Posts Tagged ‘Muskelpanzer’

Peter liest die Laska/Schmitz-Korrespondenz (Teil 18)

26. April 2024

Hermann Schmitz folgende vermeintlich gegen Reich gerichtete Aussage ist absolut bemerkenswert:

(…) Thema der Prophylaxe die Befreiung vom Erziehungszwang (und damit von einem „Charakterpanzer“, wie Sie oft, gleichfalls nach Reich, sich ausdrücken) (…). Ich bestreite zwar nicht, daß so etwas gelegentlich auch heute noch eine gute pädagogische Aufgabe sein kann, aber ich glaube, daß diese Zielsetzung als pädagogisches Generalthema seit 200 Jahren antiquiert ist, nämlich seit dem Einsetzen der Verfehlung des abendländischen Geistes mit Fichte und der Frühromantik einschließlich Stirners. (…) Das Hauptproblem der Menschheit ist heute nicht mehr der Erziehungszwang oder der Charakterpanzer, sondern der Nihilismus (…) im Sinn der Entdeckung der strikten Subjektivität, daß die Antwort auf die Frage „Wer bin ich?“ nicht mehr in objektiven oder neutralen Tatsachen zu finden ist. (In allen objektiven Tatsachen, die über Herrn Hermann Schmitz ausgesagt werden können, ist kein Grund dafür zu finden, daß ich er bin.) Daraus ergibt sich für jeden, daß er die Maßstäbe dafür, wofür er verantwortlich ist, nur noch seiner Selbstbesinnung entnehmen kann. Dem sind Menschen noch nicht gewachsen. Sie haben noch nicht gelernt, sich in die für sie subjektiven Sachverhalten, Programme und Probleme so einzuleben, daß sie diesen eine Steuerung des Beliebens über den Wechsel von Launen hinweg entnehmen können. Die Menschen nehmen sich alles heraus und wissen nicht, wohin. Das ist das nihilistische Leiden an der eigenen Freiheit. (…) Was die Menschen heute brauchen, ist eine neue Standfestigkeit, nicht oder nur nebenbei eine Befreiung von Zwang. Wie sehr sie eine solche Festigkeit als nötig empfinden, zeigen die vielfältigen Ersatzbefriedigungen im (namentlich religiösen) Fundamentalismus, z. B. im Islam oder in Bushs neoamerikanischer Religion. (S. 374)

Das ist eine sehr gute Beschreibung des Unterschiedes zwischen der autoritären, durch den Muskelpanzer bestimmten Gesellschaft vor 1960 und der antiautoritären nach 1960, die durch den Augenpanzer bestimmt wird. Was man sich darunter vorstellen soll, wird sehr schön durch folgende junge Dame verkörpert:

So etwas bringt nur ein Mensch fertig, der so gut wie frei von Muskelpanzerung ist. Ihre Videos zeigen auch, daß sie ein freies Becken hat. Sie ist aber natürlich kein „genitaler Charakter“, sondern das genaue Gegenteil: ein Mensch, der ganz in der Oberfläche lebt („Cosplay“) und innerlich vollkommen leer ist: buchstäblich ein Roboter, den man nach Belieben mit irgendwelchen Programmen füttern kann.

Es ist eine haltlose Generation. Wir leben aber auch in einer Übergangsphase, in der der Mensch lernt (oder sagen wir besser: lernen könnte), die Haltlosigkeit (Ungepanzertheit) zu erden, d.h. das subjektive „Es gibt keine Wahrheit!“ durch das Objektive, die Entdeckung der kosmischen Orgonenergie zu ersetzen.

Schmitz geht aber einen Schritt weiter und leugnet schlichtweg ganz die Sinnhaftigkeit des Konzepts „Charakterpanzer“.

