich tritt uns insbesondere in unserer Beziehung zu Tieren entgegen:
Die meisten Menschen sind sich gar nicht bewußt, wie vollkommen bizarr unser Verhältnis zu Tieren und teilweise auch der Tiere zu uns ist. Wenn man mal von „vermenschlichten“ Haustieren absieht, interessieren sich Tiere unterschiedlicher Arten nicht füreinander. Raubtiere sind keine Ausnahme, denn schließlich haben sie keine emotionale Beziehung zu ihren Opfern – genausowenig wie wir zu dem Hähnchen, das wir essen. Nur wir Menschen fühlen uns emotional zu Tieren hingezogen und, was noch verwunderlicher ist, Tiere zu uns Menschen. Es ist, als würden wir im jeweils anderen etwas Unnennbares erkennen.
Zu diesem Blogeintrag wurde ich inspiriert, als ich zufällig auf YouTube folgendes Video sah und dazu den anschließenden Kommentar las:
[youtube:https://www.youtube.com/watch?v=8fNAIoHlYBY%5D
Das ist geil! Es zeigt nur, daß die Menschen wirklich die einzige Spezies auf der Erde sind, die das Wohlbefinden aller anderen Arten bewahren können. Die meisten Tiere fahren nicht fort so liebevoll zu sein, auch nicht gegenüber ihren eigenen Eltern, sobald sie erwachsen sind, doch so viele Tiere, sowohl wilde als auch domestizierte, neigen dazu, wenn sie durch Menschen großgezogen wurden, immer eine Art Zuneigung zu ihren ehemaligen Betreuern zu bewahren. Es ist wirklich erstaunlich!
Was sieht ein solcher Löwe (oder ein beliebiges anderes Säugetier) in uns? Er ist mit etwas konfrontiert, was unmittelbar aus der Orgonenergie heraus operiert und nicht auf der Grundlage bloßer Biorobotik funktioniert. Für die Tiere gibt es keine Mutterliebe jenseits der Aufzucht der Kleinen, keinen Sexus außerhalb der Saison, keine Solidarität jenseits der „egoistischen Gene“.
Um was es geht, läßt sich am ehesten mit folgender heterogenen Funktionsgleichung beschreiben:
Evolution ist die Transformation von primordialen Orgonenenergie-Funktionen (OR) in Materie (M); freies, „ungeregeltes“ Funktionieren wird in mechanisches Funktionieren umgewandelt. Man lese ein Buch über Verhaltensbiologie: es ist, als hätte man es nicht mit Lebendigem zu tun, sondern mit Robotik. Erst im Menschen wird der „OR-Bereich“ wieder sichtbar. Das zieht Tiere magisch an – sie werden sich sozusagen ihrer eigenen Natur „bewußt“, wenn sie uns sehen und spüren. Wir kommen dem entgegen, weil wir im Tier („wie süüüüüß!“) nur das Lebendige sehen und spüren können: