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Der Kosmonenraum (eine Notiz aus dem Jahre 1999)

8. November 2022

Hanspeter Seilers Kosmonentheorie in der emotion 12/13: in meinen Augen nach wie vor der reine Mechanistizismus. Seiler redet wohl ständig von den „seelisch-lebendigen Eigenschaften der Materie“, aber das ist reine Rhetorik und beweist nur, daß der Mechanismus stets mit Mystizismus Hand in Hand geht: „der Geist in der Maschine“. Oder von einer anderen Seite her betrachtet: alles wird mechanisch anhand reibungsloser Flüssigkeiten wie flüssigem Helium erklärt, dabei aber das wirklich wichtige unterschlagen, nämlich, daß sich diese Flüssigkeiten teilweise ganz und gar nicht mechanisch, sondern quantenmechanisch verhalten – und daß erst hier die wirklich „seelisch-lebendigen Eigenschaften der Materie“, d.h. orgonotischen Eigenschaften der Materie zum tragen kommen – Eigenschaft, die sein Kosmonenmodell eben nicht erklären kann!

Was nun Seilers relativistischen Kosmonenraum betrifft behauptet er ja, daß die chaotische Bewegung der Ätherpartikel (Kosmonen) Einsteins Relativitätsforderung erfüllen. Groteskerweise hat Einstein 1905 nicht nur die Äthertheorie überwunden, sondern gleichzeitig mit dem Relativitätsaufsatz auch einen Aufsatz über eben diesen, Seilers „relativistischen Kosmonenraum“ veröffentlicht – über die statistische Analyse der chaotischen, Brownschen Bewegung der Moleküle. Das statistische Mittel der Kosmonenbewegung ergibt natürlich einen klassischen Ätherhintergrund.

Und überhaupt: Reichs Orgonphysik ausgerechnet auf die mechanistische Brownsche Bewegung gründen zu wollen und das dann auch noch als biophysikalischen Ansatz zu bezeichnen!

Außerdem hat Seiler die Relativitätstheorie gar nicht verstanden. Wenn Einstein schreibt, der „Bewegungsbegriff“ dürfe auf den Äther nicht angewendet werden, dann meint er natürlich nicht die Bewegung des Äthers (jedenfalls nicht im Seilerschen Sinne), sondern daß, entsprechend den mechanischen Experimenten, auch elektromagnetische Experimente nicht von ihrem Bewegungszustand abhängen dürfen: genauso wie ein Pendel in einem Raumschiff schwingt, unabhängig wie schnell das Raumschiff sich auch immer (gleichförmig) bewegt, darf auch ein elektromagnetischer Schwingkreis nicht von der Bewegung durch den Äther abhängig sein. Betrachtet man aber den Kosmonenraum aus statistischer Sicht (und nur das macht physikalisch überhaupt einen Sinn), ist er eben doch ein klassischer Äther, auf den der „Bewegungsbegriff“ anwendbar ist. Ob sich die einzelnen Teile dieses Äthers relativistisch korrekt verhalten oder nicht ist wahrhaftig egal!

Meine Lösung lautet wie folgt: wird das Raumschiff beschleunigt, wirkt sich das analog zu mechanischen Experimenten auch auf elektromagnetische Experimente aus: sie registrieren zwar nicht die konstante Bewegung jedoch die Beschleunigung – im Äther. Einsteins Spezielle Relativitätstheorie hatte also durchaus recht: der „Bewegungsbegriff“ läßt sich auf den Äther nicht anwenden. Sobald es im Äther jedoch zur Überlagerung, zur Kreiselwelle, zur Pulsation, also zur Beschleunigung kommt, ist der Äther nachweisbar. Wir wissen, wie sich dieser Äther bewegt: Reich hat es z.B. in Die kosmische Überlagerung beschrieben. Hier müßte m.E. auch die Wirbeltheorie der „Kosmonen“ ansetzen.

2. Seilers Aufsatz in Nach Reich ist extrem unglücklich plaziert, da er unmittelbar nach DeMeos Darstellung der Saharsia-Theorie folgt. Gegen DeMeo fällt mir wirklich kein einziger Einwand ein – während…. Seilers Kosmonenraum ist prinzipiell unnachweisbar – aber die Urmenschen sollen diese Kosmonen, die trilliarden-milliarden mal kleiner als der Splitter eines Sandkorns sind, gesehen und künstlerisch abgebildet haben, oder Kosmonen-Wirbel, die die Größe von Elektronen haben. Natürlich haben die Urvölker nicht subatomare „Kosmonen“, sondern die allseits sichtbaren Orgonwirbel und die atmosphärischen „Orgonpartikel“ dargestellt.

Auf S. 435 will Seiler erklären, warum es denn ausgerechnet auf dem amerikanischen Kontinent keine „Spiralkulturen“ gegeben hat: weil „der relativ geschlossene amerikanische Kontinentalblock wenig geographisch isolierte soziokulturelle Nischen aufweist, welche ein längeres Fortbestehen einer nicht-patriarchalischen Minderheitskultur ermöglicht hätte“. Nicht nur, daß das allenfalls für die nordamerikanischen Weiten zutrifft, darüberhinaus hatte vorher DeMeo im gleichen Buch das exakte Gegenteil bewiesen! S. 479 stellt dann DeMeo wieder seine Saharsia- und Seilers Spiralkultur-Theorie auf die gleiche Stufe als Weiterentwicklung der Orgonomie, was wieder zeigt, wie wirr, kontaktlos und irreführend das Buch Nach Reich in seiner Gesamtheit ist.