Die Anthropologie, die darin zum Ausdruck kommt, stimmt mit dem ersten Absatz von Rousseaus „Emile“ überein und ist m.E. grundfalsch. Das Bild verlangt, daß erst einmal ein Körper da ist, dem der Panzer angelegt werden kann, in der Sprache Rousseaus a.a.O. der Mensch, „wie er aus den Händen des Schöpfers kommt“. (…) Das sind sehr naive Verdinglichungen. (…) Deswegen will ich nur andeuten, daß die Person als Bewußthaber mit Fähigkeit zur Selbstzuschreibung (etwas für sich selbst zu halten) in ambivalenter Zwitterhaftigkeit zwischen diesem personalen Selbstbewußtsein und dem präpersonalen des leiblich-affektiven Betroffenseins mit leiblicher Dynamik und leiblicher Kommunikation existiert und unabwerfbar ihre zuständliche persönliche Situation (volkstümlich genannt: ihre Persönlichkeit) als Hülle und Kontrahenten zugleich mit sich führt, ein Gepäck wie eine zähfließende Masse, in der unzählige zähflüssige Massen gleiten und die ihrerseits in solchen zähflüssigen Massen (implantierenden und includierenden gemeinsamen Situationen) gleitet. Die Hülle ist also schon da, wenn die Person sich zu ihrer Lebensgeschichte als Person aufmacht, und zwar mehrfach da, als persönliche Situation und als diese in sich einbettende gemeinsame Situation; sie ist gleichursprünglich mit der Person. Deswegen ist die Annahme verfehlt, der Mensch sei als Person erst einmal gleichsam nackt vorhanden und dann irgendwie bekleidbar, sei es mit einem (Charakter-)Panzer oder mit einem weicheren Kleid. Unter den einbettenden und eingebetteten Situationen, in denen die Person befangen ist, gibt es immer Reibungen, und dazu gehören Verhärtungen, Verklumpungen, Verkrustungen, die durch gleichsam kluge Diplomatie (z. B. Erziehung, Psychotherapie) aufgelöst werden sollten. Die Hoffnung, unter einer Kruste den lebendigen Organismus freizulegen (wie beim Schwein, wenn der trocken gewordene Schlamm in der Sonne abplatzt), ist bei der Person aber vergebens. (S. 382)

Um darauf einzugehen, muß ich etwas weiter ausholen: Bei Schmitz fällt auf, daß die Wirtschaft gar nicht vorkommt. Sein System imponiert als das Gegenteil des Historischen Materialismus. Johann Gottlieb Fichte ist in seinem System unendlich wichtiger als die Dampfmaschine, die sich etwa zeitgleich zu verbreiten beginnt! Von Klassengegensätzen will ich erst gar nicht anfangen. – Was hat das nun mit dem „Charakterpanzer“ zu tun? Betrachten wir dazu den Hamburger Hafen: der hat seit jeher ein besonderes Flair, Gepräge, ein fast schon „mediterranes“ Mikroklima etc. Entsprechend wird er auch beispielsweise in der Touristenwerbung der Freien und Hansestadt Hamburg verkauft. Die „Natur“ des Hafens und seine nach außen getragene „Persönlichkeit“ (bei der seine „Natur“ karikaturhaft zugespitzt wird) sind weitgehend identisch. Das, diese „implantierende Situation“, ist die ganz Welt Schmitz‘. Daß es auch so etwas wie den Hafenbetrieb, die Ökonomie gibt, der sich, wenn man so will, als „Charakter“ zwischen „Natur“ und „Persönlichkeit“ schiebt, und daß der alles bestimmt, kommt bei Schmitz konzeptionell nicht vor. Das läßt sich selbstredend eins zu eins auf den Menschen übertragen: selbstredend, weil wir ja daher diese Begrifflichkeit genommen haben.

Hier gehört der materialistische „Charakterpanzer“ hin (und ganz nebenbei die Verortung des „Marxistischen“ Anteils der Orgonomie!), für den es in Schmitz‘ „idealistischem“ System einfach keinen Platz gibt. Wenn man mal von Schmitz‘ Begriff „Fassung“ (S. 389) absieht (im Sinne von „die Fassung verlieren“). Ziemlicher Unsinn, denn wenn ich meine Fassung verliere, kommt mein Charakter erst recht zum Vorschein. Schmitz‘ „Fassung“ entspricht demnach dem, was Reich als „die Fassade“ bezeichnet hat. Das wird durch Laskas Zusammenfassung von entsprechenden Passagen bei Schmitz offensichtlich (S 390f), aber Schmitz begreift rein gar nichts!

