Posts Tagged ‘Melanesien’

Die biologische Fehlrechnung in der Ökonomie (Teil 3)

4. September 2023

Der Austausch von Waren, von dem die klassische Ökonomik ausgeht, ist eine Verfallserscheinung der ursprünglichen Ordnung, wie Bronislaw Malinowski sie anhand der Trobriader Melanesiens gezeigt hat (siehe Reichs Der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral). Diese basierte fast ausschließlich auf Vertrauen: man gab etwas und wußte, daß man eines Tages einen höheren Gegenwert zurückerhalten würde. „Zeit“ war nie leer, sondern immer etwas, was mit „bioenergetischer Spannung“ gefüllt war.

Mit dem Zerfall dieser ursprünglichen Ordnung ging dieses Vertrauen und diese „Zeitfülle“ verloren. Der Mensch „verfiel dem Gold“. Wenn ich das richtig verstanden habe, handeln davon fast alle Mythen vom Verlust der alten Ordnung, die Wagner in seinem krypto-kommunistischen Ring der Nibelungen zusammengeführt hat. An die Stelle von Vertrauen tritt die Gier nach Gold und die Willkür der Götter, die wie Wotan ständig „ordnend“ eingreifen und trotzdem nur immer mehr Chaos erzeugen, bis es schließlich zur „Götterdämmerung“ kommt, letztendlich weil niemand mehr irgend jemanden vertrauen kann und alles dem Nihilismus (sozusagen der „Zeitleere“) verfällt. (In Tolkiens kongenialem krypto-katholischem Herr der Ringe geht es um die Wiederherstellung einer ewigen moralischen Ordnung, zu der es keine mögliche Alternative gibt.)

Freud vertrat die diametrale Gegenposition zur Anthropologie Reichs, d.h. am Anfang steht die Willkürherrschaft des „Urvaters“, der schließlich von seinen eigenen Söhnen beseitigt wird (Stichwort Ödipuskomplex). Wie man sich das konkret vorstellen kann, läßt sich anhand der Eigentumsökonomik Gunnar Heinsohns aufzeigen. Dieser zufolge stand am Anfang, d.h. in der Antike, die Verwaltung und mehr oder weniger willkürliche paternalistische Verteilung von Gütern. Nach einem revolutionären Umbruch wurde der Feudalbesitz (materielle Beherrschung) aufgeteilt und durch einen Rechtsakt in Eigentum (rechtliche Beherrschung) umgewandelt. Konkret war das die gleichmäßige Aufteilung des Landes unter den vatermörderischen Revolutionären. Von diesem Zeitpunkt an geht es, so die Vorstellung Heinsohns, nicht mehr um das Verteilen von Gütern, sondern um die Verwertung des Eigentums unter den Bedingungen der Erzwingung von Mehrertrag durch den Zins. Wer bei einem Kreditgeschäft auf die freie Verfügbarkeit seines Eigentums, das etwa verpfändet oder verkauft werden kann, zeitweise verzichtet, möchte dafür kompensiert werden („Eigentumsprämie“), der Kreditnehmer kann also das fremde Eigentum, das er zeitweise besitzt, zum eigenen Vorteil nicht frei nutzen, sondern muß einen Zins unter der ständigen Drohung erwirtschaften, bei Nichterfüllung das eigene Eigentum, das den Kredit absichert, durch entsprechende Rechtstitel zu verlieren.

Eigentum wird durch einen nichtphysischen Rechtsakt geschaffen. Am Anfang steht die Parzellierung des Landes mit je einem Eigentümer der einzelnen Parzellen. Dadurch, daß es eingezäunt wird, ändert sich an einem Stück Land zunächst einmal gar nichts, trotzdem ist das, Heinsohn zufolge, der alles entscheidende Bruch in der Wirtschaftsgeschichte, denn durch das Eigentum, wird der Kredit- und Zinsmechanismus ingang gesetzt und der Eigentümer dadurch gezwungen, dieses Land profitabel zu bewirtschaften. Plötzlich zählen persönliche Beziehungen rein gar nichts mehr, der Austausch wird sozusagen „blind“, vor allem aber „mathematisiert“, d.h. infolge des abstrakten Eigentumsbegriffs zählt einzig und allein die Quantität: die unmenschliche Kälte des Kapitalismus.

Heinsohn (ähnlich wie zuvor Freud) sieht nicht, daß es sich hier um Verfallserscheinungen der ursprünglichen „ungepanzerten“ Ordnung handelt und die beschriebene „Blindheit“ eine Folge von Panzerung ist.