Okay, ich stehe auf, gehe zum Bücherschrank und hole mir das Buch Zauber vergangener Reiche und betrachte mir die Abbildungen zu den amerikanischen Kulturen: ich sehe eine Gesichtsmaske mit Mosaiken belegt – die Spiralen auf den Wangen zeigt; der zapotekische Vegetationsgott ist voller Wellen und stylisierter S-förmiger Spiralen; die gefiederte Schlange Quetzalcoatl ist eine einzige verstrudelte Welle mit lauter Spiralen; die Reliefs der Mayas sind total verschnörkelt voller Spiralen; an den Tempeln hängen merkwürdige spiralförmige „Elefantenrüssel“ und sie sind voll reliefartiger eckiger Spiralmuster; ein aztekischer Schild ist mit einer eckigen Spirale geziert. Ein erneuter Griff in den Bücherschrank und ich habe Cerams Der erste Amerikaner in der Hand: Tongefäß aus einem Pueblo mit klassischen Spiralen; Keramik aus dem Südwesten der USA mit Hund, dessen überlanger Schwanz zu einer überdimensionalen Spirale geringelt ist; Keramik aus Arizona mit den so typischen indianischen zackigen Hakenkreuz-Spiralen; Tonwaren aus New Mexico mit zackigen und runden Spiralen; Tonfigur der Hohokam über und über mit Spiralen bedeckt; dutzendfach Töpferware der Hohokam voller Spiralen genauso wie sie Seiler in seinem Buch abbildet; Schlangen-Mound aus Ohio am Ende mit einer klassischen Spirale; Räuchergefäß der Hohokam mit klassischen Spiralband. Zum Beispiel die Töpferware der chinesischen Spiralkultur der Yang-Shoa bei Seiler S. 434, ist geradezu typisch – indianisch!

Zentral in Seilers Aufsatz ist seine Interpretation der Abb. auf S. 440 als sexuelle Vereinigung. Nun, Malinowski fand, daß die Mythologie und die Trobriandrische Kunst gerade durch einen auffälligen Mangel an sexuellen Anspielungen gekennzeichnet ist. Ich glaube deshalb, daß die Abb. auf S. 440 etwas ganz anderes darstellt, als Seiler glaubt: ein Mann wird im Schlaf von einer der „fliegenden Hexen“ angegriffen, die sich von den Organen ihrer Mitmenschen ernähren. Es sieht ja auch ganz so aus, als würde eine Hexe auf einem Schlafenden knien und ihm das Herz, die Leber oder so rausreißen. Der größte Alptraum der Trobriandrischen Kanufahrer.

3. Seilers Spiralreise in die Unterwelt: Bei der Lektüre war es mir unmöglich irgendeine Verbindung zwischen dem Diskus von Phaistos und dem energetischen Orgonom herzustellen. [2022: zumal es immer deutlicher wird, daß der Diskus eine Fälschung aus dem 19. Jahrhundert sein könnte.] Die Lektüre wurde erst dann fruchtbar, als ich meine eigene Interpretation als Hintergrund wählte:

Im Matriarchat herrschte ein Sonnenkult („Alat“), deren zentrale Mythus die doppelt-spiralförmige Bewegung der Sonne war, zunächst zu ihrem Gipfelpunkt zur Sommersonnenwende und dann zu ihrem Tiefpunkt („Gefahr des Absturzes in die Unterwelt“) zu ihrer Wintersonnenwende. Das besondere an diesen beiden Spiralen, die wir im Diskus von Phaistos dargestellt finden, ist, daß die Hälfte des täglichen Spiralabschnitts sich offenbar in den Höhlungen der Erde abspielt. Dies wird durch die Labyrinth-Allegorien symbolisiert. Beide Elemente, also Spirale und Labyrinth, erklären die Mysterienkulte und Brettspiele. (Sind die beiden Zahlen 30 und 31 Monatstage und spielen hier die beiden Halbjahre (2 · 6 Monate) eine Rolle? Ist die Siebenheit, die angeblich für die „Chakras“ steht, nicht einfach Ausdruck der sieben Planeten und sieben Wochentage?

Im Patriarchat mit seinem Mondkult („Allah“) wurden diese Elemente bis zur Unkenntlichkeit verzehrt, die Himmelskönigin Isis wurde zu Seth, der zu Satan; aus dem Labyrinth wurde die Hölle, etc. Die Mythen wurden zu reiner Pornographie und Fruchtbarkeits- und murkeligen Mysterienkulten, etc. Außerdem spaltete sich der Mensch in zwei, es kam zur neurotischen Selbstbetrachtung und er zeichnete, auf entstellte Weise, die Bewegung seiner Bioenergie nach (Tantra, Taoismus, etc.). Bezeichnenderweise stimmen diese esoterischen Systeme nie ganz überein und widersprechen sich teilweise diametral. Diese „schizophren“ entstellten bioenergetischen Empfindungen wurden dann mit dem eingangs erwähnten Sonnenmythus verbunden und es ging dabei darum die Bioenergie aus dem gepanzerten Organismus zu befreien. Bezeichnenderweise dreht sich alles darum, sich so weit wie nur irgend möglich vom Genital zu entfernen: bis hin zur Schädeldecke und darüber hinaus.

Aus dieser meiner Theorie heraus machte dann die Lektüre von Seilers Aufsatz wieder für mich Sinn. Aber was hat die Schlange, d.h. die Sonnenschlange (man siehe nur mal Ras Kopfschmuck), denn eigentlich mit den beiden Sonnenspiralen zu tun? Warum ist ausgerechnet die Schlange Luzifer der Lichtbringer? Ist es, weil sich die Schlange als einziges Tier „theoretisch“ selbst fressen könnte: der Ouroboros als Symbol der ewigen Wiederkehr des Gleichen, der trotz allem Auf und Ab unwandelbaren Sonne?