Orgontherapie: so oder so

4. März 2024

Die eine Art von „Orgontherapie“ beruht auf der Mobilisierung von „Energie“. Den Patienten werden Vorgaben gemacht, wie sie liegen sollen, wie sie die Knie anwinkeln sollen, was „richtiges“ Atmen ausmacht etc. Tatsächlich ist diese „Energie“ aber nur eine psychische Vorstellung, Autosuggestion, bestenfalls durch die Panzerung entstellte vegetative Erregung. Dieser schimärenhaften „Energie“ fehlt genau das, was die Orgonenergie erst ausmacht: das SPONTANE Funktionieren. Und das, das Mechanische und ORANUR-artige dieser „Energie“, spiegelt sich im Vorgehen dieser vermeintlichen „Orgontherapeuten“ wider. Deren vermeintlich „charakteranalytische“ Interventionen sind entsprechend typischerweise moralisierende Bemerkungen voller Häme, ihre vermeintlich „vegetotherapeutischen“ Interventionen sind mechanische sadistische Angriffe auf den Muskelpanzer ohne Sinn und Verstand.

Richtige Orgontherapie entspricht dem Wesen der Orgonenergie, d.h. es geht schlichtweg um das vorsichtige aber systematische Beseitigen der Hindernisse für das spontane Funktionieren des Organismus. Dabei entspricht der Weg dem Ziel: das Ziel ist Selbstregulation, entsprechend ist der Patient derjenige, der das therapeutische Vorgehen bestimmt. In der Orgontherapie gibt es keinen „Heiler“, mit einem Guru-Komplex, der irgendein „Heil“ von außen bringt! Dieses „von außen“ ist es ja gerade, was beseitigt bzw. in ein „von innen“ umgekehrt werden soll. An die Stelle der Fremdregulation („Über-Ich“) soll die Selbstregulation treten. Oder anders gesagt: Freiheit kann einem nicht gegeben werden, man kann sie sich nur nehmen.

Warum dann überhaupt Orgontherapie, wenn es eh um Selbstbefreiung geht? Dazu möchte ich aus Bernd Laskas gerade erschienener Stirner-Monographie zitieren:

Selbstbefreiung, die egoistische „Empörung“, d.h. Emporentwicklung, „Befreiung von unten“ hält er für den einzig möglichen Weg: „Unbewußt und unwillkürlich streben Wir alle der Eigenheit zu … Aber was Ich unbewußt tue, das tue ich halb, und darum …“ (Der Einzige und sein Eigentum) verfalle ich von einer Besessenheit in die andere. Deshalb… (Max Stirner: Leben. Werk. Wirkung, S. 70)

Es geht um das, worum es von Anfang an schon bei Freud ging: das Bewußtmachen des Unbewußten. Beispiel: „Deine freundlichen Worte passen nicht zu Deinem unfreundlichen Mund.“

Es ist der Unterschied zwischen Schwarzer Pädagogik und selbstregulatorischer Pädagogik. Mein enger persönlicher Freund, Dr. Google, umschreibt die Schwarze Pädagogik wie folgt: „Unter schwarzer Pädagogik werden allgemein solche Erziehungsmethoden verstanden, die mit Strafen, Kontrolle, Gewalt, Demütigungen oder Einschüchterungen verbunden sind. Daher wird die schwarze Pädagogik auch häufig Pädagogik der Gewalt genannt. Diese Gewalt wird sowohl körperlich als auch psychisch ausgeübt.“

Lauf um Dein Leben, wenn du einem vermeintlichen „Orgontherapeuten“ begegnest, der diesem Profil entspricht!