Klassenkampf, „Rassenkampf“, Emotionelle Pest

2. Juli 2018

Die ästhetisch meist hochwertigen Aufkleber der linken Bübchen sind für mich ein schier unversiegbarer Quell der Inspiration. „Rassismus spaltet, Klassenkampf vereint“. Oder mit anderen Worten: sie wollen, im typischen „Grünen-Sprech“, „eine bunte, eine solidarische Gesellschaft“. Nun, Rotchina lehnt „fremdrassige“ Migranten strikt ab, weil die Chinesen von ihrer ethnischen Überlegenheit überzeugt sind und diese kostbare Ressource nicht verwässern lassen wollen, das gleiche findet sich in Nordkorea (dort wirklich explizit!). Es gibt schlichtweg kein Volk auf Erden, das sich nicht „ethnisch überlegen“ fühlt. Das fängt schon bei den Trobriandern an, die mit ihrem melanesischen Rassendünkel gegenüber dem haarigen, blassen Polen Malinowski diesen schier in die Verzweiflung getrieben haben. Im übrigen wissen wir heute, daß Melanesier die Gene einer bislang unbekannten Menschenart (nicht etwa „Menschenrasse“) tragen, die sie von allen anderen Menschen unterscheiden. Ähnliches läßt sich über das Verhältnis von Europäern und Bantus sagen, die jeweils Gene fremder Menschenarten (Neandertaler hier und eine gleichfalls bisher unbekannte Menschenart dort) in sich tragen.

Ich will hier nicht der „Rassenreinheit“ das Wort reden. Warum auch, denn der europäische Kolonialismus hat in den letzten Jahrhunderten diverse „Mischvölker“ mit einer jeweils eigenen ethnischen Identität geschaffen, die hervorragend zurechtkommen. Oder man nehme die extrem rassistischen Japaner, die selbst eine Mischrasse sind. Was ich sagen will: Rassismus ist schlichtweg eine Tatsache und hat tatsächlich ein biologisches Fundament. Wir streben auseinander und wenn uns die Umstände doch zusammenführen, dann reproduziert sich der Rassismus prompt auf einer neuen Ebene – und Japaner werden zu Rassisten gegenüber Chinesen und Malaien.

Der „Klassenkampf“ setzt diesen Mechanismus tatsächlich außer Kraft. Die „klassenkämpferische“ Linke hat das an sich Unmögliche vollbracht, nämlich Völker (etwa Schweden und Deutsche) dazu zu bringen, sich „ethnisch minderwertig“ zu fühlen und frei nach Schäuble den biologischen Selbstmord aktiv anzustreben. In der Menschheitsgeschichte ist das beispielslos. Blonde und rothaarige Mädel, die so etwas propagieren:

Marx und Engels waren durch und durch Rassisten, die Sowjetunion strebte durchaus keine „Mischrasse“ an und die Ostblockstaaten beruhten zu einem Gutteil auf ethnischem Dünkel. Was um alles in der Welt ist im Westen passiert? Die Antwort ist denkbar einfach: Weiße identifizierten sich mit der Kapitalistenklasse. Die Weißen an sich wurden zu den „Kapitalisten“ der Welt und müssen als Klasse vernichtet werden. Das und nichts anderes steckt hinter „Rassismus spaltet, Klassenkampf vereint“. Das dieses Credo selbst zutiefst rassistisch ist und nichts anderes anstrebt als den größten Genozid der Menschheitsgeschichte, zeigt, daß es sich um Emotionelle Pest handelt: „Kampf gegen Rassismus“ steht drauf, denkbar krasser Rassismus ist drinnen!

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Deutsches Wesen und Arbeitsdemokratie

10. Mai 2018

Kein Volk der Weltgeschichte hat materiell und ideel mehr geleistet als das deutsche, und kein Volk hat sich jemals mehr zerfleischt. Das zeigt der Altnazi in dem hiermit verlinkten Vortrag sehr schön. Durchaus hörenswert! Neben der Verehrung für Hitler, den der Redner in seinem Duktus auch noch zu imitieren scheint, habe ich aber ein weiteres gewichtiges Problem mit dieser Rede: sie verfehlt das deutsche Wesen und die deutsche Mission grundlegend.