Ich weiß nicht recht, aber vielleicht führt mein gegen den Strich Lesen letztendlich doch zu ganz ähnlichen Ergebnissen wie Seiler sie präsentiert. Am Schluß der Lektüre kam mir nämlich Seilers Interpretation der Diskusfelder ganz vernünftig vor.

Ich möchte hier meine „Besprechung“ abbrechen. Was mich persönlich an all den „alten Weisheiten“ fasziniert, die die Arbeit vom Buch über die Kosmonen bis zur Phaistos-Arbeit durchziehen, ist, daß ich einerseits all diese taoistischen, yogischen, etc. Weisheiten als Dreck erachte – andererseits aber immer wieder damit konfrontiert bin, daß aus vollkommen fehlerhaften, teilweise sogar betrügerischen Voraussetzungen (z.B. auch falschen Übersetzungen aus exotischen Sprachen) Dinge hervorgehen, die funktionieren. Ich glaube, es liegt einfach daran, daß überhaupt eine Struktur (egal welche) in die Gedanken kommt, daß überhaupt irgendwas getan wird. Der esoterische Mist ist einfach nur ein Mittel, mit dem wir als gepanzerte Wesen uns irgendwie bewegen, irgendwie koordiniert bewegen können. Ersatzkontakt.

„Dreck“? Teilweise ist es reine „Nazi-Ideologie“, das gilt sowohl für die „arischen“ Weisheiten Indiens als auch insbesondere die ägyptische Mythologie: vgl. Doris Wolf: Was war vor den Pharaonen? Die Entdeckung der Urmütter Ägyptens, Zürich: Kreuz Verlag, 1994. Und erst dieser Tage ist ein Buch über die Nazi-Ideologie „Tantra“ erschienen: Viktor und Viktoria Trimondi: Der Schatten des Dalai Lama. Sexualität, Magie und Politik im tibetischen Buddhismus, Padmos Verlag, 800 Seiten. Der Lamaismus sei ein kriegerischer und aggressiver Kult. Der Tantrismus sei nichts anderes als kruder Sexismus und sexuelle Ausbeutung der Frauen. Ziel sei die Transformation sexueller und weiblicher Energie in spirituelle und politische Macht zugunsten einer patriarchalischen Mönchselite. Mit einem ultimativen Anspruch auf Weltherrschaft durch den Dalai Lama als kosmischem Herrscher über Zeit und Raum. Die unlösbare Einheit von Politik und Religion. Saharasia pur! – Der Taoismus ist noch größerer Dreck, wie z.B. DeMeo gezeigt hat.

Auf der einen Seite die extrem mechanistische Kosmonentheorie, die dann durch zu viel „Esoterisches“ überwuchert und entstellt wird: Chakren, Meridiane, Tao, Yoga, ägyptische Mysterien etc. – und das dann noch alles ineinander verwoben…. Seiler schadet damit nur dem Gedankengang, der sich hinter den drei hier besprochenen Texten verbirgt: Kosmonenraum —> Wirbel —> Wirbelkugeln —> Elementarteilchen / matriarchale Urvölker waren sich dieser ätherischen Vorgänge bewußt —>  Spiralkulturen / Phaistos-Diskus als Beispiel einer Wirbelkugel. Diesen Gedankengang finde ich grandios. Aber was das mit der Neuinterpretation der Diskusfelder zu tun hat, kann ich nicht nachvollziehen. Anders würde es etwa aussehen, wenn die Kosmonentheorie die sieben Chakren und die Energiebewegung im Körper unabhängig ableiten könnte; feststellt, daß in Indien, China, Ägypten, etc. einzelnes der Kosmonentheorie vorweggenommen wurde und daß sich dergestalt manches neu erklären läßt. Daß das umgekehrt funktioniert, also vermeintliche „alte Weisheiten“ irgendwo hinführen, bezweifle ich doch sehr.

Soeben stolpere in meiner Fernsehzeitschrift über den Artikel „Riesige Formen finden sich im Kleinen wieder“ über das Buch: Albrecht Ploum: Spiegel des Universums, Hoppers Verlag BV, Aachen, DM 98. Beweise für die verblüffende Übereinstimmung im Aufbau des Mikro- und Makrokosmos mit vielen faszinierenden Photos.

Was die neueren physikalischen Ansätze betrifft, z.B. Puthoff, zero-point field und Stochastische Elektrodynamik, scheint sich wohl tatsächlich etwas abzuzeichnen, was die Kosmonentheorie mit ihren Bohrschen Elektronenbahnen, etc. akzeptabel macht. Doch mir kommen Ansätze wie der von Puthoff doch ziemlich mechanistisch vor. Ich bilde mir ein, daß mein Aufsatz über Quantenphysik die Differentia specifica des orgonomisch-funktionellen Ansatzes aufzeigt: sowohl der Rückfall zu einer „klassischen“ Mechanik á la Puthoff („Mechanismus“) als auch das Versinken ins „Tao der Physik“ der „klassischen“ Quantenphysik („Mystizismus“) wird vermieden. Die mechanistische („neo-klassisch-mechanische“) Betrachtungsweise wird, wenn sie auf die Quantenmechanik angewendet wird, stets an der geisterhaften Nichtlokalität der Quantenphänomene scheitern (EPR-Paradoxon), während die gängige Quantenmechanik zwar philosophisch elegant „alles erklärt“, aber praktisch-technologisch seltsam unfruchtbar ist.