Und den „schwarzen Orgontherapeuten“ sei gesagt: FICKT EUCH INS KNIE, IHR ARSCHLÖCHER!!!

Hier drei Beispiele:

Dem Patienten wird gesagt, daß er, anders als der „orgastisch potente“ „Orgontherapeut“ (lol!), doch gar nicht wisse, was Liebe ist und alles, was er bisher in seinem Leben in dieser Hinsicht erfahren habe, eine Lüge sei. Auf der Heimreise beschleunigt der restlos desillusionierte Patient seinen Wagen und beendet sein Leben am Pfeiler einer Autobahnbrücke.

Der „Orgontherapeut“ (lol!) läßt den Patienten den „Orgasmusreflex“ „üben“. Am Ende stehen zwei Narzißten, die sich gegenseitig darin bestärken, daß sie „orgastisch potent“ sind bzw. andere „zur orgastischen Potenz bringen können“. Ihre grotesk neurotische und schlichtweg lächerliche Kontaktlosigkeit wird zum Maßstab für „Gesundheit“!

Auf der Matratze liegt ein gehemmter Patient, der ständig dazu aufgefordert wird, die Sau rauszulassen. Jede „Orgontherapie“-Stunde wird dergestalt zunehmend zu einer wilden Orgie des Schreiens und Strampelns. Das überträgt sich langsam aber sicher auch auf das Alltagsleben des Patienten. Er ist halt „spontan“ und „ungepanzert“. Am Ende steht ein vollkommen kontaktloser Psychopath, der keinerlei Fähigkeit mehr hat bioenergetische Spannung auszuhalten, ohne unkontrollierbar auszuticken, und dem deshalb auch mit richtiger Orgontherapie nicht mehr zu helfen ist.

Der Rote Faden (Band 2): 40. Anorgonie

27. Oktober 2023

DER ROTE FADEN (Band 2): 40. Anorgonie

David Holbrook, M.D.: LIEBE UND ORGASMUSANGST BEI EINEM PARANOID-SCHIZOPHRENEN CHARAKTER (Teil 4)

18. Dezember 2020

 

DAVID HOLBROOK, M.D.:

 

Liebe und Orgasmusangst bei einem paranoid-schizophrenen Charakter

 

EIN QUERSCHNITT DURCH DAS SCHAFFEN JEROME EDENs: Die Linke, die Rechte und die Mitte

10. August 2020

 

EIN QUERSCHNITT DURCH DAS SCHAFFEN JEROME EDENs: Die Linke, die Rechte und die Mitte

Wahnsinn Körpertherapie

31. Oktober 2019

In der antiautoritären Gesellschaft, die sich seit etwa 1960 formiert, nimmt im Durchschnitt die Körperpanzerung der Menschen mit jedem Jahrgang immer weiter ab, was durch eine entsprechende Zunahme der Augenpanzerung „bioenergetisch aufgefangen“ wird – die Kontaktlosigkeit wächst. Entsprechend tritt in der Orgontherapie die „Körpertherapie“ immer mehr in den Hintergrund und stattdessen die (orgontherapeutisch modifizierte) Charakteranalyse in den Vordergrund. Die besagte Modifikation der Therapie bezieht sich vor allem darauf, daß bioenergetischer Kontakt hergestellt wird.

Vor diesem Hintergrund ist es absolut bemerkenswert, wie sich seit 1960 eine „Reichianische Szene“ herausgebildet hat (Alexander Lowens „Bioenergetik“, Skan, Radix, etc.), bei der der Akzent ganz auf eine aktivistische und interventionistische „Körpertherapie“ gelegt wurde. Statt dem kranken Trend der antiautoritären entgegenzuarbeiten, wird er unterstützt und den einzelnen Patienten massiv geschadet.

Die Linke, die Rechte und die Mitte (1962) (Teil 1)

10. August 2018

 

EIN QUERSCHNITT DURCH DAS SCHAFFEN JEROME EDENs: Die Linke, die Rechte und die Mitte