Wir sind wie einst die antiken Griechen, die in Stadtstaaten zersplittert waren und trotzdem bzw. DESHALB den gesamten Planeten geprägt haben, – weil sie sich im „olympischen“ Geist ständig gegenseitig zu äußersten Höchstleistungen angestachelt haben („Agon“). Was die Weltherrschaft Griechenlands betrifft, muß nicht viel erläutert werden: die Kultur des Römischen Reiches und aller seiner Ausläufer bis heute war griechisch und selbst der Osten bis zum fernen Japan: eine Buddha-Statue ist griechische Kunst und die indischen Epen sind nichts anderes als ein fader Aufguß der Homerschen Epen! Genauso ist weltweit heute die Naturwissenschaft, Philosophie, Literatur, Musik, Kunst und Kultur deutsch.

Worum es geht, kann man an Wagners und Nietzsches Reaktion auf die Gründung des Zweiten Reiches durch Bismarck ermessen. Wagners deutscher Mythus endet in der Götterdämmerung, die Hitler dann auch im ganz großen Stil inszenierte, und Nietzsche empfand nichts als Verachtung für den neuen „Kaiser“. Genau wie das antike Griechenland lebt Deutschland in Streit, Zwietracht und Zersplitterung. Das führte dazu, daß man sich ständig gegenseitig zu Hochleistungen hochputschte und jedes Provinznest, etwa Schwerin, Weimar oder Mannheim, von Hochkultur geradezu platzt. Deutschland LEBT! Einigung und Gleichschaltung zerstört dieses Leben. Ein Zentrum, eine „Welthauptstadt Germania“ und ein „Führer“ ist der deutschen Nation wesensfremd. Ja, etwas Totes und Abgestandenes wie „die Nation“ ist uns wesensfremd. Anders als Rom, Rußland, England, Frankreich oder heute „Europa“ ist Deutschland kein imperialistisches „Projekt“, sondern ein Organismus, ein Baum mit vielen Ästen, die gleichermaßen am Licht teilhaben.

Das erste Kaiserreich der Deutschen hat in 1000 Jahren nie seine Nachbarn angegriffen, sondern sich allenfalls selbst zerfleischt. Es war, wie das antike Griechenland, kein mechanisches Gebilde, das jemand „entworfen“ hat, sondern ein sich organisch entfaltendes funktionelles Geflecht. Ähnlich wie die Arbeitsdemokratie kann man Deutschland nicht „entwerfen“, wie es das elende Gesindel versucht, das uns heute beherrscht. Tod den Nationalisten, den Sozialisten, den Visionären, den Faschisten, den Tyrannen!

WR = Weltrevolution

12. Dezember 2017

Wolf E. Büntig schreibt in seinem bemerkenswert guten Beitrag über Reich zum fünfzehnbändigen Kompendium Die Psychologie des 20. Jahrhunderts aus dem Jahre 1977:

Freud (griff) am Ende seines Buchs Das Unbehagen in der Kultur Reichs Frage auf, ob nicht die Diagnose gerechtfertigt wäre, daß viele Erscheinungen der Zivilisation oder gar die ganze Menschheit unter dem Druck der zivilisierenden Einflüsse neurotisch geworden sind. Freud sah zwei prinzipielle Schwierigkeiten: Für die Untersuchung und Diagnose der Neurose der Kultur fehlten Vergleichsmöglichkeiten, wie man sie bei der Untersuchung des Einzelneurotikers hatte, den man dem Gesunden gegenüberstellen konnte, und schließlich stellte sich die Frage, was denn der Sinn der besten Analyse der sozialen Neurose wäre, wenn niemand die Macht hätte, die Gemeinschaft zu zwingen, sich der Therapie zu unterziehen. „Trotz aller dieser Erschwerungen darf man erwarten, daß jemand eines Tages das Wagnis einer solchen Pathologie der kulturellen Gemeinschaften unternehmen wird“ (Freud). Doch diese Frage blieb für Freud offen. Er selbst und die offizielle Psychoanalyse haben sich nie um eine Antwort bemüht. Insgesamt jedenfalls war die Reaktion der bei der Kulturdebatte Anwesenden Reichs Vorstellungen gegenüber kalt und ablehnend. Die Kluft zwischen Freud und Reich war tiefer denn je.

Es gibt keine Vergleichsmöglichkeiten, um entscheiden zu können, was an Gesellschaften krank ist und es gibt ohnehin keinen Therapieansatz für ganze Gesellschaften. So Freuds Haltung in der Kulturdebatte zwischen ihm und Reich.