Der mechanistische Ansatz krankt daran, daß aus einem primordialen Chaos Ordnung hervorgehen soll und niemand erklären kann wie, während der mystischen Ansatz diese Lücke mit „außerweltlichen Wirkstrukturen“ füllt. Beide Ansätze sehen nicht, daß die Natur funktionell ist, d.h. alles „spielt eine Rolle“, wobei der „Text“ der „gespielt“ wird, durch die Umstände gegeben ist. Der Mechanist sieht das „Rollenspiel“ nicht, während der Mystiker nach dem (gar nicht vorhandenen) Text sucht. In meinen Augen ist der chaotische Kosmonenraum die geradezu archetypische Verkörperung des Mechanismus („Mechanistizismus“), das wird dann, wie immer in solchen Fällen (Beispiele sind Newton und Einstein), durch vitalistische, mystische, esoterische, etc. Ansätze ergänzt.

Was mich verunsichert ist, daß es wohl tatsächlich so etwas wie „orgonotische Präkognition“ gibt: die Orgonenergie scheint zu wissen, was in der unmittelbaren Zukunft geschehen wird! Und ich spreche hier von unvorhersehbaren Ereignissen wie geheime Atomexplosionen und den Output von Zufallsgeneratoren. Hat die Kosmonentheorie hier einen Erklärungsansatz? Warum reagiert der Körper (etwa der Hautwiderstand) bereits Sekundenbruchteile bevor die Testperson einem Stimulus ausgesetzt wird, etwa dem Photo eines kuscheligen Hundebabies oder dem einer Szene aus dem Schlachthof? Warum kontrahiert die atmosphärische Orgonenergie bereits Stunden vor einem Atomtest, also zu einer Zeit, wo das Militär noch mit den Technikern über die Zündung diskutiert?

Orgonenergie, Liebe und Raumschiffe (1955) (Teil 6)

28. Mai 2018

von David Boadella, B.A.*

TEIL 3: GESCHWINDIGKEIT UND GERÄUSCHLOSIGKEIT

Ich werde jetzt die dritte Eigenschaft der Untertassen besprechen, die ich heute abend auswähle – ihre Bewegungsgeschwindigkeit und die Tatsache, daß diese Bewegung normalerweise geräuschlos ist. Harold WILKINS gibt ein nützliches Beispiel für dieses Merkmal:

Im April 1949 verfolgte ein Team von Wissenschaftlern und Marineoffizieren den Flug eines Wetterballons nordwestlich des Testgeländes von White Sands. Der Aufstieg wurde mit Teleskop, Theodolit und Stoppuhr überprüft. Der Ballon war hoch oben, als der Mann mit dem Teleskop erschrak. Er drehte sein Teleskop nach Osten und beobachtete eine einzelne Scheibe, die sich dem Aufwärtsweg des Ballons näherte. Während er dies tat, verfolgte ein Wissenschaftler die Scheibe durch einen Theodoliten. Das seltsame Objekt schien ein Ellipsoid zu sein, ungefähr 100 Fuß breit und ungefähr 56 Meilen hoch. Jetzt berechnete ein Ballistikexperte die Geschwindigkeit der Scheibe. Es waren fünf Meilen pro Sekunde. Es ist noch kein Motor auf der Erde erfunden worden, der eine Maschine dazu bringen wird, sich mit dieser fantastischen Geschwindigkeit zu bewegen. Das ist eine Geschwindigkeit von 18 000 Meilen pro Stunde. Dann kam ein weiterer erstaunlicher Vorfall. Das Ding schoß plötzlich nach oben und hatte in zehn Sekunden seine Höhe über der Erde um 25 Meilen erhöht. Wiederum berechneten Mathematiker, Astrophysiker und Ballistikexperten, daß die gewaltige Kraft, die bei dieser ungeheuren Beschleunigung ausgeübt wurde, dem Zwanzigfachen der Anziehungskraft des Erdschwerefeldes entsprach. Kein menschliches Wesen unserer Erde könnte eine derartige Schwerkraft ertragen, ohne daß jede Zelle im Körper zerrissen würde. Die seltsame Scheibe war für ungefähr eine Minute in Sicht. (aus Flying Saucers on the Moon)

Es ist interessant, daß einer der berühmtesten Pioniere auf dem Gebiet der Raketenforschung, Professor Herman Oberth, gesagt haben soll, daß das Verhalten von Fliegenden Untertassen jede uns bekannte Antriebsart ausschließt, einschließlich jeglicher Art von Raketenantrieb.

Bietet die Orgonforschung irgendwelche Tatsachen, die Licht auf die kolossalen Geschwindigkeiten werfen können, die von den Untertassen erreicht werden?

Kann Orgonenergie einen Motor antreiben? Die Antwort lautet ja.

Im Jahre 1947 erwarb Reich einen Geiger-Müller-Zähler, um zu sehen, welche Wirkung, wenn überhaupt, Orgon auf ihn hätte. (Ein Geigerzähler ist das gängige Instrument zur Messung der Intensität von radioaktiven Ablagerungen.) Viele Wochen lang reagierte der Zähler nicht. Es schien, als müsse er für eine beträchtliche Zeit Orgon aufsaugen, bevor er zu reagieren begann. Dann im August kam es zu den ersten starken Reaktionen. Als die Batterie eingeschaltet wurde, zeichnete der Zähler 100 Impulse pro Sekunde oder eine Umdrehung pro Sekunde auf. Im Vergleich beträgt die normale Zählung der Hintergrundstrahlung 25-30 Impulse pro Minute oder ein Impuls alle 2 Sekunden; und die maximale Zählung, die zu jener Zeit von nuklearen Quellen erreicht worden war, lag bei 50 Impulsen pro Sekunde, oder genau der Hälfte, die Reich ohne die Verwendung überhaupt irgendeiner nuklearen Quelle erzielte. Er fand, daß die Impulse aufhörten, sobald er den Geigerzähler aus dem Akkumulator nahm, und wieder anfingen, sobald er ihn wieder hinein setzte.