Was zunächst einmal die „Therapie“ der Gesellschaft betrifft war Reichs Ansatz von Anfang denkbar einfach. Es geht schlicht um die Aufklärung der Massen. Ein Freud hatte nicht mehr beizutragen als die sterile „Psychopathologie des Alltagslebens“. Dank seiner Kenntnisse aus der Entschlüsselung der Funktion des Orgasmus und aus der Charakteranalyse konnte Reich hingegen eine ganz andere Ebene ansprechen, nämlich die der Sexualökonomie bzw. Bioenergetik. Diese Ebene war fruchtbar, denn auf ihr bot sich unmittelbar die Möglichkeit des Vergleichs an. Zunächst einmal durch das von Bronislaw Malinowski vermittelte Wissen über die Trobriander im fernen Melanesien, deren Gesellschaft insbesondere bewies, daß der Ödipuskomplex kein unentgehbares Schicksal ist und eine geregelte Sexualökonomie möglich ist. A.S. Neills Projekt „Summerhill“ und schließlich Reich eigenes Projekt „Kinder der Zukunft“ zeigten, daß es durchaus möglich war, innerhalb der gepanzerten Gesellschaft einen entsprechenden Gegenentwurf zur gesellschaftlichen Neurose zu schaffen. Und schließlich hat James DeMeo gezeigt, daß die gesellschaftliche Neurose eine innere Struktur hat, die man sowohl auf der Zeitachse, als auch auf der Raumachse entschlüsseln kann: „Saharasia“. Die gesellschaftliche Neurose hat sich entwickelt und von daher läßt sich bis in alle Einzelheiten rekonstruieren, was genau gesund und was eine Entartung ist. Bespielsweise heute die Morgenandacht, wo das Pucken (über das insbesondere DeMeo einiges zu sagen hat!) als natürlich, christlich und gut hingestellt wird. Orgonomisch braucht man sich auf solche Diskussionen gar nicht einlassen, denn wir wissen, was natürlich und gesund ist!

Diskussionsforum 2010: eine Nachlese (Teil 1)

27. Februar 2015

Zunächst einmal hat Robert auf folgende Quellen hingewiesen. Ein neuer Hinweis auf sie lohnt sich allemal!

Auf einen Hinweis durch Andreas Peglau hin zitierte Robert aus dem Handbuch der Judenfrage, Theodor Fritsch, Hammer-Verlag, Leipzig, 1944, S. 248:

Aber die Psychoanalytiker sind noch nicht die schlimmsten. Weit übler ist, was sich um Magnus Hirschfeld, den Leiter des Instituts für Sexualwissenschaft, um Herrn Marcuse und Konsorten scharte.

Hier wurde, davon kann man überzeugt sein, ganz bewußt darauf hingearbeitet, die deutsche Seele zu zerstören.

Hier fanden sich die wissenschaftlichen Verteidiger der Homosexualität, ja der widernatürlichen geschlechtlichen Betätigung mit Tieren. Hier wurde die Aufhebung des §175 gefordert, weil die Homosexualität nicht als Entartung, sondern als natürliche Abart des Geschlechtstriebes aufzufassen dem Menschen angeboren sei (J. Meißner). Gewiß ist auch uns bekannt, daß in vielen Fällen die gleichgeschlechtliche Einstellung angeboren ist; wir wissen aber auch, daß in sehr vielen anderen Fällen erst die Verführung den jungen Menschen zum Homosexuellen macht. Wir wissen, daß die alten Kulturvölker ihrem Untergang entgegengingen, als die Knabenliebe in ihnen einen breiteren Raum einnahm, und wir müssen uns dafür einsetzen, daß die Seuche zurückgedämmt wird und sich nicht auch bei uns noch weiter ausbreitet. – Wenn ferner Magnus Hirschfeld in einer vom sozialistischen Schülerbund in das Kölnische Gymnasium einberufenen Versammlung 1928 vor Schülern und Schülerinnen vom 12. Jahre an sagte: „Ein natürlicher Geschlechtsverkehr der Jugend sei, wenn kein Zwang auf den anderen ausgeübt werde, keine Sünde und nichts Unehrenhaftes“, wenn die Herren Dr. Töplitz und Reich sich in ähnlichem Sinne äußerten, nun, so kann man sich nur wundern, wenn die Eltern der Kinder sich solche „Aufklärungen“ gefallen ließen, kann man sich nur wundern, daß sich nicht einmal ein Vater fand, der dem Herrn Magnus Hirschfeld mit der Reitpeitsche zeigte, wo der Weg für ihn war.