Reich kaufte nun eine sogenannte „Scaler-Einheit“, die es ermöglichte, jeden 32. Impuls nur zu zählen und damit die Aufzeichnung eines weit größeren Aktivitätsbereichs zu ermöglichen als mit dem normalen Geigerzähler. Gleichzeitig wollte er herausfinden, ob Orgon in einem Vakuum eine höhere oder eine niedrigere Rotationsgeschwindigkeit auf seinem Zähler erzeugen würde. Die maximale Anzahl von Impulsen, die er mit dem gasgefüllten Zähler erhalten hatte, betrug 3200 pro Minute. Mit der Vakuumröhre beschleunigte sich die Impulsrate enorm und verlangte eine weit geringere Anfangsspannung, um die Wirkung auszulösen. Ich muß darauf hinweisen, daß dies vom Standpunkt der Kernphysik aus eine unglaubliche Leistung ist, da der Geiger-Zähler bisher noch nie eine Reaktion ausgelöst hat, wenn kein Gas in der Röhre ist und daher keine Gasteilchen ionisiert werden können. Die Einzelheiten des gesamten Versuchsverlaufs, der in die Entwicklung des Geigerzählers und der Vakuumröhren mündete, würde sich als zu technisch und sehr langwierig erweisen, also werde ich die Geschichte der orgonotischen Motorkraft verkürzen, indem ich sage, daß bis 1951 eine maximale Zählrate der Vakuumröhren die schwindelerregende Zahl von 25 000 Impulsen pro Sekunde unter idealen atmosphärischen Bedingungen erreicht wurde. Die Ungeheuerlichkeit dieser Reaktion sollte uns nicht ungläubig machen. Da Orgon die kosmische Energie ist, da es den gesamten Raum durchdringt, und da es so etwas wie eine Orgonhülle um die Erde gibt, sollte logisch folgen, daß die Orgonenergie im Weltraum auch die Kraft ist, die die Rotation und Umdrehung der Planeten beherrscht.

Solch eine Kraft könnte für die hohen Geschwindigkeiten, die Fliegende Untertassen erreichen, durchaus relevant sein, und verweist auch darauf, warum die Untertassen so oft als geräuschlos beschrieben werden. Das einzige Geräusch, das gehört wird, wenn die Orgonenergie am Werk ist, ist das beabsichtigte des mechanischen Aufzeichnungsgeräts. Orgon selbst ist geräuschlos.

* Abdruck der Übersetzung aus dem Englischen mit freundlicher Genehmigung des Autors, Dr. Boadella. Der Originalaufsatz „Orgone Energy, Love and Space Ships“ findet sich in der von Paul und Jean Ritter in Nottingham, England herausgegebenen Zeitschrift Orgonomic Functionalism, Vol. 2 (1955), No. 5, S. 287-306.

Die Orgonomie und die Energetik (Teil 1)

2. Mai 2015

Die Orgonomie ist kein neues „Paradigma“, sondern der Grund, auf dem die Wissenschaft ruht, sie ist die Wissenschaft per se (Clark/Frauchiger: Journal of Orgonomy, 1986). Dergestalt spielt sie die gleiche Rolle, die die Orgonenergie in der ganzen Natur innehat oder beispielsweise die Arbeitsdemokratie in der Gesellschaft. Insoweit andere Theorien, insbesondere „energetische Theorien“, wissenschaftlich sind, wurde in ihnen die Orgonomie vorweggenommen oder gar weiterentwickelt. Wo Reich sich geirrt hat, war er nicht orgonomisch.

Gefahr des Eklektizismus? Die könnte auf drei Elementen beruhen:

  1. daß die Orgonomie mit allen möglichen mechano-mystischen Elementen überfrachtet und erstickt wird, wie ein Pflanzenkeimling, auf den Abfall geworfen wird;
  2. darauf, daß man diese fremden Ansätze dazu instrumentiert, dem Wesentlichen auszuweichen; und
  3. daß man die energetischen, „kosmischen“ Momente der Orgonomie gegen die Sexualökonomie ausspielt.

Es besteht immer die Gefahr, daß die Orgasmus-Theorie verloren geht. Schon 1940 schrieb Reich, die Orgonomie werde sich wahrscheinlich in zwei Lager spalten, wobei die eine Gruppe erklären werde, „die sexuelle Funktion sei der allgemeinen Lebensfunktion untergeordnet – und daher streichbar.“

Auch müssen wir, um die Orgonomie besser verstehen zu lernen, ihre „Eltern“, z.B. die deutsche Philosophie des 19. Jahrhunderts, die Psychoanalyse und den Marxismus durchleuchten. Die Orgonomie hat beispielsweise ihre Wurzeln auch in der „Energetik“ von Wilhelm Ostwald.

Aber meinen Reich und die Energetiker eigentlich dasselbe, wenn sie von „Energie“ sprechen? Natürlich wußten diese nichts von der Orgonenergie, aber es finden sich doch Anklänge an sie. Außerdem läßt beispielsweise der Energetiker Hans Hass in seinen Büchern den Energie-Begriff explizit offen. Niemand wisse, was „Energie“ eigentlich sei. Andererseits meint Hass, es gäbe ohne dieses Unbestimmte „keine Bewegung, keinen Vorgang, keine Entwicklung – somit auch keinen Gedanken, keine Musik, keine Religion.“

Besonders bemerkenswert ist jedoch, daß sich Hass von den mechanistischen Denkschablonen löst, die Energie sei eine Funktion materieller Partikel oder Stoffe, vielmehr seien diese umgekehrt „eine Erscheinungsform von Energie“ (Naturphilosophische Schriften, Bd. 3, München 1987). So lehnt er auch folgerichtig den Begriff „Materialismus“ ab.

Denn gerade das, was uns die Materie als etwas Klotziges, Plumpes, von den geistigen Vorgängen und unseren Gefühlen so äußerst Verschiedenes erscheinen läßt, hat gar keine reale Basis. Es ist bloß eine Interpretation unserer höchst mangelhaften Sinne. Dieses Klotzige, Plumpe, „primitiven Gesetzmäßigkeiten blind Gehorchende“ ist in Wahrheit eine Erscheinungsform höchst differenzierter Kräfte. Was wir Materie nennen, besteht ganz und gar aus dem gleichen geheimnisvollen Etwas [Energie], das auch den subtilsten Prozessen, auch unseren Denk- und Gefühlsvorgängen zugrunde liegt.

Bereits 1895 hielt Wilhelm Ostwald einen Vortrag in diesem Sinne vor der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften über „Die Überwindung des wissenschaftlichen Materialismus“. In ihrem Buch Wilhelm Ostwald (Stuttgart 1953) schrieb seine Tochter über Ostwald, die Energie

wurde ihm von einer mathematischen Funktion zur unmittelbarsten Wirklichkeit, zum umfassendsten Naturbegriff neben Raum und Zeit, zum erfolgreichsten Wegweiser, den wir bisher kennen, für das Leben der Völker wie des Einzelnen.

Bemerkenswert funktionell ist auch, wie Hass noch einen Schritt weitergeht und die Energie als die fundamentale Größe hervorhebt. Er beruft sich dabei auf den Physiker Gottfried Falk, der beklagt, die Physikbücher würden einen falschen Eindruck von der Bedeutung der Energie vermitteln. Demnach seien Raum und Zeit die fundamentalen Begriffe gefolgt von Geschwindigkeit, Beschleunigung, Masse und Kraft. Aus diesen Größen werde die Arbeit abgeleitet und aus dieser dann als letztes die Energie. Dieser Ansatz wäre ein Erbe der Newtonschen Mechanik und vermittele alles andere als eine „tiefere Wahrheit“ über die physikalische Welt. Er sei durch die Entwicklung der Physik überholt:

Jedem Physiker ist es geläufig, daß die Quantenmechanik nicht mit den ihr zunächst als fundamental vorgestellten Größen Lage, Geschwindigkeit, Kraft operiert, sondern mit anderen Größen, allen voran mit der Energie. (Hass/Lange-Prollius: Die Schöpfung geht weiter, Stuttgart 1978)

Ein Energetiker, auf den sich Hans Hass unmittelbar beruft, ist der belgische Chemiker, Unternehmer und Soziologe Ernest Solvay (1838-1922). Er wurde durch das „Solvay-Verfahren“ zur Soda-Herstellung bekannt. 1894 hatte er das „Solvay-Institut für physiologische und soziologische Forschungen“ gegründet, das später der Freien Universität Brüssel angegliedert wurde.

Solvays soziologische Konzepte wurden durch seine Beschäftigung mit der Physik und Chemie geprägt. So wollte er, wie später Wilhelm Ostwald, eine „soziale Energetik“ aufbauen. Für ihn war Energetik das Prinzip

einer vollständigen und ununterbrochenen Verkettung von einfachen chemischen Reaktionen, von belebten chemischen Reaktionen oder lebenden Zellen, von Zusammenschlüssen von Zellen oder lebenden Wesen, von Zusammenschlüssen lebender Wesen oder tierischer Gesellschaften und schließlich menschlicher Gesellschaften. (z.n. Bernsdorf/Knospe: Internationales Soziologenlexikon, Stuttgart 1980)

„Die gesamte Evolution sah er in ihrer inneren Verwandtschaft“ (Hass: Naturphilosophische Schriften Bd. 3, München1987).

In Notes sur des Formules d’Introduction à l’Énergetique Physio- et Psycho-Sociologique (Brüssel 1906) definierte Solvay den Organismus als „Energietransformator in potentiellem Zustand“. Dies entspricht exakt dem Hass’schen Begriff „Energon“. Weiter meinte Solvay, man könne den Energietransformator „Mensch“ nicht „in sich selbst und für sich selbst“ beurteilen, sondern nur in seiner energetischen Wechselwirkung zur Gesellschaft. Auch in ihr, sowohl in einzelnen Menschengruppen als auch im ganzen Menschengeschlecht, sah er ein energetisches Gebilde.

Auf dieser Grundlage baute Solvay seine soziale Theorie auf, die sich aus den Konzepten „productivisme“ und „comptabitisme“ zusammensetzt: Förderung der schöpferischen Kräfte einerseits und Rechnungsführung andererseits.