Außerdem zitiert Robert aus Gregor Schöllgen: Willy Brandt. Die Biographie, Berlin – München 2001, Propyläen Verlag, S. 16f:

Schließlich hat er Perspektiven: politische – die Fortsetzung der SAP-Arbeit in Oslo – und persönliche. Im Sommer 1933 folgt ihm, wie vereinbart, seine neunzehnjährige Freundin Gertrud Meyer, genannt „Trudel“, nach Oslo, nachdem sie in Lübeck vorübergehend in Haft gewesen ist.

Die beiden ziehen zusammen, wohnen zunächst möbliert, können sich aber bald eine eigene Unterkunft leisten. Es ist die erste eigene Wohnung des inzwischen einundzwanzigjährigen Willy Brandt, und Gertrud Meyer ist die erste von vier Frauen, mit denen er zusammenleben wird.

Verheiratet sind die beiden nicht; allerdings gelten sie in Oslo als Ehepaar. Tatsächlich geht Gertrud im Februar 1936 eine Scheinehe mit dem norwegischen Studenten Gunnar Gaasland ein, um in den Besitz der norwegischen Staatsbürgerschaft zu kommen und so vergleichsweise unbehelligt Kurierdienste nach Deutschland durchführen zu können.

Willy Brandt und Gertrud Meyer-Gaasland leben bis ins Frühjahr 1939 zusammen. Dann geht Gertrud nach New York. Nach eigenem Bekunden tut sie diesen Schritt, um den Psychoanalytiker Wilhelm Reich zu begleiten, dessen Sekretärin und Mitarbeiterin sie in Oslo ist. Vermutlich ist sie durch die Erkenntnis, Brandt nicht dauerhaft an sich binden zu können, in ihrem Entschluß bestärkt worden. Zum ersten Mal im Leben des Willy Brandt geht damit die langjährige Beziehung zu einer Frau in die Brüche.

Wilhelm Reich – „rötliches Gesicht, graue Haare, stechender Blick, bezwingende Sprache“, so Brandt später – ist 1934 über Dänemark nach Norwegen gekommen. Gertruds Arbeit bringt es mit sich, daß Reich und Brandt zeitweilig einen recht intensiven Umgang pflegen. Reich hat 1933 das unter Insidern vielbeachtete Buch Die Massenpsychologie des Faschismus vorgelegt. Im Zentrum seiner wissenschaftlichen Arbeit, in gewisser Weise auch im Mittelpunkt dieses Buches steht die Rolle der Sexualität im gesellschaftlichen Leben. In der Theorie hat sich Willy Brandt bislang allenfalls am Rande mit diesem Thema beschäftigt: Neben August Bebels Die Frau und der Sozialismus hat das Erfolgsbuch des Schweizer Arztes Auguste Forel über Die sexuelle Frage zur bescheidenen Lübecker Bibliothek der Frahms gehört. Die Gespräche mit Reich eröffnen dem jungen Sozialisten „einen gewissen Zugang“ zur „Seelenforschung“, und Brandt beginnt zu begreifen, daß Freud und seine Schüler „Türen zu Bereichen“ aufstoßen, die „man früher als Dunkelkammer der Seele“ gefürchtet habe.

Überhaupt ist das skandinavische Klima für die offene Behandlung solcher Themen günstiger als das deutsche. So gibt eine Gruppe Mediziner aus der Organisation „Mot Dag“ („Dem Tag entgegen“) eine Zeitschrift für sexuelle Aufklärung heraus. In den Diskussionen dieser Gruppe, aber auch in den Gesprächen mit Reich, stellt Willy Brandt erstmals fest, „wie in einer politischen Gemeinschaft sadistische Neigungen sublimiert ausgelebt und masochistische Bedürfnisse anderer befriedigt werden können. Diese psychischen Mechanismen verdienten, offener dargelegt zu werden.

Sexuelle Verklemmtheit scheint für begabte Hasser und Intriganten zu sorgen: Politik als Ersatzliebe tarnt sich nicht selten als selbstlose Unbedingtheit.“ Und Brandt lernt damals verstehen, wie er sich 1982 erinnert, „daß der Nazismus und verwandte Herrschaftsformen in der Tat auch von sexuellen Repressionen bestimmt“ sind.