Solvay vertritt die Grundthese, daß das Elend der Menschen einer schlechten Ausnutzung der Energie zuzuschreiben sei, die productivisme als die „Organisation und Verteidigung aller materiellen und ethischen Interessen der Gesamtheit“ stelle der Menschheit die Aufgabe, die schöpferischen Kräfte zu mobilisieren und zu vervielfachen, indem man sie so anpaßt, daß sie ein Maximum an Leistung bei einem Minimum an Aufwand hergeben. (Internationales Soziologenlexikon)

So versuchte Solvay ausgehend von der Energiebilanz und „– im rein Theoretischen verbleibend – mathematische Grundformeln für die Strukturen der menschlichen Gemeinschaftsbildung aufzustellen“ (Hass: Naturphilosophische Schriften Bd. 2, München1987). Hass glaubt, er habe diesen Ansatz vervollkommnet, indem er ihn von der Soziologie löste und auf die Ökonomie übertrug.

Wilhelm Ostwald widmete 1909 sein Buch Die energetischen Grundlagen der Kulturwissenschaft Ernest Solvay, genauso wie 70 Jahre später Hans Hass seine zusammenfassende Darstellung der Energontheorie Ostwald widmete (Hass/Lange-Prollius: Die Schöpfung geht weiter, Stuttgart 1978). Als weiteren „Vorgänger“ und „Kampfgenossen“ nannte Ostwald den Dresdner Mathematiker Georg Ferdinand Helm (1951-1932), einer der Begründer der Energetik des 19. Jahrhunderts.

Von Helm stammen Werke wie Die Lehre von der Energie (1887), Energetik (1898) und Die Energielehre (1913). Sein Verdienst lag darin, thermodynamische Vorstellungen auf den gesamten Bereich der Physik und Chemie auszuweiten. Er war Gegner der atomistischen Betrachtungsweise, d.h. er wandte sich dagegen, „die eigentliche wissenschaftliche Grundlage der Thermodynamik in der Mechanik der Atome zu suchen“.

Die Entdeckung des französischen Physikers Carnot (1796-1832), daß das Funktionieren einer Dampfmaschine nichts mit der Zusammensetzung der dabei verwendeten Stoffe zu tun hat, hatte dazu geführt, daß die sich entwickelnde Thermodynamik jede Hypothese über die Beschaffenheit der Materie für überflüssig hielt. So gelangten u.a. Helm und Ostwald

zu der Auffassung, daß sich in den Naturerscheinungen allein die Energie mit ihren vielfältigen Umwandlungsprozessen offenbare. Sie begründeten damit die naturphilosophische Denkweise der Energetik. (Stephen F. Mason: Geschichte der Naturwissenschaft, Stuttgart 1991)

Dazu muß sogleich einschränkend gesagt werden, daß Ostwald 1923 in Moderne Naturphilosophie schrieb:

Die Energie ist auch für den modernen Energetiker durchaus nicht ein Grund- und Zentralgedanke, aus welchem sich die ganze übrige Welt ausspinnen ließe.

Um die Rolle der Energie in Ostwalds System zu verstehen, muß man sich seine „Wissenschaftspyramide“ vergegenwärtigen:

Diese seine „Ordnung aller Wissenschaften“ beinhaltet a priori, daß der Begriff der Ordnung der allgemeinste ist. Genausowenig wie es eine Energetik der Geometrie, Mathematik oder Logik geben könne, würde auch das spezifisch Soziologische, Physiologische und Psychologische von der Energetik nicht ganz gedeckt werden. An dieser Spitze der Pyramide sei „Leben“ der Hauptbegriff, „Energie“ nur ein Hilfsbegriff. Sie sei der Hauptbegriff in Physik und Chemie.

Jede höhere Stufe braucht die Begriffe der darunter liegenden, nicht aber umgekehrt. Die Soziologie ist für die Ordnungs- und Energiewissenschaften unwesentlich, die Ordnungs- und Energiegesetze sind aber sehr wichtig für die Soziologie.

Als logische Folgerung der Energetik verzichtete der Physiker und Philosoph Ernst Mach (1838-1916) auf jede Hypothese hinsichtlich des Wesens der Energie. Dergestalt bildete Mach eine „funktionalistische Erkenntnistheorie“ aus. Ganz im Sinne Reichs (trotz der unorgonomischen Abstraktion) sollte die Physik, von „hypothetischen Bildern und theoretischen Konstruktionen“, von mechanischen Naturmodellen gereinigt, zu einer „phänomenologischen Physik“ werden, in der, statt der Mechanik, die Thermodynamik als Prototyp naturwissenschaftlicher Betrachtungsweise gelten würde.

Der Mach‘sche Ansatz wurden dann sehr schnell durch den Nachweis des Atoms, durch die „Atomistik“ in Frage gestellt. Deshalb ersetzte Ostwald den alten Gegensatz Atomistik/Energetik durch den von Materialismus/Energetik. Außerdem sagte er, die Energetik würde durch die Atome

nicht berührt, denn da sie die allgemeinere Begriffsbildung ist, besteht sie ganz unabhängig davon, ob es Atome gibt oder nicht. (…) Während infolge der neuen Physik die anderen Größen, die man bisher als unveränderlich angesehen hatte, insbesondere die Masse, diese Beschaffenheit haben aufgeben müssen, ist das unbedingte Erhaltungsgesetz nur für die Energie in Geltung geblieben, d.h. sie hat sich als die letzte Realität erwiesen, auf welche die Entwicklung der Wissenschaft hingeführt hat.

Da der Energie nach Einstein auch Masse zuerkannt wurde, habe sie „also die Materie begrifflich verschluckt“. Hass zufolge sprach Ostwald „bereits 1887 die Ansicht aus, daß Materie ‚ein sekundäres Produkt der Energie‘ sei“ (Naturphilosophische Schriften, München 1987). Ostwald schrieb sich zu, den Fortschritt vom energetisch-materiellen Dualismus zum reinen energetischen Monismus vollzogen zu haben, indem er die Materie energetisch deutete.

Mit Einschränkung war demnach in Ostwalds Denken die Energie der Dreh- und Angelpunkt. Hatte Reich z.B. sein Heim und Laboratorium nach der Orgonenergie „Orgonon“ genannt, so taufte zuvor Ostwald sein Anwesen „Energie“. Auch sonst waren sich die beiden Männer ähnlich. Bei Ostwalds Tochter Grete Ostwald ist von der „Unbekümmertheit seines kindlichen Gemütes“ die Rede.

Der Reichtum seines unerschöpflichen Gedächtnisses, sein Organisations- und Ordnungstalent und seine Findigkeit für Zusammenhänge und Ähnlichkeit weit auseinander liegender Dinge dazu (…). (Wilhelm Ostwald. Mein Vater, Berlin 1953)

Ostwald war neben Ernst Haeckel (1834-1919) einer der bedeutendsten Vertreter des „Monismus“, den er 1912 in Der energetische Imperativ als „das Einheits-Prinzip der Wissenschaft“ definierte. Aber auch bei Staat und Familie, ökonomischer und künstlerischer Arbeit sollte der Einheitsgedanke durchgeführt werden:

Wir wollen nicht unseren Geist umschalten müssen, wenn wir aus der Wissenschaft in die Kunst treten, wir wollen dieselben Prinzipien für unser ethisches wie für unser wirtschaftliches Handeln anwenden können; wir wollen uns bewußt sein, daß wir nichts tun oder treiben können, als was überall im Grunde mit dem wissenschaftlichen und sozialen Denken zusammenhängt und daher allseitig übereinstimmen muß. Also die Harmonie unserer gesamten Betätigung ohne jede Ausnahme, die wir doch bewußt oder unbewußt alle anstreben, das ist das, was ich Monismus nenne.

40 Jahre später schrieb Reich in seiner Abhandlung zum ORANUR-Experiment:

Alle Grenzen zwischen Wissenschaft und Religion, Wissenschaft und Kunst, Objektivem und Subjektivem, Quantität und Qualität, Physik und Psychologie, Astronomie und Religion, Gott und Äther stürzen unwiderruflich in sich zusammen und werden ersetzt durch eine Konzeption der grundsätzlichen Einheit, eines grundsätzlichen gemeinsamen Funktionsprinzips (CFP) der gesamten Natur, das sich in die verschiedenen Arten menschlicher Erfahrung verzweigt.

Ostwald versuchte, übrigens genau wie Mach und neuerdings Ilya Prigogine, naturwissenschaftliche Methoden im Rahmen der Energetik, bzw. der Thermodynamik, auf die „Geisteswissenschaften“ zu übertragen. (Und hier ist durchaus eine Nähe zur naturwissenschaftlichen Psychologie von Reich gegeben.) Wie gesagt stützte sich Ostwald in Die energetische Grundlagen der Kulturwissenschaft 1909 auf die soziologischen Theorien Solvays. Dessen Begriff „Energietransformator“ übertrug er „auf die Organe und auf die Werkzeuge der menschlichen Machtkörper, Maschinen inbegriffen“ (Hass/Lange-Prollius: Die Schöpfung geht weiter, Stuttgart 1978). Was die Wirtschaftler „Produktionsmittel“ nennen, bezeichnete er deshalb als „Transformationsmittel“. So breite der Mensch sein „energetisches Gebiet“ auf die anorganische Umwelt aus und konnte „fremde Energie“, z.B. fossile Brennstoffe oder Kernkraft, dem Lebensprozeß nutzbar machen.

Ganz im Sinne des Fortschrittsoptimismus seiner Zeit ging Ostwald davon aus, daß der Mensch mit Hilfe der Technik, und der durch sie möglich gewordenen größeren Energienutzung, immer glücklicher werden würde. Glaubte er doch, das Glück „wachse sowohl mit der gesamten Energiebetätigung wie mit dem willensgemäßen [Energie-] Überschuß.“ Glück definierte er als „stärkste, freiwillige Energiebetätigung.“ Widerstand, die diese lähme, müsse ausgeschaltet werden. Wie nah Ostwald hier doch formal den Prinzipien der Orgonomie gekommen ist!

Geprägt durch die Drohung des 2. Thermodynamischen Gesetzes (des „Dissipationsgesetzes der Energie“ wie Ostwald es nennt) die Welt strebe dem „Wärmetod“ zu, diesem „Fundamentalphänomen allen Geschehens in der Welt“, dachte Ostwald natürlich nicht, wie Reich, an die Entladung überschüssiger Energie. So lautete Ostwalds „energetisches Imperativ“ folgerichtig: „Vergeude keine Energie, verwerte und veredle sie.“ Damit ließe sich, so Ostwald 1912, seine „bisherige gesamte Arbeit am deutlichsten zusammenfassen.“ Dies läuft natürlich direkt gegen das Orgonomische Potential als dem Grundcharakteristikum der Orgonenergie.

Erstrahlung, Überlagerung und Relativität

5. Dezember 2013

www.orgonomie.net

Ursprünglich hatte ich vor, den Text Erstrahlung, Überlagerung und Relativität vollkommen neu zu schreiben, weil ich die Dinge mittlerweile etwas anders sehe, insbesondere was die Funktion der Erstrahlung betrifft. Bei der erneuten Lektüre mußte ich jedoch einsehen, daß der Text so steht, ich ihn noch immer zu rechtfertigen vermag und er kaum sinnvoll auf grundlegende Weise umgebaut werden kann. Er wurde deshalb nur leicht verändert und sozusagen „endgültig“ ins Netz gestellt.