Robert verwies auch auf Manilowski: „Wer Der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral gelesen hat, weiß, daß Reich sich zu großen Teilen auf den polnisch-englischen Ethnologen Bronislaw Malinowski bezieht. Es gibt neuerdings eine BBC-Serie genannt Tales from the Jungle, in der auch Malinowski behandelt wird.“

[youtube:https://www.youtube.com/watch?v=f22VsAlOwbc%5D

Und dazu auf Guido Sprenger: Erotik und Kultur in Melanesien – Eine kritische Analyse von Malinowskis „The Sexual Life of Savages“, Lit Verlag, Hamburg 1997. Robert:

Als Magisterarbeit gedacht, will Sprenger mit Hilfe von Foucaults Dekonstruktivismus Malinowski kritisch hinterfragen.

Es zeigt sich im Laufe seiner Ausführungen, daß sein Ziel gründlich mißlungen ist, weil die Theorien Foucaults keine brauchbaren Ansätze bilden, um in der Ethnologie Kulturen zu erklären.

Sprenger stellt zuerst fest, daß die Sexualität und Erotik in der Ethnologie ein Schattendasein bilden und bietet an, eine eigene Definition zu generieren.

Wilhelm Reichs Buch Der Einbruch der sexuellen Zwangsmoral hat er offenbar nicht gelesen, lediglich ein abwertendes Zitat ist er ihm Wert:

Was die Rezeption von Malinowski außerhalb der Ethnologie angeht, so zeigt sich an ihr wiederum die Brisanz des Themas. Nicht nur erhielten die Trobriander bis in die heutige Zeit das Image der Inseln der Freien Liebe – Malinowskis Aussagen über die Liebesbeziehungen wurden auf bezeichnenderweise Weise falsch gelesen. Ein erhellendes Beispiel ist die Rezeption durch Wilhelm Reich in seinem Buch Invasion of compulsory sex-morality. Der Psychoanalytiker vermochte nicht zu differenzieren zwischen einem Fehlen des Verbots vorehelichen Geschlechtsverkehrs – und nichts anderes hat Malinowski beschrieben – und einer völligen Regellosigkeit in Sachen Sex. Seine Vorstellungen von der strengen Kontrolle, die Kultur über Sexualität ausübt, ermöglichten ihm nur eine Alternative: das Aussetzen eines für den Westen seiner Zeit zentralen Verbotes wurde gleichbedeutend mit dem Aussetzen jedes Gesetzes (Senft 1995a: 485-487). Diese Mißverständnisse sind charakteristisch für zahlreiche spätere Rezipienten, die in die Trobriander ein Gegenmodell ihrer eigenen, als sexuell restriktiv empfundenen Kultur hineinprojizierten. (S. 31) [Senft 1995a = Gunter Senft, „Noble Savages“ and the „Islands of Love“: Trobriand Islanders in popular publications“. In: C. Baak [e.a.] (eds.): Tales from a concave world, Liber Americon Bert Voorhoeve, Leiden, S. 480-510]

Es ist relativ leicht zu verstehen, warum Sprenger Reich dermaßen behandeln muß. Während Reich eine Erforschung und Definition gesunder Sexualität geleistet hat, muß Sprenger hilflos herumrätseln und zu den abwegigsten Beispielen greifen.

Sein Paradebeispiel ethnologischer Sexualität sind ein geheimes Volk, welches von den Ethnologen verborgen wird, weil sie solche absurden päderastischen Sexualriten wie institutionalisiertes Spermaschlucken aufweisen. Darüber hält sich Sprenger lang und weitschweifig aus. Folgerichtig kritisiert er an den Trobriandern, daß sie nicht schwul werden dürfen und hier zeigt sich die ganze Misere der Sexualethnologie, die teilweise von Homosexuellen und Gender-Predigern/innen dominiert werden.

Warum also solchen typischen Foucault Schmiersinn lesen? Zum einen ist die moderne Literatur bis 1997 verarbeitet worden und er diskutiert in lesbarer Weise, wo Malinowski Fehlinterpretationen lieferte und zeigt natürlich weitere Ergänzungen zu dessen Forschungen. Er geht sehr ausführlich auf Magie und Kula (Warentausch) ein.

Insgesamt scheitert er an dem, was er leisten wollte. Die Erotik des Volkes zu erklären und am sinnfälligsten wird es am Beispiel der sogenannten Tabu-Ehen, die Reich so hervorragend als ökonomisches System der Kreuz-Vetter-Basen-Heirat enträtselte.

Das Buch ist selbst nicht mehr zu kaufen, lediglich in Universitätsbibliotheken erhältlich.